Am 26. Juli 2004 hat der Gemein­de­rat den Erwerb des gesam­ten Scheerer’schen Mühlen­are­als beschlos­sen. Eine der Voraus­set­zun­gen hierfür war, dass die Stadt den Stadt­rä­ten eine hieb und stich­fes­te Bestands­auf­nah­me vorleg­te. Ein Teil dieser umfas­sen­den Unter­su­chun­gen aller Gebäu­de war die techni­sche Bestands­auf­nah­me der Mühle samt Wasseranlagen.

Mit der Aufga­be der Bestands­auf­nah­me der techni­schen Mühlen­ein­rich­tung hatte das Landes­denk­mal­amt Wolfgang Schnerr, Technik­his­to­ri­ker und Geograph, beauf­tragt. Herr Schnerr hatte dem Gemein­de­rat bereits am 16. Juni 2004 in einer öffent­li­chen Sitzung einen ausführ­li­chen Licht­bil­der­vor­trag zu diesem Thema gehalten.

Mittler­wei­le sind die Ergeb­nis­se seiner gesam­ten Unter­su­chun­gen in einer umfang­rei­chen Text und Bilddo­ku­men­ta­ti­on erschie­nen, die von jeder­mann zum Preis von 160 Euro käuflich zu erwer­ben ist (Text, ca. 50 Fotos in A4 Format und Pläne, erhält­lich bei Wolfgang Schnerr, Wissen­schafts und Technik­his­to­ri­ker, Geograph, Lenge­feld­weg 18, 70499 Stutt­gart, Tel. 0711 2578985).

Der Heimat­ver­ein hat dieses kostba­re Werk erwor­ben und von Herrn Schnerr die Erlaub­nis erhal­ten, in seiner heimat­kund­li­chen Bericht­erstat­tung im Amtsblatt der Stadt Oberko­chen unter Vereins­nach­rich­ten sowohl Texte als auch Fotos zu veröffentlichen.

Wir begin­nen heute mit der Einlei­tung zum Gesamt­werk und dem Bericht zum Mühlen­auf­zug. Viele Oberko­che­ner Bürger erinnern sich an diesen Aufzug und von nicht wenigen habe ich gehört, dass sie als Kinder mit diesem Aufzug sogar »nach oben« hatten fahren dürfen.

Dietrich Bantel

1) Einlei­tung
Seit mehr als 600 Jahren ist die Geschich­te Oberko­chens eng verbun­den mit der Unteren Mühle (heute als Schee­rer­müh­le bezeich­net). Als einzi­ge der ehemals vier Mühlen überlie­fert, weist das statt­li­che, ortsbild­prä­gen­de Mühlen­ge­bäu­de mit seiner vollstän­dig erhal­te­nen techni­schen Ausstat­tung auf die ehedem heraus­ra­gen­de wirtschaft­li­che Bedeu­tung der Landwirt­schaft in einer heute von Indus­trie und Gewer­be gepräg­ten Gemein­de (Abb. I/S. 39).

1978 wurde die Schee­rer­müh­le in Oberko­chen in die Liste der Kultur­denk­ma­le Baden Württem­bergs aufge­nom­men. Das eigent­li­che Mühlen­ge­bäu­de (mit techni­scher Ausstat­tung), ist zentra­ler Bestand­teil einer Sachge­samt­heit, die darüber hinaus Wasser­bau, Viehstall­ge­bäu­de, Scheu­er und Garten umfasst.

Im Hinblick auf die anste­hen­den Planun­gen betreffs Erhalts und ggf. Nutzung des Mühlen­ge­bäu­des erwies es sich als unbedingt notwen­dig, den überlie­fer­ten Bestand an Technik zu erfas­sen, zu bewer­ten sowie erste Hinwei­se zu Erhalt und sachge­rech­tem Umgang damit zu geben. Zu diesem Zweck wurde vom Landes­denk­mal­amt Baden Württem­berg nachfol­gen­de Dokumen­ta­ti­on in Auftrag gegeben.

