Eine im gemein­de­rät­li­chen Techni­schen Ausschuss von Dr. Micha­el le Maire gestell­te Frage wurde von Bericht­erstat­ter Lothar Schell in der »Schwä­bi­schen Post« vom 15. März aufge­grif­fen. Schlag­zei­len: »Hohlräu­me am Kocher vermu­tet – Ausschuss befasst sich mit Grotte unterm Rodstein und dem Koche­rusprung«.

Dazu ist aus der Sicht des für die Oberko­che­ner Gemar­kung zustän­di­gen ehren­amt­li­chen Mitar­bei­ters des Landes­am­tes für Denkmal­schutz, Dietrich Bantel, mancher­lei zu sagen.

1.) Entge­gen zweier Darstel­lun­gen in der GR-Sitzung vom 11. März d.J. ist im Heimat­buch durch­aus die Rede von einer kleinen Höhle unterm Rodstein, nämlich auf Seite 442 (Erstauf­la­ge v. 1986) resp. auf Seite 446 (Zweit­auf­la­ge v. 1993). Dort ist unter dem zwar etwas irrefüh­ren­den, jedoch in dieser Form tradi­ier­ten Titel »Der Besen­bin­der vom Katzen­stein« überlie­fert, dass sich (wörtli­ches Zitat) in dieser »kleinen Höhle unter dem Kreuz auf dem Rodstein« ein Besen­bin­der aufge­hal­ten hat. (19. Jahrhundert?)

2.) Was die »Höhle im Oberen Rodstein« betrifft, so ist aus speläo­lo­gi­scher, d.h. »höhlen­kund­li­cher« Sicht, zu vermer­ken, dass man »Löcher« (Stadt­rat Burger: »Mauslö­cher«) unter 5 Metern Länge »Apris« nennt. Apri ist die Fachbe­zeich­nung für eine »Grotte«. – Erst über 5 m Länge werden Höhlen »Höhlen« genannt.

3.) Die angespro­che­ne Höhle ist also bislang keine Höhle, sondern kann »guten Gewis­sens« noch als Apri einge­stuft werden. Rein theore­tisch ist nicht auszu­schlie­ßen, dass dieses Apri mögli­cher­wei­se aber nach der »Metho­de« der Höhle am Griebi­gen Stein (1979) zumin­dest in die Tiefe »verlän­ger­bar« ist. Dagegen sind jedoch eine Reihe von »Abers« anzumerken.

4.) Seitens des Landes­am­tes für Denkmal­schutz (früher LDA) gilt, dass grund­sätz­lich jedes Apri und jede Höhle auf der Schwä­bi­schen Alb spora­disch als neoli­thi­scher (stein­zeit­li­cher) Wohnplatz gedient haben kann, also auch das Rodstein-Apri. An der Oberflä­che liegend wurden bislang jedoch – im Gegen­satz zur Höhle im Griebi­gen Stein und zur Schmie­de­stein­höh­le – keine Hinwei­se (z.B. Scher­ben) gefun­den, die auf einen spora­disch genutz­ten stein­zeit­li­chen oder auch mittel­al­ter­li­chen Wohnplatz hinweisen.

5.) Die Menschen der Vorzeit haben – entge­gen einer weitver­brei­te­ten falschen Meinung – nicht »in« den Höhlen gelebt, sondern aus leicht nachvoll­zieh­ba­ren Gründen (Licht) nur im unmit­tel­ba­ren Eingangs­be­reich dersel­ben. Bei Apris ist logischer­wei­se der gesam­te Apribe­reich als »Nutzflä­che« anzusehen.

6.) Aus diesem Grund sind die Apris der Schwä­bi­schen Alb insge­samt und die Flächen im Nahbe­reich der Eingän­ge aller Höhlen auf der gesam­ten Schwä­bi­schen Alb unter Schutz gestellt. Auf eigen­mäch­ti­ges Schür­fen und Graben stehen hohe Strafen.

7.) Die hinte­ren dunklen Höhlen­be­rei­che haben häufig (Frank­reich, Spani­en) zur Ausübung kulti­scher Handlun­gen gedient – sozusa­gen als »vorchrist­li­che Kirchen«. – Vieler­orts werden deshalb in den tiefer­ab­ge­le­ge­nen Höhlen­be­rei­chen außer Malerei­en auch andere, z.B. dreidi­men­sio­na­le kulti­sche Spuren gefun­den (z.B. Werkzeu­ge und Figuren – Vogel­herd­höh­le, Ofnethöhle).

8.) Eine histo­risch-kulti­sche spora­di­sche Nutzung des Apris, nennen wir sie »Grotte«, unten im Oberen Rodstein, ebenso wie eine mehr als spora­di­sche wohnplatz­mä­ßi­ge Nutzung dersel­ben, kann keines­wegs ausge­schlos­sen werden. Dagegen spricht nur, dass der Platz sehr weit von einer Wasser­stel­le entfernt ist.

