Norma­ler­wei­se bedan­ke ich mich immer am Ende eines Berich­tes für engagier­te Mithil­fe. Dieses Mal will ich das anders handha­ben und ganz beson­ders dem Ludwig Burghard und den Geschwis­ter Wingert, dem Chris­toph Stumpf, dem Anton Gutheiß, der Eva-Maria Schmid, der Luitgart Hügle, der Barba­ra Büttner, dem Reinhold Bahmann, den Brüdern Franz und Peter Uhl, Irma Zimmer­mann, dem Paul Hug und dem Paul Tritt­ler sowie unserem Pfarrer Macho danken, die sich in diesem Bericht sehr engagiert einge­bracht haben. Wir sehen – so geht’s auch. Ich habe deshalb die einzel­nen Berich­te nur leicht überar­bei­tet um den authen­ti­schen Charak­ter und die unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen zu bewah­ren. Dazu das Ganze in Form gebracht und mit Bildern unter­legt. Ich muss sagen, der Bericht ist durch die verschie­de­nen Schil­de­run­gen gut gelun­gen. Dafür allen ein HERZli­ches Vergelt’s Gott.

Fronleich­nam – ein seltsa­mer Name für ein Fest, heute mehr noch als früher. Es hat auch nichts mit einer Art Fest zu tun wie die jungen „Schöler“ der Örtli­chen Lehran­stalt „Progym­na­si­um“ dem Referen­dar Dietrich Bantel anno 1962 an die Tafel im Klassen­zim­mer schrie­ben „Wir wünschen einen schönen Leich­nam“ und der junge Lehrer überle­gen musste wie er damit umgehen kann und muss, denn aus Schtuagrt kannte er das nicht.

Was bedeu­tet dieses seltsa­me Wort also? Aus dem Mittel­hoch­deut­schen kommen die Begrif­fe „Fron = Herr“ und „Lichnam = leben­di­ger Leib“ und litur­gisch hat es die Bedeu­tung des „Hochfes­tes des Leibes und Blutes Jesu Chris­ti“.

Also müssen wir uns zuerst in uralte Zeiten „zurück-beamen“. Wir sind in Lüttich, befin­den uns im Hochmit­tel­al­ter und schrei­ben das Jahr 1246 A.D. Es ist die Zeit der Gotik, viele Städte werden gegrün­det und die Inqui­si­ti­on treibt ihr Unwesen. Aufgrund einer Vision der Nonne Julia­ne von Lüttich wurde ihr offen­bar, dass ein Fest zu Ehren der Eucha­ris­tie fehlt und daher wurde in diesem Jahr 1246 Fronleich­nam zum ersten Mal in Lüttich gefei­ert. Der aus Lüttich stammen­de Papst Urban IV führte das Fest 1264 für die gesam­te Kirche ein. Die schnel­le Verbrei­tung des Festes zeigt, wie es der Frömmig­keit des Hochmit­tel­al­ters Ausdruck verlie­hen hat. Die erste Prozes­si­on wurde natür­lich, wo sonst, 1279 in Köln durch­ge­führt. Es stellt die gewan­del­te Hostie in einer Monstranz aus (abgelei­tet vom latei­ni­schen monstra­re = zeigen). Gezeigt wird die Hostie an Fronleich­nam den Häusern der Stadt und den Feldern, die damit geseg­net werden. Die Hymnen, die Thomas v. Aquin im Auftrag des Papstes gedich­tet hat, werden bis heute gesungen.

Fronleich­nam wird immer am 2ten Donners­tag nach Pfings­ten gefei­ert und steht schon lange auf der Liste von Feier­ta­gen, die dem Mammon geopfert werden sollen, um uns „wettbe­werbs­fä­hi­ger“ zu machen, aber im Süddeut­schen Raum kann ich mir nicht vorstel­len, dass die Menschen das erlau­ben werden, da es in vielen katho­li­schen Gemein­den tief veran­kert und oft mit einem Pfarr­fest verbun­den ist.

In Oberko­chen war es, zumin­dest in meiner Kindheit, ein wichti­ges Fest für die ganze Gemein­de. Kein Garten­fest durfte vorher gefei­ert werden, das erste Fest der Saison gehör­te dem katho­li­schen Pfarrer und fand nachmit­tags am Fronleich­nams­tag auf der Bäuerle-Wiese statt. Die Tage vorher waren für die ganze Kirchen­ge­mein­de mit reich­lich Arbeit gefüllt.

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Altar Dreißen­tal­schu­le 1952

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Prozes­si­on Altar Turmweg 16. Juni 1960

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Altar beim Hugas­eff im Katzen­bach 21

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Altar beim Wohnhaus Gentner im Katzen­bach 5

Es mussten schnell und fachkun­dig frühmor­gens die 4 Altäre aufge­baut werden. In meinem Geburts­jahr 1952 waren die Altäre wie folgt aufge­baut: Der erste Altar stand am Haus der Familie Josef Betzler (Hausna­me Gratzer) an der Heiden­hei­mer Straße 21 (Raumaus­stat­tung Kaufmann), der zweite Altar wurde am Haupt­ein­gang des Mittel­baus der Dreißen­tal­schu­le aufge­baut. Der dritte Altar stand vor dem Café Weidl (Café Gold, heute Mucken­ta­ler) am Turmweg und wurde von den Famili­en Gold, Schub­oe u.a. erstellt. Der letzte und vierte Altar stand in der Katzen­bach­stra­ße 21a am Haus der Familie Hug (Hausna­me Hugas­eff), die diesen auch erstell­te. Natür­lich waren die Stand­or­te der Altäre nicht immer gleich. In frühe­ren und alten Zeiten gab es Altäre im Kapel­len­weg (Brunn­quel­le), bei There­sia Uhl in der Heiden­hei­mer Str. 43 später in der Blumen­str. 25, beim Schell­mann in der Bahnhof­stra­ße 4, beim Schnei­der­meis­ter Fischer in der Heiden­hei­mer Str. 29 und beim Wohnhaus Gentner in der Katzen­bach­str. 5. Ebenso galt es mit einem enormen Aufwand die Blumen­tep­pi­che vorzubereiten.

