Seit Jahrzehnten ist nicht 100% belegt, ob der laut dem großen Geschichtswerk „Das Königreich Württemberg von 1906“ im 30-jährigen Krieg abgegangene „Stefansweiler“ , irgendwo zwischen Unter und Oberkochen gelegen, zu Unterkochen oder Oberkochen gehört hat. Dem Unterkochener Heimatbuch zufolge müsste der ehemalige Weiler „Stefansweiler“ zu Unterkochen gehört haben, wofür auch spricht, dass die „Stefansweiler Mühle“ klar auf Unterkochener Gemarkung liegt.
Dagegen spricht, dass eine langgezogene Flur namens „Stefansweiler Feld“ , die direkt ans Oberkochener Weilfeld (Römerkeller) anschließt und sich weit über Oberkochener Gemarkung bis zur Unterkochener Gemarkungsgrenze parallel zum Talverlauf Richtung Unterkochen erstreckt, eine ortsübergreifende Flurbezeichnung ist: Das „Stefansweiler Feld“ liegt zum größten Teil auf Oberkochener Gemarkung, und zum entschieden kleineren Teil auf Unterkochener Gemarkung. Gerade durch diese ortsübergreifende Bezeichnung scheint es jedoch, auch früher schon, zu Uneindeutigkeiten gekommen zu sein.
Der erst kürzlich verstorbene Ellwanger Geschichtsforscher Hubert Häfele (1930 – 2010) , aus dessen diesbezüglichen Unterlagen, die er uns auf unsere Bitte hin überlassen hat, hervorgeht, dass Oberkochens Ersterwähnung in den Ellwanger Lagerbüchern bereits 1335 (und nicht erst 1337) zu belegen ist, geht mehrfach auf den seit rund 370 Jahren nicht mehr existierenden Weiler „Stefansweiler“ (verschiedene Schreibweisen) ein.
Sein umfangreiches und leider nicht mehr veröffentlichtes Werk hat er in äußerst großzügiger Weise dem HVO mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 an den HVO überlassen. Sein Schreiben an den damaligen Vorsitzenden endet: „Ich hoffe Ihnen und den anderen Freunden der Oberkochener Geschichte mit meiner Darstellung zu dienen“.
In seinen ausführlichen Darstellungen, die uns auszugsweise vorliegen, sind zahllose alte Oberkochener Flurnamen erwähnt, die häufig – wenn auch entfernt – an noch heute gebräuchliche Flurnamen erinnern – für alle Alt-Oberkochener eine unendlich weite und spannende Fundgrube. Vor allem gibt es auch Hinweise auf – außer dem Stefansweiler — weitere abgegangene Siedlungen und Hofstellen auf Oberkochener Gemarkung. — 1337 taucht z.B. wiederholt eine Siedlung namens „Risun“ auf. An diese abgegangene Siedlung erinnert heute noch die Waldflur „Riesenhau“.
Besonders interessant ist aber wie gesagt, dass im Zusammenhang mit Ellwanger Besitzungen in Oberkochen, auch Besitzungen der Herren von Kochen, unter dem Titelbegriff „Oberkochen“ immer wieder der Siedlungsname „Stefansweiler“ auftaucht, und zwar mehrfach im Zusammenhang mit dem Begriff „Fischwasser“. Mit dem Begriff „Fischwasser“ in Verbindung mit „Stefansweiler“ ist zumindest eine Grundsatzfrage geklärt: Das bedeutet nämlich klar, dass Theorien, denen zufolge Stefansweiler am oder gar auf dem Zwerenberg gelegen haben könnte, nicht mehr haltbar sind. Unter „Fischwasser“ kann eigentlich nur der Kocher gemeint sein. Der hinterm Weilfeld entspringende Erlenbach (auch Edlenbach genannt) scheint für ein „Fischwasser“ eher zu klein.
Alle folgenden Zitate stammen aus dem späten 14 und dem frühen 15. Jahrhundert. 1337 steht geschrieben: „…und eine hube ze Obern Kochen, da der Herlikouer uff sitzzet, und ein lehen, da der Katzzenbach uff sitzzet, und ein lehen, da der Phüntzner uff sitzzet, und zway vischwasser, der lit ains zu Stephanswiler, daz ziucht herab an dem Kochen an die gemainde, und das stözzet andie batstuben zbd gazt bus ab Arnolteswasser“. Möglicherweise ist zu klären, ob es sich bei dem vpr 675 Jahren genannten „Arnold“ um einen Oberkochener Arnold der einen Unterkochener Arnold gehandelt hat. 1402 steht unter dem Titel „Kochental umb Auln / Oberkochen“ geschrieben: „Mack Häsler hat empfangen ein selden ze Kochen, daz dritteil an der Swertzin, des sint 4 tagwerk, 1 tagwerk wissen zu Sepfanswiler, 1 dritteil eines tagwerks am Güttenbach gelegen, 1 juchart ackers in Gunttal…..“
Klartext: Stefanswiler taucht so eindeutig und wiederholt in Zusammenhang mit weiteren Oberkochener Besitzungen auf, dass keinerlei Zweifel besteht, dass Stefansweiler auch in dieser Urkunde zu Oberkochen gerechnet ist.
