Richten wir unseren Blick heute einmal gen Aalen, denn dort wurde Ende Juni 1867 das
SCHWÄBISCHE LANDESTURNFEST
gefei­ert. Deshalb mussten für Turner aus nahezu allen württem­ber­gi­schen Städten in Aalen Quartie­re beschafft werden. Dazu wurden im Voraus in der Zeitung die Teilneh­mer nament­lich genannt und die Aalener Bürger dazu angehal­ten, sich einzel­ne Gäste zu »angeln« und unter­zu­brin­gen. Sich betei­li­gen­de Turner aus Oberko­chen sind in den Namens­lis­ten nicht zu finden. Sie konnten mit der neuen Eisen­bahn nach Aalen und wieder zurück­fah­ren, — und dies an drei Tagen, denn so lange dauer­te das Fest. Leider veröf­fent­lich­te die Zeitung keine Ergeb­nis­lis­ten, so kann nur speku­liert werden, dass der eine oder andere Oberko­che­ner Turner erfolg­reich war, sei es bei Ringkämp­fen, Stein­sto­ßen, Hinder­nis­lauf über »eine Distanz von 600 Schuh (ca. 170 m) mit drei Hinder­nis­sen von je 2 ½ Schuh«.
Schau­en wir uns nun nach Zeitungs­mel­dun­gen aus Oberko­chen im Jahr 1868 um.

PFARRER FRANZ BREITENBACH
Nach dem Tod von Pfarrer Carl Wilhelm Desal­ler betreu­te zunächst der Unter­ko­che­ner Kaplan Fischer die Oberko­che­ner katho­li­sche Gemein­de. Im Oktober 1867 zog jedoch Pfarrer Franz Breiten­bach als Desal­lers Nachfol­ger in Oberko­chen auf. Die Freude darüber, nun wieder einen eigenen Pfarrer zu haben, war in Oberko­chen so groß, dass Gemein­de­rat und einige Gemein­de­glie­der den Neuan­kömm­ling schon in Aalen am Bahnhof begrüß­ten, wobei ihm die spezi­el­le konfes­sio­nel­le Situa­ti­on Oberko­chens sofort bewusst wurde, denn zum Empfang hatten sich auch der evange­li­sche Pfarrer Wilhelm Fried­rich Dürr und als Vertre­ter der evange­li­schen Gemein­de Revier­förs­ter Knorr in Aalen einge­fun­den. In Oberko­chen gab es dann trotz strömen­den Regens einen »großen Bahnhof« mit viel Volk, das den »Neuen« mit Kreuz und Fahnen zur Kirche gelei­te­te, wo andern­tags die Inves­ti­tur durch Dekan Kollmann von Unter­ko­chen stattfand.

Die erste Erwäh­nung in der Zeitung fand Pfarrer Breiten­bach kurz nach seinem Aufzug durch eine Anzei­ge, durch die er »ein ganz gutes, leimri­ges Weinfass verkau­fen« will. Vermut­lich war ihm schon bald bewusst gewor­den, dass im Gegen­satz zu seinem bishe­ri­gen Pfarr­ort Stock­heim bei Neckar­sulm in Oberko­chen kein guter Wein zu erwar­ten war und er auf ein Weinfass verzich­ten konnte.

ZWEI WAHLEN
Im Juli 1867 hatten Nord- und Süddeut­sche Staaten zur Besei­ti­gung inner­deut­scher Zollgren­zen einen gemein­sa­men Zollver­band gegrün­det, dem ein Zollpar­la­ment als obers­tes Gremi­um dienen sollte. Nun waren im Frühjahr 1868 Wahlen zum Deutschen Zollpar­la­ment anberaumt, wobei der Wahlkreis nicht nur das Oberamt Aalen umfass­te, sondern dazu noch die Oberäm­ter Ellwan­gen, Neres­heim und Gaildorf. Doch die Wahl schlug — wenigs­tens in Oberko­chen — keine allzu großen Wellen, obwohl als Kandi­dat der Aalener evange­li­sche Abgeord­ne­te Moriz Mohl antrat und dessen Gegner der von katho­li­schen Kreisen in Ellwan­gen favori­sier­te Albert Graf von Rechberg war. Am 24. März 1868 mussten die Oberko­che­ner Wahlmän­ner sich wieder einmal nach Unter­ko­chen zur Wahl begeben, die im Wahlbe­zirk Unterkochen/Oberkochen mit 205:34 Stimmen eindeu­tig für Mohl ausfiel und auch dazu beitrug, dass Mohl im Wahlkreis mit 68% Stimmen­an­teil seinen Konkur­ren­ten mit 23 % der Stimmen weit hinter sich ließ.