Zu den ganzen Vorbe­rei­tun­gen hat mir Chris­toph Stumpf eine wunder­ba­re Beschrei­bung geschickt:
„Während der 60’er Jahre war ich zusam­men mit meinem Bruder Stephan bei den Minis­tran­ten. Für diese Truppe war natür­lich an Fronleich­nam Großein­satz angesagt. Am Tag vor dem Fest wurde ausge­schwärmt, um aus den Oberko­che­ner Fluren jede Menge Blumen und Blüten herbei­zu­schaf­fen. Und zwar in möglichst vielen verschie­de­nen Farben. Beson­ders ergie­bi­ge „Jagdgrün­de“ waren das Wolfert­s­tal, das Tiefen­tal und die Hänge unter­halb des Tiersteins. Zentra­le Sammel­stel­le war der Hof zwischen der St. Peter-und-Paul-Kirche und dem alten Schwes­tern­haus. Dorthin wurde alles trans­por­tiert, weiter verar­bei­tet, sortiert und schön säuber­lich für den Abtrans­port zu den Altären am Prozes­si­ons­weg herge­rich­tet. Da wimmel­te es nur so von eifri­gen Helfe­rin­nen und Helfern, die unter der stren­gen Oberauf­sicht der Ordens­schwes­tern ihr Bestes gaben. Die stell­ten dann auch fest, welche Sorten noch fehlten und dann ging es nochmals hinaus um alles Fehlen­de heran­zu­schaf­fen.“ Wilfried wurde vom Obermi­nis­trant „Vinne“ Vinzenz Honik­el wieder­holt aufge­grif­fen und in den Hof zwischen Kirche und Schwes­tern­haus zurück­ge­schickt, wenn ich mich mal wieder Richtung Schee­rer-Mühle verkrü­melt hatte. Eva-Maria hinge­gen genoss das Blumen­zupfen und Blüten­sor­tie­ren im Kirch­hof als aufre­gen­des Gruppen­er­leb­nis von ersten Flirt­ver­su­chen beglei­tet. Chris­toph Stumpf erzählt weiter: „Ein paar Auser­wähl­te hatten die hohe Ehre, die Sakral­ge­gen­stän­de auf Hochglanz zu polie­ren: Kelche, Weihrauch­fass, Weihwas­ser­kü­bel, die Beschlä­ge des Himmels und natür­lich das Aller­hei­ligs­te von allem – die Monstranz. Pfarrer Forster und sein Vikar – zuerst war das Vikar Grassel und später dann Waibel – begut­ach­te­ten alles und sparten auch nicht mit Lob. Bevor es dann am Fronleich­nams­tag mit der großen Prozes­si­on losging mussten in aller Herrgotts­frü­he die Altäre aufge­baut und die Blumen­tep­pi­che ausge­legt werden. Mein Vater half beim Altar­auf­bau, Stephan und ich waren als Handlan­ger dabei. Das Oberkom­man­do beim Altar­auf­bau hatte der „Hugaschrei­ner“. Der wusste genau wie alles zusam­men­pass­te, gab die entspre­chen­den Anwei­sun­gen, packte selbst mit an und war dabei ständig am Fluchen, weil es nicht schnell genug ging oder irgend­wel­che Einzel­tei­le oder Schrau­ben fehlten. Es war jedes Mal ein Wunder, dass recht­zei­tig zum Beginn der Prozes­si­on alle Altäre und wahre Meister­wer­ke von Blumen­tep­pi­chen recht­zei­tig fertig wurden. Die Prozes­si­on selbst war für die Minis­tran­ten vor allem lang und bei sommer­li­chen Tempe­ra­tu­ren ganz schön schweiß­trei­bend. Statt an der Prozession

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Böller am Rodstein

teilzu­neh­men wäre ich natür­lich viel lieber bei den Böller­schüt­zen dabei gewesen, die sich unter­halb des Rodsteins an einer Holzhüt­te, dort, wo jetzt die Josefs­ka­pel­le steht, aufge­baut hatten. Aber das habe ich leider nie geschafft. Ein Rätsel ist für mich bis heute geblie­ben, woher die Bölle­rer wussten, wann sie ihre Salven abschie­ßen mussten. Obwohl sich damals noch niemand vorstel­len konnte, was ein Handy ist, klapp­te es jedes Mal. Genau zur Ertei­lung des Segens an den einzel­nen Altären kam dieser akustisch mit Donner­hall – und manch­mal mit Echo vom Rodstein her über das gläubi­ge Volk.“ Da wollen wir den Chris­toph aufklä­ren. Heute im Zeital­ter des Mobil­funks macht das der Petrus Uhl mit dem Handy. Früher hat der Wilhelm Fischer mit einem weißen Taschen­tuch von den einzel­nen Altären aus Signal gegeben. Mitun­ter aber ging es auch schief und Böller und Wandlung trafen nicht zusam­men. So war’s na au wieder. Wahrschein­lich wurde deshalb der Böller­platz bei der heuti­gen Josefs­ka­pel­le gewählt, weil von dort beste Sicht war.

Die Prozes­si­on war natür­lich in nicht unerheb­li­cher Weise auch ein modischer Laufsteg für jungen Mädchen und die älteren Damen. Es war Frühjahr, oft schönes Wetter, und die Gelegen­heit Kleider und Hüte der Öffent­lich­keit zu präsen­tie­ren. Die örtli­chen Hutma­che­rin­nen wie Frau Burger (früher Sonnen­berg, später Nelken­weg) und Hutge­schäf­te wie Mucken­haupt hatten vor solchen Tagen Hochkon­junk­tur, um die Damen der Oberko­che­ner Haute­vo­lee zu beglü­cken, die an diesem Tag die größten Hüte austrugen.

