Aus der topogra­phi­schen Karte des Statis­ti­schen Landes­am­tes aus dem Jahr 1926 (Abbil­dung 1) ist verges­se­ne Oberko­che­ner Geschich­te heraus­les­bar. Im Süden des kleinen Dorfs ist eine Fabrik = »Schleif­müh­le« einge­zeich­net. Es handelt sich um den damals schon beacht­li­chen Betrieb der Brüder Leitz beim Ölwei­her unweit des Stein­bruchs weit außer­halb des Dorfs.

Gegen­über des Sträß­chens am Kocher befin­det sich der Eintrag »Ziegel­hüt­te«. Wir heuti­gen Oberko­che­ner denken bei »Ziegel­hüt­te« natür­lich an jene Ziegel­hüt­te, die sich unweit der Wasser­schei­de auf Königs­bron­ner Gemar­kung befin­det — die Ziegel­hüt­te, wo sich’s so treff­lich speisen, vespern und verho­cken lässt. Kaum noch jemand weiß, dass es auch in Oberko­chen eine »Ziegel­hüt­te« gab. Lange Zeit hieß der untere fast ebene Teil der späte­ren Wachol­der­stei­ge noch »Ziegel­stra­ße«, wie der untere Pfeil auf unserer Abbil­dung 2 aus dem Oberko­che­ner Ortsplan von 1958 belegt. Heute erinnert nur noch der alte Hausna­me »Ziegler« an die Oberko­che­ner Ziegel­hüt­te. Unser früh verstor­be­nen Mitglied Kuno Gold, der Ahnen­for­scher, trug diesen »Hausna­men«; noch dessen Vater nannte man in Oberko­chen den »Letten­ba­ron« oder den »Baron von Letten«, weil er aus Letten (tonig-lehmi­gem Boden) Ziegel und somit Geld machte und es zu einem gewis­sen Wohlstand gebracht hatte. Weiter südlich finden wir eine weite­re Fabrik, die Firma WIGO« (Wilhelm Grupp Oberko­chen — heute Walter/Pedcad), und an der Stelle der heuti­gen Forel­len­zucht lesen wir etwas kocher­auf­wärts die Bezeich­nung »Eiswei­her«.

Oberkochen

Im Jahr 1938 machte sich einer der drei Brüder Leitz (Albert, Emil und Fritz), Fritz Leitz, selbstän­dig und begann, unabhän­gig von seinen Brüdern, für die Rüstung zu produ­zie­ren. Der Betrieb expan­dier­te schnell. Bereits 1939 gibt es Pläne für Erwei­te­rungs­bau­ten, unter anderem einen Plan für das später sogenann­te »Martha-Leitz-Haus«, das noch im selben Jahr fast fertig gestellt war. Der Plan vom April 1939 führt in diesem Zusam­men­hang als Titel für den Bereich des Martha-Leitz-Hauses »Festhal­le, Kanti­ne, Freibad, Turnhalle«.

Dieses nach der Gattin von Fritz Leitz benann­te Gebäu­de entwi­ckel­te sich schnell zu einer Art kultu­rel­lem Zentrum Oberko­chens. Es gab Konzert- und Theater­auf­füh­run­gen, — und die älteren Oberko­che­ner erinnern sich noch sehr wohl vor allem auch daran, dass im Martha-Leitz-Haus Filme nicht nur für die Mitar­bei­ter des Rüstungs­be­triebs Fritz Leitz, sondern für die gesam­te Bevöl­ke­rung gezeigt wurden.

So entstand ein sowohl von den Firmen­an­ge­hö­ri­gen als auch von den kultur­be­flis­se­nen Oberko­che­nern vielbe­gan­gen Verbin­dungs­weg­le zwischen der Dreißen­tal­stra­ße und der Ziegel­stra­ße, das schon bald den Namen »Theater­weg« erhal­ten hatte. Unsere Abbil­dung 3 zeigt ein um 1946 entstan­de­nes Photo — etwa zu der Zeit also, als die Firma Carl Zeiss in die leerste­hen­den Fabrik­ge­bäu­de des nach Kriegs­en­de demon­tier­ten Rüstungs­be­triebs einge­wie­sen worden ist. Der unters­te Pfeil weist auf den »Theater­weg«, der mittle­re auf das Martha Leitz Haus, und der etwas kleine­re obers­te Pfeil weist auf den nördli­chen Eingang des bei Kriegs­en­de in Bau befind­li­chen Leitz­stol­lens, in dem eine unter­ir­di­sche in den Fels gebau­te Fabri­ka­ti­ons­an­la­ge zur Ferti­gung von Flugzeug­tei­len geplant war.

