… und andere Gemein­de­rats­be­schlüs­se während der Amtszeit von Schult­heiß Alois Butscher

Neues von Schult­heiß Alois Butscher (1873 – 1903)

Den bishe­ri­gen schrift­li­chen Überlie­fe­run­gen von Gemein­de und Stadt zufol­ge ist Schult­heiß Butscher, über den wir in Bericht 545 vom 6. Febru­ar 2009 berich­te­ten, am 26. Febru­ar 1976 geboren und am 6. April 1903 verstor­ben.
Das festge­schrie­be­ne Geburts­da­tum ist, wie sich inzwi­schen belegen lässt, falsch.

Auf der Suche nach Spuren des weitge­hend unbekann­ten Oberko­che­ner Bürger­meis­ters, der kein Oberko­che­ner war, und von dem wir bis vor Kurzen noch nicht­ein­mal ein Foto hatten, gerie­ten wir zunächst in die zur Person wenig weiter­füh­ren­den Gemein­de­rats­pro­to­kol­le dieser Zeit, und dann, was wesent­li­cher war, an Bürger­meis­ter­amt und Pfarr­bü­ro der katho­li­schen Kirchen­ge­mein­de Aitrach, in der Alois Butscher angeb­lich geboren wurde, sowie das Diöze­san­ar­chiv der Diöze­se Rotten­burg und das Archiv der „Schwä­bi­schen Post“.

Im Lauf der Nachfor­schun­gen stell­te sich heraus, dass zunächst das im Amtsblatt und über diese Quelle im Heimat­buch überlie­fer­te Geburts­da­tum des Oberko­che­ner Schult­hei­ßen (Amtszeit von 1901 – 1903) falsch ist. Alois Butscher ist nicht am 26. Febru­ar 1876, sondern am 26. Febru­ar 1873 geboren, — war also, als er 1903 als junger Mann verstarb, 30 Jahre alt.

Oberkochen

Außer­dem teilt das Diöze­san­ar­chiv Rotten­burg mit, dass Alois Butscher zwar in Aitrach (27.02.1873) getauft, aber nicht in diesem Ort geboren wurde. Geboren wurde er tags zuvor, am 26.02.1873, in Marstet­ten. Marstet­ten ist eine geschicht­lich nicht unbedeu­ten­de Teilge­mein­de der Gemein­de Aitrach. Aitrach (heute 2600 Einwoh­ner) liegt im Südos­ten von Baden-Württem­berg und gehör­te bis 1973 zum Landkreis Wangen. Heute, nach der Gebiets­re­fom ab 1973, gehört Aitrach zum Landkreis Ravensburg.

Wörtlich teilt das Diöze­san­ar­chiv mit Schrei­ben vom 19. Juni 2009 mit:

„Aloysi­us Butscher wurde am 26.2.1873 als unehe­li­ches Kind der Caeci­lia Gallasch geboren in Marstet­ten und am 27.2.1873 in Aitrach getauft (Quelle: Taufbuch…) – Laut Famili­en­re­gis­ter der Pfarrei Aitrach (Band…) heira­te­te Caeci­lia Gallasch (geboren 3.5.1850, verstor­ben 10.11.1929) am 27.7.1874 Matthi­as Butscher (geboren am 24.2.1850, verstor­ben am 28.2.1932). Aloysi­us Butscher verstarb am 6.4.1903.

Was über den unerwar­tet frühen Tod von Alois Butscher bekannt ist, haben wir in unserem Bericht 545 vom 26.02 2009 veröf­fent­licht. Es gibt zwar heute noch Butschers in Aitrach und Umgebung – ein direk­ter Kontakt zu noch leben­den Verwand­ten konnte indes über die angeschrie­be­nen öffent­li­chen Stellen bislang leider nicht herge­stellt werden.

Weltbe­we­gen­de Beschlüs­se wurden durch den Oberko­che­ner Gemein­de­rat zu Butschers kurzer Amtszeit als Schult­heiß nicht gefasst. Aber immer­hin ist für die Ortsge­schich­te doch bemer­kens­wert, dass in Butschers Amtszeit die Einrich­tung des ersten öffent­li­chen Telefon­an­schlus­ses in Oberko­chen erfolg­te – und zwar mit Beschluss vom 28. Januar 1902.

Das 1. öffent­li­che Telefon in Oberkochen

Gemein­de­rats­pro­to­koll vom 28. Januar 1902 – Seite 245 Hiesi­gen Ort

Nach statt­ge­fun­de­ner Beratung wird beschlossen:

  1. König­li­cher General­di­rek­ti­on zu berich­ten, dass hier nur die Errich­tung einer öffent­li­chen Telephon­stel­le in Frage kommen könne, da nur mit einer solchen den Inter­es­sen der hiesi­gen Einwoh­ner­schaft gedient sei, insofern sich der telepho­ni­sche Verkehr der Inter­es­sen­ten haupt­säch­lich nach außer­halb Württem­bergs gelege­nen Orten erstrecke.
  2. Die Gemein­de ist bereit zur Unter­brin­gung der Telephon­stel­le ein Lokal im Rathaus zur Verfü­gung zu stellen und mit der Dienst­be­sor­gung den Amtsdie­ner zu beauftragen.

Mit‘m Alda ka mr s‘ Neu vrhalda

Einen echten Sparbe­schluss fasste der Gemein­de­rat am 31. Mai 1901

§ 132

Vom Vorsit­zen­den wird wieder­holt der defek­te Zustand der Kocher­brü­cke zur Sprache gebracht. Das Colle­gi­um begab sich hierauf an Ort und Stelle um sich persön­lich von der Verfas­sung der Brücke zu überzeu­gen. Allfer­tig gelang­te man zu der Wahrneh­mung, daß der Zustand der Brücke kein so schlech­ter sei, um einen Neubau dersel­ben zu recht­fer­ti­gen, womit auch die Gutach­ten des Oberamts­bau­meis­ters Stein in Aalen vom 20. d. Mts. u. des Zimmer­meis­ters Ernst von hier vom 27. d. Mts. sich decken.

Beschluß:

Die Brücke durch einen hiesi­gen Zimmer­meis­ter reparie­ren zu lassen und das hiezu nötige Holz aus dem Gemein­de­wald zur Verfü­gung zu stellen.

Aufhe­bung der Polizeistunde

Ebenfalls vom 31. Mai 1901 wurde der Beschluß gefasst, die Polizei­stun­de aufzuheben.

Oberkochen

§ 136

Aus der Mitte des Colle­gi­ums ist schon wieder­holt die Anregung auf Aufhe­bung der auf nachts 11 Uhr festge­setz­ten Polizei­stun­de ergan­gen. Ganz beson­ders wurde darauf hinge­wie­sen, daß zur Sommers­zeit die große Mehrzahl der hiesi­gen Einwoh­ner erst abends 9 Uhr Feier­abend bekom­men u. nach des Tages Last u. Mühe sich noch an einem frischen Schluck Bier erfri­schen wolle, wozu aber bis 11 Uhr die Zeit offen­bar zu kurz bemes­sen sei. Auch treffe der letzte Zug erst 10 Uhr 45 hier ein u. die meisten der mit dem Zug hier ankom­men­den Perso­nen haben das Bedürf­nis vor Schla­fen­ge­hen sich noch an einem Glas Bier zu laben. Das Gesetz biete genügend Handha­ben, um unruhi­ge Elemen­te im Zaum zu halten.

Der Gemein­de­rat gelangt hiernach zu dem einstim­mi­gen Beschluß:
Bei dem Königl. Oberamt den Antrag auf Aufhe­bung der in hiesi­ger Gemein­de festge­setz­ten Polizei­stun­de zu stellen. Von 11 Uhr ab soll das Singen in den Wirtschaf­ten verbo­ten sein.

Unter­schrie­ben ist dieser Beschluss seitens des Gemein­de­rats von:
Butscher, Sapper, Balle, Geissin­ger, Leitz, Schell­mann, Gold, Hug
Seitens des Bürger­aus­schus­ses von den Mitglie­dern:
Gold, Weber, Wannen­wetsch, Bäuerle, Gold

Am 14. Septem­ber 1901 wurde beschlos­sen, dass der Matthä­us Hahn auf seine Bereit­schaft hin mit sofor­ti­ger Wirkung das Maulwurf­fan­gen gegen eine Entschä­di­gung von 30 Pfennig pro Stück überneh­men darf. Gleich­zei­tig wurde Maulwurf­fän­ger Fritz von seinen Funktio­nen enthoben.

Am 21. März 1902 beschloss der Gemein­de­rat, auf Kosten der Gemein­de die Maikä­fer, falls solche in bedroh­li­cher Menge vorkom­men, sammeln zu lassen und hiermit den Feldschüt­zen Gold, sowie den Gemein­de­wald­schüt­zen Bezler zu beauf­tra­gen. Die Aufsicht habe Gemein­de­pfle­ger Balle auszu­üben und wird dersel­be von dem Ortsvor­ste­her angemes­sen instru­iert werden.

Dietrich Bantel

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