Auch die Kinder wurden da mitun­ter komplett neu einge­klei­det wie mir Eva-Maria Böhler (die Tochter von Dr. Hans Schmid Sonnen­berg) schrieb: „Bei uns Mädchen ging es ja immer ums neue Kleid. Meine Mutter hatte wie zu jedem Saison­be­ginn die Schnei­de­rin ins Haus kommen lassen, um uns 6 Kinder auszu­stat­ten. Kleidung wurde verän­dert, in der Größe angepasst oder neu genäht. Wir 4 Mädchen bekamen jede ein neues Kleid: Diesmal ein “Perlon­kleid”! Meine Mutter hatte den Stoff in Stutt­gart gekauft. Aber es gab vermut­lich nicht Unmen­gen davon, weshalb sie die Farbe hellblau und helloran­ge brach­te. 3 Schwes­tern bekamen das hellblaue, die ältes­te ein blass-orange-farbe­nes Kleid. Das Muster zeigte sich als weiße Pünkt­chen im Stoff und das Materi­al – einfach toll!!! Strei­te­rei­en, Eifer­süch­te­lei­en gab es natür­lich immer. So lockte mich meine ältere Schwes­ter, die vermut­lich lieber die gleiche Farbe gehabt hätte wie ich (meine Mutter musste uns in der Regel die gleichen Sachen geben) in unser Spiel­zim­mer, wo wir irgend­wo eine alte Schere gefun­den hatten, und ermutig­te mich, am Saum meines gerade fertig gestell­ten Kleides zu testen, ob diese noch funktio­nie­re (Achtung Zicken-Alarm). Die Schere schnitt natür­lich noch recht gut und mein neues Kleid war am Saum zerschnit­ten! Was tun – kurz vor der Fronleich­nams­pro­zes­si­on – wo man sich vor den Augen des ganzen Ortes festlich heraus­ge­putzt zeigen wollte! Meine arme Mutter, so viel Arbeit für uns, aber sie war es bei 6 Kindern gewöhnt zu impro­vi­sie­ren, bewahr­te Ruhe und ich konnte das Kleid, das sie , so glaube ich, mit ein paar Stichen repariert hatte, doch noch während der Prozes­si­on tragen. Wie schnell etwas Schönes zerstört werden kann, das habe ich dabei erlebt. Es war aber auch eine Art Tabubruch, der unheim­lich Spaß machte!!! Damals rechne­te man für Fronleich­nam immer mit großer Hitze, deshalb musste es ein ganz lufti­ges Kleid sein! Häufig holte man sich bei dieser Prozes­si­on auch den ersten Sonnenbrand!“

Ludwig Burghard und die Geschwis­ter Wingert erinnern sich als wär’s gestern gewesen:
„An der Dreißen­tal­schu­le am Mittel­bau wurde der Fronleich­nams­al­tar der Gemein­de Oberko­chen erstellt. Der heuti­ge Mittel­bau der Dreißen­tal­schu­le wurde 1952 fertig­ge­stellt worauf am 12. Juni 1952 der erste Fronleich­n­amal­tar am Haupt­ein­gang erstellt wurde. Da mein Vater dort der Hausmeis­ter war, wurden er und somit fast unsere gesam­te Familie mit einge­spannt. Am frühen Abend vor dem hohen Fest wurden bereits frische, grüne Birken­bäum­chen, Birken­zwei­ge und verschie­de­ne Blumen von der Gemein­de angeliefert.

