Fragen zu Bild 6:
Welches Gesche­hen ist hier festge­hal­ten? Wann?

Oberkochen

Lösung zu Bild 6:
Im ersten Weltkrieg wurden die Glocken beider Kirchen für Rüstungs­zwe­cke konfis­ziert. Man kann erken­nen, daß eine Glocke außen am Turm der kath. Kirche St. Peter und Paul herab­ge­las­sen wird. 27. Juli 1917.

Ortsmit­te — Glocken­ab­nah­me 1917

Wie bekannt, wurde der Neubau der katho­li­schen Kirche 1898 bis 1900 errich­tet. Das 4‑Glockengeläut (Fis 658 kg, Gis 533 kg, Cis 367 kg, Dis 207 kg, — Gesamt­ge­wicht 1765 kg, Gesamt­kos­ten 4.369 Mark) hing nicht­ein­mal 2 Jahrzehn­te in Frieden. Es wurde zusam­men mit weite­ren Glocken der kath. Kirchen­ge­mein­de und Glocken der ev. Kirchen­ge­mein­de im Jahre 1917 abgehängt und einge­schmol­zen. (Es war die Zeit: Gold gab ich zur Wehr, — Eisen nahm ich zur Ehr.)

Mit Datum vom 27. Juli 1917 entneh­men wir einem Kirchen­buch­ein­trag von Pfarrer Heilig:

»Nach telefo­ni­scher Anwei­sung des Kriegs­mi­nis­te­ri­ums muß jetzt leider die Abnah­me der Glocken erfol­gen. Es kommen heut Morgen 4 Pionie­re des Pionier­ba­tail­lons 13 von Ulm, welche im verei­nen mit Maurer­meis­ter Tritt­ler den Abbau besor­gen. Heute werden die 3 neuen Glocken am Turm der Pfarr­kir­che abgenom­men: die Glocken Gis, dis, cis. Diesel­ben wurden in der Günther­schen Fabrik gewogen.« Tags darauf erlit­ten die alte Mauser-Glocke und das Glöck­lein in der Wiesen­ka­pel­le das gleiche Schick­sal. Über die in der Pfarr­chro­nik verzeich­ne­ten Umstän­de der Glocken­ab­nah­me mag sich jeder sein eigenes Urteil bilden; dort steht: »Am 31. Juli wurden die 5 Glocken mit den 2 Glocken der evange­li­schen Kirche, mit Blumen und Kränzen geschmückt, auf Wagen nach Aalen geführt, um als Helden in den Tod zu gehen«. — »Die Katho­li­ken sind und bleiben die Gutmü­ti­gen. Die katho­li­sche Gemein­de hat 5, die protes­tan­ti­sche nur 2 Glöcken abgege­ben, und zwar 2 kleine, somit stehen die Spenden in gar keinem Verhält­nis zuein­an­der. Germa­nia hüllt sein Haupt in Trauer«.

Man beach­te den kleinen borsti­gen Engel, der mit wildem konfes­sio­nel­lem Flügel­schlag durch die Zeilen flattert. Der kleine Engel wußte natür­lich, daß von den ca. 1.150 Einwoh­nern weit über 900 katho­lisch und nur ein kleiner Rest evange­lisch war, zu dieser Zeit.

Unter dem Vergrö­ße­rungs­glas sind im Origi­nal­fo­to zahlrei­che Zuschau­er zu erken­nen, die das betrüb­li­che Ereig­nis verfol­gen.
Soviel zu den Glocken.

Unser Foto, das wohl mit einem Weitwin­kel­ob­jek­tiv von der höchs­ten Möglich­keit des Gebäu­des »Storchen­bäck« aufge­nom­men wurde (Horizont­li­nie verläuft zwischen Erdge­schoß und erstem Stock des »Ochsen«) läßt sich aufgrund einer weite­ren Beobach­tung in die Zeit vor dem ersten Weltkrieg datie­ren: In der Einmün­dung der Katzen­bach­stra­ße steht noch der alte Linden­brun­nen. Noch früher stand dort eine große Dorflin­de, — der Platz war ein Versammlungsort.

Bis zum Bau der Wasser­lei­tun­gen holte man an diesem sowie an anderen Brunnen täglich das Wasser für die Haushal­te. Später war der Linden­brun­nen dann nur noch Viehträn­ke. Der Linden­brun­nen in seiner heuti­gen Form wurde erst 1919 als Krieger­denk­mal für die Gefal­le­nen des 1. Weltkrie­ges errichtet.

Rohre wie die vor dem Haus Weber wurden verwen­det, um Einfahr­ten zu »unter­kan­deln«.

Längs der Katzen­b­ach­sei­te des »Ochsen« ist die alte Gemein­de­waa­ge zu erken­nen. Als Wiege­meis­ter, so wurde mir erzählt, fungier­ten über lange Zeit die Polizei­die­ner (auch Wacht­meis­ter) Gold und Maier. Später waren Wiege­meis­ter Joseph Balle, Karl Gold; letzter Wiege­meis­ter war Karl Renner.

Natür­lich fällt auch das viele Holz auf, das vor dem »Lamm« und dem »Storchen­bäck« liegt. Beim Storchen­bäck sind die langen Schei­ter erkenn­bar, die benötigt wurden, um im Backofen die notwen­di­ge Hitze zu erzeugen.

Dieses Bild ist ein echtes histo­ri­sches Dokument. Der Heimat­ver­ein bemüht sich zur Zeit, heraus­zu­fin­den, von wem diese zum Teil doch sehr markan­ten frühen Fotos stammen, die sich im Besitz von »Insidern« befinden.

Dietrich Bantel

Fragen zu Bilder 7:
Wie nannten die Einhei­mi­schen das Fest, aus dessen Anlaß dieses Foto entstand? Bei wem fand dieses spezi­el­le Fest statt?

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Nachtrag zu Bild 6 (Kirchen­glo­cke)
Es gibt eine andere Quelle, nach der das Bild 1922 entstan­den sein soll, anläß­lich der Vervoll­stän­di­gung des Geläu­tes. Für Hinwei­se sind wir stets dankbar.

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