Teil 2

Für mich persön­lich (obwohl kein ZEISS- sondern LEITZ-Lehrling) und nicht wenige meiner Schul­freun­din­nen, war der Jugend­club ein kleiner angeneh­mer Ort, an dem man sich am Freitag­abend zu guter Musik und zum Tanz und am Samstag­nach­mit­tag zu den verschie­dens­ten Aktivi­tä­ten traf. Beson­ders in Erinne­rung geblie­ben sind mir Veran­stal­tun­gen wie eine LETKISS-Tanzstun­de (furcht­bar ätzend), eine nächt­li­che Maiwan­de­rung nach Tauchen­wei­ler und die Freitags-Tanzaben­de bei Beat-Musik, bei der einige Zeitlang auch Helmut Kappler Platten aufleg­te. In dieser Zeit, spezi­ell ab 1968 stießen viele Jugend­li­che durch Vermitt­lung von Wolfgang Kieslich vom örtli­chen Progym­na­si­um dazu und sorgten für eine ganz spezi­el­le Mischung aus Schüle­rin­nen und Lehrlin­gen. Für mich war dann der Höhepunkt, als Hartmut Müller unbedingt eine Theater­grup­pe gründen wollte, um mit dieser bei der Lehrlingslos­spre­chung 1969 oder 1970, die Bretter des ZEISS-Saales zu beglü­cken. Wir probten wöchent­lich und büffel­ten unsere Texte und als der Tag der Haupt­pro­be nahte, kam es wie es kommen musste: wer konnte den Text nicht? – der mitspie­len­de Regis­seur Hartmut Müller 🙂 Vermut­lich war er wohl zu sehr mit uns beschäf­tigt als mit seiner Rolle. Lampen­fie­ber nahm uns in Beschlag, doch mit Bravour meister­ten wir die Heraus­for­de­rung und ich durch­leb­te eine inten­si­ve Zeit auf der Bühne als »feuri­ger ungari­scher Liebha­ber« – TSCHOI. Danach stand ich für die Bretter, die für andere die Welt bedeu­ten, nicht mehr zur Verfü­gung, denn meine Lehrzeit bei LEITZ erfor­der­te meinen vollen Einsatz und so endete für mich auch die Zeit im ZEISS-Jugend­club. Natür­lich gab es Kritik zur Arbeit im Club, auch von uns, aber das zeigt, dass der Club gelebt hat und ich bin froh, dass es ihn damals gab und mein Namens­vet­ter hat nicht unbeträcht­lich dazu beigetra­gen, dass wir damals begon­nen haben, intel­lek­tu­ell über den Teller­rand hinaus­zu­schau­en. Der Club zog später zum Guten­bach um (in einen Teil des heuti­gen Kinder­hau­ses) und später in das alte WIGO-Gebäu­de (heute PEDCAD) in der Heiden­hei­mer Straße. Beide CLUBS hatten ihre Berech­ti­gung und fanden ihr Publi­kum. Auch wenn die BEAT CLUBLER mit dem JUGEND CLUB aus verschie­de­nen Gründen nicht konnten und nicht wollten.

Unbestrit­ten bleibt aber:
Die wichtigs­ten Jahre waren für die Jungs und Mädels des BEAT CLUBS und des JUGEND CLUBS die Jahre von 1962 bis 1969 und diese haben bei uns, die wir engagiert dabei waren, Spuren hinter­las­sen. Und manche von uns haben die Musik neben dem Gelderwerb zu einem wichti­gen Punkt in ihrem Leben gemacht. Dazu noch ein paar Anmer­kun­gen, die zeigen, dass es unbedingt notwen­dig war, den Ort zu verlas­sen (auch wenn man wie ich später wieder zurück gekom­men ist). Dieje­ni­gen, die gegan­gen sind, haben vermut­lich mehr von ihren Träumen und Wünschen umset­zen können. Auch wir Gymna­si­as­ten hatten Wolfgang Dubiel zu danken. Er stell­te die gesam­te Technik für die erste Schul­par­ty im Treppen­haus im Jahre 1969 zur Verfü­gung. Wenn es um Musik ging, war er immer engagiert bei der Sache.

Oberkochen

Peter Maiwald und ich haben dann den Bürger­meis­ter Bosch kontak­tiert, weil wir etwas mehr für die Jugend wollten – wieder mehr Rock und Beat und weniger Kultur – und wenn möglich mit einem Rock-Konzert. Leider zerschlug sich das aus verschie­de­nen Gründen. Ansons­ten hingen wir vor dem »Storchen­bäck« oder später im »Musik­pa­vil­lon« am Rathaus­platz herum. Die dorti­gen Anwoh­ner teilten unsere Begeis­te­rung für den Pavil­lon in keins­ter Weise – schon gar nicht, wenn wir dort Musik machten, um des Pavil­lons Namen Ehre zu machen. Es gab dann noch ein paar Veran­stal­tun­gen im Rupert-Mayer-Haus und bei der evange­li­schen Kirchen­ge­mein­de, wie z. B. einen Sonntag­nach­mit­tags-Tanz mit Beat, Fanta und Cola – das war ja nur grausig (wir nannten das Ringel­pietz mit Anfas­sen) und so mussten wir warten, bis in Aalen 1968 das DISCO PUB im Rohrwang eröff­ne­te. Das war dann das NON PLUS ULTRA für uns. Tolle aktuel­le Beat‑, Soul- und Blues-Musik, Light und Sound, DJS, tolle in Licht getauch­te Wandge­mäl­de und Super Mädels. Das PUB machte schon am Sonntag­nach­mit­tag auf und wir liefen teilwei­se von Oberko­chen zu Fuß nach Aalen oder tramp­ten (per Anhal­ter), um dabei zu sein. Dann öffne­te später der BOTTICH (1968 oder 1969) in Aalen-Unterrom­bach. Auch ein toller Musik­tem­pel, zu dem auch viele GI’s aus Schwä­bisch Gmünd herüber­ka­men und mit ihren Joints einen beson­de­ren Duft über die Sitz-Botti­che entfal­te­ten. Ein großer Anzie­hungs­punkt war dann noch das »1001-Nacht« in Giengen, das aber nicht an die beson­de­re PUB-Atmosphä­re heran­kam. Diese ganze Zeit, die mit der neuen Musik über uns herein­brach, hatte auch Auswir­kun­gen auf uns und so wurden einige meiner Bekann­ten, Freun­de und Mitschü­ler tatsäch­lich Musiker aus Leiden­schaft, die bis heute wirkt und gründe­ten erste Bands oder spiel­ten und spielen in solchen bis heute mit.

Oberkochen

Ich erinne­re an den »VRS VEHICLE REPAIR SHOP, mit Friede­mann Blum, Stephan Stumpf, Wolfgang Hörndl und einem Sam auf dein Sax. Die Gruppe absol­vier­te viele Übungs­ein­hei­ten in der evange­li­schen und spiel­te ein erstes Konzert auf dem Ersten Open-Air-Konzert in Aalen auf dem MTV-Platz. Ich wollte deren Manager sein, brach­te aber nichts auf die Reihe 🙂

Oder an BLUES PILZ mit Siggi Schwab, Karl »Charly« Starz, Dieter Funke und Jörg »Balloo« Funke, die zum 10-jähri­gen Jubilä­um 1978 im DISCO PUB aufspiel­ten. Friede­mann Blum spielt heute bei den BANANA SHAKERS und Wolfgang »Wolfi« Dubiel finden wir in Berlin als Bassist beim VINTAGE JAZZ TRIO oder bei den HOT TAMALES.

Unsere alten Herren lassen es sich nicht nehmen, bei jedem Schul­zeit­treff kräftig aufzu­spie­len, auch wenn unser alter Musik­leh­rer Otto Fischer diese Musik nur als stören­des Geräusch empfin­det und der Szene­rie entflieht.

Dieser Bericht wäre ohne die Unter­stüt­zung von Hartmut Müller und ganz beson­ders von Wolfgang Dubiel aus Berlin so nicht möglich gewesen. Wolfgang hat es verstan­den, seine Liebe zur Musik auch beruf­lich umzusetzen.

Origi­nal­text von Wolfgang Dubiel:
1969 in Berlin angekom­men, spiel­te ich sehr bald mit der Gitar­re und der BluesHarp auf priva­ten Partys, Hinter­hof-Festen und gelegent­lich auf der Straße (auf der Straße aller­dings in München – der damali­gen Freun­din wegen). Als Techni­ker arbei­te­te ich dann bei der Firma Neumann (Herstel­ler der edlen Neumann-Mikro­fo­ne). Ich selbst konstru­ier­te bei Neumann Schall­plat­ten­schneid­ma­schi­nen – CD gab es damals noch nicht. Neumann baute unter anderem auch Misch­pult­an­la­gen, und zu dieser Zeit auch eines für die »Beatles — Abbey Road«. Das reizte uns junge Leute in der Firma, eigene Musik auf einem Beatles-Misch­pult abzumi­schen, und wir gründe­ten eine Firmen­band. Einige in der Firma spiel­ten ein Instru­ment oder mehre­re und beglei­te­ten neben­her auch bekann­te Stars in Berli­ner Musik­stu­di­os. Es gab dann einen Auftritt in der alten Kongress­hal­le Berlin (die sogenann­te »Schwan­ge­re Auster«) im Zusam­men­hang mit einem Firmen­ju­bi­lä­um (also Privat­ver­an­stal­tung – aber die Welt war zu Gast). Wir schnit­ten auch eine LP, die aber nur an Firmen­mit­ar­bei­ter und enge Freun­de verteilt wurde. Dies war 1978 zum 50jährigen Neumann-Firmen­ju­bi­lä­um. Das war auch der Beginn meiner eigenen Blues­grup­pe »Hot Tamales«. Bis heute spielen wir jeden Mittwoch zusam­men, ausge­nom­men wegen Ferien und Krank­heit. Als Blues­grup­pe feiern wir dieses Jahr unser 35jähriges Bestehen. Anfangs spiel­ten wir auch öfters öffent­lich, dies tun wir aber nicht mehr. Nur zu unseren eigenen Festen spielen wir vor Publi­kum. Nach Abschluss meines Ingenieur­stu­di­ums und Festan­stel­lung bei Siemens kauften wir 1985, meine Frau und ich, ein Haus zusam­men mit einem in Berlin bekann­ten Jazzmu­si­ker namens »Micha­el Rothensteiner«.

Im Keller richte­ten wir ein kleines Studio ein und machten zeitwei­lig Demoauf­nah­men von Berli­ner Jazzgrup­pen für Auftrit­te bei Festi­vals. Zu dieser Zeit spiel­te ich noch die Gitar­re, die BluesHarp und machte auch Gesang. Dazu kam dann noch Klavier und 1994 der Kontra­bass. Mit dem Kontra­bass spiel­te ich öffent­lich bei diver­sen Jazzbands mit. Als Gründungs­mit­glied einer Gruppe namens »Swing­mo­bil« spiel­te ich dort eine Weile fest und wechsel­te dann 2005 zu einem Duo aus dem dann das »Vinta­ge Jazz Trio« wurde. 2009 erschien unsere CD auf dem Markt und seit 2005 spiele ich im Wesent­li­chen mit »Vinta­ge Jazz Trio« öffent­lich. Angesetzt ist mindes­tens 1 Auftritt pro Monat, aber nicht mehr als 4 Auftrit­te im Monat. Manch­mal haben wir auch sehr bekann­te Gastmu­si­ker aus Radio und Fernse­hen bei unseren Auftrit­ten dabei. Ich kann sagen, dass es einen verdammt nach vorne bringt, wenn man mit Profis musiziert. Ein Spiel­abend mit einem Profi ersetzt ein halbes Jahr proben.

Vielen Dank an die beiden und als Hinweis an alle Leser: Ohne Eure Geschich­ten und Erinne­run­gen kann es keine Berich­te geben.

ACHTUNG: Es werden dringend Geschich­ten und Fotos zum Thema »Öffent­li­ches Baden in Oberko­chen« gesucht.

Wilfried Müller

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