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Altar Dreißen­tal­schu­le

Der Aufbau des Altares begann am frühen Morgen gegen 5.00 Uhr. Für mich, als kleiner und noch gutgläu­bi­ger Bub, war dieser beson­de­re Aufbau mit seinem ganzen drum herum der eigent­li­che Festtag, der in meiner wichti­gen Kindheits­ska­la gleich dem jährli­chen Highlight Pfingst­markt folgte. Als erstes rückten gegen 5.00 Uhr die Gemein­de­ar­bei­ter an und stell­ten das Holzpo­dest an der Treppe des Haupt­ein­gan­ges am Mittel­bau auf. Das Podest war nötig da man für den Aufgang zum Altar und auch für den Altar viel Platz brauch­te. Dann wurde der Altar­tisch aufge­stellt und über dem Altar wurde vom ersten Stock hinun­ter bis zur Oberkan­te des Altar­ti­sches ein großes Tuch gespannt, welches als Hinter­grund für das große Kreuz diente. Das Kreuz wurde zusam­men­ge­baut und hatte eine geschätz­te Höhe von ca. 4 Meter. Alle diese Bautei­le, das Podest, der Altar­tisch, der Treppen­auf­gang zum Altar aus Holz sowie das große Kreuz, das große Hinter­grund­tuch, die Altar­de­cken, die Kerzen­stän­der und auch die Kerzen wurden beim ersten Bau des Altars an der Schule, vorge­fer­tigt und in der Schule auf der Bühne einge­la­gert, damit man die Teile in den Folge­jah­ren nur noch zusam­men­bau­en musste. Zwischen­durch geneh­mig­ten sich die Gmoids­ar­bei­ter und auch mein Vater hinter dem Altar­auf­bau heimlich immer wieder ein kleines Schnäps­le, sie nannten es aller­dings Weihwas­ser, wofür natür­lich die Frauen kein Verständ­nis aufbrach­ten, da hier ja eine fast sakra­le Arbeit zu verrich­ten war, wobei Schnaps­t­rin­ken und Witze erzäh­len schon einer mittle­ren Sünde gleich kamen. Die Frauen hinge­gen stärk­ten sich mit einem erqui­cken­den Bohnen­kaf­fee, welcher von einer der Frauen in einer Kanne mitge­bracht wurde. Nach dem Aufbau der besag­ten Vorrich­tun­gen waren jetzt die nach und nach einge­trof­fe­nen Frauen im Einsatz. Das waren Frauen aus der Nachbar­schaft, wie z.B. Frau Fabri­kant Schmid und deren Töchter Frau Kurz, Frau Eber und die ledige Gretel Schmid, Frau Bürger­meis­ter Helene Bosch, Frau Glaser­meis­ter Anna Wingert sowie Gärtner Karl Mahler als Blumen­lie­fe­rant, eine der ehrwür­di­gen Schwes­tern, meistens Schwes­ter Aspetia und auch meine Mutter sowie meine Schwes­ter Margret Lübeck. Diese Frauen deckten mit einer unerhör­ten Ehrfurcht und Würde den Altar­tisch, stell­ten die Kerzen­stän­der mit Kerzen und auch Blumen auf den Altar­tisch, alles unter den gestren­gen und geschul­ten Augen von Schwes­ter Aspetia, wobei die letzten und auch entschei­den­den Handgrif­fe und Korrek­tu­ren der ehrw. Schwes­ter vorbe­hal­ten waren. Der Altar war aufge­baut, Podest und Treppe mit Teppi­chen ausge­legt, Birken und Lorbeer­bäu­me von der Gärtne­rei Mahler aufge­stellt und jetzt war der wichtigs­te und heiligs­te Teil des Aufbau­es zu verrich­ten. Der Blumen­tep­pich! Ich schät­ze den Blumen­tep­pich auf eine Länge von ca. 5 Meter und eine Breite von etwa 3 Meter. Die Grund­ris­se wurden zuerst von dem verstor­be­nen Maler­meis­ter Heinrich Sievers mit Kreide auf dem Asphalt vorge­zeich­net. Herr Sievers war ja auch bekannt als Kirchen­ma­ler und war somit für diese künst­le­ri­sche Tätig­keit der perfek­te Meister. Ab und zu wurde er auch von seinem Sohn Friede­rich unter­stützt. Danach zeich­ne­te er in der Mitte des Teppichs auf den Asphalt irgend­ein christ­lich- katho­li­sches Symbol, wie z.B. Heili­ger Geist, PX, Kelch und Hostie oder ähnli­ches. Inzwi­schen liefer­te ein Bauer aus Oberko­chen ein frisch gemäh­tes und kurz gehäck­sel­tes Gras an, welches als Grund­la­ge für die ganze Teppich­flä­che diente. Von anderer Seite wurden dann auch verschie­den farbi­ge Blumen angelie­fert, wobei diese, der Jahres­zeit entspre­chend, aus den umlie­gen­den Gärten und auch von den Wiesen der Natur stamm­ten. Dies waren z. B. Marge­ri­ten, Lupinen, Ginster, Pfingst­ro­sen, Kornblu­men und Strauchro­sen. Nun waren die feinen Frauen­hän­de gefragt. Diese mussten unter der Anlei­tung von Maler­meis­ter Sievers das mit Kreide vorge­zeich­ne­te Bild mit den vorhan­de­nen Blüten­blät­ter farblich ausle­gen, sehr genau und präzi­se und extra dick, damit die Blüten­blät­ter auf dem Asphalt nicht so schnell verwelk­ten und man auch nachher noch das Blumen­bild, wie gesagt in Symbol­form, schön erken­nen konnte. Am Schluss wurde dann noch der Rand des Teppichs mit bunten Blüten­blät­tern einge­fasst. An einigen Fronleich­nams­ta­gen in all den Jahren kam es durch­aus auch vor, dass hochsom­mer­li­che Tempe­ra­tu­ren herrsch­ten und daher ein zu frühes Austrock­nen und Verwel­ken drohte. (Der Blumen und Blüten – nicht der Prozes­si­ons­teil­neh­mer). Um dies zu verhin­dern wurde der gesam­te Blumen­tep­pich immer wieder vorsich­tig mit Wasser besprüht. Das Gras und auch die Blüten­blät­ter sollten ja ihre frischen Farben strah­len lassen. All diese Arbei­ten verrich­te­ten die Frauen, zwangs­läu­fig im Knien, mit einer ungewohn­ten Andacht. (Das Knien ist ja doch schon eine katho­li­sche Art der Demut). Man hörte kein Geschmal­ke und kein Geschn­ad­der, sondern sie unter­hiel­ten sich in einem ruhigen und fast flüstern­den Ton (so ganz anders als sonst). Man kam sich vor wie bei einem festli­chen Hochamt. Maler­meis­ter Sievers sprach den lieben Frauen nach der Fertig­stel­lung des Teppichs jedes Mal ein hohes Lob aus. Selber lobten sich natür­lich die fleißi­gen Frauen auch indem man aus aller Munde ein schea, sehr schea, wonder­schea, arg schea, ganz arg schea hören konnte. Dazwi­schen mein Vater, der ja nicht übermä­ßig fromm war: „Jetzt ka der wiedr nei schlor­ba, dr Herr Hochwürdn!“ Aller­dings kam es einmal vor, dass der Geist­li­che, ich meine es war Vikar Klein, nicht durch den Blumen­tep­pich schritt, sondern betont um den Teppich herum, aus Respekt vor der mühevol­len Arbeit und letzt­end­lich wollte er auch das Kunst­werk nicht zerstö­ren damit man dies noch lange anschau­en konnte. Die Minis­tran­ten, auch die Himmel- und Apostel­trä­ger durften auf keinen Fall über den Blumen­tep­pich schrei­ten, denn dafür fehlte ihnen schon noch etwas an christ­li­cher Würde. Die fleißi­gen Frauen waren aber zu Recht stolz auf ihre wieder einmal verrich­te­te christ­li­che Wohltat und glaub­ten so dem erhoff­ten Himmel wieder etwas näher gekom­men zu sein. Beglei­tend dazu hörte man auch gegen 6.00 Uhr zur Tagwa­che die Böller von der Rodhal­de herüber­don­nern. welche von Andre­as Blümle gestopft und gezün­det wurden. So gegen 7.00 Uhr marschier­te dann der Musik­ver­ein, ebenfalls zur Tagwa­che, mit Marsch­mu­sik in Richtung Jäger­gäss­le, um am Haus von Bürger­meis­ter Bosch den obliga­to­ri­schen Schnaps zu trinken. Dieser wurde auf einem Tablett von Frau Bürger­meis­ter Helene Bosch den dursti­gen Musikern kredenzt. Diese zogen danach mit klingen­dem Spiel weiter und Frau Bosch lief eilends zum Blumen­tep­pich­schmü­cken. Wie gesagt, die Frauen betrach­te­ten noch einmal ihr künst­le­ri­sches Werk, wurden von vorbei gehen­den Passan­ten und Kirch­gän­ger auch sehr gelobt. Jetzt ging es aber hurtig nach Hause da sie in Zeitnot waren, denn sie mussten sich ja für die bevor­ste­hen­de Prozes­si­on noch beson­ders schön heraus­put­zen. Mein Vater aber behielt den ferti­gen Altar bis zum Eintref­fen der Prozes­si­on stets im Auge damit kein Unbefug­ter ihm zu nahe kam und dort noch wo möglich einen Schaden anrich­ten könnte. Man wusste ja nie – mit Lausbu­ben musste man immer rechnen, denn der Schul­haus­meis­ter kannte seine Pappenheimer.

All diese Tätig­kei­ten wurden von mir und meinen Freun­den aus der Nachbar­schaft, den Wingert-Kindern der Glase­rei im Jäger­gäss­le, beobach­tet, verfolgt und auch bestaunt. Auch wir Kinder leiste­ten unseren nicht unwesent­li­chen Beitrag zu der Gestal­tung des Altares. Da kam es ab und zu einmal vor, dass man eilends aufge­for­dert wurde, aus den nahelie­gen­den Wiesen noch etliche Blumen in den gewünsch­ten Farben zu pflücken. Wir wurden auch angewie­sen die Blüten­blät­ter von den Stielen zu zupfen und waren zugleich auch im Stande feine Legear­bei­ten zu verrich­ten. Nach getaner Arbeit rannten wir Kinder, welche beim Schmü­cken des Blumen­tep­pichs gehol­fen hatten, zu den drei anderen Altären in Oberko­chen um uns voller Stolz und Zufrie­den­heit zu überzeu­gen, dass wir wieder den schöns­ten und größten Altar in Oberko­chen mit errich­tet haben. Nach der Prozes­si­on war es dann schnell vorbei mit der Fronleich­nams-Altar-Pracht. Da ja der künst­le­ri­sche und auch arbeits­auf­wen­di­ge Blumen­tep­pich in den meisten Fällen „versch­lorbt“ war, wurde dieser kurzer­hand mit Besen und Schau­fel wegge­räumt. Die Aufbau­ten wurden von den Gemein­de­ar­bei­tern ebenso schnell abgebaut, zerlegt und wieder auf der Bühne des Schul­hau­ses verstaut. Der Schul­hof zeigte wieder sein nüchter­nes und tristes Bild und wer es nicht wusste, konnte es sich nicht vorstel­len, dass dieser noch vor kürzes­ter Zeit, durch stunden­lan­ge, mühevol­le Arbei­ten, in einem ungewohnt pracht­vol­len Glanz erstrahlte.“

Oberkochen
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Prozes­si­on 12.Juni 1952

Und Luitgard Hügle zeigt, dass es auch schon fast ökume­nisch war:
Mein Vater war katho­lisch, ich bin wie meine Mutter evange­lisch. In den Kinder­gar­ten ging ich wie fast alle Kinder in Oberko­chen bei den katho­li­schen Ordens­schwes­tern. Als man mich mal fragte, was ich denn sei, sagte ich „kathe­lisch“ und so war es auch. Ich konnte nur das katho­li­sche Vater­un­ser und durfte an Fronleich­nam zusam­men mit meiner Freun­din Gertrud, die katho­lisch war, mit zum Blumen­streu­en. Da gaben wir uns am Tag vor Fronleich­nam alle Mühe, um unser Körbchen mit Gänse­blüm­chen, Blättern der Pfingst­ro­se, mit Veilchen und Tag- und Nacht-Blümchen zu füllen – große, wertvol­le­re Blumen durften wir natür­lich nicht pflücken. Schon morgens um 6 Uhr hörte man Böller­schüs­se vom Rodstein her und das trug wesent­lich zu der Festtags­stim­mung bei. Und dann haben wir natür­lich die Blumen gestreut, nach bestem Wissen und Gewis­sen mitge­be­tet und gesun­gen und haben uns bei den wunder­schö­nen Blumen­tep­pi­chen vorge­drängt, um einen Blick darauf zu erhaschen. Als wir dann in der Schule waren, sollten wir am Tag nach Fronleich­nam eine Zeich­nung darüber machen. Gertrud hat den Pfarrer in seinem präch­ti­gen Gewand gemalt, der unter einem Balda­chin einher­schritt, der von vier jungen Männern getra­gen wurde, und in den Händen das Samtkis­sen trug. Ich habe das ein bisschen abgespickt und dann auch so gemalt – schließ­lich kannte sie sich viel besser aus. Was in dem Kästchen auf dem roten Samtkis­sen drin war – oder ist – das weiß ich bis heute nicht. Da wir in der Dreißen­tal­stra­ße wohnten, durch welche die Prozes­si­on führte und wir außer­dem ein Geschäft hatten, war das Schmü­cken des Hauses mit Girlan­den ein „absolu­tes Muss“. Die Tage vor Fronleich­nam saßen wir also im Keller und haben Girlan­den gefloch­ten. Es war wohl schon ein Bekann­ter dabei, der das gut konnte und uns angelei­tet hat. Um die Girlan­den aufzu­hän­gen musste man ja auf die Leiter steigen, am besten zwei Männer, mein Vater und der Helfer. Der Hof und das Trottoir waren auch ganz sauber zu kehren und die Vorhän­ge an den Fenstern der Straße zu mussten frisch gewaschen sein. Wenn dann die Prozes­si­on kam, gingen wir auf den Dachbo­den, aber direkt ans Fenster durften wir uns nicht stellen, nur ganz schräg von der Seite her durften wir schau­en, damit man uns von unten nicht sehen konnte. Und so beobach­te­ten wir alles ganz genau, die Kinder, den Pfarrer und sein Gefol­ge, die Männer und zuletzt die Frauen, deren Reihen viel weniger schön ausge­rich­tet waren. Man sprach natür­lich auch über die schönen Kleider und die Hüte, beson­ders die von zwei sehr großen Damen, die ausneh­mend große schöne Hüte auf hatten, das waren die Pflugwirts-Schwestern.

