Im Rahmen der Vorbe­rei­tung von Texten, Fotos und Expona­ten zur Sonder­aus­stel­lung »Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren – Beiträ­ge aus Oberko­che­ner Sicht« greifen wir auf 3 Berich­te zurück, die wir vor 26 Jahren in unserer heimat­kund­li­chen Bericht­erstat­tung »Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag« im Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« veröf­fent­licht haben. Es handelt sich um die Berich­te Nr. 27 vom 22.07.1988, Nr. 28 vom 29.07.1988 und Nr. 29 vom 05.08.1988, in denen wir das Kriegs­ta­ge­buch von Karl Fischer, Hausna­me »Napole­on«, von Beruf Hafner, das dieser 1914 bis zu seiner Verwun­dung im Oktober 1915 geschrie­ben hat. Seine Tochter Frau Anni Posmik, geb. Fischer hatte uns damals die Erlaub­nis zur Veröf­fent­li­chung erteilt.

Das »Kriegs­ta­ge­buch« ist nach der Beschrei­bung von Isidor Retten­mei­er, vormals Lehrer an der Dreißen­tal­schu­le, ein kleines Heftchen, wesent­lich kleiner als ein Oktav­heft, nur zwischen ca. 10 auf ca. 6 cm groß. Es wurde gerau­me Zeit nach dem Tod von Karl Fischer (1968) in den Siebzi­ger­jah­ren des letzten Jahrhun­derts beim Ausräu­men der alten Hafner­werk­statt in einem kleinen Regal im Eck, wo auch das Licht über der Töpfer­schei­be angebracht war, gefun­den. Nach überein­stim­men­der Aussa­ge von Frau Posmik und lsidor Retten­mei­er, der das in Altdeutsch geschrie­be­ne Kriegs­ta­ge­buch in Schreib­ma­schi­ne übertra­gen hat, hat das Tagebuch durch die Verwun­dung des »Napole­on« im Oktober 1915 (Lungen­steck­schuss) Blutfle­cken abbekom­men, die 1988 noch sicht­bar waren. Die »Übertra­gung in Schreib­ma­schi­ne« hat uns seiner­zeit als Vorla­ge für den Abdruck in »Bürger und Gemein­de« gedient. Frau Anni Posmik, inzwi­schen 89 Jahre alt, hat sich leider mit negati­vem Erfolg bemüht, das Tagebuch, das sich noch immer in ihrem Besitz befin­det, neuer­dings für unsere Ausstel­lung aufzu­spü­ren. »Irgend­wo muaß es doch sei…« – Leider sieht es derzeit nicht danach aus.

Wie kam es zum Hausna­men »Napole­on«?
Diese Frage wurde mir seit der Gründung des Heimat­ver­eins (1987) mindes­tens 30 Mal oder noch häufi­ger gestellt. Deshalb, und weil Tochter Anni schon damals keine präzi­se Antwort auf meine diesbe­züg­li­che Frage parat hatte, habe ich ab 1987 die alten Alt-Oberko­che­ner, die alles wissen (häufig meist besser…), und die inzwi­schen leider immer selte­ner werden, immer wieder befragt.

Im Wesent­li­chen haben sich 3 Versio­nen von Antwor­ten herauskristallisiert:

1. Versi­on: »Napole­on habe im Haus der Hafner-Familie Fischer auf seinem Zug nach Osten übernach­tet«. Obwohl ich diese Versi­on für reich­lich phantas­tisch hielt, habe ich sie gründ­lich überprüft. 1991 habe ich das Staats­ar­chiv Ludwig­burg schrift­lich um Auskunft gebeten, ob Napole­on 1812 auf seinem Russland­feld­zug überhaupt durch Oberko­chen durch­ge­kom­men ist und erhielt die Antwort, dass diese Behaup­tung beleg­bar unwahr sei. Auch der damali­ge Kreis­ar­chi­var Dr. Bernhard Hildbrand sen., (Vater des jetzi­gen Kreis­ar­chi­vars), den ich seit der Ausgra­bung des Römer­kel­lers im Jahr 1971 bestens kannte, lachte auf meine Frage nur und sagte auf Anhieb: »Der Napole­on kam auf seinem Weg nach Russland ja gar nicht durch Oberko­chen«. – Damit hatte Versi­on 1, wie auch der damali­ge Aalener Stadt­ar­chi­var Bauer bestä­tig­te, gleich drei Lügen­bei­ne bekom­men und schei­det seit 1991 aus.

2. Versi­on: Nicht ganz so unwahr­schein­lich: Ein Vorfah­re habe vom Frank­reich­feld­zug 1870/1871 eine Münze »mit’m Napole­on drauf« mitge­bracht. Aller­dings konnte 1988, dem Jahr der Veröf­fent­li­chung des Kriegs­ta­ge­buchs des »Napole­on« in »BuG«, von Tochter Anni kein Vorfahr benannt werden, der am Frank­reich-Feldzug 1870/71 teilge­nom­men und die Münze von Frank­reich mitge­bracht hat. Abgese­hen davon lebte Napole­on von 1769 — 1821, und unser »Napole­on« von 1880 bis 1968, so dass es kaum möglich ist, dass der Oberko­che­ner »Napole­on« eine Münze von Napole­on als im Umlauf befind­li­che Kursmün­ze aus Frank­reich mitge­bracht und im Hause hatte.

Oberkochen

Münze von Napole­on Bonapar­te (Foto Google)

3. Versi­on: Die gängigs­te Erklä­rung ist, dass Karl Fischer selbst, sein Vater oder Großva­ter, tatsäch­lich aus unbekann­ter Quelle eine Münze mit dem Abbild des echten oder eines späte­ren Napole­on darauf beses­sen hat, und dass dieser (oder jener) die Münze stets mit sich geführt und sie unzäh­li­ge Male am Stamm­tisch angekün­digt und herum­ge­zeigt hat, mit der Bemer­kung »I han ’n echta Napole­on em Sack«. – Leider scheint diese Münze verlo­ren gegan­gen zu sein. –

Dafür ist in meiner umfang­rei­chen Arbeit zu den Oberko­che­ner Hausna­men zu lesen, dass der »Napole­on« – so laute­te damals die Aussa­ge der »Hausna­men- Arbeits­grup­pe« – die am längs­ten betrie­be­ne Werkstatt gehabt habe. Schwie­ger­sohn Konrad Posmik besaß viele vom »Napole­on« gefer­tig­te schöne Gefäße. – Die Elmer’sche Werkstatt (Kurt Elmer) war aller­dings wohl mindes­tens so lange, wenn nicht noch länger in Betrieb. Kurt Elmers Vater gab mir noch wichti­ge Tipps zum Bau eines Tonbrenn­ofens für meine Schüler.

Die Oberko­che­ner Hausna­men
Meine Aufzeich­nun­gen zu den Oberko­che­ner Hausna­men, also auch zu Karl Fischer, habe ich bereits vor 23 Jahren gemacht, da mich die Oberko­che­ner Hausna­men generell inter­es­sier­ten – es war schon damals höchs­te Zeit, das Thema »Oberko­che­ner Hausna­men« in Angriff zu nehmen, denn die Zahl der Wissen­den wird immer kleiner. Im Septem­ber 1991 hatte ich eine kleine Gruppe von inter­es­sier­ten und wissen­den Oberko­che­nern zusam­men­ge­bracht. Diese bestand aus: Anton Bezler (Kra(t)zer), Josef Wingert (Draier), Hilde Tritt­ler (Gruab­wir­de), Paul Wingert (Balga­dag), Anton Gutheiß (Done – Haupt- und Mitor­ga­ni­sa­tor des 1. Treffs) und mir. Wir trafen uns dreimal, und zwar am 9., 13., und 22. Septem­ber 1991 in der »Grube«. Meine vom 8.11. — 25.11.91. entstan­de­ne erste ausführ­li­che und ständig weiter­wach­sen­de Nieder­schrift gab ich später in den Jahren 1994 bis 2004 an Edwin Gold, Trudl Fischer, Gretl Bleib­ler, Eugen und Blandi­ne Gentner, Guido Wunder­le, Helmut Gold und Lisbeth Schoen, die meine Unter­la­gen korri­gier­ten und mehr oder weniger ergänz­ten. Leider ist dieser umfang­rei­che Ordner noch mit norma­ler Schreib­ma­schi­ne geschrie­ben, und es gibt ihn nur einmal in festge­schrie­be­ner Form, die Ergän­zun­gen sind handschrift­lich. Es ist deshalb doppelt schwie­rig, die Ergän­zun­gen und Korrek­tu­ren in das Origi­nal einzu­ar­bei­ten – eine Arbeit, die ich mir für meine Zeit als Pensio­när vorge­nom­men hatte – ich sollte, nach nunmehr 19 Jahren, so langsam damit begin­nen. – Indes: Das wichtigs­te Materi­al zu 158 Oberko­che­ner Hausna­men, die teilwei­se über etliche Genera­tio­nen weiter­leb­ten und ‑leben, sowie nicht­ver­erb­li­che perso­nen­be­zo­ge­ne Namen habe ich beisam­men, und sie sind für den Heimat­ver­ein vorhanden.

Wer Inter­es­se an dem »Kriegs­ta­ge­buch« hat, kann unsere 3 Berich­te auf dieser Homepage unter Punkt 4b finden. Unter dem ersten Hunder­ter-Pack (1 — 99) unserer inzwi­schen ca. 630 heimat­kund­li­chen Berich­te müssen dann die Berich­te 27, 28 und 29 (Juni und Juli 1988) angeklickt werden. Sie gehen sofort auf.

Die Hoffnung, dass das Tagebuch des »Napole­on« bis zur Eröff­nung der Ausstel­lung im Origi­nal vorliegt, hat sich leider nicht erfüllt. Die Eröff­nung der Ausstel­lung durch Bürger­meis­ter Traub findet am Donners­tag, 17. Juli 2014, 19.00 Uhr im Foyer des Rathau­ses statt. – Eintritt frei.

Dietrich Bantel

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