Am 14. Septem­ber 2005 wurde von dem Oberko­che­ner Hans Betzler jun. (geb. 1924), heute in Balin­gen wohnhaft, die erste Oberko­che­ner Stiftung, die Hans Betzler Stiftung, gegrün­det. Der Stiftungs­vor­stand besteht aus drei Perso­nen. Vorsit­zen­de: Gym.-Prof. Dietrich Bantel, Stell­ver­tre­ter: Bürger­meis­ter Peter Traub und Schatz­meis­ter: Josef Rosen­ber­ger. Im Septem­ber letzten Jahres wurde sowohl im Amtsblatt als auch in der Tages­pres­se ausführ­lich über die Stiftung und ihren Zweck (Förde­rung der Heimat- und Volks­kun­de) berich­tet. Die Stiftung besteht aus einer unver­äu­ßer­ba­ren Stamm­ein­la­ge in Höhe von 60.000 Euro und einem ganzen Realrecht mit einem derzei­ti­gen Wert von ungefähr 25.000 Euro.

Namens­ge­ber für die Stiftung ist, wie bekannt, nicht der Stifter, Hans Betzler jun. (geb. 1924), sondern dessen Vater Hans Betzler sen.(1887 — 1938) den Hans Betzler jun. durch die Stiftung würdi­gen möchte.

Vater Hans Betzler sen. war seit 1921 verhei­ra­tet mit Klara Betzler geb. Monin­ger (1892 — 1954) aus Itzlingen/Bopfingen. Der Ehe entstammt Hans Betzler jun. geb. 1924.

Den Alt-Oberko­che­nern ist Hans Betzler sen., genau Johann Paul Betzler, sehr wohl unter seinem Hausna­men »Grünbaum­wirt« (Greeabaum­wirt) bekannt.
Der »Grüne Baum« war eine Wirtschaft mit Metzge­rei in der damals noch so genann­ten »Lang Gass«, die im Dritten Reich in »Heiden­hei­mer Straße« umbenannt wurde — Richtung Königs­bronn links in dem Gebäu­de Heiden­hei­mer­stra­ße 31, in welchem sich heute in der zweiten Genera­ti­on die Metzge­rei Lerch befin­det (zuvor Metzge­rei Zimmermann).

Von Hans Betzler sen. liegt uns der »Militär­paß« vor. Hans Betzler wurde am 12. Oktober 1907 durch »Aushe­bung« dem Grena­dier-Regiment Königin Olga (1. Württ.) Nr. 119, 11. Kompa­nie zugeord­net.
Ferner liegt uns das »Steuer­büch­lein» des Hans Betzler vor. Es beginnt 1920/21 und läuft über die Infla­ti­ons­zeit bis 1933. 1923 kassier­te der Oberko­che­ner Gemein­de­rech­ner Gold u.a. 7.488.000.000,- Mark Gemein­de­ka­pi­tal­steu­er und 2.000.000,- Mark Hundesteuer.

Die Betzlers sind die bislang ältes­te bekann­te Oberko­che­ner Familie. Kuno Gold berich­tet im Heimat­buch auf Seite 350, dass der ältes­te nachweis­ba­re Bezler, Jörg Bezler (1567 — 1665 — damals noch ohne »tz«) im Jahr 1600 eine der ellwan­gi­schen (also katho­li­schen) Wirtschaf­ten in Oberko­chen, das »Lamm«, übernom­men hat.

Der Grund, weshalb es so wenige Oberko­che­ner Famili­en gibt, deren Existenz über den 30-jähri­gen Krieg (1618 — 1648) hinaus nachge­wie­sen werden kann, liegt darin, dass im 30-jähri­gen Krieg in Oberko­chen, wie in allen Orten Süddeutsch­lands, die Kirchen­bü­cher durch Feuer oder auf andere Weise verlo­ren gingen.
Erst 1656 und 1658 wurde in beiden Oberko­che­ner Pfarrei­en wieder begon­nen, das Tauf‑, das Ehe- und das Sterbe­re­gis­ter zu führen.

Jörg Bezlers Sohn Johann Caspar wurde 1601 geboren. Er starb 1687 im Alter von 86 Jahren. Sein Grabstein existiert bis auf den heuti­gen Tag; er wurde anläss­lich der Auflö­sung des katho­li­schen Fried­hofs vor über 100 Jahren erhal­ten und in die Kirchen­mau­er am Mühlber­ge­le eingelassen.

Der Text im Grabstein lautet: »ANNO 1687 DEN 31 MAI STARB HER JOHAN BEZLER WIRT UND GAST«. Nach dem Wort »GAST« bricht der Text mitten in der Zeile und mitten im Textblock ab. Ob das Absicht ist, oder ob der Stein nicht fertig gewor­den ist — man wird nie Klarheit darüber haben. Jeden­falls kann das abrup­te Abbre­chen des Textes auch symbo­lisch für das abrup­te Abbre­chen eines Lebens stehen. Natür­lich ist es auch möglich, dass die durch­aus witzi­ge Formu­lie­rung »WIRT UND GAST« auf diese Weise noch wirkungs­vol­ler gemacht werden sollte: Auf einen Grabstein schrei­ben zu lassen, dass der verstor­be­ne Wirt gleich­zei­tig sein eigener Gast war, ist wahrlich nicht alltäglich.

Eben dieser ausge­fal­le­ne Grabstein war der Uranlass dafür, dass Hans Betzler jr. eine Stiftung für heimat­kund­li­che Forschung aus der Taufe hob. Der Stein hatte, nachdem er, zusam­men mit zwei weite­ren sehr schönen Grabstei­nen von Bürger­meis­ter Bosch gegen Ende seiner Amtszeit gerich­tet worden war, im Jahr 2004 starken Schaden gelit­ten — ein Stück des Grabsteins war ausge­bro­chen; die eiser­nen Halte­rungs­bol­zen hatten es durch Korro­si­on heraus­ge­sprengt. Um dies zu verhin­dern, hatte man, derlei eiser­ne Veran­ke­rungs­bol­zen im Mittel­al­ter in flüssi­ges Blei getaucht.

Das war hier vor gut 100 Jahren versäumt worden. Ich hatte Herrn Betzler auf seine Bitte hin verspro­chen, mich als Vorsit­zen­der des Heimat­ver­eins um diesen denkwür­di­gen Stein zu kümmern. 2005 ließ die Katho­li­sche Kirchen­ge­mein­de ihn und die anderen histo­ri­schen Grabstei­ne wieder herrich­ten; Hans Betzler betei­lig­te sich an den Kosten. Seinen Dank dem Heimat­ver­ein gegen­über statte­te er durch eine Geldspen­de und dadurch ab, dass er Mitglied im Heimat­ver­ein wurde. Wenig später gründe­te er die Hans Betzler Stiftung.

Oberkochen
Oberkochen
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Die Berufs­tra­di­ti­on »Metzger« reicht bei der Hans Betzler Familie zurück bis 1731.
Hier taucht auch die alte Frage nach der Schrei­bung »Bezler«, nur mit »z, und »Betzler« mit »tz« wieder auf. (Bericht 476 v. 24. März und Bericht 477 vom 15. April 2005).
Überra­schen­der­wei­se geht aus dem Betzler’schen Stamm­baum hervor, dass spezi­ell die Familie unseres Hans Betzler (mit »t«) sich zunächst ohne »t« und erst ab Franzis­kus Jakobus Betzler, geboren 1731, mit »tz« schreibt.

1676 ist anläss­lich des Todes seiner Frau Maria Agatha auf dem rechten der drei Grabstei­ne am Mühlber­ge­le ein mit großer Wahrschein­lich­keit anderer Johan Betzler, also nicht der »Wirt-und-Gast-Betzler«, erwähnt. Dieser Johan Betzler ist mit »tz« geschrie­ben und somit der erste bekann­te mit »tz« geschrie­be­nen Betzler. An dieser Stelle muss aller­dings erwähnt werden, dass aus dieser Tatsa­che keines­falls der endgül­ti­ge Schluss gezogen werden kann, dass die Schreib­wei­sen verbind­lich sind. So sehr genau hat man das früher, wie man aus dem Hans Betzler’schen Stamm­baum erkennt, mit den Namen­s­chrei­bun­gen nicht genommen.

Kuno Gold hat im Heimat­buch alle Oberko­che­ner Famili­en bis 1900 erfasst.
Seltsa­mer­wei­se taucht bei ihm der Name Betzler, mit »tz« geschrie­ben, überhaupt nicht auf. Dies irritiert umso mehr, als ich im Anschluss an die Berich­te 476 und 477 hin von Angeli­ka Größl die Ahnen­ta­fel ihres Großva­ters erhielt, aus der bereits hervor­ging, dass auch eine andere mit »tz« geschrie­be­ne Betzler-Linie zumin­dest bis 1791 zurückreicht.

Herr Betzler hat uns einige inter­es­san­te Fotos vom »Grünen Baum« in der Heiden­hei­mer Straße zur Verfü­gung gestellt.
Unser Foto vom Gebäu­de Betzler in der ehema­li­gen Langgass trägt die Aufschrift »Gasthaus z. grünen Baum & Metzge­rei v. Hans Bezler«.
Es wurde am 25. Mai 1930 aufge­nom­men anläss­lich des Besuchs des Motor­rad­clubs »Benzin-Club Rohracker b. Stutt­gart« im »Grünen Baum«. Hans Betzler sen. selbst, der »Greeabaum­wirt«, steht vor dem ersten geöff­ne­ten Fenster rechts des Eingangs. Mit dem Vergrö­ße­rungs­glas sind auf der brillant schar­fen Auf¬nahme zwei nette Details zu erken­nen. Direkt über der Tür ist ein email­lier­tes Schild befes­tigt, auf dem zu lesen ist: »Braue­rei Neff, Heiden­heim«. Hans Bezler hatte den »Grünen Baum« von seinem Freund Neff gekauft — somit war das Neff-Bier quasi freund­schaft­lich beding­tes »Vertrags­bier«. Das werden die zahlrei­chen Oberko­che­ner Bierbrau­er nicht so gerne gesehen haben. Ferner ist unter dem Ende des Worts »grünen« das Abzei­chen des Schwä­bi­schen Albver­eins zu erken­nen, dessen Vereins­lo­kal der »Grüne Baum« war. Darüber hinaus war der »Grüne Baum« auch das Stamm­lo­kal des katho­li­schen Arbei­ter­ver­eins — in der Wirtschaft hing ein Bild vom Hl. Josef.

Oberkochen

In unserem nächs­ten Bericht lesen Sie am 27. Januar über Hans Betzler jr., Oberko­chen / Balin­gen, den Stifter der nach dessen Vater benann­ten Hans Betzler Stiftung.

Dietrich Bantel

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