Vor 23 Jahren, genau am 8.4.1988 haben wir in Bericht 12/13 über die Geschich­te der Kreuz­müh­le, soweit sie damals bekannt war, berich­tet. — Inzwi­schen scheint halbwegs gesichert, dass am heuti­gen Platz im Jahr 1845 wohl eine etwas kleine­re Mühle als Erstbau entstan­den ist, der bereits 1865 zu dem heute noch bestehen­den Bau erwei­tert wurde. Über die Erbau­er der Mühle, Micha­el Pfaud­ler, Zimmer­mann und Ölmül­ler, geboren in Oberko­chen, und seine Frau, sowie vor allem deren Sohn Caspar Pfaud­ler, der 1864 nach Ameri­ka ausge­wan­der­ten und dort als Braue­rei­meis­ter durch umwäl­zen­de Erfin­dun­gen bekannt gewor­den — 1908 wurden, auf den Erfah­run­gen in den USA aufbau­end, in Schwet­zin­gen die Pfaud­ler­wer­ke gegrün­det — berich­ten wir später. — Dass es sich bei dem Mühlen-Bau von 1845 um einen Erstbau gehan­delt haben muss, geht inzwi­schen eindeu­tig aus dem nur wenige Jahre zuvor, nämlich im Juni des Jahrs 1830 von Baurat Carl Vollmer mit großer Genau­ig­keit erstell­ten sogenann­ten »Urkatas­ter« hervor. Kreis­ar­chi­var Bernhard Hilde­brand sen. hat uns vor zig Jahren einen Auszug aus diesem Karten­werk von 1830 besorgt — später vermit­tel­te uns das Landes­ver­mes­sungs­amt in der Person von Roland Hersa­cher hiervon sämtli­che Karten der gesam­ten Oberko­che­ner Gemar­kung. Auf einem Teil-Blatt von außer­halb Etters, auf dem der Ort selbst gar nicht mehr erfasst ist, befin­det sich an Stelle der Kreuz­müh­le eindeu­tig noch kein Bauwerk. Von großem Inter­es­se und selbst für einige sonst gut infor­mier­te Alt-Oberko­che­ner ist unbekannt, dass die ganzen Talwie­sen westlich der Schwörz, samt dem heuti­gen Stadi­on­ge­län­de bis hin zu den einsti­gen »Kraut­stri­chen« und kocher­ab­wärts bis hin zum Ende der Klein­gar­ten­an­la­gen und talab­wärts bis zum sogenann­ten »Grüßgott­weg­le« (vermut­lich einsti­ge Römer­stra­ße) als »Kreuz­wie­sen« bezeich­net sind. Einen von Christ­hard Schrenk in seinem kleinen Werk »Alt-Oberko­chen«, das 1989 als Gratis-Sonder­bei­la­ge an die BuG-Leser verteilt wurde, erwähn­ten »einsti­gen Kreuz­wa­sen« konnten wir nirgends belegen. Da sich die Bezeich­nung »Kreuz­wie­sen« im Urkatas­ter über eine so große Fläche verteilt, dass das Wort kaum zu lesen ist, haben wir die Buchsta­ben in einer digita­len Repro einzeln markiert.

Oberkochen
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Somit ist endgül­tig klar, dass die »Kreuz­müh­le« nach den schon lange zuvor so bezeich­ne­ten »Kreuz­wie­sen« benannt ist. Ferner kann aus diesem Sachver­halt geschlos­sen werden, dass es einen Grund dafür gegeben haben muss, dass man eben diese große Flur mit »Kreuz­wie­sen« bezeich­net hat. Nahelie­gend wäre, dass sich die Bezeich­nung »Kreuz­wie­sen« auf ein längst verschwun­de­nes »Kreuz«, das mit einer bestimm­ten Bedeu­tung in dieser Gegend gestan­den hat, bezieht. Daraus folgt die Frage, weshalb dieses imagi­nä­re Kreuz dort gestan­den haben mag.

