Vor mehr als einem Jahr benach­rich­tig­te uns eine Oberko­che­ner Bürge­rin, dass sie im Bereich der Baustel­len Monte­belluna­stra­ße und Divser-Straße an der oberen Volkmars­berg­stra­ße einen Kalkstein­bro­cken gefun­den hat, in dem ein Stück Eisen steckt. Unklar sei ihr, wie der rosti­ge Eisen­bro­cken in den Kalkstein gelangt sei. Freund­li­cher­wei­se stell­te sie dem Heimat­ver­ein diesen Brocken als Geschenk zur Verfü­gung, so dass wir jetzt Näheres darüber berich­ten können.

Oberkochen

Auf den ersten Blick glaub­te man fast, dass in dem Stein das Stück einer zerfetz­ten Grana­te steckt. Aber bald stell­te sich heraus, dass das Eisen­stück absolut fest wie dort »hinein­ge­bo­ren« im Verbund mit dem Gestein sitzt.

Zu des Rätsels Lösung trug HVO-Mitglied Paul Abele, auch Mitglied der Aalener Geolo­gen­grup­pe, bei. Ihm hat der Heimat­ver­ein sämtli­che Weiß-Jura-Expona­te im Raum 1 des Heimat­mu­se­ums zu verdan­ken — er hat sie dem Museum als Dauer­leih­ga­ben zur Verfü­gung gestellt.

Es handelt sich bei dem Stein um einen Weiß-Jura-Brocken mit einem stark eisen­hal­ti­gen sogenann­ten »Eisen-Erz-Einschluss« von beacht­li­cher Größe, nämlich ca. 50 mm lang und 12 — 18 mm im Durch­mes­ser. Solche »Einschlüs­se« kommen im Weißju­ra durch­aus vor, aller­dings sehr selten in dieser enormen Größe. Paul Abele selbst hat auch schon verschie­de­ne Eisen-Erz-Einschlüs­se auf Oberko­che­ner Gemar­kung gefun­den, aber noch nie einen so großen Einschluss gesehen. Es sei wenig bekannt, dass auch im Weißen Jura, nicht nur im Braunen Jura, Eisen vorkommt. Auch Mangan komme im Weißen Jura vor.

Entste­hungs­ge­schicht­lich muss man sich Folgen­des vorstel­len:
Weiß-Jura ist, wie die anderen Jura-Schich­ten, ein Sediment-Gestein, das vor ca. 145 Millio­nen Jahren als obers­te Juraschicht am Grund des Jurameers entstan­den ist. Das Wort »Sediment« ist abgelei­tet vom lat. Word »sedere« = »sich setzen«. Die bekann­ten Sediment­schich­ten, Schwar­zer Jura (ölhal­tig), Brauner Jura (eisen­hal­tig), und Weißer Jura (kalkhal­tig) sind über Jahrmil­lio­nen entstan­den durch Ablage­run­gen von Materi­al, das von Flüssen, die in das Jurameer münde­ten, einge­schwemmt wurde. Auch Myria­den von im Wasser veren­de­ten Meeres­be­woh­nern, die später in einem chemi­schen Prozess zu Petre­fak­ten »verstei­nert« wurden, sind in die sich bilden­den Sediment­schich­ten einge­schlos­sen, — einge­bet­tet. Reißen­de, zum Beispiel durch Natur­ka­ta­stro­phen, bei Schnee­schmel­ze oder nach starken Nieder­schlä­gen Hochwas­ser führen­de Flüsse, üben auf das Gelän­de, durch das sie fließen, eine starke sogenann­te Erosi­ons­kraft aus. Das latei­ni­sche Wort »erode­re« heißt auf deutsch »heraus­na­gen, wegna­gen, wegfres­sen«. Das heißt, das Wasser nagt und frisst ruckar­tig oder sukzes­si­ve alles weg, was im Bachbett und dessen Uferbe­reich im Weg ist, und nimmt Gelän­de mit, wo schon allein durch die Fließ-Berüh­rung des Wassers mit dem Boden Reibung entsteht.

Man braucht sich also nur vorzu­stel­len, dass das gesam­te Materi­al, das Flüsse beim Schaf­fen von Tälern und tiefen Schluch­ten in jegli­che Art von Boden oder Gestein genagt und gefres­sen haben, auf dem Weg zum Meer von diesen mitge­nom­men wird. Ein inter­es­san­tes Gestein, das sich auf diese Weise gebil­det hat, ist der sogenann­te »Nagel­fl­uh«, — eine Schwemm­schicht aus Kieseln, die durch nachkom­men­des sandi­ges und toniges Materi­al zu einem beton­ähn­li­chen Konglo­me­rat zusam­men­ge­wach­sen und durch Konti­nen­tal­ver­schie­bung erneut zu Bergen angeho­ben wurde. (Nagel­fl­uh­ket­te — Hochgrat). Nagel­fl­uh besteht in der Regel aus schwe­re­rem Materi­al, das sich auf dem Weg zum Meer früher, d.h., ehe es dieses erreicht, ablagert.

Vieles, was früher Ebene oder Berg war, und heute Tal oder Schlucht ist, hat sich — sofern es auf dem langen Weg zum Meer nicht unter­wegs schon liegen geblie­ben ist — umgewan­delt in abgela­ger­ten und angeschwemm­ten Meeres­grund, der sich beson­ders deutlich von den Fluss­mün­dun­gen her (Delta) bildet. Das also passier­te bei der Bildung der Juraschich­ten mit den vom Wasser gefres­se­nen Bergen und Ebenen, die zu Tälern gewor­den sind: Alles, was die Flüsse auf dem Weg zur Mündung mitbrin­gen, und was nicht unter­wegs liegen geblie­ben ist, je nachdem: Steine, Kiesel, grober und feiner Sand, Erde, Lehm, Tone, Pflan­zen aller Art, Bäume, Äste, abgestor­be­ne Hölzer, Wurzeln, Blätter und vieles mehr — alles wird je nach Strömungs­ge­schwin­dig­keit und Strömungs­kraft des Wassers ins Meer geschwemmt und setzt sich dort am Grund ab, wenn es zur Ruhe kommt. Hinzu kommen, wie bereits erwähnt, Meeres­tie­re aller Art und aller Größen — von Sauri­ern, Fischen, über Schwäm­me, Koral­len bis zum Plank­ton, wo alles von feine­rem, einge­schwemm­ten Materi­al umgeben und in ein neu entste­hen­des Gestein »einge­bet­tet« wird. Nun ist die Frage, wie das am Fuß des Volkmars­bergs im Weißen Jura gefun­de­ne Eisen­stück in diesen weißen Jura gekom­men ist.

Das Eisen­stück muss aus einem eisen­hal­ti­gen Gestein stammen, das man Eisen­erz nennt. Das Eisen­stück muss also, auch wenn es »in situ«, das heißt am aufge­fun­de­nen Ort, letzt­lich dem Weißen Jura angehört, da es in diesen einge­schwemmt wurde, älter sein, als die Schich­ten des Weißen Jura. Mit großer Wahrschein­lich­keit stammt es aus dem ca. 10 bis 20 Millio­nen Jahre älteren eisen­hal­ti­gen Braunen Jura.
Das heißt, das aus einer älteren Schicht stammen­de Eisen­erz­stück wurde bei großer Strömungs­ge­schwin­dig­keit vom Wasser förmlich mitge­ris­sen, ins Jurameer geschwemmt und lager­te sich am Grund ab. Dann wurde es von nachfol­gen­dem feine­rem zerrie­be­nem kalkig­to­ni­gem Materi­al, zuerst schlam­mig, dann von weiter nachfol­gen­dem Materi­al umgeben. Dieses drück­te sich immer fester um das Eisen­erz. Alles verfes­tig­te sich durch den Druck der darüber entste­hen­den Schich­ten, wobei das Eisen­stück richtig­ge­hend in dieses Materi­al einge­presst wurde.

Das Eisen­stück ist äußer­lich stark korro­diert, kann aber in seinem Inneren durch­aus relativ reines Eisen sein.
Das selte­ne Fundstück kann im Raum 1 des Heimat­mu­se­ums (Erdge­schich­te) besich­tigt werden.

Dietrich Bantel

Kommen­tar zu Bericht 480 »Bettsoi­cher« erschie­nen in »Bürger und Gemein­de« vom 13. Mai 2005:
Einen in Itali­en Leben­den Oberko­chen wohl verbun­de­nen Freund mit Oberko­che­ner Frau, hat das Nachle­sen alter »BuG«-Nummern zu folgen­der Zuschrift ermuntert:

»…ich bin in einem Neben­tal der Kinzig aufge­wach­sen. Und dort hieß die Anemo­ne Bedsoi­cher. Erst als ich dann Franzö­sisch lernte, und wir auch noch franzö­sisch besetzt wurden, bekam ich mit, dass mit Pissen­lit der Löwen­zahn bezeich­net wurde, was mir gar nicht einleuch­ten wollte, da ich ja sicher zu wissen glaub­te, dass es sich hierbei um die Anemo­ne (anemo­ne sylvestris) handelte.

Ich war 2 1/2 Jahre alt, als wir in den Schwarz­wald zogen und hatte am Anfang Schwie­rig­kei­ten mit dem Dialekt. Ich hab immer mal wieder etwas nicht verstan­den. So auch, als ich das Wort Bedsoi­cher zum ersten Mal hörte. Ich hatte Proble­me mir vorzu­stel­len, wieso jemand so etwas beim Beten tun sollte.

Herzli­che Grüße aus Italien…«

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