Am kommen­den Samstag, 28. Juni 2008, wird um 15.00 Uhr im Heimat­mu­se­um des Schil­ler­hau­ses im Rahmen des Stadt­fes­tes und der Feier­lich­kei­ten zum 40. Jubilä­um der Stadt­er­he­bung die 16. Sonder­aus­stel­lung des Heimat­ver­eins eröff­net. Zum Thema »Alte Wecker, kleine Tisch­uh­ren und Taschen­uh­ren aus Oberko­che­ner Häusern« haben 13 Leihge­ber 53 Expona­te zur Ausstel­lung beigesteuert.

Sonder­aus­stel­lun­gen gehören seit vielen Jahren zum großen Jahres­pro­gramm des Heimat­ver­eins Oberko­chen. Seit ihrer Einfüh­rung im Jahre 1997 ist die Rahmen­vor­ga­be »aus Oberko­che­ner Häusern« durch eine Vielzahl von Themen belebt worden, zu denen Oberko­che­ner Bürger und engagier­te Sammler mit ihren Leihga­ben beitru­gen — um nur einige zu nennen: der Premiè­re mit »Lieber Kitsch« folgte »Die Natur als Künst­le­rin« »Spiel­zeug­ei­sen­bah­nen und Blech­spiel­zeug« ließen Träume aus Kinder­ta­gen wieder aufer­ste­hen. Hobby-Geolo­gen insze­nier­ten »Minera­li­en aus aller Welt«, Brief­mar­ken­samm­ler »Philate­lis­ti­sche Belege von Oberko­chen«. »Altes Alumi­ni­um-Geschirr« und »Alte Bücher« kamen zur Ausstel­lung, darun­ter in einer eigenen Sonder­schau das »Mühlen­buch von 1751« aus der Schee­rer­müh­le. Um das vom Oberko­che­ner Paläo­an­thro­po­lo­gen Prof. Dr. Friede­mann Schrenk verfass­te Buch »Adams Eltern« rankte sich die Sonder­aus­stel­lung »Vom Prima­ten zum Homo sapiens«. Unter den drei jüngs­ten Ausstel­lun­gen »Alte Kameras«, »Alte Puppen« und »Alte Bierkrü­ge« stießen nicht nur die fotogra­fi­schen Schau­stü­cke unter Fotofreun­den auf ein beacht­li­ches Echo — auch über Oberko­chen hinaus.

Als Ideen-Liefe­rant und Haupt-Akteur bei der Organi­sa­ti­on und dem Aufbau der Ausstel­lun­gen zeich­ne­te von Beginn an in erster Linie der langjäh­ri­ge Vorsit­zen­de und aktuel­le Ehren­vor­sit­zen­de des Heimat­ver­eins Dietrich Bantel verant­wort­lich, tatkräf­tig unter­stützt von seiner Frau Susi und den Damen und Herren vom Vorstand und vom Ausschuss, wobei ein beson­de­res Verdienst bei der Gestal­tung mehre­rer Themen Horst Riegel zukommt. Eine Liste aller bislang durch­ge­führ­ten Sonder­aus­stel­lun­gen lässt sich hier auf dieser Homepage aufrufen.

Die 16. Sonder­aus­stel­lung »Alte Wecker, kleine Tisch­uh­ren und Taschen­uh­ren« steht in der Verant­wor­tung des im Frühjahr neu gewähl­ten Vorstand-Teams unter dem Vorsitz von Karl Elmer, der ja bereits bei den letzten beiden Sonder­aus­stel­lun­gen die Gäste bei der Eröff­nung begrü­ßen und in die Thema­tik (»Alte Puppen« und »Alte Bierkrü­ge«) einfüh­ren konnte. Bei der Gestal­tung des aktuel­len Themas waren neben den weite­ren Vorstands­mit­glie­dern Barba­ra Schurr, Micha­el Müller, Richard Burger, Niko Gauss vor allem Marle­ne Bliem und als »lokale Uhren­ex­per­ten« unsere Mitbür­ger Rudolf Schul­ze und Kurt Schulz behilf­lich. Das morgend­li­che »Wecken« war (und ist) von jeher ein Problem. Das Schril­len des Weckers ist vielfach der erste große Schreck des Tages: Wecken reimt sich auf Schre­cken — Krach und wach gehören anschei­nend zusam­men. Am Anfang war der Hahn: mit den Hühnern, besser mit dem Schrei des Hahns aufzu­ste­hen, war den Menschen in den frühe­ren bäuer­li­chen Gemein­den selbst­ver­ständ­lich. Sogar die Solda­ten führten bei ihren Kriegs­zü­gen noch Mähne mit sich — im Engli­schen heißt der Wecker bis heute »alarm clock« — abgelei­tet vom italie­ni­schen »all’ arme«, zu den Waffen!