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Altar am Turmweg

Danach besuch­ten wir Kinder noch die Blumen­tep­pi­che und bewun­der­ten, mit welcher Mühe und Liebe diese gestal­tet waren. Der Blumen­tep­pich beim Cafè Gold zum Beispiel. Aber schade um die schönen Blumen, die ja bald verwelkten…

Reinhold Bahmann ergänzt das Ganze durch seine Ausfüh­run­gen:
Die Tage vor dem Fest waren geprägt von einer geschäf­ti­gen, erwar­tungs­fro­hen Haltung. Marien­fi­gu­ren und Kreuze wurden auf Hochglanz poliert, Blumen­va­sen bereit­ge­stellt, Anzüge und Kleider auf Vorder­mann gebracht. Das Fest stand vom Aufwand her den anderen kirch­li­chen Hochfes­ten in nichts nach, im Gegen­teil, das Engage­ment war ein ungleich höheres. Nach den Böller­schlä­gen am frühen Morgen wurden wir durch die Musik nach einem kurzen „Gedose“ (Schlaf) schnell wieder geweckt, denn die Nachba­rin Frau Günther, Ehefrau des gleich­na­mi­gen Musik­ver­eins­vor­stands mit Vorna­men Erich, im Haupt­be­ruf Chef bei Günther & Schramm, stell­te den obliga­to­ri­schen Schnaps für die Musiker bereit. An sonni­gen Festta­gen zog sich der Festum­zug so lang hin dass die Letzten erst beim Gasthof Lamm waren als man beim ersten Altar beim „Gratzer“ (heute Kaufmann) Stati­on machte. Wir in unseren Minis­tran­ten­kut­ten kamen bei hohen Tempe­ra­tu­ren bereits am ersten Altar ins Schwit­zen. Die Haupt­schu­le, das damali­ge Café Gold (heute Mucken­ta­ler) und der Altar bei Josef Hug im Katzen­bach waren die weite­ren Statio­nen. An den Straßen standen junge Birken­bäu­me und beina­he alle Häuser an den Straßen, zumin­dest die katho­li­schen, waren mit Kreuz, Blumen und Kerzen in den Fenstern reich geschmückt. Zum jewei­li­gen sakra­men­ta­len Segen krach­ten Böller­schüs­se, manch­mal auch leicht verspä­tet, denn ein Handy gab‘s damals ja noch nicht. Musik und der Kirchen­chor, die Fahnen­ab­ord­nun­gen der Verei­ne, die 12 Apostel­trä­ger sowie die Erstkom­mu­ni­kan­ten, voraus Kreuz und Fahnen, waren stete Zugbe­glei­ter; die Feuer­wehr sorgte für den reibungs­lo­sen Ablauf. Unter dem Klang aller Glocken und dem „Großer Gott“ zog – wenigs­tens ein Teil der Prozes­si­ons­teil­neh­mer – nach gut andert­halb Stunden wieder in St. Peter und Paul ein. Mit dem Ende der Prozes­si­on war aber der Tag noch nicht zu Ende. Die „Honora­tio­ren“ und das „gemei­ne Fußvolk“ lösch­ten den nicht unerheb­li­chen Durst anschlie­ßend beim Festtags­früh­schop­pen in den Tradi­ti­ons-Gasthäu­sern „GRUBE“ oder „PFLUG“, und am Nachmit­tag traf man sich im „Wingert‘ s Garten“ zum Gemein­de­nach­mit­tag, der nicht selten die vielen Besucher zu fassen kaum in der Lage war. Rostbrat­wurst und Fassbier fanden reißen­den Zuspruch, der aller­dings ein jähes Ende fand, als die Kirchen­glo­cken zur abend­li­chen Dankan­dacht riefen. Über den Tag hinaus hat Fronleich­nam einen alten Brauch bewahrt. Von den am Prozes­si­ons­weg befind­li­chen Birken nahmen die Gläubi­gen (geweih­te) Äste mit nach Hause und bewahr­ten diese unter dem Dach auf. Sie sollen Schutz für die Bewoh­ner vor aller­lei Gefah­ren, wie Feuer, Sturm und Hagel­schlag, bieten. Diesen Brauch pflege ich bis heute!

Gehen wir noch weiter zurück in die Jugend von Anton Gutheiß. Er berichtet:

Oberkochen

Prozes­si­on 4. Juni 1953 – Die Schwestern

Oberkochen

Prozes­si­on 4. Juni 1953 – Der Himmel

Oberkochen

Prozes­si­on 4. Juni 1953

„Zu meiner Zeit standen die 4 Altäre bei Alois Schlipf in der Aalener Straße, beim Hug im Katzen­bach, bei Anton Schell­mann in der Bahnhof­stra­ße und bei Uhls in der Heiden­hei­mer Straße. Kaum noch in Erinne­rung sind die Blumen­bö­gen aus Kunst­blu­men, welche die Straße überquer­ten: Zwei davon befan­den sich in der Katzen­bach­stra­ße Höhe Severin Gold und Tankstel­len-Balle / Seitz, einer in der der Heiden­hei­mer Str. Höhe Bebel / Betzler und einer in der Aalener Straße bei Winter. Wachol­der­zwei­ge wurden entlang der Straße gesteckt und frisch geschnit­te­nes Gras wurde auf die Straßen der Prozes­si­on gestreut. Die Bauern sagten dann: So wie’s Gras trock­net wird die Heuet werden. Wilhelm Fischer winkte von den Altären immer mit dem Taschen­tuch Richtung Rodhal­de (wo heute die Josefs­ka­pel­le steht) und die Böller­schüt­zen Severin Gold und Blümle sorgten dafür dass pünkt­lich zu jeder Wandlung 3 Böller geschos­sen wurden. Das anschlie­ßen­de Pfarr­fest fand vor dem II. Weltkrieg auf der Wiese neben der „GRUBE“ statt. Meine Mutter Maria war immer bei den Blumen­tep­pi­chen für die Hug’schen Altäre im Einsatz und wurde vom Pfarrer oft als Blumen-Königin bezeich­net“. Eine Beson­der­heit sind die 12 Apostel- und 4 Baldach­in­trä­ger. Das Trage­recht liegt bis heute auf den sog, „Häusern“. Dazu hat sich Petrus Uhl stark engagiert und folgen­des erkun­det: Die „Himmels- und Apostel­trä­ger“ waren i.d.R. honori­ge katho­li­sche Bürger, die dieses Amt ausfüh­ren durften. Das Amt wurde nicht „gekauft oder erspen­det“ sondern verlie­hen bzw. ererbt. In den Famili­en wurde dieses Ehren­amt sehr hoch gehal­ten, auch wenn es teilwei­se mit Kosten verbun­den war.

