Unglücks­fall
»In Oberko­chen verbrann­te dieser Tage ein Kind«, so melde­te das Aalener »Amts und Intel­li­genz Blatt« am 14. Juni 1864, und sagt über den Hergang des Unglücks, die Mutter habe das Kind kurze Zeit allein in der Küche gelas­sen, da es dem Herdfeu­er zu nahe gekom­men und von den Flammen erfasst worden. Die Mutter versuch­te ihr Kind noch zu retten, die Verbren­nun­gen waren jedoch so schwer, dass es kurz darauf starb.

Die Eisen­bahn rückt näher
Am 25. Juli 1861 war Aalen durch die Remsbahn ans württen­ber­gi­sche Eisen­bahn­netz angeschlos­sen worden, dann wurde die Strecke bis ins bayeri­sche Nördlin­gen verlän­gert. Dies hatte aller­dings das Verlan­gen Bayerns zur Folge, den Bau der »Südbahn« von Aalen nach Ulm bis zum 2. Oktober 1875 auf Eis zu legen, um der bayeri­schen Verbin­dung zum Boden­see keine Konkur­renz zu machen. Dennoch nahm Württem­berg alsbald den Bau des Teilstücks zwischen Aalen und Heiden­heim in Angriff, weshalb der Name »Oberko­chen« erstmals am 27. März 1863 im Zusam­men­hang mit der Eisen­bahn in der Zeitung erschien durch die Ausschrei­bung »Verak­kor­die­rung von Eisen­bahn­bau­ar­bei­ten für die Teilstre­cke Aalen – Oberko­chen«. Die Länge des Teilstücks wurde mit 15200 Fuß (= 4,25 km) angege­ben und der Kosten­vor­anschlag wies für Erdar­bei­ten, Brücken, Durch­läs­se, Straßen, Fluss- und Uferbau­ten den Gesamt­be­trag von 93 000 Gulden aus (nach der Währungs­um­stel­lung von 1870 knapp 160000 Mark).

Oberkochen

Am 17. Mai 1863 schrieb die Eisen­bahn­ver­wal­tung die Arbei­ten für »Hochbau­ten auf der Stati­on Oberko­chen« aus. Vorge­se­hen waren »ein Verwal­tungs­ge­bäu­de, Neben­ge­bäu­de mit Holzle­ge, Wasch­haus und Abtritt, Güter­schup­pen, Trottoirs (Bahnstei­ge) und Dohlen«. Eine weite­re Ausschrei­bung erfolg­te am 31. Dezem­ber 1863 für »Beifuhr von Schwel­len, Schie­nen und Schie­nen­be­fes­ti­gungs­mit­tel« für die Statio­nen der Strecke Unter­ko­chen, Oberko­chen, Königs­bronn, wobei es sich um Liefe­rung von insge­samt 400 Zentnern Weichen und Kreuzun­gen, 13800 eichene und 4500 forchene Schwel­len« handelte.

Die letzte Ausschrei­bung der K. Eisen­bahn­di­rek­ti­on galt am 16. Juni 1864 der »Liefe­rung von Möbeln« für die Bahnhö­fe Unter­ko­chen, Oberko­chen, Königs­bronn, Schnait­heim, Heiden­heim. Bemer­kens­wert dabei ist, dass auf Oberko­chen mit 218 Golden der gerings­te Betrag entfiel, während z. B. für Königs­bronn mit 430 Gulden nahezu das Doppel­te veran­schlagt war, was wahrschein­lich damit zusam­men­hing, dass Königs­bronn als Sitz eines »König­li­chen Hütten­werks« einen größe­ren Stellen­wert als Oberko­chen besaß.

Damit waren im besten Sinn des Wortes die Weichen gestellt: Oberko­chen konnte in abseh­ba­rer Zeit das »Dampf­ross« zwar nicht in seinen Mauern, aber doch am Rande des Orts empfan­gen.
Ober die lokalen Vorbe­rei­tun­gen für diesen Empfang schweigt sich leider das Aalener »Amts und Intel­li­genz Blatt« aus. Deshalb können wir zu diesem Thema auch keinen Presse-Spiegel beisteu­ern, verwei­sen aber auf zahlrei­che Veröf­fent­li­chun­gen zu diesem Thema im Oberko­che­ner Heimat­buch (Artikel von Kurt Seidel, Seiten 407 u.f.), in BuG Berich­ten von Dietrich Bantel (106÷1990), Christ­hard Schrenk (293, 294, 295/1997) und in »Alt Oberko­chen« von Christ­hard Schrenk (Seiten 5,6).