Für die Menschen erwie­sen sich die tieri­schen Weckru­fe allein aber doch als zu unzuver­läs­sig. Auch mit der Bestel­lung mensch­li­cher Wecker, die unabhän­gig vom Sonnen­auf­gang ihre Auftrag­ge­ber zur verein­bar­ten Stunde durch Rufen, Rütteln, Trommeln oder Glocken­läu­ten aus dem Schla­fe rissen, war der Kampf der Mensch­heit um pünkt­li­ches Aufste­hen noch nicht endgül­tig gewonnen.

Seit der Antike wurde über die Verwen­dung des akusti­schen Alarms zum Wecken nachge­dacht. Platon und Aristo­te­les sollen mit umgestal­te­ten Wasser­uh­ren laute Signa­le erzeugt haben. Das plato­ni­sche Modell funktio­niert so, dass eine angesam­mel­te Wasser­men­ge plötz­lich in ein herme­tisch abgeschlos­se­nes Gefäß stürzt, aus dem die Luft nur durch eine Pfeife entwei­chen kann, die eine Art Sirenen­ton von sich gibt.

Im streng geregel­ten Tages- und Nacht­ab­lauf der mittel­al­ter­li­chen Klöster fanden Kerzen­we­cker Verwen­dung: Wachs­leuch­ten, in die eine Nadel mit einer Kette und einer Kugel daran gepikst wurde. Nach der vorge­se­he­nen Zeitdau­er fiel die Nadel aus der abgebrann­ten Kerze heraus und mit ihr die Kugel, die in einen darun­ter angebrach­ten Metall­napf polter­te. Doch dem antiken Tröten und dem mittel­al­ter­li­chen Blech­schep­pern fehlt schlicht noch die echte moder­ne Zeitmes­sung, die einen solchen Zeitmah­ner zum wirkli­chen »Wecker« befördert.

Erst die mecha­ni­schen Räder­uh­ren, die sich ab dem 13. Jahrhun­dert durch­zu­set­zen began­nen, liefer­ten diese Bedin­gung. Wahrschein­lich waren als erste die Gewichts­wand­uh­ren (circa ab 1350) mit einer Zusatz­ein­rich­tung ausge­rüs­tet, welche man als Weckfunk­ti­on bezeich­nen kann. Das Kernstück dieser Uhren war ein Gehwerk aus verschie­den großen Zahnrä­dern. Ein fallen­des Gewicht, oder später eine aufge­zo­ge­ne Feder, diente als Antrieb für ein gangre­geln­des Schwing­sys­tem, meist ein Pendel oder die Unruh, ein hin- und herschwin­gen­des Gewicht mit einer Feder. Einmal angeschubst, begann sich das erste Rädchen und nach und nach auch alle anderen zu drehen.

Bei den frühen Tisch­uh­ren wurde der Wecker als Modul auf den Uhren­kor­pus gesetzt. Hierbei hatte der Stunden­zei­ger des Gehwerks die Auslö­se­funk­ti­on. Als einer der Erfin­der des »moder­nen« Weckers gilt Levi Hutchins aus Concord, New Hampshire (USA). Sein Wecker aus dem Jahre 1787 konnte aller­dings nur um vier Uhr morgens läuten — die Zeit, in der sein »Erfin­der« gewöhn­lich selbst aufstand. Der Franzo­se Antoine Redier paten­tier­te 1847 als erster einen mecha­ni­schen Wecker mit einstell­ba­rer Weckzeit.

Um die Mitte des 19. Jahrhun­derts liefer­ten sich die Famili­en­be­trie­be Junghans aus dem Schwarz­wald und Seth Thomas aus Connec­ti­cut (USA) ein Duell um die nun einset­zen­de Massen­pro­duk­ti­on. Von 1842 an verwen­de­te Seth Thomas für das Uhrwerk statt der alther­ge­brach­ten hölzer­nen Monta­ge­plat­ten Metall­pla­ti­nen, was die Produk­ti­on erheb­lich verbil­lig­te. Die Schwarz­wäl­der Firma übernahm diese Idee und der Wecker wurde zum größten Zugpferd bei Junghans.

Ende des 19. Jahrhun­derts sanken die Uhren­prei­se drastisch, so dass bereits in fast jedem Haushalt ein Wecker zu finden war. Das »Allge­mei­ne Journal für Uhrma­cher­kunst« schreibt 1880: »Es gibt wohl nur wenige Artikel, deren Konsum so außer­or­dent­lich zugenom­men hat wie der Artikel »Weckuh­ren«. Der Grund ergibt sich sehr einfach daraus, dass der Arbei­ter- und der Beamten­stand infol­ge des großar­ti­gen Aufschwun­ges, den Indus­trie, Eisen­bahn und Postver­kehr usw. erfah­ren haben, gezwun­gen sind, mit größter Pünkt­lich­keit aufzustehen…«

Die neue Sonder­aus­stel­lung des Heimat­ver­eins zeigt typische Vertre­ter von Weckuh­ren aus dem späten 19. Jahrhun­dert und der ersten Hälfte des 20. Jahrhun­derts. Berei­chert wird die Ausstel­lung durch zeitge­nös­si­sche Taschen­uh­ren und kleine Tisch­uh­ren, deren ältes­te bis um 1790 zurück­da­tie­ren. Das urtypi­sche Wecker­werk mit durch­bro­che­nen Plati­nen und Hohltrie­ben hat sich nicht nur bei den Expona­ten, sondern bis in die heuti­ge Zeit bewährt. Auch Wecker mit Doppel­glo­cken sind bis heute immer noch beliebt, obwohl sich viele Wecker ohne Glocke oben zum Rückwand­glo­cken­we­cker entwi­ckelt haben. Mit einer Verbes­se­rung zum »Leise­ti­cker« wurde auch die Stift­an­ker­hem­mung weitge­hend erhalten.

Es erscheint in der Rückblen­de schon bemer­kens­wert, was die Erfin­der um 1930 leiste­ten, als sie den Wecker so konstru­ier­ten, dass man per Handhe­bel einstel­len konnte, ob man laut oder leise geweckt werden wollte.

Heute klingelt es zwar noch immer in den Schlaf­zim­mern — aller­dings sanfter und gedämpf­ter, phasen­wei­se oder zum geeig­ne­ten Zeitpunkt. Wobei die moderns­ten unter den neues­ten Zeitmah­nern dann läuten, wenn Senso­ren durch Messung von Hirnstrom­wel­len oder Körper­be­we­gun­gen eine »leich­te« Schlaf­pha­se signa­li­sie­ren oder am Ende einer vorge­wähl­ten Zeitspanne.

Die »Wecker« haben die Menschen mittler­wei­le voll im Griff. Auch tagsüber erinnern sie piepsend an Termi­ne, Telefo­na­te, einzu­neh­men­de Medika­men­te, Teebeu­tel oder gekoch­te Eier. Die »objek­ti­ve«, Zeitmes­sung scheint das alther­ge­brach­te Zeit-»Gefühl« auf Eis gelegt zu haben. Ein Exper­te in Sachen Zeit und Zeitmes­sung hat es provo­ka­tiv so formu­liert: »Es gibt eine unkrie­ge­ri­sche, harmlos klingen­de, aber äußerst effekt­vol­le Metho­de, unsere Gesell­schaft radikal zu verän­dern: Man schaf­fe alle Wecker ab!«

Karl Elmer

Oberkochen

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