Am Donners­tag letzter Woche hielt Dr. Hans-Joachim Bayer/Kohlberg, der vor 30 Jahren sein Abitur am Gymna­si­um Oberko­chen geschrie­ben hat, im Rahmen der Vortrags­rei­he des Heimat­ver­eins Oberko­chen einen Vortrag zur geolo­gi­schen Geschich­te und Zukunft des Kocher-Brenz-Tals. Mit über 80 inter­es­sier­ten Zuhörern von diesseits und jenseits der Wasser­schei­de war das Fassungs­ver­mö­gen des Saals im »Schil­ler­haus« fast überfordert.

Die Kocher-Brenz-Achse ist das einzi­ge Tal, das genau in Nord-Süd-Richtung die Schwä­bi­sche Alb durch­schnei­det. Es ist vor ca. 40 Mill. Jahren entstan­den, entlang einer Bruch­li­nie im tiefen Unter­grund, im Kristal­lin. Zusam­men mit der Alpen­fal­tung hatte sich im Süden ein Rücktief, die heuti­ge Po-Ebene, und im Norden ein Vortief heraus­ge­bil­det, das vom Molas­se­meer gefüllt wurde. Gleich­zei­tig wurde das noch weiter nördli­che plateau­ar­ti­ge Schich­ten­pa­ket gekippt, »gepul­tet«. Daraus ist unser süddeut­sches Schicht­stu­fen­land entstan­den. Die von der Alb kommen­den Flüsse, so auch die Brenz, münde­ten in das Molassemeer.

Die Urbrenz entsprang damals viel weiter im Norden. Bei Schwä­bisch Hall, Rems, Lein, Roth u. a. waren ihre Neben­flüs­se. Die Jagst entwäs­ser­te zunächst über das heuti­ge Ries nach Süden. Durch den Meteo­ri­ten­ein­schlag vor 14,8 Mill. Jahren wurde ihr durch Auswurf­mas­sen der Weg versperrt, und sie wurde ebenfalls der Urbrenz tribut­är. Im Quartär, nament­lich in den Zwischen­eis­zei­ten, entwi­ckel­te sich in Deutsch­land eine Entwäs­se­rung zur Nordsee hin. Im Süden war das Molas­se­meer verschwun­den; die Donau brach­te das Fluss­was­ser zum Schwar­zen Meer. Wegen des viel kürze­ren Weges zum Meer entwi­ckel­ten die nordwärts ziehen­den Flüsse eine stärke­re Erosi­ons­kraft. Sie dehnten ihr Einzugs­ge­biet immer weitet nach Süden aus. So wurde auch die Brenz immer weiter nach Süden abgedrängt.

Oberkochen

Die Faltung und Hebung der Alpen dauert an, Triest rückt uns jährlich um einige cm näher; genau­so geht die Kippung der Schicht­stu­fen­schol­le weiter. Urbrenz­schot­ter finden wir (bei Zahnberg, Ochsen­berg) in 620 m Höhe ü. NN. Die Brenz fließt heute 200 m tiefer. Zur Zeit der Ablage­rung lag das Ablage­rungs­ge­biet (samt Brenz) tiefer. Anhebung und gleich­zei­ti­ges Eingra­ben der Brenz schufen die heuti­ge Situation.

Bereits in der Kreide­zeit begann die Verkar­s­tung des Kalkge­bir­ges. Kalk ist an und für sich wasser­un­lös­lich und wasser­un­durch­läs­sig. Durch Einwir­kung von Kohlen­stoff­di­oxid aus der Luft entsteht aber Calci­um­hy­dro­gen­car­bo­nat, das wasser­lös­lich ist. So kommt es zu Spalten und Höhlen im Kalk, durch die das Wasser fließen kann. Durch die Verwit­te­rung wird aus Kalk Lehm, der vom Wasser leicht fortge­spült werden kann. Die Lehmschich­ten können (bei Ebnat) 40 m, ja bis 80 m Mächtig­keit erreichen.

Durch Verkar­s­tung und Verbie­gung der Schich­ten sind in unserem Gebiet zahlrei­che »Wannen« entstan­den. Die größte ist die Ebnater Karst­wan­ne, die keine oberfläch­li­che Entwäs­se­rung hat.

Regen­was­ser versi­ckert im Unter­grund und kommt im »Pfeffer-Ursprung« in Königs­bronn zum Vorschein; das Wasser fließt also unter­ir­disch an Oberko­chen vorbei! — Andere Wannen befin­den sich in Unter­ko­chen und Königs­bronn. Oberko­chen liegt dagegen auf einer Barre dazwi­schen. Von der Oberko­che­ner Gemar­kung befin­det sich der Nordteil am Rande der Unter­ko­che­ner Wanne und wird dorthin entwäs­sert, der Westteil nach Essin­gen und der Südteil noch (zumin­dest teilwei­se) zur Brenz in Königs­bronn. Beden­ken wir noch, dass im Kocher­tal nördlich des Ortes ein Wasser­schutz­ge­biet der Stadt Aalen liegt, dann können wir mit Fug und Recht behaup­ten, dass ein Großteil des Nieder­schlags, der in unserem Gebiet fällt, angren­zen­den Gemein­den zu Gute kommt!

Aber traut dem Kocher nicht! Im Laufe der letzten 40 Jahre hat er seinen Quell­aus­tritt ca. 8 m Richtung Königs­bronn verlegt; das Tiefen­tal entwäs­sert oberfläch­lich zum Kocher, in der Tiefe noch zur Brenz. Der Wasser­ab­fluss kann sogar von Schicht zu Schicht wechseln. So ließ sich nachwei­sen, dass bereits Tiefen­was­ser bis aus der Gegend von Bartho­lo­mä in den Kocher gelangt. Der Kampf um die Wasser­schei­de geht weiter, in ca. 15000 J. hat er vielleicht den Brenz­topf erreicht, mögli­cher­wei­se noch etwas früher wird er den Pfeffer-Zufluss von der Ebnater Wanne anzap­fen. In den Lehmschich­ten verbor­ge­ne (nachge­wie­se­ne!) Kalkpfei­ler werden dann heraus­prä­pa­riert werden und die Ebnater Wanne dem Steiner­nen Meer an der Wental­gast­stät­te vergleich­bar machen!

Herzli­cher Applaus dankte Dr. Bayer für seine Ausfüh­run­gen.
Dr. Bayer ist als Geolo­ge in der Privat­wirt­schaft tätig und beschäf­tigt sich vor allem mit Geräten zur unter­ir­di­schen Aufklä­rung geolo­gi­scher Struk­tu­ren und Anomalien.

Horst Riegel

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte