Bericht 5

Fragen zu Bild 5:

Wie bezeich­ne­ten die Oberko­che­ner die »Bahnhof­re­stau­ra­ti­on«?

Oberkochen

Lösung zu Bild 5:

»d’Schell«

Bahnhof­re­stau­ra­ti­on »Schell«

Die Antwort war aus 2 Gründen für Jünge­re oder Später­zu­ge­zo­ge­ne schwie­rig zu finden: Zum einen besteht die »Bahnhof­re­stau­ra­ti­on« seit ca. 28 Jahren nicht mehr, zum anderen zeigt unsere Abbil­dung »d’Schell« nicht wie sie vor ihrem Abbruch ausge­se­hen hat, sondern in ihrem Zustand vor einem gravie­ren­den Umbau in den Zwanzi­ger-Jahren vor nahezu 90 Jahren um die Jahrhundertwende.

In den frühen Sechzi­ger-Jahren (Bauge­neh­mi­gung für den Folge­bau 1962) mußte die »Schell« einem Büroneu­bau der Fa. Bäuerle weichen. In diesem von Archi­tekt Kennt­ner ausge­führ­ten Neubau befin­den sich heute 2 Firmen und Lager­räu­me. Im Volks­mund heißt das Gebäu­de »Kaiser’s«.

Vorsicht: die ehema­li­ge »Bahnhof­re­stau­ra­ti­on« wurde und wird auch heute noch mit der Bahnhofs­wirt­schaft (plus Kiosk), unmit­tel­bar beim Bahnhof gelegen, verwechselt.

Unser Quizfo­to stammt wie gesagt aus der Zeit um die Jahrhun­dert­wen­de. Der Fotograf befand sich, vom Bahnhof kommend, auf der linken Straßen­sei­te und fotogra­fier­te von der heuti­gen OKOMA-Einfahrt aus über Kocher und Kocher­brü­cke etwa Richtung alte evange­li­sche Kirche.

Den Namen »Schell« erhielt die Bahnhof­re­stau­ra­ti­on nach Anton Schell­mann, der das 1864/65 erbau­te Gebäu­de nach Fertig­stel­lung erwor­ben hatte, also praktisch im gleichen Jahr, als Oberko­chen an das König­lich-Württem­ber­gi­sche Eisen­bahn­netz angeschlos­sen worden war. Herr Schell­mann war Braumeister.

Inter­es­san­ter­wei­se stammt das Bauma­te­ri­al für die »Schell« aus dem Haus Staud, das, wie im BuG-Bericht vom 5.2.88 beschrie­ben, dem Bahnhof­stra­ßen­durch­stich zum Opfer gefal­len war.

Aus einem Gemein­de­rats­be­richt des Jahres 1892:

»Die Wirtschaft mit Bierbraue­rei und Restau­ra­ti­on zum Bahnhof darf fast als die gangbars­te bezeich­net werden. Sie ist zwar nicht mitten im Ort, aber doch so gelegen, daß mit wenig Ausnah­me die ganze Gemein­de dort verkehr­ten wird. Sie gewinnt durch den Eisen­bahn­ver­kehr. Fremde kehren meistens dort ein. Die unzäh­li­gen Holzfuhr­wer­ke von den Staats‑, Real- und Gemein­de­wal­dun­gen bringen großen Verkehr. Auch der häufi­ge Verkehr von Holzhau­ern, Waldar­bei­tern usw. machen den Ausschank von Brannt­wein in dieser Wirtschaft zu einem Bedürfnis.«

Bürger­meis­ter Gustav Bosch höchst persön­lich verfaß­te vor 30 Jahren im Amtsblatt BuG vom 31.1.1958 einen ausführ­li­chen und farbi­gen Bericht zum Thema »Schick­sa­le der »Schell«.
Hier einige Daten aus der wechsel­vol­len Geschich­te der »Schell«:

1864/65 erbaut, und zwar von der Witwe des Krämers und Gassen­wirts Franz Staud, Vikto­ria Staud.
1865, 10. Juli: Die Tochter der Erbaue­rin, ebenfalls eine Vikto­ria, erwirbt das Anwesen zusam­men mit ihrem Bräuti­gam Anton Schellmann.
1866: Schell­mann erwirbt das Braurecht
1878: Schell­mann errich­tet im Stall- und Scheu­ern­teil des Hauses einen Tanzsaal.
1893: Anton (jr.) und Anna Schell­mann überneh­men die »Schell«.
1899: Jakob Balle, Bierbrau­er aus Oberko­chen pachtet die »Schell«.
1900: Neuer Pächter wird Paul Bäuerle, Lammwirts­sohn von Lauterburg.
1901: Neuer Pächter wird Franz Josef Kolb, Metzger von Großdeinbach.
1903: Georg Fried­rich Maier, Braue­rei­be­sit­zer aus Königs­bronn ist Pächter, später Besitzer.
1905: Neuer Pächter wird ein Severin Gold.
1908: Neuer Pächter ist Johan­nes Heimmann.
1909: Neuer Pächter wird Eugen Winter (sen.), Bierbrau­er. Eugen Winter erwirbt die »Schell« im Jahre 1914.
1919: 1. Umbau unter Eugen Winter.
1927: 2. Umbau unter Eugen Winter. Die beiden Umbau­maß­nah­men habe das Gesicht der »Schell« sehr stark verändert.
1951: »Schell«-Wirt Eugen Winter (jr.) an den Folgen eines tragi­schen Ungücks­fal­les gestor­ben. Der Wirt hatte das Bierfaß­wä­ge­le unter der Theke hervor­zie­hen wollen. Dieses hatte sich im Schank­tisch verklemmt und gab plötz­lich nach. Eugen Winter kam dabei so zuglück­lich zu Fall, daß er mit dem Hinter­kopf auf einen harten Gegen­stand aufschlug und das Genick brach.
1957: Besit­ze­rin Katha­ri­na Winter, Witwe des Eugen Winter, gestor­ben. Erwerb durch die Firma Bäuerle.
1958: Eheleu­te Willi und Elly Reindl Pächter.
1961: Umbau durch die Fa. Bäuerle. Nutzung als Betriebs­kan­ti­ne. Erwei­te­rung Hobelbetrieb.
1962: Abbruch der »Schell« und Errich­tung eines Büroge­bäu­des durch die Fa. Bauerle. Die Geschich­te des Neubaus hat mit der »Schell« nichts mehr zu tun. Nur der Tanzsaal im hinte­ren Bereich des Gebäu­des (gegen den Kocher zu stehen noch die alten Mauern der »Schell«) erinnert die Älteren und Alten an heite­re Stunden. Die meisten Oberko­che­ner haben in diesem Saal das Tanzen gelernt. Auch Hochzei­ten fanden im Saal statt.

In der Bahnhof­stra­ße, im Gebäu­de gegen­über der alten »Schell«, leben übrigens die Schell­mann-Nachfah­ren des »Schell«-Wirts.

Dietrich Bantel

Fragen zu Bild 6:

Welches Gesche­hen ist hier festge­hal­ten? Wann?

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