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An dieser Stelle kann begrün­det der Zusam­men­hang herge­stellt werden zwischen dem in Bericht 46 (9.12.88.) und 47 (16.12.1988) in den Unter­la­gen des Landes­denk­mal­amts erwähn­ten in diesem Bereich wohl noch im Mittel­al­ter abgegan­ge­nen (veröde­ten) Weiler »Kreutz­heim« (auch »Kreutz­heim«). Es ist hier notwe­nig, auf einige weite­re Zusam­men­hän­ge hinzu­wei­sen, die in diesen beiden Berich­ten darge­stellt sind:

Der ältes­te Hinweis auf Bauwer­ke irgend­wel­cher Art in den Kreuz­wie­sen stammt aus dem Jahr 1419. In diesem Jahr ist dort ein »glogg­haus« erwähnt, das in einer späte­ren Urkun­de aus dem Jahr 1659 erneut erwähnt ist, — aller­dings sind von dem »glogg­haus oder ein Capel« inzwi­schen nur noch die Ruinen bezie­hungs­wei­se die Trümmer­hau­fen (ruderi­bus) beschrie­ben. Es gibt dort noch weite­re Hinwei­se auf ehema­li­ge Besie­de­lung, z.B. eine »Bildsäul, — dabey ein grosser markstein und eine Furt«. Wir verwei­sen hier auch auf die riesi­gen sauber behaue­nen Quader­blö­cke, die wir am unteren Ende der Garten­an­la­gen kurz vor der Talbrü­cke im Kocher und im linken Koche­ru­fer liegend 1988 durch einen Hinweis von Sepp Bauer entdeckt haben. Frau Dr. Arnold vom LDA stell­te damals anläss­lich einer Besich­ti­gung eine Grabung in Aussicht — aber das LDA steht derzeit eher vor der Aufga­be, nach Geld für derlei Maßnah­men zu »graben«, da nicht einmal das Geld für notwen­di­ge Notgra­bun­gen bereit­steht. — Keines­falls unwahr­schein­lich ist, dass zwischen dem »glogg­haus und der capel«, der »Bildsäul«, den »Steinen im Kocher«, den »Kreuz­wie­sen« und »Kreuz­heim« ein Zusam­men­hang besteht. Die »Kreuz­müh­le« ist der einzi­ge verblie­be­ne Hinweis, denn die Bezeich­nung »Kreuz­wie­sen« ist auch bei vielen Einhei­mi­schen nicht mehr gegen­wär­tig. Aus diesem Grund veröf­fent­li­chen wir heute den entspre­chen­den Teil des Urkatas­ters von 1830.

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In einer anderen Sache bitten wir um Aufklä­rung. 2 Mitglie­der des Heimat­ver­eins meinen, sich klar daran erinnern zu können, dass ein Kreuz von 1916 für im Ersten Weltkrieg gefal­le­ne Oberko­che­ner ursprüng­lich links vor der Kocher­brü­cke am Rand des Sträß­chens vom Stadi­on zu den »Kraut­stri­chen« bei der Bahn und der B19 stand. Heute steht es jeden­falls am Beginn der Kraut­stri­che im Bereich von Garten­zwer­gen und Neuschwan­stein. Sollte das Kreuz versetzt worden sein, dann wäre es inter­es­sant, von privat oder von der Stadt zu erfah­ren, ob, und wenn ja, weshalb das Kreuz versetzt wurde.

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Stadt­bau­meis­ter Johan­nes Thalhei­mer, der uns bereits am 10.4.2008 einen infor­ma­ti­ven Vortrag zur Nutzung der Wasser­kraft in Oberko­chen gehal­ten hat, hat in Aussicht gestellt, im nächs­ten Jahr im Rahmen unserer heimat­kund­li­chen Vortrags­ver­an­stal­tun­gen spezi­ell über die Kreuz­müh­le zu berich­ten. Eine Mühle, die keine Mühle mehr ist, — die durch ihren erhal­ten geblie­be­nen Namen jedoch auf eine lange und völlig verges­se­ne Geschich­te hindeu­tet. — Darauf sind wir sehr gespannt.

Dietrich Bantel

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