Einen Tag vor der Stadt­er­he­bung im Jahr 1968 brach­te der Süddeut­sche Rundfunk eine damals nicht beson­ders beach­te­te, journa­lis­tisch aber sehr gut gemach­te dreitei­li­ge Sendung, insge­samt 25 Minuten dauernd, über die Gemar­kungs- Besied­lungs- und Dorf-Geschich­te Oberko­chens im Teil 1. Teil 2 besteht aus einem Inter­view mit Prof. Dr. Dr. Kühn von der Geschäfts­lei­tung der Firma Carl Zeiss, Teil 3 aus einem Inter­view mit Bürger­meis­ter Gustav Bosch.

Hermann Schür­le, früher Oberko­chen, heute Aalen, den Oberko­che­nern über die »Filmfreun­de« bestens bekannt, hat die heute durch­aus histo­ri­sche Sendung damals auf Tonband aufge­zeich­net, im März letzten Jahres tonlich überar­bei­tet und auf Audio-CD gebracht. Freund­li­cher­wei­se schenk­te er dem Heimat­ver­ein Oberko­chen eine solche CD, die bislang zwei Mal öffent­lich oder halböf­fent­lich abgespielt wurde:
Das erste Mal bei der 19. OHV des Heimat­ver­eins am 7. März 2006 und das zweite Mal anläss­lich des Treffens der aktiven mit den ehema­li­gen Gemein­de­rä­ten am 18. Mai 2006. Beide Male herrsch­te atemlo­se Spannung und Stille solang die CD lief.

Der heuti­ge Bericht beschränkt sich allein auf die Entwick­lung der Bevöl­ke­rungs­zahl Oberko­chens über fast vier Jahrhun­der­te hinweg.

Vor dem 30-jähri­gen Krieg, 1618, hatte Oberko­chen ca. 500 Einwoh­ner. Nach dem Krieg, 1648, waren durch Kriegs­ein­wir­kun­gen und Seuchen 100 von ihnen übrig geblie­ben. Es dauer­te ca. 150 Jahre, bis das Dorf sich halbwegs von den Folgen des Kriegs erholt hatte, und um 1800 wieder die Einwoh­ner­zahl von ungefähr 500 aufwies.

Ab der Mitte des 19. Jahrhun­derts, 1850, steigt die Bevöl­ke­rungs­kur­ve spürbar steiler an. Die einset­zen­de Indus­tria­li­sie­rung verwan­del­te das Dorf, das zuvor rein handwerk­lich und landwirt­schaft­lich ausge­rich­tet war, in eine landwirt­schaft­lich- indus­tri­el­le Misch­ge­mein­de. 1939, bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, hatte Oberko­chen bereits 2011 Einwoh­ner, und es hatte — wie auf einer US-Aufklä­rungs-Luftauf­nah­me vom 8. April 1945 im Heimat­mu­se­um zu erken­nen ist — einen außer­ge­wöhn­lich hohen Anteil an Indus­trie. (Im Wesent­li­chen Holzbearbeitungswerkzeugindustrie)

Nach dem Krieg begann durch die Ansie­de­lung der Firma Carl Zeiss ein in ganz Deutsch­land beispiel­lo­ses Einwoh­ner­wachs­tum der Gemein­de Oberko­chen. Im Jahr der Stadt­er­he­bung, 1968, hatte Oberko­chen 8568 Einwohner.

Heute ist schon fast verges­sen, dass die Gemein­de­vä­ter 1968, wie auf der CD dokumen­tiert ist, davon ausgin­gen, dass Oberko­chen schon in wenigen Jahren die für die Stadt üblicher­wei­se vorzu­wei­sen­de Einwoh­ner­zahl von 10.000 erreicht haben würde. Auch war von der Verle­gung der alten Ortsmit­te in eine damals vorge­se­he­ne neue Ortsmit­te ums neue Rathaus die Rede — und einem Planetarium…

Allein das sogenann­te »städti­sche Geprä­ge« und der unaus­rott­ba­re irrtüm­li­che Glaube an ein ständi­ges Wachs­tum hatten 1968 ausge­reicht, das Dort vorzei­tig zur Stadt zu erheben.

Die im Heimat­mu­se­um in Raum 4 befind­li­che Bevöl­ke­rungs­zah­len­kur­ve und auch die im Inter­net belegen, dass das rasan­te Wachs­tum der Stadt, das nach dem Krieg über 20 Jahre lang angehal­ten hatte (lange Jahre war Oberko­chen die Stadt mit dem propor­tio­nal größten Bevöl­ke­rungs­zu­wachs in ganz Deutsch­land) in den Sechzi­ger­jah­ren bereits einen »Knacks« abbekom­men hat, was Bürger­meis­ter Bosch in dem Inter­view von 1968 sogar ausdrück­lich vermerkt. Bereits ab 1965 nämlich (8631 Einwoh­ner) sank die Einwoh­ner­zahl über 20 Jahre hinweg fast ständig bis unter 8000 Einwoh­ner (1986: 7885 Einwoh­ner), um dann bis 1993 wieder auf 8600 anzusteigen.

1993 kam es jedoch zu einem zweiten Einbruch. Mit kleine­ren Schwan­kun­gen fiel die Einwoh­ner­zahl ab diesem Jahr bis Ende 2005 fast ständig zurück auf 8228 Einwoh­ner — das sind weniger Einwoh­ner, als Oberko­chen 1962, also vor 44 Jahren hatte.

Schon in der früher üblichen linea­ren Darstel­lung einer Entwick­lungs­kur­ve (Inter­po­la­ti­on) wird — trotz aller Zwischen­an­stie­ge — eine aufs Ganze gesehen sinken­de Tendenz der Einwoh­ner­zahl Oberko­chens ab der mittle­ren Sechzi­ger­jah­re deutlich erkenn­bar. Setzt man die Linie fort, führte sie auch in der Zukunft weiter nach unten.

Noch deutli­cher wird die Darstel­lung der sinken­den Einwoh­ner­zahl in der extra­po­lie­ren­den Darstel­lung, die mit größe­rer Wahrschein­lich­keit als die inter­po­lie­ren­de Darstel­lung auch gewis­se Rückschlüs­se auf die weite­re Entwick­lung zulässt, da die näher liegen­den Zeiträu­me beim Extra­po­lie­ren zuneh­mend genau­er unter­sucht werden als die weiter zurück liegen­den. Wir sollten zur Kennt­nis nehmen, dass gerade auch durch das moder­ne System der extra­po­lie­ren­den Darstel­lung mit einer weite­ren Abnah­me der Einwoh­ner­zahl Oberko­chens zu rechnen ist. Vom Gegen­teil lassen wir uns gerne überraschen.

Unter diesem Aspekt kommt unserem Jubilä­ums Bericht 500, der ein Dokument der begin­nen­den Sturm- und Drang­zeit Oberko­chens ist, eine heimat­kund­lich sehr markan­te Bedeu­tung zu:

Wir werden über das erste Fertig­haus in Oberko­chen aus dem Jahr 1950 berichten.

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