Lars Schnei­der, Heimat­ver­eins­mit­glied, beschäf­tigt beim Postamt Oberko­chen, befin­det sich seit einem Viertel­jahr im Feldpost­ein­satz im 6000 km entfern­ten Kabul in Afgha­ni­stan.
Von dort erreich­ten uns zwei lesens­wer­te Briefe in die Heimat, die wir mit Zustim­mung des Verfas­sers auszugs­wei­se veröffentlichen.

Oberkochen

Kabul, 12.05.2005 von meinem Feldpost­ein­satz in Kabul. Das Foto (unten) zeigt meinen Arbeits­platz im Feldpost­amt. Die Arbeit macht trotz Dreck und Staub viel Spaß. Ansons­ten geht es hier eher südlän­disch zu. Also gemüt­lich gelas­sen. Bei Tempe­ra­tu­ren von 30° — 40° muss man auch gemüt­lich arbeiten.

Oberkochen

Wir haben Kontakt zu den verschie­dens­ten Natio­nen: Spani­en, Bulga­ri­en, Schwe­den, Norwe­gen, Finnland, Türkei, Mazedo­ni­en, Irland, Schweiz, Oster­reich, Ungarn, Slowa­kei, Estland… Das Camp ist also bunt gemischt.

Das Land selber ist sehr reizvoll. Wir sind hier von schnee­be­deck­ten Bergen umgeben. (Foto 1). Jedoch sind Fahrten in die ca. 20 km entfern­te Haupt­stadt Kabul sehr abenteu­er­lich, da es keiner­lei Beschil­de­rung oder sonsti­ge Verkehrs­re­ge­lung gibt. Die Straßen sind mit riesi­gen Schlag­lö­chern fast unbefahrbar.

Die Bevöl­ke­rung ist trotz ihrer großen Armut sehr freund­lich zu uns. Das Foto habe ich hier gleich gegen­über vom Feldpost­amt entwi­ckeln lassen. Der nette afgha­ni­sche Fotograph wurde von mir kurzer­hand »Herr Stelzen­mül­ler« getauft. Des Weite­ren gibt es hier eine Wäsche­rei für unsere Wäsche. Die natür­lich bei mir Wäsche­rei Lebzel­ter heißt. So mach ich mir einen Spaß daraus, das Lager teilwei­se zu oberkochenisieren.

Einen Lokal-Markt haben wir auch. Das ist ein Markt, wo die Afgha­nen diver­se Souve­nirs verkau­fen dürfen. Im Lager arbei­ten auch ca. 400 Afgha­nen als Bauar­bei­ter, Schrei­ner, Müllmän­ner oder Küchen­hil­fen und Reinigungskräfte.

Mein einzi­ger Kontakt aus dem Lager heraus war ein Besuch im zivilen Postamt in Kabul. Dort musste ich fehlge­lei­te­te Post *) für unser Camp Warehouse abholen. Das war schon sehr abenteu­er­lich. Schon der Fahrt wegen. Die afgha­ni­schen Postbe­am­ten arbei­ten noch wie wir vor 30 Jahren. Aber es gibt keine Brief­trä­ger in Afgha­ni­stan. Wer Post hat, wird telefo­nisch benach­rich­tigt. Denn trotz aller Primi­ti­vi­tät hat hier fast jeder ein Handy.**)

Im voll klima­ti­sier­ten Unter­kunfts­con­tai­ner sind wir zu viert unter­ge­bracht. Und mit Baden-Württem­berg-Flagge und Famili­en-Bildern überm Bett kann man sich ein wenig heimat­lich fühlen. Die Kanti­ne ist zwar nicht so gut, es gibt aber auch mehre­re Betreu­ungs­ein­rich­tun­gen, die gutes und günsti­ges Essen anbie­ten. Und so denke ich, werde ich die vier Monate Einsatz gut überste­hen. Viele Grüße aus Kabul Camp Warehouse.
Euer Postil­li­on Lars Schneider

Kabul, 07.07.2005 *) Diese Abhol­ak­ti­on der Irrläu­fer, nur mit gepan­zer­ten Fahrzeu­gen, ist aber immer sehr aufwän­dig und auch gefähr­lich. Zahlrei­che Sicher­heits­maß­nah­men sind zu beach­ten. Die Post wird von Spreng­stoff­hun­den unter­sucht. (Foto 3) Auch wir sind schwer­be­waff­net mit Gewehr, Split­ter­schutz­wes­te und Helm.… Ich lege noch Bilder vom Postamt Kabul bei, die »Mohamed Stelzen­mül­ler« ja nicht perfekt, aber doch ansehn­lich entwi­ckelt hat.

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.… Übrigens: »BuG« bekom­me ich regel­mä­ßig hierher geschickt. Bin also gut infor­miert über Oberko­chen.… ”) …denn trotz E‑Mail und Handy-Zeital­ter isch halt a Brief­le, a Kärtle oder a Päckle mit ara Schwarz­wuscht an ama Natthei­meer Bierle was ganz Persön­li­ches — was zum Anfas­sa oder Drari­echa…
Lars Schnei­der (Stabs­ge­frei­ter)

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