Im Archiv des Heimatvereins befinden sich zahlreiche Fotos zum Thema „Oberkochen aus der Luft“.
Ein für die Geschichte Oberkochens weichenstellendes Foto ist die Carl-Zeiss-Luftaufnahme von 28. August 1964, das ich 1971 im Zusammenhang mit den Nachforschungen zum „Römerkeller“ durch Vermittlung von Zeiss-Mitarbeiter Rudi Jährling erhielt. Auf diesem Foto ist „luftarchäologisch“ sowohl der damals noch nicht freigelegte „Römerkeller“ zu erkennen, als auch eine inzwischen leider in diesem Bereich durch Auffüllung optisch verschwundene römische Stichstraße mit zwei Gräben, die, oberhalb der heutigen Talbrücke, von der römischen Hauptstraße Heidenheim (Aquileia) – Aalen (Ala Secuda Flavia) übers ganze Kochertal hinweg zu der römischen Villa Rustica ins Weilfeld führte . Das Foto hängt stark vergrößert im Raum 2 des Heimatmuseums. Auf ihm ist laut Prof. Dr. Planck vom Landesamt für Denkmalpflege im leicht hängigen Gelände zwischen Erlen-oder Edlenbach und dem Waldrand zum Zwerenberg hin auch eine abgegangene Siedlung zu erkennen — möglicherweise der bereits im 30-jährigen Krieg abgegangene Weiler „Stefansweiler“.
Das faszinierendste aller Luftfotos ist und bleibt zweifelsohne das Foto, das ich im April 2001 durch persönliche Vermittlung des Präsidenten des Landesvermessungsamtes Baden-Württemberg, Hansjörg Schönherr, über den seinem Amt unterstellten „Kriegsmittelbeseitigungsdienst“ erhielt. Der Heimatverein hat es unter Vereinsnachrichten in „Bürger und Gemeinde“ in der Ausgabe vom 8. Juni 2001 mit der Überschrift „Alliierte Luftaufnahme vom 8. April 1945“ veröffentlicht und beschrieben.

US-Luftaufklärungsfoto vom 08.04.1945 — aufgenommen aus 20.000 Fuß = ca. 6.500 m Höhe. Das Foto wurde am »Weißen Sonntag«. zwischen den beiden Luftangriffen vom 01.04.1945 und vom 11.04.1945 aufgenommen. Abdruck mit Erlaubnis des Landesvermessungsamts Baden-Württemberg AZ: 2858.8‑LB1-4286 vom 14.11.2003. Ausführlicher Bericht zu dem US-Foto in BuG 394 vom 08.06.2001
Mir schwebt seit längerer Zeit vor, dass der Heimatverein eine Serie von Luftbildern ins Archiv bekommt, anhand derer das enorme Wachstum Oberkochens, das während der explosionsartigen Bautätigkeiten in den beiden ersten Nachkriegsjahrzehnten von 1945 bis zur Stadterhebung 1968 stattgefunden hat, in schnell erkennbar Weise dokumentiert wird.
Zudem müsste, so meine Vorstellung, anhand dieser Fotoserie aber auch der enorme Flächenverbrauch leicht ablesbar werden, der während der nachfolgenden vier Jahrzehnte, d.h. in der Zeit von 1968 bis 2009 stattfand. Unter den Vorzeichen der sogenannten „Entflechtung“ während der letzten 40 Jahre ist Oberkochens Bevölkerungszahl einerseits von annähernd 9000 auf heute unter 8000 um fast 1000 Einwohner geschrumpft, andererseits hat sich die überbaute Fläche trotz Einwohnerrückgang im gleichen Zeitraum nahezu verdreifacht. Darüber ließen sich treffliche Argumente „pro und contra“ austauschen.
Versuche, über die Firma Carl Zeiss vergleichbare Luftfotos aus der Zeit zwischen 1945 und heute zu bekommen, scheiterten daran, dass Carl Zeiss, wie uns Rudi Jährling versicherte, schon seit Jahrzehnten keine vergleichbaren Luftaufnahmen mehr fertigt.
