Im Jahr 1977 beauftragte mich Bürgermeister Bosch, eine gute lithographische Anstalt für ihn zu benennen, die in der Lage sei, ein Bild von Oberkochen aus dem Jahr 1847 — bis heute die älteste Ansicht des Dorfs — optimal zu reproduzieren.
Der Bürgermeister berichtete mir, dass das kleinformatige Bild aus dem Privatbesitz der Familie T. stamme. Ohne das Original zu Gesicht bekommen zu haben, beschaffte ich die gewünschte Adresse. (Lithographische Anstalt Rübsamen, Stuttgart) — Alles Weitere lief dann ohne mich. Deshalb ist mir bis heute nicht bekannt, in welcher Technik das Bild gemalt ist (auf der Repro sieht es wie mit Deckfarben gemalt aus) und welche Abmessungen es genau hatte, und vor allem, woher das derzeit nicht belegbare genannte Entstehungsdatum 1847 stammt.
Einige Zeit später im gleichen Jahr 1977 erhielt jeder Stadtrat eine solche Reproduktion (Faksimile), fein in gedrucktes Passepartout gelegt und gerahmt. Das Bild ist, mit Passepartout, 30 cm hoch und 40 cm breit. Die hervorragend ausgefallene Reproduktion (Replik oder Faksimile) des eigentlichen Bildes selbst ist lediglich 18 cm hoch und 29 cm breit, wobei davon ausgegangen werden kann, dass die Abmessungen der Repro, da es sich um ein Faksimile handelt, denen des Originals entsprechen. Auf dem Passepartout der Repro befindet sich der von Bgm. Bosch veranlasste Eindruck in Englischer Schreibschrift »Oberkochen 1847«.
Es darf davon ausgegangen werden, dass Bgm. Bosch eine Quelle für die Nennung der Jahreszahl vorliegen hatte.
Rückseitig befindet sich auf allen von Bgm. Bosch offiziell verschenkten Repros eine schreibmaschinengeschriebene Widmung von Bürgermeister Bosch.
Frau Prochaska vom Rathaus Oberkochen recherchierte auf meine Bitte hin, was aus den damaligen Akten ablesbar ist. Die gedruckte Auflage dieses nach dem Original gefertigten kostbaren Geschenks betrug 300 Exemplare.
Fest steht, dass auch Bürgermeister Gentsch dieses Bild zu besonderen Anlässen immer wieder verschenkt hat und auch heute noch einige wenige Drucke für ganz besondere Anlässe auf dem Rathaus liegen.
Was wissen wir sonst über das Bild?
Zum ersten Mal wurde das T.’sche Bild bereits in BuG v. 17. Juli 1953 abgebildet — ohne textliche Erläuterung. Der Name der Besitzer ist in der Bildunterschrift genannt. In BuG vom 1. Juli 1977 ist das geschichtliche Umfeld zu der Oberkochen-Ansicht von 1847 anlässlich der seinerzeitigen Faksimile-Herstellung von Rudolf Heitele besprochen worden. Über den künstlerischen Aspekt des Bildes, Größe, Maltechnik, Maler, Quellen für die Jahreszahl u.a. ist nichts ausgesagt.
Im Jahr 1986 verfasste Rudolf Heitele unter dem Titel »Momentaufnahmen zu einem Bild von 1847« einen noch ausführlicheren geschichtlichen Beitrag, in dessen Mittelpunkt wiederum dieses Bild steht — diesmal für das 1986 erschienene Heimatbuch. Der Bericht ist auf den Seiten 79 — 83 des Heimatbuchs abgedruckt. Eine schwarz/weiß-Repro des Bildes, die nach der Replik von 1977 gefertigt wurde, befindet sich auf Seite 80.
Anlässlich der Gründung des Heimatvereins im Jahr 1987 hatte ich mich, da zum damaligen Zeitpunkt bereits an die Schaffung eines Heimatmuseums gedacht war, mit dem Haus T. in Verbindung gesetzt, musste aber zu meiner Überraschung und zu meinem großen Bedauern feststellen, dass es das Bild dort nicht mehr gibt. Über den Verbleib konnte ich keine Auskunft bekommen.
Seit dieser Zeit, also seit über 20 Jahren, ist das verschwundene Bild, nun nicht mehr nach dem Original, sondern nach dem hervorragenden Druck mehrfach reproduziert worden.
