Fast jedem »Reigschmeck­ta«, aber auch Alt-Einge­ses­se­nen, der sich auch nur andeu­tungs­wei­se für Heimat­kund­li­ches inter­es­siert, ist es schon so ergan­gen: Er ist über das rüde, in Oberko­chen aber durch­aus gebräuch­li­che Wort »Grobba­seggl« (Schrift­deutsch: »Groppen­se­ckel«) gestol­pert, zumal der dritte Buchsta­be des Worts immer wieder, auch von solchen, die’s besser wissen müssten, fälsch­li­cher­wei­se als »u« und nicht als »o« ausge­spro­chen wird.

Mit »u« ausge­spro­chen könnten sich viele »zig« von Oberko­che­ner »Gruppen« belei­digt fühlen — im Einwoh­ner­buch ist der Name Grupp an die 50 mal aufge­führt. (Der Famili­en­na­me Grupp taucht in Oberko­chen übrigens zum ersten Mal bereits im Jahr 1675 auf — es handelt sich um einen Adam Grupp (katho­lisch), der 1650 geboren ist und 1675 die Oberko­che­ne­rin Anna Linse gehei­ra­tet hat. Die evange­li­schen Grupps sind erst ab 1719 nachzuweisen).

Wenn den meisten Oberko­che­nern auch klar ist, dass es absurd ist, eine Verbin­dung zwischen dem ungewöhn­li­chen Wort »Groppen­se­ckel« und dem häufi­gen Oberko­che­ner Famili­en­na­men herzu­stel­len, so haben sich doch die wenigs­ten die Mühe gemacht, darüber nachzu­den­ken, wie es zu dem Wort »Grobba­seggl« kommt.

Die beiden Alt-Oberko­che­ner Heimat­ver­eins­mit­glie­der Willi­bald Grupp und Helmut Gold, waren mir bei der biolo­gi­schen und der heimat­kund­lich-histo­ri­schen Spuren­si­che­rung behilflich:

Eine »Groppe« ist ein kleines Süßwas­ser­fisch­lein, das im Süßwas­ser­fisch-Bestim­mungs­buch von Muus/Dahlström und auch in weite­ren Fachbü­chern gut beschrie­ben ist.

Oberkochen

Zitat:
»Keulen­för­mi­ger schup­pi­ger Körper. Breiter, abgeflach­ter Kopf mit weiter Mundspal­te. Kiefer und Pflugscharb­ein mit kleinen Bürsten­zäh­nen besetzt. Kiemen­de­ckel mit kräfti­gem gekrümm­tem Dorn. Hochlie­gen­de Augen. Zwei getrenn­te Rücken­flos­sen, die erste kürzer, stachel­strah­lig. Große Brust­flos­sen. Bauch­flos­sen brust­stän­dig, weißlich, ohne Querbin­dun­gen. Innerer Glieder­strahl länger als die Hälfte des äußeren. Die Seiten­li­nie verläuft in der Seiten­mit­te bis zum Schwanzflossenansatz.

Schwimm­bla­se fehlend. Männchen mit Genital­pa­pil­le. Größe 10 bis 15 cm — max. 18 cm lang. — Die Groppe bewohnt, oft mit der Schmer­le verge­sell­schaf­tet, seich­te sauer­stoff­rei­che Fließ­ge­wäs­ser mit rascher Strömung (Forel­len­re­gi­on) und die Uferzo­ne klarer hochge­le­ge­ner Seen (in den Alpen bis über 2000 m Höhe) mit steini­gem Grund. In der Ostsee geht sie auch ins Brack­was­ser. Als typischer Boden- und Dämme­rungs­fisch hält sie sich tagsüber meist in ihren Versteck unter Steinen oder Wurzel­werk auf. Aufge­scheucht huscht sie im Zickzack nur eine kurze Strecke dicht über dem Boden dahin, um alsbald wieder in einem Schlupf­win­kel zu verschwin­den. Nahrung.. usw.
Ende Zitat.

Die Groppe heißt auch noch Westgrop­pe, Wasser­grop­pe, Mühlkop­pe oder Koppe.

Wie die Groppe zu dem unfei­nen Attri­but »Seckel« kommt, wollte ich wissen.

Die Antwort war einfach und klar: »Ha, wer scho amol oine gfanga und in dr Hand gehebt hat, der woiß warom … des Fisch­le sieht halt aus wie a Penis mit dem Deng doa vorna dra…«

Der Kopf der Wasser­grop­pe ist nämlich außer »keulen­för­mig« und »abgeflacht« ein auffal­lend breiter vom Körper des kleinen Fisch­leins abgesetz­ter Kopf in der Form der Eichel beim männli­chen Glied.

Dennoch ist davon auszu­ge­hen, dass das Groppen-Attri­but »Seckel« ein Produkt lokaler Oberko­che­ner Verbrei­tung ist, die sich bis zum heuti­gen Tag durch die Mutati­on »Gruppen-Seckel« einer unlogi­schen aber üblichen Gebräuch­lich­keit erfreut.

Wir veröf­fent­li­chen ein Foto der Wasser­grop­pe, das am 15. Juni 1994 in der Schwä­bi­schen Post erschie­nen ist.

Text:
Wasser­grop­pe im Mittel­bach
Bei der letzten Unter­su­chung der Wasser­qua­li­tät des Mittel­bachs durch die Schüler der Karl-Keßler-Realschu­le Wasser­al­fin­gen mit dem Ökomo­bil des Landes konnte gleich mehrfach die Wasser­grop­pe gefun­den werden. Dieser ursprüng­lich kaulquap­pen­ähn­li­che Fisch, der noch keine Schwimm­bla­se hat, ist ein Indiz für einen äußerst saube­ren Bach. Die Groppe steht in Baden-Württem­berg deshalb auf der »Roten Liste« der vom Ausster­ben bedroh­ten Tiere.
(Foto und Text mit freund­li­cher Geneh­mi­gung der »Schwä­bi­schen Post«)

Zu den Oberko­che­ner Groppen war in Erfah­rung zu bringen, dass es früher ein haupt­säch­lich bei Jungen weitver­brei­te­ter Sport war, im Kocher oder im Guten­bach zu stehen und die Groppen mit der bloßen Hand zu fangen. Da sich die Groppen wie oben beschrie­ben vorwie­gend unter Steinen aufhal­ten, hat man groppen­ver­däch­ti­ge Steine »gelupft« und musste dann, wenn eine Groppe wegschoss, blitz­schnell zupacken. Das Beute­gut hat man dann in kleine eigens für die Groppen aus Steinen gebau­te kleine Bassins inner­halb des flachen Fließ­was­sers gesetzt und hat ihnen beim Schwim­men »zuaguckt« oder mit ihnen gespielt.

»Fernse­hen« oder besser »Nahse­hen« vor 50 bis 80 Jahren und früher…

Vor allem im Guten­bach, der in seinem Oberlauf nicht ständig fließt (Hunger­brun­nen), kam es immer wieder vor, dass Groppen. beim Ausblei­ben des Wasser­nach­schubs in regen­lo­ser Zeit in kleinen Tümpeln mit stehen­dem Wasser abgeschnit­ten gefan­gen blieben. Wenn diese Tümpel dann vollends austrock­ne­ten, war es auch um die Groppen gesche­hen — wenn sie nicht einer gefan­gen und Bach abwärts ins Fließ­was­ser gesetzt hat.

Genieß­bar sind Groppen nicht.

Dietrich Bantel

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