Nach 38 Jahren war es wieder Rudi Jährling, der dem Heimatverein weiterhalf, indem er uns in der Person von Peter Aigen, einen ihm bekannten ehemaligen Carl-Zeiss Mitarbeiter und Sportflieger vermittelte. Herr Aigen sagte in einem Gespräch Anfang des Jahres 2009 zu, dass er zusammen mit einem Bekannten namens Michael Kost, der als Pilot für das SWR-Fernsehen tätig ist (SWR-Landesschau), exklusiv für den Heimatverein eine Serie „Oberkochen aus der Luft“ fertigen werde, wenn die Flug- und Wetterbedingungen bei Start in Elchingen günstig sind.
Dieser Tag war am 23. September 2009 gekommen und bereits am 30. September übergab mir Peter Aigen eine CD mit insgesamt 23 verschiedenen Luftfotos hervorragender Qualität, die aus einer Höhe von ca. 1500m über Grund geschossen worden waren.
Das ist im Gegensatz zu dem US-Luftaufklärungsfoto von 1945, das aus 20.000 Fuß Höhe – das sind etwas mehr als 6500 m Flughöhe — entsprechend der Vorgaben für Sportflugzeuge — relativ niedrig. Andererseits gibt es inzwischen andere Objektive.
Dennoch war es beim besten Willen nicht möglich, Oberkochen — vor allem inklusive CZ-SMT – auf ein einziges Foto zu bringen. Noch schwieriger wäre es gewesen, die Aufnahmen senkrecht von oben zu fertigen. – So haben wir, um eine Vorstellung von der derzeitigen Größe Oberkochens zu übermitteln, zwei markante Fotos aus verschiedenen Einsichtspunkten und ‑winkeln ausgewählt, die in Addition und gegenseitiger Ergänzung insgesamt die enorme Flächenausdehnung Oberkochens seit 1945 deutlich machen.


Oberkochen aus der Luft — Aufnahmen vom September 2009
Unser herzlicher Dank gilt den Herren Peter Aigen und Michael Kost , die diesen „Flug auf Wunsch“ für den Heimatverein Oberkochen aus purem Idealismus und außerdem kostenlos durchgeführt haben. Über einen offiziellen Auftrag hätte der Verein eine 4‑stellige Eurosumme auszugeben gehabt.
Die beiden heute veröffentlichten Aufnahmen decken das überbaute Gebiet von der Wasserscheide bis ins Spitztal/Wolfertstal und die Heide ab.
Mittlerweile habe ich mich mit meinem Anliegen auch ein weiteres Mal an Herrn Schönherr, den Präsidenten des Landesvermessungsamts Stuttgart – er war im Juni 2001 unsere Einladung zur Vorstellung des US-Luftbilds im Heimatmuseum gefolgt — gewandt. Ich fiel aus allen Wolken, als ich erfuhr, dass das LVA seit Jahrzehnten alle 5 Jahre Flüge wie von uns gewünscht, durchführt. Die Flüge würden von Firmen im Auftrag des LVA durchgeführt und die Fotos zum Thema „Oberkochen aus der Luft“ seien jederzeit käuflich erhältlich.
Der Vorsitzende des HVO, Karl Elmer, und ich besuchten daraufhin durch Vermittlung des Präsidenten am 20. November das Landesvermessungsamt in Stuttgart und bestellten für den Verein sämtliche zwischen 1945 und heute verfügbaren Luft-Aufnahmen von Oberkochen, — insgesamt 13 an der Zahl. Aus den ersten 20 Jahren nach dem Krieg existieren leider nur zwei Fotos. Interessanterweise gibt aber einen Flug ausgerechnet aus dem Jahr der Stadterhebung, 1968. Sobald die Fotos, die für uns in eine Größe von 40/50 cm auf gleichen Maßstab gebracht und zugesandt werden, in Oberkochen sind, und wir sie bearbeitet haben, werden wir sie der Öffentlichkeit in einer Sonderausstellung „Oberkochen aus der Luft – vergleichende Fotos von 1945 bis 2010“ zugänglich machen.
Dietrich Bantel