Noch in einer Aufnah­me aus der Mitte der Siebzi­ger­jah­re (Abbil­dung 4) ist das Martha- Leitz-Haus als auch die alte Villa Fritz Leitz zu erken­nen. Beide Gebäu­de wurde plusmi­nus 1980 abgebro­chen. (Das genaue Datum war bislang weder über die Stadt noch über CZ in Erfah­rung zu bringen.)

Inter­es­sant ist in diesem Zusam­men­hang die Geschich­te der »Carl-Zeiss-Straße«. Im Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« vom 23. März 1956 wird aus der Gemein­de­rats­sit­zung vom 6. März 1956 berichtet:

»Die im Bebau­ungs­plan »Dreißen­tal Süd« vorge­se­he­ne Verbin­dungs­stra­ße zwischen Dreißen­tal- und Ziegel­stra­ße — vorbei an den Indus­trie­bau­ten der Firma Fritz Leitz GmbH und Carl Zeiss — wird auf Grund einstim­mi­gen Beschlus­ses »Carl-Zeiss-Straße« benannt.«

Im Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« vom Donners­tag, 29. März 1956 nimmt Bürger­meis­ter Bosch auf der Titel­sei­te persön­lich Bezug auf den am 23. März gefass­ten Gemeinderatsbeschluss.

Hier der Text, in welchem der Bürger­meis­ter auch den »Theater­weg» als Vorläu­fer der Carl-Zeiss-Straße erwähnt:

Oberkochen
Oberkochen
Oberkochen

Im Zuge der weite­ren Entwick­lung wurde die ursprüng­lich durch­ge­hend als »Wachol­der­stei­ge« benann­te Straße in ihrem oberen anstei­gen­den Teil in Leitz­stra­ße umbenannt, so dass heute nur noch der untere fast ebene Teil »Wachol­der­stei­ge« heißt.

Durch den im Juli 2007 abgeschlos­se­nen Kaufver­trag zwischen der Stadt Oberko­chen und der Firma Carl Zeiss ist das öffent­li­che Ende der Carl-Zeiss-Straße besie­gelt. Die Carl- Zeiss-Straße geht in Firmen­be­sitz über und wird voraus­sicht­lich im August 2008 (BuG vom 27.07.2007) durch 2 Tore, eines am Beginn in der Dreißen­tal­stra­ße und ein zweites am Ende in der Wachol­der­stei­ge gesperrt.

Oberkochen

Zu Bericht 518

Abbruch Martha-Leitz-Haus:
Montag, 15. Novem­ber 1982

In unserem letzten Bericht (BuG vom 3. August) »Vom Theater­weg zur Carl-Zeiss-Straße« blieb die Frage offen, wann genau das Martha-Leitz-Haus abgebro­chen wurde.

Wir hatten uns auf »1980 plusmi­nus« festgelegt.

Vor wenigen Tagen erhiel­ten wir einen Anruf von einem unserer Bericht-Leser, Herrn Karl-Heinz Hercher, der seiner­zeit als Mitar­bei­ter bei der Firma Carl Zeiss den Abbruch des Martha-Leitz-Hauses von seinem Arbeits­platz aus nicht nur verfolg­te, sondern auch das genaue Abbruch­da­tum, nämlich Montag, 15. Novem­ber 1982, notiert hat. Es sei sehr schnell gegan­gen. Herzli­chen Dank für die Infor­ma­ti­on. Wer hat Fotos von dem Abbruch gefertigt?

Leider wurde die Nummer des o.b. Berichts verse­hent­lich »unter­schla­gen«. Der Bericht vom 3.August hat die Nummer 518.

Ausführ­li­cher Bericht folgt.

Mögli­cher­wei­se lässt sich auf diesem Weg auch noch das Abbruch­da­tum der Villa Fritz Leitz heraus­fin­den. Auch hier sind wir sehr an Fotos inter­es­siert. Origi­nal­fo­tos werden in beiden Fällen digital abfoto­gra­fiert, die Fotos umgehend zurückgegeben.

Dietrich Bantel

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