Himmels­trä­ger 1 – Eugen Weber (Nachfah­re des Kohls­effs)
Himmels­trä­ger 2 – Bernhard Brunnhuber(Holzbau)
Himmels­trä­ger 3 – Micha­el Kistner
Himmels­trä­ger 4 – Franz Balle jun. (Bruder von Gerhard Balle)
Apostel­trä­ger 1 – Gold (Edwin (Skigold) jetzt Sohn Heinz),
Apostel­trä­ger 2 – Stefan Bauer (Nachfah­re von Hassin­gers im Jäger­gäss­le, kommt übrigens jedes Jahr extra von Überlin­gen angefah­ren),
Apostel­trä­ger 3 – Berthold Hug, Sohn von Willi­bald Hug in der Aalener Straße,
Apostel­trä­ger 4 – Sohn von Otto Schaupp, wohnhaft im Mahd,
Apostel­trä­ger 5 – Sohn von Josef Brand­stet­ter (König) im Katzen­bach
Apostel­trä­ger 6 – Paul Fischer (Woidle), er erhielt seinen Apostel von Bernhard Hirner, der leider vor einigen Jahren verstarb
Apostel­trä­ger 7 – Maler Hausmann, sein Apostel wurde bisher von seinem Sohn Edgar getra­gen, im letzten Jahr hat sein Bruder Walter sich für Ihn einge­reiht
Apostel­trä­ger 8 – Petrus Uhl in der Nachfol­ge seines Bruders Franz
Apostel­trä­ger 9 – Anton Balle vom Vater übernom­men (vorde­re Balle in der Katzen­bach­stras­se)
Apostel­trä­ger 10 – Herbert Betzler (Elektro-Betzler)
Apostel­trä­ger 11 – Adolf Wunder­le
Apostel­trä­ger 12 – Stefan Balle vom Vater übernom­men (Sohn vom hente­ra Balle Feigengasse)

Franz Uhl fügt ergän­zend hinzu:
Nach meinem Großva­ter Franz hat mein Vater und nach dessen Tod ich selbst ab 1970 sowohl noch das symbo­li­sche rote Mäntel­chen, als auch später den Apostel Andre­as getra­gen. Pfarrer Snoeren hat dann wohl irgend­wo auf der Bühne des Pfarr­hau­ses die histo­ri­schen Apostel­fi­gu­ren gefun­den, restau­rie­ren lassen (die Restau­ra­ti­ons­kos­ten von ca. 1600 DM pro Figur trugen in vielen Fällen die Häuser selbst) und damit die Mäntel­chen ersetzt. Das dürfte jetzt so ca. 30 Jahre her sein.

Wilfried Müller ergänzt abschlie­ßend:
Die Prozes­si­ons­rei­hen­fol­ge änder­te sich im Laufe der Jahrzehn­te natür­lich auch. Dazu sehen wir ein Beispiel aus dem Jahr 1968 als der Zug noch „oadslang“ war:
1) Kreuz und Fahnen
2) Schüler und Schüle­rin­nen der ersten vier Schul­jah­re
3) Fahne
4) Alle Schüler Dreißen­tal­schu­le und Progym­na­si­um ab 5tem Schul­jahr
5) Alle Schüle­rin­nen
6) Chris­tus­ban­ner mit Kolping­grup­pe und männli­che Jugend bis 18 Jahre
7) Mädchen­ban­ner mit Mädchen­ju­gend bis 18 Jahre
8) Kolping­s­ban­ner mit Kolping­s­grup­pe und junge Männer
9) Fahne und Frauen­ju­gend
10) Musik­ka­pel­le
11) Kirchen­chor
12) Erstkom­mu­ni­kan­ten
13) Minis­tran­ten und das Aller­hei­ligs­te
14) Pfarr­ge­mein­de­rat und Gemein­de­rat
15) Arbei­ter­ver­eins­fah­ne und Männer
16) Fahnen­grup­pe der Verei­ne und Männer
17) Fahnen der Frauen und Frauen. Und irgend­wo dazwi­schen wurde die Maria von unseren Jungfrau­en bzw. jungen Frauen getragen

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Jungfrau Maria mit jungen Frauen Ende 60er Jahre

Ab 1970 wurden die Altäre aufge­löst und es ging rascher als sonst über 2 Statio­nen zum Rathaus­platz. Ich erinne­re mich noch, dass die Prozes­si­on immer von Männern beglei­tet wurde, die mit dem Gesang­buch eine Art „Kapo“ waren und dafür sorgten, dass ordent­lich gesun­gen, die Prozes­si­on geord­net verlief und nicht „herum­ge­bu­belt“ wurde. Auch gab es seitens der Stadt klare Aufla­gen an die Bürger: Die Anlie­ger des Prozes­si­ons­we­ges werden mit Rücksicht auf dieses Hochfes­tes der katho­li­schen Mitbür­ger höflichst gebeten, ihrer Straßen­rei­ni­gungs­pflicht am Vortag beson­ders sorgfäl­tig zu genügen. Auch werden die Anwoh­ner des Prozes­si­ons­we­ges angehal­ten ihre Häuser zu schmücken.

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Geschmück­tes Rathaus in der Heiden­hei­mer Straße 1953

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Geschmück­te Häuser in der Dreißen­tal­stra­ße 1953

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Geschmück­te Häuser in der Aalener Straße

Am Ende der Prozes­si­on ging es mit Pauken und Trompe­ten, für die der Musik­ver­ein Oberko­chen verant­wort­lich zeich­ne­te, mit kraft­vol­ler Unter­stüt­zung der Orgel in die katho­li­sche Kirche hinein. Musik und Gesang, die tiefen Stimmen der Männer und die hellen Stimmen der Kinder und Frauen stimm­ten ein gewal­ti­ges „Groooo-ßer Go-ott wir lo-o-ben Dich, Herr wir prei-eisen dei-eine Stärke“ an, dass vielen von uns bis heute in Erinne­rung geblie­ben ist. An so einem Tag war die Kirche proppen­voll und der Pfarrer Forster sicher zutiefst mit seinen Schäf­chen zufrie­den. Und wenn wir heute lesen, dass man Fronleich­nam 2014 in Heiden­heim sogar im Fußball­sta­di­on und ohne Prozes­si­on feiern wollte (vielleicht sogar hat), unter der Maßga­be den sog „Heili­gen Rasen“ nicht betre­ten zu dürfen, stellt sich schon die Frage wie weit man sich dem Zeitgeist verschrei­ben sollte. Fronleich­nam ist eben ein Fest, das seine gesam­te Wirkung nur entfal­ten kann, wenn die Menschen sich aufraf­fen, mitein­an­der schaf­fen und unmög­li­ches auf die Beine stellen. Und wenn es heute heißt: „Wer soll denn dees älles macha?“ so zeigt das einfach nur, dass es zu wenige gibt die heute noch etwas machen wollen. Aber Scheeeeh – scheeeeeh war’s älleweil für Alt und Jung.

Mit 3 kräfti­gen Böller­schüs­sen, ausnahms­wei­se vom Sonnen­berg, grüßt Wilfried Billie Wichai Müller, wünscht ein Super­wet­ter für den kommen­den Festtag und hofft, dass der Beitrag eine würdi­ge Beiga­be zum Fest sein möge. Ich verwei­se wieder auf die Website mit dem Hinweis: Dort gibt es mehr Bilder und schöner anzuschau­en sind diese dort auch ☺.

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Bilder von Irma Zimmer­mann für den Pfarr­haus-Altar 2013

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Altar vorde­rer Balle 2013

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Apostel­trä­ger 2013

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Himmel­trä­ger 2013

Fronleich­nam – Korrek­tur und Ergänzung

Ich rufe die Heili­gen der Schrift­stel­ler an: Den Franz von Sales, den Johann Joseph von Coper­ti­no, die Katha­ri­ne von Alexan­dria, den Maurus von Subia­co und den Theobald Roggen und bitte inbrüns­tig um Hilfe der Genann­ten, dass es mir gelin­gen möge, nächs­tes Mal einen fehler­frei­en Bericht zu schrei­ben. Bis das so weit ist will ich die Fehler aus dem Fronleich­nam-Artikel entfer­nen. Natür­lich könnte ich auch sagen, dass ich die Fehler als eine Art Puzzle für die LeserIn­nen versteckt hätte, aber so plump will ich dann doch nicht auftre­ten. Also sage ich einfach – s’isch passiert und wird zeitnah berich­tigt. Spannend war aller­dings mein Besuch beim nachmit­täg­li­chen Gemein­de­fest. Dort wurde eine neue mathe­ma­ti­sche Formel geboren, die lautet wie folgt: “2 TRI = Summe der amveR“. Ja was ist denn das? Ganz oifach: Frau Tritt­ler Dreißen­tal­stra­ße empfing mich weiblich freudig, beglück­wünsch­te mich zu einem tollen Artikel und überging die Fehler mit weibli­cher Nobles­se: „Sei ja net so schlimm.“ Herr Tritt­ler Aalener Straße empfing mich hinge­gen männlich schwä­bisch-herzlich: „Was schreibscht denn doa zur Rochus-Kapell‘. Die gibt’s doch net. Komm‘ Du nur an da Stamm­tisch!“. Und so lautet die Formel wie oben darge­stellt: „2 Tritt­ler umfas­sen die Summe aller mögli­chen verbal-emotio­na­len Regun­gen“.

Jetzt zu den Berich­ti­gun­gen im Einzelnen:

  1. Natür­lich heißt die Rochus-Kapel­le Josefs-Kapel­le. Die „Bagage“ möge Nachsicht walten lassen. Ich hoffe, dass die Besucher, die den Pfarrer nach dem Weg zur falschen Kapel­le fragten, nicht noch im Wald herum­ir­ren. Im besten Fall sind sie in Unter­ko­chen fündig gewor­den. Vermut­lich hat sich meine verstor­be­ne Mutti hier einge­mischt, und meine Finger gehorch­ten nicht meinem Geist sondern wurden mögli­cher­wei­se fernge­steu­ert. ☺ Ihr ganzes Leben sprach sie immer von der Rochus-Kapel­le in ihrer Heimat.
  2. Ein Café Fleury gab es nicht in Oberko­chen, wie Reinhold versuch­te uns beizu­brin­gen. Das Café am Turmweg hieß einst Gold und später Weidl.
  3. Eines der beiden Bilder mit Altar und Blumen­tep­pich war nicht beim Hugas­eff im Katzen­bach 21, sondern beim Wohnhaus Gentner im Katzen­bach 5. Dort wurde er 2 bis 3 Mal aufgestellt.

Bevor die Prozes­si­on starte­te, fuhr ich die Strecke ab, um mal zu schau­en wie der Weg geschmückt wurde und ich sah was ich vermu­te­te. Geschmückt waren die Häuser nur im Katzen­bach: Das Herz der Prozes­si­on schlug und schlägt immer noch im weitest­ge­hend ursprüng­li­chen geblie­be­nen alt-bäuer­li­chen Teil von Oberko­chen – im Katzen­bach. Was mir auch angenehm auffiel: Ich hatte den Eindruck, dass dieses Jahr deutlich mehr Perso­nen an der Prozes­si­on teilnah­men als die Jahre zuvor. Schau­en wir mal wie sich das Fest in Zukunft entwi­ckelt. Wenn wir das erhal­ten oder gar verbes­sern wollen, müssen wir etwas dafür tun. Das nachmit­täg­li­che Gemein­de­fest auf einer Wiese – das wär schon was (trotz aller Vorschrif­ten die der Mensch erfun­den hat). Halt, noch eins fiel mir auf: Ob wohl früher auch am Fronleich­nams­tag vormit­tags Heu einge­bracht wurde? Ich glaube eher nicht, vermut­lich hat man vor Fronleich­nam überhaupt nicht gemäht – Ist es der Klima­wan­del oder der Religionswandel?

Es grüßt sie wie immer herzlichst Ihr Wilfried Billie Wichai Müller vom Sonnenberg.

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