Etwas später steht unter dem Titel „Kochental vmb Auln / Oberkochen“ geschrieben: „: … ein land uff dem Gyselsteg (in einer anderen Urkunde geschrieben) und ein land darhinter, ein acker ze Stepfanswyler – 1 Acker hinter der Wyl (Weilfeld) neben dem Erlnbach, 1 acker by dem Erlbnbrunnen….. Auch 1385 — Nachträge 1409/1425) — steht geschrieben: „Ze Obern Kochen git vom Hof und Steffanswiler 6 malter …“
(Anmerkung DB: Der „Erlenbrunnen“ befand sich, markiert durch einen dicht dabei stehenden freistehenden Obstbaum, noch bis in unsere Tage rechts unweit des Beginns des sogenannten Eselswegs, der von der Talsohle zwischen Weilfeld und Stefansweiler Feld beginnend hinauf auf den Zwerenberg führt). 1403 steht, wiederum in Bezug auf Besitzungen auf Oberkochener Gemarkung, geschrieben: :“ …Peter Laurissen lehen, das vischwasser im Prünckhül (Brunkel?) halbs, das vischwasser zu Stepfanswyler, sinen teyl an dem Tiüfftal…“
Ein einziges Mal nur ist in den uns vorliegenden Unterlagen „Steffansweiler“ so erwähnt, dass man wohl der Meinung sein muss, er gehöre zu Unterkochen, nämlich 1402: (s.o) : „Es ist zu wßsen, das Fritz Gugelin zu Undernkochen bestanden hat von minem Herrn von Ellwangen den dritteyl aller recht und nützung de hoffs zu Stephanswyler…“. Andererseits kann ein Unterkochener ja durchaus auch Besitz auf Oberkochener Gemarkung gehabt haben.
Der Grund für die Verwirrungen könnte insoweit klar sein, als die parallel zur Talsohle verlaufende lange Flur „Stefansweiler Feld“ über weite Teile auf Oberkochener Gemarkung, gegen Ende des „Felds“ jedoch auf Unterkochener Gemarkung liegt. Damit ist zwar geklärt, wo das „Stefansweiler Feld“ liegt. Der Weiler selbst ist aber hierdurch keineswegs belegbar lokalisiert – auch wenn die von Hubert Häfele zusammengetragene Zahl der Belege, denen zufolge der fehlende Weiler „Stefansweiler“ vorwiegend mit Ober- und nicht mit Unterkochen zu tun hat, zahlreich, um nicht zu sagen, erdrückend ist. Wir haben jedoch dennoch keinen besonders habhaften Grund, weiterhin davon auszugehen, dass der im 30-jährigen Krieg abgegangene und luftarchäologisch auf unserer Gemarkung belegbare Weiler , der in nachrömischer Zeit im Bereich des Weilfelds beim Erlenbach und oberhalb desselben auf den Hangwiesen Richtung Zwerenberg entstanden ist, der „Stefansweiler“ ist.
Unser Mitglied, Frau Marika Kämmerer, hat dies schon in einer ca. 30 Jahre alten Niederschrift bezweifelt.
Aus diesem Grund freuen wir uns über die schriftliche Zusage des Landesdenkmalamts (Dr. Thiel , LDA, v. 22.12.2010) derzufolge das gesamte Gelände um den Römerkeller in diesem Jahr luftarchäologisch („geophysikalisch“) vermessen wird. Hierbei geht es allerdings vor allem um die Frage, ob die Vermutung zutrifft, dass um den Römerkeller noch weitere Gebäudeteile einer römischen „villa rustica“ im Boden liegen. –
Vielleicht aber kommen wir durch diese neuen Aufnahmen auch in der Frage „Stefansweiler“ weiter.

Ausschnitt aus der CZ-Luftaufnahme von 1964.
4 = Kreisstraße Oko-Uko. — 5 = Eselsweg mit Eselsbrunnen (beim Baum ca. halbwegs rechts des Wegs zwischen Abzweig von der KS und dem Pfeil 5). — Zwischen den Pfeilen 5 und 8 erstrecken sich luftarchäologisch deutlich sichtbar die hellen Spuren des vor 370 Jahren abgegangenen Weilers. — 6.= Spuren des noch 1964 nicht ausgegrabenen Römerkellers im Weilfeld
Aus dem Lehensbuch C 1402 — 1427

Klicken Sie bitte hier um den gesamten Lehensbuch-Text zu lesen.
Das im BuG v. 18.2.11. in unserem Bericht abgebildete CZ-Luftfoto von 1964, das also 7 Jahre vor der Ausgrabung aufgenommen wurde, zeigt im Anschluss an das Stefansweiler Feld oberhalb des Weilfelds auch nach Ansicht von Prof. Dr. Dieter Planck vom LDA (1971) eindeutig luftarchäologische Spuren eines abgegangenen kleinen Weilers. Auch der noch nicht ausgegrabene „Römerkeller“ (Pfeil 6) ist zu erkennen. Es scheint zumindest nicht völlig unmöglich, dass es sich bei diesen Spuren um die Spuren des im 30-jährigen Kriegs abgegangenen Weilers „Stefansweiler“ handelt, der nach der Zerstörung des Römischen Gutshofs im Weilfeld in der geschützten Ecke über dem Erlenbach, also in Wassernähe, entstanden ist. – Einen Beleg hierfür können wir jedoch nicht vorlegen, zumal das wiederholt genannte „vischwasser beim Stefanswyler“ überhaupt nicht in diese Vorstellung passt. Mit Fischwasser kann nur der Kocher gemeint sein – und von diesem ist „unsere“ abgegangene Siedlung zu weit entfernt. — Der Erlenbach kann schlecht als „Fischwasser“ gedeutet werden. — Die Quelle des Erlenbachs wird heute von einer Gärtnerei genutzt. Im Zusammenhang mit dem „Römerkeller“ muss dem Erlenbach eine nicht unwesentliche Bedeutung zugemessen werden, zumal eine größere „villa rustica“ nicht ohne Bad denkbar ist.
Dietrich Bantel