Landestrau­er
Am 30. Juni 1864 erschien das Aalener »Amts und Intel­li­genz Blatt« mit Trauer­rand: »Des hochse­li­gen Königs Wilhelm Majes­tät« war im Alter von 83 Jahren gestor­ben. Natür­lich wurde diese Nachricht auch in Oberko­chen mit Anteil­nah­me aufge­nom­men, zumal 10 Tage lang tägli­ches Trauer­läu­ten an den Tod von König Wilhelm I. erinner­te und »Musik und öffent­li­che Lustbar­kei­ten zu unter­blei­ben hatten«.

Neuer König
Während die Hoftrau­er drei Monate datier­te und die Aalener Zeitung bis zum 23. Juli 1864 mit Trauer­rand erschien, hatte alsbald getreu monar­chi­schem Grund­satz »Der König ist tot es lebe der König« der bishe­ri­ge Kronprinz als König Karl I. die Regent­schaft in Württem­berg übernom­men. Am 12. Juli trat er erstmals in Stutt­gart an die Öffent­lich­keit. Mit großem Gefol­ge zog er zu Pferd von einer großen Menschen­men­ge mit Hochru­fen empfan­gen vom könig­li­chen Schloss zum Stände­haus, um dort vor den Mitglie­dern beider Kammern seine Thron­re­de zu halten.

Tieri­sches
Auf 16. Juli 1864 schrei­ben Bauun­ter­neh­mer »Wieland und Glück« offen­sicht­lich keine einhei­mi­sche Firma in Oberko­chen einen »Zugpfer­de­ver­kauf« aus, bei dem 4 Pferde schwe­ren Schlags und 2 leich­te­re, sämtlich noch ganz jung, den Besit­zer wechseln sollen.

Der als Agent für den württem­ber­gi­schen Tierschutz­ver­ein tätige Oberko­che­ner Pfarrer Carl Wilhelm Desal­ler empfiehlt am 1. Septem­ber 1864 »jeder­mann, die wohlfei­le, als auch lehrrei­che Lektü­re der Mittei­lun­gen des württem­ber­gi­schen Tierschutz­ver­eins« und ermun­tert, »bloß 5 Kreuzer für die Blätter des 4. Quartals« anzulegen.

Schon im Juli 1864 hatte sich ein Abtsgmün­der »Einsen­der« mit der neuen Polizei­vor­schrift befasst, die für Hunde das Tragen von Maulkör­ben verlangt. Als Tierschutz­ver­eins Agent griff Pfarrer Desal­ler damit in Zusam­men­hang stehen­de Fragen am 1. Novem­ber 1864 in einem länge­ren Zeitungs­ar­ti­kel auf. Dabei bezog er sich auf Überle­gun­gen, die zuvor dem Münche­ner Tierschutz­ver­band propa­giert worden waren und bewies damit, dass er auch nach dem Ende seiner politi­schen Laufbahn als Abgeord­ne­ter überre­gio­na­le Themen verfolgte.

Desal­ler versuch­te in seinen Ausfüh­run­gen zwischen dem Gedan­ken des Schut­zes von Mensch und Tier vor der Übertra­gung der »Hunds­wut« und den durch Maulkör­be Hunden zugefüg­ten Qualen abzuwä­gen. Dabei kommt er zum Schluss, dass kein geeig­ne­tes Mittel zum Schutz von Menschen und Tieren sein kann, Maulkorb­zwang für alle Hunde anzuord­nen. Viel wesent­li­cher und wichti­ger sei, eine ihrer Natur gemäße Haltung der Hunde, »gemischt vegeta­bi­lisch­tie­ri­sche Nahrung, Pflege der Reinlich­keit, freund­li­che Zunei­gung des Halters gegen sein Tier«. Vor allem sollten einer­seits Rohhei­ten und Misshand­lun­gen vermie­den werden, aber auch »ein Übermaß an Zärtlich­keit und Verzär­te­lung« wie sie bei Schoß­hun­den vielfach zu finden ist«.

Volkmar Schrenk

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