Wesent­lich mehr Aufmerk­sam­keit erfuhr am 8. Juli 1868 die Wahl zur Stutt­gar­ter Abgeord­ne­ten­kam­mer, bei der nach nahezu 20 Jahren der inzwi­schen 66-jähri­ge Moriz Mohl wieder kandi­dier­te. Hatte bei der stark konfes­sio­nell gepräg­ten Wahl im Jahr 1862 Mohl in Oberko­chen »als für Katho­li­ken unwähl­bar« gegol­ten, hatte sich nun das politi­sche Klima zuguns­ten Mohls geändert, zumal sein Gegen­kan­di­dat, der Essin­ger Schult­heiß Bäuerle, im Wahlkampf sehr zurück­hal­tend agier­te. Mohl dagegen führte einen inten­si­ven Wahlkampf und besuch­te 17 Gemein­den des Wahlkrei­ses, so auch Oberko­chen am 4. Juli 1868. Nachdem Mohl am Vormit­tag in Unter­ko­chen für sich gewor­ben hatte, waren auf 2 Uhr nachmit­tags die Oberko­che­ner Wähler in den »Hirsch« einge­la­den. Dort erklär­te er seine politi­schen Ziele und »ließ keinen Zweifel an seiner Gegner­schaft zu einem von Preußen geführ­ten deutschen Staat« (der zwar 1871 dennoch ausge­ru­fen wurde) und versprach im Falle seiner Wahl sich »nach Kräften für die Unabhän­gig­keit der süddeut­schen Staaten und deren wirtschaft­li­che Inter­es­sen« einset­zen zu wollen.

Offen­sicht­lich war Mohls Argumen­ta­ti­on bei den Unter- und Oberko­che­ner Wahlmän­nern gut angekom­men, denn im Wachbe­zirk Unterkochen/Oberkochen stimm­ten 295 Wähler für Mohl, während sein Gegen­kan­di­dat aus Essin­gen keine einzi­ge Stimme erhielt. Obwohl z.B. in Aalen ein Wähler »Bismarck« auf seinen Wahlzet­tel geschrie­ben hatte, konnte Moriz Mohl im Wahlkreis Aalen einen deutli­chen Sieg mit 85% der Stimmen einfah­ren, während der Essin­ger Schult­heiß nur 14 % Stimm­an­teil für sich verbu­chen konnte.

FEUERWEHR ERWÜNSCHT
»Hier in Oberko­chen ist der schon lang geheg­te Gedan­ke, eine Feuer­wehr zu organi­sie­ren, durch diesen Unglücks­fall neu angeregt worden, und es steht zu hoffen, dass er bald ins Leben tritt«, — dies war am 22. Juli 1868 die Folge­rung aus einem Bericht über ein Schaden­feu­er in Oberko­chen, wobei mit »Feuer­wehr« an eine freiwil­li­ge Wehr gedacht war.

Mitten in der Ernte­zeit war Oberko­chen aufge­schreckt worden. Nicht das übliche Mittags­läu­ten um 12 Uhr war es, sondern die Sturm- und Brand­glo­cke verkün­de­te: »Es brennt, es brennt«: Ein erst im Jahr zuvor renovier­tes Bauern­haus samt Scheu­er stand in hellen Flammen. Glück­li­cher­wei­se war es Windstill, so dass Nachbar­ge­bäu­de nicht in Gefahr waren. Nun setzten die Lösch­ar­bei­ten ein: »Die hiesi­ge, zahlreich vertre­te­ne Mannschaft wurde des Feuers bald mächtig, insbe­son­de­re als mit den Nachmit­tags­ei­sen­bahn­zü­gen die Feuer­weh­ren aus Aalen und Königs­bronn einge­trof­fen waren. Da nun »die Vorzü­ge einer solchen Insti­tu­ti­on« (gemeint ist eine freiwil­li­ge Feuer­wehr) sicht­lich zu Tage getre­ten sind«, war dies für den Bericht­erstat­ter der Anknüp­fungs­punkt zum eingangs zitier­ten Gedan­ken, auch in Oberko­chen das Feuer­wehr­we­sen neu zu ordnen.

Oberkochen

Warum aber genüg­te nicht die im Bericht erwähn­te »hiesi­ge Mannschaft«, die ja — offen­sicht­lich im Gegen­satz zu sonsti­gen Gelegen­hei­ten — »zahlreich am Brand­platz vertre­ten war«? Nun, in Oberko­chen waren alle Männer zwischen 17 und 45 Jahren per Gesetz zum Feuer­wehr­dienst verpflich­tet, — und dies waren zeitwei­se bis zu 180 Mann. Aber gerade darin verbarg sich ein Pferde­fuß. Ein alter Bericht sagt: »Bei den Übungen fehlten oft bis zu zwei Drittel der Leute, und bei Einsät­zen dauer­te es immer gerau­me Zeit, bis die Leute beiein­an­der waren als Steiger, Schlauch­le­ger und Bedie­ner der Sprit­zen samt den »Steck­bu­ben«, die Wach- und Absperr­diens­te zu verse­hen hatten. Oft war es schwie­rig, die Leute zum Pumpen etwa am entfern­ten Kocher zu bewegen, denn alles schar­te sich um das Feuer«. Also war der Wunsch nach einer kleine­ren, gut organi­sier­ten, einsatz­freu­di­gen freiwil­li­gen Feuer­wehr verständ­lich, der aller­dings für Oberko­chen erst 1929 in Erfül­lung ging. (Weite­re Einzel­hei­ten siehe Bericht 112/1990 BuG Seite 543.)

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte