„s’Geesbrünnele“ — - — dieser Name hat sich im Lauf von fast 5 Jahrzehn­ten für diesen 47 Jahre alten Brunnen beim „Gänsgar­ten“ heraus­ge­bil­det. 1962, hieß es noch „Der Brunnen beim Gänsgar­ten“. — Damals ist die Brunnen­an­la­ge unter Bürger­meis­ter Bosch und auf dessen Vorschlag hin nahe der Ecke Katzen­bach- und Schil­ler­stra­ße (heute Heinz-Küppen­ben­der-Straße) erbaut worden.

Erst kurz zuvor war im gleichen Jahr am Guten­bach in der Nähe des späte­ren neuen Rathau­ses eine alte von Bürger­meis­ter Bosch entdeck­te Nepomuk-Statue aufge­stellt worden; sie hatte zuvor unbeach­tet jahrzehn­te­lang in der Scheu­er eines Oberko­che­ner Landwirts gelegen. (BuG Nr. 32, 10. August 1962, Seite 256 – mit Foto)

Im gleichen Amtsblatt-Jahres­band wird in der Ausga­be Nr. 27 vom Freitag, 6. Juli 1962 auf Seite 218 über den neuen „Gänsgar­ten­brun­nen“ berich­tet, ebenfalls mit Foto. (Abbil­dung 1 Nr. 574) – Dieser Brunnen unter­schei­det sich von dem, wie er bis vor wenigen Jahren etwas weiter Richtung Segel­flie­ger­häus­le versetzt stand, d.h. es muss insge­samt mindes­tens 3 „Neuan­fer­ti­gun­gen“ des „Geesbrün­ne­les“ gegeben haben.

Oberkochen

Das Foto wird demnächst durch das Origi­nal­fo­to in Farbe ersetzt!

Der Brunnen soll laut diesem Bericht daran erinnern, dass sich früher in diesem Bereich der „Gänsgar­ten“ befand, in den alle Dorfbe­woh­ner ihre Gänse trieben. Weiter heißt es in diesem Bericht: „…Hier hatten sie (die Gänse) eine Tränke und wurden von einem Gänshir­ten gehütet.“ Und dann ebenfalls wörtlich: „An diese Zeit können sich nur noch die ganz alten Einwoh­ner Oberko­chens erinnern….“

Diese letzte Feststel­lung trifft nicht zu, denn ich habe jüngst, fast ein halbes Jahrhun­dert später, einen Zeitzeu­gen gefun­den, (es gibt noch weite­re), der sich, heute 82-jährig und vormals im Katzen­bach wohnhaft, noch hervor­ra­gend an diese Zeit erinnert. Er war 1962 ein erst 35 Jahre alter junger Mann und gehör­te keines­wegs zu den „ganz alten Einwoh­nern Oberko­chens“. Er erinnert sich sehr genau, dass nicht die Bauern selbst, sondern deren ältere Kinder, „Buaba ond Mädla“, die Katzen­bach­gän­se das Kalksträß­le Richtung Spitz­tal hinaus­ge­trie­ben haben, etwa nach dort, wo heute das „Segel­flie­ger­häus­le“ steht. Auch das wusste damals der unbekann­te Bildhau­er richtig; der Gänshirt ist ein Bub. Die Gänse waren laut Aussa­gen einer Zeitzeu­gin an „deane große henda­re Kielfe­dara“ markiert, sodass klar war, welche Gans wem gehört.

An der Stelle, wo 1962 die Geesbrün­ne­les Anlage“, angelegt wurde — also ein paar Meter weiter Richtung Ort — hatte noch zu Beginn des 2. Weltkriegs einer von vielen gussei­ser­nen Brunnen­trö­gen gestan­den, an dem die Gänse Wasser schlap­pern konnten. Auch Kühe wurden dort getränkt. Und natür­lich auch die Oberko­che­ner selbst holten früher dort ihr Wasser.

Unser Alt-Oberko­che­ner Zeuge beschreibt seine Erinne­run­gen an das Gänshü­ten folgendermaßen:

“Vornadrauß isch ämml dr „Gänsler“ marschiert“ — also der Gänse­rich, d.h. der Gänse-Chef, der das Komman­do über die Gänse seines jewei­li­gen Bauern führte. Unter riesi­gem Geschn­ater wurden die Gänse von „deane Jonge“ das Katzen­bach­sträß­le hinaus­ge­trie­ben. Beim „Tagsüber-auf-die-Gänse-Aufpas­sen“ war immer eines dersel­ben dabei.

„Hoimzus hot mr die Gees net treiba mieaßa, — weil die hen älle von alloi ihren Baura gfonda,- di oine sen zom Brand­stettr nom, die andre zom Hugas­eff, odr zom Sapper odr zom Severin odr zom Zelle…“

Auch die damali­ge Feststel­lung, derzu­fol­ge „alle Dorfbe­woh­ner“ ihre Gänse in diesen Gänse­gar­ten getrie­ben haben, ist laut unserem Zeitzeu­gen falsch. Da habe es durch­aus noch einige andere Stellen im Ort gegeben, wo die Gänse tagsüber gehütet wurden.

Nach dem Krieg habe es keine Gänse­gär­ten und folglich auch kein „Gänse­hü­ten“ mehr gegeben.

Wie im Amtsblatt vom 07.08.2009 berich­tet, wurde auch der erste Gänse­hirt, also der des Brunnens von 1962, ein Opfer von bruta­lem Ungeist : Er ist vor einigen Jahren im Alter von ca. 40 Jahren ebenfalls geköpft worden. Aller­dings hat es damals keine öffent­li­che Reakti­on in dem Maß gegeben wie diesmal. (Einen ausführ­li­chen Bericht bringt Lothar Schell in der „Schwä­bi­schen Post“ vom 12. August 2009 – unser Foto 2). Der Kopf wurde damals in der Wiese des „Heide­bu­sens“ Ecke Langer­stra­ße und Steilem Heide­weg gefun­den. Viele Jahre war der „Geeshirt“ kopflos, und die Anlage kam schreck­lich herun­ter – offen­bar hatte man sie vergessen.

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Wie berich­tet wurde dem Wahrzei­chen des Gänse­brun­nens in der Katzen­bach­stra­ße von bislang unbekann­ten Tätern der Kopf abgeschla­gen. Mit Entset­zen haben die Bürger reagiert. Kerzen und Trauer­flor wurden am Gänse­brün­ne­le platziert und in einem „Offenen Brief an den Täter“ schreibt dort eine Oberko­che­ner Bürge­rin: „Wütend und gleich­zei­tig traurig wende ich mich an Dich. Es war eine Figur in Kinder­ge­stalt, die für viele Mitbür­ger von Oberko­chen somit eine Seele bekam. Ich frage mich, wo ist Deine Hemmschwel­le?“ In einem weite­ren Brief heißt es: „Zerstört — eine Mischung aus Alkohol­rausch, Lange­wei­le und Dummheit?“ (Text/Foto: su)

Das Schick­sal der nach der noch vorhan­de­nen und restau­rier­ten Origi­nal­skulp­tur neuge­fer­tig­ten und kürzlich nach nur wenigen Tagen ebenfalls geköpf­ten Kopie ist noch ungewiss.

Das geflick­te alte Origi­nal wartet derzeit im unteren Foyer des Rathau­ses auf seine Ausquar­tie­rung während der Umbau­au­zeit des Rathau­ses. Unser Foto zeigt die neue Kopie kurz nach ihrer Aufstel­lung in noch intak­tem Zustand und durch einen Bauzaun geschützt. (Abbil­dung 3)Ihr Einge­sperrt­sein lässt unserer Phanta­sie freien Raum, auch im Sinne des von uns im letzten BuG abgebil­de­ten Holzschnitts „Der Schrei“ von Eduard Munch aus dem Jahr 1895.

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Das Foto wird demnächst durch das Origi­nal­fo­to in Farbe ersetzt!

Dietrich Bantel

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