Auffallend war, dass von allem Anfang an der Name des Malers nicht genannt wurde — jedenfalls ist er auf der Repro von 1977 nicht zu sehen und auch rückseitig nicht vermerkt. Auch die der Repro von Bgm. Bosch im Passepartout hinzugefügte Jahreszahl 1847 ist nirgends im Bild erkennbar — sie muss wohl auf der Rückseite des verloren gegangenen Originals vermerkt gewesen sein. Woher hätte Bürgermeister Bosch sie sonst gewusst?

(Gesamtansicht): Öl-Kopie des Originals von 1847 (1. Hälfte 20. Jh.)
OStD. a.D. Volkmar Schrenk ging im Zusammenhang mit seinen Nachforschungen zu dem katholischen Pfarrer Desaller, der in Rudolf Heiteles Bericht im Heimatbuch von 1986 erwähnt ist, auch der Frage nach, wer der Maler dieses Bildes von 1847 gewesen sein könnte. Das Ergebnis seiner Spekulation ist in unserem heimatkundlichen Bericht 144 vom 16.08.1991 im Amtsblatt »Bürger und Gemeinde« nachzulesen. Herr Schrenk vermutet als Künstler einen Maler namens Roscher, von dem es auch eine Ansicht von Königsbronn gibt. Dieses Ergebnis kann aber durchaus auch mit anderen Augen gesehen werden — wie am Schluss des Berichts auch durch Herrn Schrenk festgestellt wird. 1997 haben wir dieses immer wieder veröffentlichte Bild von 1847 in unsere Geschichtsdarstellung Oberkochens im Raum 4 des Heimatmuseums aufgenommen. Soweit die bis jetzt bekannte Geschichte des Bildes.
Zu den beiden Abbildungen:
Foto 1 (oben) zeigt das gesamte Bild von 1847 (Totale). Im Hintergrund von links: Brunnenhalde, Volkmarsberg (Bildmitte) und Langen mit Langertstein. Dazwischen in der rechten Bildhälfte das Wolfertstal Richtung Essingen. Die hintere Gebäudezeile von links: Damalige Langgass (Heidenheimer Straße) mit kleineren Anwesen. Dann Gebäude Weber, das an die alte evangelische Kirche anschließt. Sodann Hirsch, Nagel, Schwesternhaus, alte katholische Kirche, und die Gebäude entlang der Kirchgass (Aalener Straße).
Die vordere Gebäudezeile von links: Armenhaus, Müller, Ottilienkapelle, Mühlenanwesen »Untere Mühle« mit Scheuer und Mühle.
Der Ort ist vom sogenannten »Etterszaun« umgeben. Unter Etters verstand man ursprünglich nur das in diesem Schutzzaun befindliche Tor. Später verstand man unter Etters den vom Etterszaun umgebene Wohngrund. »Außerhalb Etters« (auch Allmende genannte) bedeutet also soviel wie »außerhalb der eigentlichen Ortsbebauung«. Die Etterszäume waren in neuerer Zeit weniger »Schutzzäune« gegen unerwünschtes Eindringen als solche gegen unerwünschtes Weglaufen von Weidetieren. Auf unserem Bild von 1847 befindet sich die alte Wiesenkapelle, rechts der beiden Pappeln am rechten Bildrand eindeutig »außerhalb Etters«. Gut erkennbar sind die Kreuzwegstationen, die entlang des Wegs zu dieser kleinen Wallfahrtskapelle am heutigen nach ihr benannten Kapellenweg stehen.
Foto 2 zeigt die Wiesenkapelle in einem Ausschnitt, dem erst im Rahmen des nächsten Berichts Bedeutung zukommt.
Bitte beachten Sie, dass die Pappelreihe hinter der Kapelle aus insgesamt 11 Pappeln besteht. Zwischen der zweiten und der dritten Pappel von links steht ein kleiner runder, in der Allee wie ein Fremdkörper wirkender kleiner Baum. Seit wenigen Tagen gibt es, wie Sie ahnen, eine spannende Fortsetzung zu diesem Bericht. Diese bringen wir in der Ausgabe von BuG vom 23. Februar 2007.
Dietrich Bantel
