Das heraus­ra­gen­de Ereig­nis am Beginn des Jahres 1867 war der Tod von Pfarrer Carl Wilhelm Desal­ler, der am 21. Febru­ar 1867 im Alter von nicht ganz 52 Jahren verstarb. Die folgen­den Berich­te werden auf das Leben dieses Mannes einge­hen, der, wie Rudolf Heite­le im Oberko­che­ner Heimat­buch (Seite 81) sagt, »ein ungewöhn­li­cher Mann war, der die geisti­gen Strömun­gen seiner Zeit erfass­te und sich leiden­schaft­lich engagier­te«. Dieses Engage­ment lässt sich kennzeich­nen durch drei »P«: Pries­ter, Politi­ker, Publizist.

Doch zunächst soll auf Presse­be­rich­te einge­gan­gen werden, die mit seinem Tod zusammenhängen.

DIE TODESNACHRICHT
Am 22. Febru­ar 1867 findet sich im Aalener »Amts- und Intel­li­genz Blatt« in der Rubrik »Tages­ge­schich­te« folgen­de Meldung:
»Oberko­chen, 22. Febru­ar. Über den unerwar­te­ten Tod des in weiten Kreisen bekann­ten Hw. Pfarrers Desal­ler wird uns geschrie­ben, dass er sich am letzten Samstag bei einem Spazier­gang stark erhitz­te und so in die Kirche ging, um bei einigen Perso­nen die Beich­te zu hören. Am Sonntag predig­te er noch wie gewöhn­lich mit vieler Lebhaf­tig­keit und hielt das Amt. Dann aber, als er noch eine Taufe vorneh­men wollte, überfiel ihn das Übel schnell. Man hielt seine Krank­heit anfangs für ein Schleim­fie­ber. Bald aber zeigte sie sich als hefti­ge Lungen­ent­zün­dung. Mit Fassung und Stark­mut ging er dem Tod entge­gen und empfing am 21. die Sakra­men­te der Sterbenden.

Sein guter Humor verließ ihn nicht bis zum letzten Atemzug. Es war herzzer­rei­ßend zu sehen, wie er jedem einzel­nen Pfarr­kind seine Hand zum Abschie­de hinstreck­te, wie er all die nassen Augen durch einen bis ins Mark gehen­den lieben­den Blick zu trock­nen suchte«.

Am 25. Febru­ar berich­te­te die Zeitung über die Beerdi­gung (s. Abbil­dung), an der neben geist­li­chen und politi­schen Wegge­fähr­ten auch »eine dicht gedräng­te Volks­men­ge teilnahm«.

Oberkochen

Als weite­res Presse­echo auf Desal­lers Tod offerier­te Kamme­rer Kollmann von Unter­ko­chen Anfang April 1867 den Text zur »Leichen­re­de am Grab des hochwür­di­gen Herrn Carl Desal­ler, Pfarrers in Oberko­chen«. Jedes Exemplar der Rede wird »gegen Einsen­dung von 7 Kr. in Marken frankiert zugesandt«. Leider ist von dieser Predigt kein Exemplar vorhan­den. Wie das Diöze­san­ar­chiv Rotten­burg mitteil­te, wurde »der Perso­nal­akt Desal­ler leider bei einer Akten­kas­sa­ti­on einge­stampft«. Auch die Landes­bi­blio­thek Stutt­gart besitzt kein Exemplar der Rede.

GRABMAL
Am 9. Dezem­ber 1867 erschien im Aalener »Blatt« ein Aufruf, demnach »Gemein­de­an­ge­hö­ri­ge Oberko­chens beabsich­ti­gen, die Ruhestät­te ihres verstor­be­nen, so sehr verehr­ten Pfarrers Desal­ler mit einem Grabstein zu schmü­cken«. Zu diesem Zweck sollte eine Geldsamm­lung statt­fin­den, die verschie­de­ne Aalener Bürger unter­stütz­ten wie z.B. Stadt­schult­heiß Oester­lein, Oberamts­bau­meis­ter Bertrand, Linden­fär­ber Fürgang, die bereit waren, Geldspen­den zu sammeln und nach Oberko­chen weiter zu leiten.

Doch scheint der Aufruf nur gerin­ges Echo gefun­den zu haben. Denn zwei Jahre später berich­tet der evange­li­sche Pfarrer Dürr, es sei »bis jetzt keine zurei­chen­de, Summe gesam­melt worden«. Nun solle aber ein neuer Anlauf gemacht werden durch eine Hauskol­lek­te, die sich auch an evange­li­sche Oberko­che­ner wenden solle. Nun hatte der Pfarr­ge­mein­de­rat zu entschei­den, ob evange­li­scher­seits »Beiträ­ge beigesteu­ert werden sollten zu einem Grabkreuz für einen Mann, der 21 Jahre lang hier katho­li­scher Pfarrer gewesen, dem aber auch manche Evange­li­schen ein freund­li­ches Andenken bewahr­ten«. Tatsäch­lich stimm­te der evange­li­sche Rat zu, aller­dings unter der Bedin­gung, dass er nicht selbst sammle, sondern »sich nur den katho­li­schen Kollek­tan­ten anzuschlie­ßen brauche«.

So kam die Summe für das Grabmal zusam­men. Warum dann darauf falsche Angaben enthal­ten sind (s. Abbil­dung) ist unerfind­lich, zumal die richti­gen Daten sowohl im von Desal­ler eigen­hän­dig geführ­ten Famili­en­re­gis­ter, als auch in der ausführ­li­chen Würdi­gung von Person und Arbeit im Aalener »Amts und Intel­li­genz Blatt« enthal­ten sind. Wenden wir uns nun diesen Ungereimt­hei­ten zu.

Oberkochen

GEBOREN IN SCHORNDORF
Obwohl das heute noch an der südli­chen Wand des Hofes der St. Peter und Pauls Kirche erhal­te­ne Grabmal Desal­lers als Geburts­ort Rotten­burg angibt, ist er lt. Bestä­ti­gung des Stadt­ar­chivs Schorn­dorf in Schorn­dorf zur Welt gekom­men, und zwar am 23. März 1815, und dort, wie der Eintrag Nr. 27 im Taufbuch bezeugt, vom evange­li­schen Diakon auf den Namen Carl Wilhelm getauft worden. Der Grund dafür ist: Desal­lers Eltern dienten beim württem­ber­gi­schen Regiment der »Schwar­zen Jäger«, der Vater als Unter­of­fi­zier, die aus Wurmlin­gen bei Rotten­burg stammen­de Mutter als Marketenderin.

Als der Sohn der Eheleu­te Desal­ler geboren wurde, lager­te dieses Regiment bei Schorn­dorf. Jedoch war weder in der Stadt noch bei der Truppe ein katho­li­scher Geist­li­cher zu finden, der das Kind hätte taufen können. Also musste der evange­li­sche Diakon aushel­fen und auch die Taufpa­ten, ein Schorn­dor­fer Metzger­meis­ter und die Frau eines Müllers waren vermut­lich evange­lisch. Trotz der ökume­ni­schen Taufe wurde C. W. Desal­ler von seinen Eltern in ihrer Konfes­si­on erzogen und später zu einem begna­de­ten katho­li­schen Geist­li­chen und Diener seiner Kirche, aber auch zum Verfech­ter freiheit­li­cher Gesin­nung und Kämpfer für demokra­ti­sche Ideale.

Die Fortset­zung wird auf die für Carl Wilhelm Desal­ler bezeich­nen­den drei »P« einge­hen, Pries­ter, Politi­ker und Publizist.

Volkmar Schrenk

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