Erfasst wird hier neben der techni­schen Ausstat­tung des Mühlen­ge­bäu­des auch der für den Betrieb einer Wasser­müh­le unerläss­li­che Wasser­bau. Dies erweist sich als unbedingt notwen­dig, da letzte­rer offen­sicht­lich die Ursache für zwei Wasser­ein­brü­che im Gebäu­de darstellt, die Schäden sowohl an der Bausub­stanz als auch an der techni­schen Ausstat­tung zur Folge haben. Des weite­ren aufgrund von Oberle­gun­gen, die 1977 vom letzten Besit­zer, Hans Schee­rer, einge­bau­te Wasser­tur­bi­ne wieder in Betrieb zu nehmen. Auf die Gebäu­de­sub­stanz wird nur in soweit einge­gan­gen, wie dies zum Verständ­nis bzw. zum Erhalt der techni­schen Ausstat­tung unbedingt notwen­dig ist.

’) Landes­denk­mal­amt Baden Württem­berg: Liste der unbeweg­li­chen Bau und Kunst­denk­ma­le, erstellt im Septem­ber 1978, Stand 23.7 2001. Die Kultur­denk­mal­lis­te von 1978 erfasst ledig­lich die Mühle samt Einrich­tung sowie die Mühlscheu­er als Einzel­denk­ma­le; die Bildung der Sachge­samt­heit erfolg­te 1998.

8.4 Der Mühlenaufzug

Zum Trans­port größe­rer, nicht loser Objek­te wie Säcke, Werkzeu­ge, Hilfs­mit­tel, Maschi­nen und Ausrüs­tungs­tei­le über mehre­re Stock­wer­ke fanden häufig mecha­ni­sche Mühlen­auf­zü­ge Verwen­dung. Ihre Konstruk­ti­on ist einfach, damit wartungs­arm, wenngleich im Betrieb nicht ungefährlich.

Oberkochen
Oberkochen

Konstruk­ti­on: Über alle Etagen durch­ge­führ­ter abgetrenn­ter Schacht, darin L‑förmiger, hölzer­ner Aufzugs­stuhl mit ge- und angenie­te­tem Eisen­bü­gel zur Befes­ti­gung des Gewebe­gur­tes; Führung beidsei­tig in hölzer­ner Laufnut. Antrieb über Antriebs­ma­schi­ne (im 2. Dachge­schoss, DG 2;) durch 2 Reibrä­der mit Gurtwel­le. Steue­rung über durch­lau­fen­des Steuer­seil auf gewichts­be­las­te­ten Hebel dort. Der Antrieb der Aufzugs­ma­schi­ne erfolg­te ursprüng­lich über eine Trans­mis­si­on, später mittels nachge­rüs­te­ten Elektromotors.

Zustand: Aufzugs­stuhl und Schacht sind äußer­lich ohne Befund. Der Gewebe­gurt ist aufgrund eines (mittler­wei­le behobe­nen) Wasser­ein­tritts im Dachfirst durch­ge­fault und anschlie­ßend geris­sen. Das Steuer­seil fehlt, die zugehö­ri­gen Umlenk­rol­len sind vorhan­den. Die Aufzugs­ma­schi­ne ist ohne Befund und funktionsfähig.

Maßnah­men: Der Aufzugs­stuhl ist von den dort abgestell­ten Objek­ten zu befrei­en und sorgsam auf Schäden zu unter­su­chen. Das Steuer­seil sollte wieder angebracht werden. Aufzug und Aufzugs­ma­schi­ne sind zu reini­gen. Dies kann durch Laien erfolgen.

Für eine Wieder­in­be­trieb­nah­me die aus Sicher­heits­grün­den wohl auf Materi­al­trans­port beschränkt werden muss ist ein neuer Gurt zu beschaf­fen, die Aufzugs­ma­schi­ne gründ­lich zu visitie­ren, wobei größtes Augen­merk auf die siche­re Funkti­on der beiden Reibrä­der, der Befes­ti­gung des Gurtes sowie des Steuer­sei­les zu legen wäre.

Bilder und Text: Wolfgang Schnerr Technik­his­to­ri­ker & Geograph

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