9.) Eine »archäo­lo­gi­sche Unter­su­chung« der Grotte unterm Rodstein wird mit Sicher­heit in abseh­ba­rer Zeit nicht statt­fin­den, da es hierfür weder Anlass, noch Notwen­dig­keit, noch Geld gibt. Die Geschich­te ist davon abgese­hen – das wissen wir aus den Erfah­run­gen mit dem »Römer­kel­ler« – am besten in der Erde konser­viert. Auch verbes­sern sich die archäo­lo­gi­schen Forschungs­mög­lich­kei­ten und damit das Erlan­gen von Erkennt­nis­sen aus bislang unbekann­ten im Boden verbor­ge­nen Befun­den von Jahr zu Jahr.

10.) Geld für sogenann­te »Lustgra­bun­gen« ist seit vielen Jahren nicht mehr vorhan­den. Abgese­hen davon sollten wir auch kommen­den Genera­tio­nen noch Arbeit überlas­sen. – Im Übrigen trifft tatsäch­lich zu, was Stadt­rat Burger feststell­te: In den späten Siebzi­gern und den frühen Achtzi­gern des letzten Jahrhun­derts wurden sämtli­che bekann­ten »Löcher« auf unserer Gemar­kung, die »größer als ein Mausloch« sind, unter­sucht – was nicht heißt, dass unsere Gemar­kung nicht doch noch viele archäo­lo­gi­sche und auch speläo­lo­gi­sche Überra­schun­gen bereithält.

Die Grotte im Rodstein

11.) Vor ca. 5 Jahren hat der Oberko­che­ner Bürger Eugen Weber mit Einver­ständ­nis des Vorsit­zen­den der Realge­nos­sen­schaft Oberko­chen, Herrn Bruno Balle, und durch meine Vermitt­lung auch der Duldung der Natur­schutz­be­hör­de beim Landrats­amts Ostalb­kreis mit Schrei­ben vom 20.3.2008 nach einem Ortster­min am 19.03.2008 (Herr Fritz, Frau Hägele) in dem Rodstein-Apri eine Marien­fi­gur aufge­stellt, so dass eine Art »Lourdes-Grotte« entstan­den ist.

Oberkochen
Oberkochen

Weite­res Beiwerk wurde aus natur­denk­mal­schüt­ze­ri­schen Gründen von der Natur­schutz­be­hör­de des LRA Aalen abgelehnt.

12.) Eugen Weber bezieht sich bei seiner Aktion in der Rodstein-Grotte auf ein Ereig­nis in Med(j)ugorje in Bosni­en-Herze­go­wi­na, wo durch Marien­er­schei­nun­gen seit 1981 ein immer bekann­ter werden­der Marien-Wallfahrts­ort entstan­den ist, der Hunder­tau­sen­de von Besuchern anzieht. Dorthin finden bereits Omnibus- und Flugwall­fahr­ten statt.

13.) Die Gründe für Eugen Webers Initia­ti­ve sind persön­li­cher Art, aber für viele Oberko­che­ner Bürger auch durch­aus von allge­mei­nem Inter­es­se. Eugen Weber teilte mir in einem Schrei­ben vom 3. März 2008 u.a. mit, dass der Kreuz­berg in Med(j)ugorje mit entspre­chen­dem landschafts­ty­po­lo­gi­schem Trans­fer eine verblüf­fen­de Ähnlich­keit mit der Situa­ti­on des Rodsteins über dem Kocher­tal und Oberko­chen hat.

Oberkochen

Unser Foto belegt die Ähnlich­keit der Situa­ti­on, wenngleich der Höhen­un­ter­schied zwischen Bergkreuz und Tal in Med(j)ugorie wesent­lich größer ist.

14.) Der Rodstein in Oberko­chen wird von alters her am 14. Septem­ber jeden Jahres nach dem Fest der Kreuz­erhö­hung von Pilgern zum Gipfel­kreuz bewan­dert… — (ausführ­li­cher Bericht hierzu in BuG vom 14. Septem­ber 1973 – Näheres zum Rodstein-Kreuz auf dieser Homepage unter Punkt 16 »Kreuze« – Oberko­che­ner Kleindenkmale.

15.) Bemer­kens­wert ist der Gedan­ke, dass in weit mehr als 100 Jahren am Rodstein nunmehr nach und nach die ganze Heili­ge Familie (Chris­tus­kreuz, Josefs­ka­pel­le, Marien­grott­te) »zuhau­se« ist.

16.) Pfarrer Macho steht der gedank­li­chen und prakti­schen Arbeit von Eugen Weber sehr positiv gegen­über. Im Septem­ber letzten Jahres haben er und viele Oberko­che­ner Kreuz­erhö­hungs-Wallfah­rer nach dem Gebet beim Rodstein-Kreuz die Rodstein-Grotte und die Marien­fi­gur im Rahmen einer Andacht aufgesucht.

17.) Insofern ist der Platz, bei dem zumin­dest bislang kein archäo­lo­gi­scher Befund nachzu­wei­sen ist, nun inmit­ten herrli­cher Natur unter dem Aspekt gewis­ser anders ausge­rich­te­ter Vorzei­chen unserer Zeit vielleicht verstärkt auf dem Weg hin zu einem kleinen und eigen­wil­li­gen zeitge­nös­si­schen kleinen christ­li­chen »Kultplatz«.

Oberkochen

18.) Symbo­lisch für die zarte Pflan­ze »Marien-Grotte unter Rodstein« steht ein Foto von Eugen Weber, das aus der Grotte heraus auf eine Felsna­del aufge­nom­men ist, und das die erfolg­rei­che Kraft der Natur zeigt, ein Bäumchen auf einer nackten spitzen Felsna­del anzusiedeln.

Höhlen­sys­tem hinter dem Kocherursprung?

19.) Zur zweiten Schlag­zei­le der SP vom 15.3.2013 »Hohlräu­me am Kocher vermu­tet«. – Über dieses Thema haben wir bereits mehrfach in unserer heimat­kund­li­chen Berichts­er­ie »Oberko­chen – Geschich­te, Landschaft, Alltag« berich­tet, – zuletzt in Bericht 568 vom 30.7.2010 (Höhlen­sys­tem hinterm Kocher­ur­sprung?) und Bericht 577 vom 21.1.2011 (Hochwas­ser am Kocher­ur­sprung). – Auch Bericht 432 vom 31.10.2002 (Kocher­ur­sprung – Verstärk­te Erosi­on) behan­delt diese Frage ausführlich.

20.) Seit Febru­ar 2010 bemühe ich mich, wieder­um als ehren­amt­li­cher Mitar­bei­ter des Landes­amts für Denkmal­pfle­ge, für Höhlen­for­scher eine Geneh­mi­gung für eine kleine Versuchs­son­die­rung im Bereich des Natur­denk­mals »Koche­rusprung« zu erhal­ten, was, wie leicht nachvoll­zieh­bar, nicht ganz einfach ist. – Einer dieser Forscher, Hansjörg Schnei­der, Oberkochen/Essingen, war schon 1979 in der von mir gegrün­de­ten Höhlen-Inter­es­sen­ge­mein­schaft Oberko­chen (Höhlen-InGO) dabei. Ein weite­rer Speläo­lo­ge, der sich engagiert, ist Dr. Jürgen Bohnert aus Freiburg. Auch unser Oberko­che­ner Gerhard Schus­ter gehört zu den Inter­es­sen­ten. – Die Forscher arbei­ten in verschie­de­nen Gruppen, wie z.B. der Höhlen­for­schungs­grup­pe Ostalb Kirch­heim, die über die Höhlen InGO Heiden­heim aus der Höhlen-InGO Oberko­chen hervor­ge­gan­gen ist, sowie der ArGe Höhle und Karst Graben­stet­ten und die ArGe Blaukarst (Blautopf usw).

21.) Mit Datum vom 10.1.2013 haben wir nun vom Land Baden-Württem­berg, Landes­amt für Denkmal­pfle­ge im Regie­rungs­prä­si­di­um Stutt­gart, die offizi­el­le schrift­li­che Geneh­mi­gung für die Unter­su­chun­gen im Bereich des Kocher­ur­sprungs erhal­ten, – unter­stützt auch durch das Inter­es­se von Bürger­meis­ter Peter Traub und Stadt­bau­meis­ter Johan­nes Thalhei­mer. Natür­lich sind mit der Geneh­mi­gung die üblichen Aufla­gen verbun­den, – vor allem auch unter dem archäo­lo­gi­schen Aspekt im Bereich von Quellen, denn Quellen waren schon vor Jahrtau­sen­den bevor­zug­te Siedlungs­plät­ze. Spezi­ell im Bereich des Kocher­ur­sprungs sind Münzfun­de belegt. Unser Mitglied Roland Gründer hat dort auch schon den Scher­ben einer vorchrist­li­chen Graphit-Keramik gefunden.

22.) Wann die Arbei­ten durch­ge­führt werden, bleibt vorerst nicht­öf­fent­lich, um das Inter­es­se Nicht­be­fug­ter möglichst gering zu halten.

Ich hoffe, dass durch diesen Artikel eine Reihe offener Fragen, die sowohl durch die Anfra­ge im Gemein­de­rat als auch durch die Bericht­erstat­tung in der »Schwä­bi­schen Post« entstan­den sind, in Zusam­men­ar­beit mit den Herren Eugen Weber, Dr. Michel le Maire und Pfarrer Andre­as Macho beant­wor­tet werden konnten.

Dietrich Bantel

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