oder: Bei einem der letzten Schulzeit-Treffs, die ich in regelmäßigem Abstand veranstalte, kam ich mit meiner ehemaligen Schulfreundin Gudrun Ahlert ins Gespräch. Wir sprechen über die Gegend, in der sie aufgewachsen ist (dem Gerhart-Hauptmann-Weg). Dabei kamen wir natürlich unweigerlich auf die Geschäfte zu sprechen, die es damals im Viertel gab.

Es war die wilde Zeit der 60er. Viele Familien versuchten, das Familieneinkommen durch kleine Nebenerwerbs-Geschäfte aufzubessern. Zu dieser Zeit gab es u.a. so viele Haus-Getränkeverkaufsstätten, dass man glaubte, jede Straße hätte ihre eigene Versorgung in die Hand genommen, damit ja keiner verdurste und Bier schien ein Grundnahrungsmittel gewesen zu sein. Auch sog. Mangelstuben gab es einige in Oberkochen (eine auch in der Panoramastraße, dem Viertel, in dem ich aufgewachsen bin).
1964 entschlossen sich die Ahlerts die LINDENFARB-Annahmestelle in der Walther-Bauersfeld-Straße zu übernehmen. Wo war dieser Laden? Gibt es ihn heute noch?
Was gab es da alles zu kaufen? Was wurde aus ihm? Er befand sich in der Walther-Bauersfeld-Str. 8 (Hausnummer 49 bis 53). Vorne im Gebäude (Hausnummer 49) war der Lebensmittelmarkt Grieser untergebracht, nachfolgend die Drogerie Schuster (Hausnummer 51), die Milchbar, dann ging es die Treppen hoch und man kam zu Ahlert’s Annahmestelle. Daneben gab es noch den Friseur Czech in der Hausnummer 53.
Im Laufe der Zeit haben Mama und Papa Ahlert ihr Lädele, entsprechend den Möglichkeiten, ausgebaut. Eine Heißmangel wurde installiert (Bettwäsche musste damals gemangelt werden), Kurz- und Schreibwaren waren nun erhältlich, eine Bücherei wurde realisiert, Spielwaren gab es und eine Schuhreparatur- und Strumpfannahme hielt Einzug. Kaum vorstellbar, aber damals wurden Leute beschäftigt, die Laufmaschen in Damenseidenstrümpfen reparierten. Die Wegwerfgesellschaft hatte sich noch nicht erfunden und es wurde alles gnadenlos repariert (diese Haltung war natürlich wirtschaftlich bedingt, da reparieren gegenüber neu kaufen noch lohnenswert war. Ein positiver Nebeneffekt dieser Verhaltensweise war ein Respekt gegenüber den Dingen, der uns heute leider abgeht)..
Gudrun erinnert sich, dass vor jedem neuen Schuljahr »der Teufel los war« und das war gut fürs Geschäft. Die Schüler brauchten Bücher, Hefte und was das Schülerherz sonst so begehrte. Es gab damals zwei Geschäfte, wo man diese Dinge bekam: In AHLERT’S Lädele und (bei meinem Favoriten) beim UNFRIED (dazu ist ein späterer Bericht geplant).
Natürlich wurden auch in diesem Geschäft Aushilfskräfte benötigt und siehe da, auch das waren z. T. Mütter von meinen Schulfreundinnen. Zuerst war da Frau Hofko, dann Frau Korn (Mutter von Gudrun Korn verh. Matthes) und Frau Triemer (Mutter von Marion Triemer verh. Stumpf und Doris Triemer verh. Öxle).

Gudrun’s Weg nach der Schule führte immer zuerst ins Geschäft, um zu helfen. Sei es Wäsche zusammenlegen oder etwas zu verkaufen. Sie sagte mir, dass sie das immer gerne gemacht und nicht als Belastung empfunden habe.
1976 war kein gutes Jahr für die Ahlert’s. Vater Ahlert verunglückte tödlich und Mutter Ahlert konnte das Geschäft nicht alleine weiterführen. Die Töchter waren inzwischen auswärts verheiratet und konnten auch nicht helfen. Es war aber auch so, dass das Lädele nicht viel abwarf und der Arbeitsaufwand im Grunde nicht zu rechtfertigen war. So musste das Geschäft verkauft werden. Was aus dem Geschäft im Laufe der Jahre wurde, ist mir nicht bekannt. (Wer dazu etwas weiß, möge sich bitte bei mir melden wmueller@t‑online.de, Tel. 0171/2217530).
Anmerkungen: Die Personen auf den Bildern sind Oma Ahlert, Mutter Ahlert, Frau Hofko und Frau Triemer.
Wilfried Müller