Ordnungs­be­wuss­ter Lehrer­ge­hil­fe
Während die evange­li­sche Schule Oberko­chens Einklas­sig geblie­ben war und z. B. Schul­meis­ter Moras­si wie berich­tet Schüler zur Aufsicht einset­zen musste, wenn er seinen Kirchen­dienst versah, wurde die katho­li­sche Schule im Jahr 1837 zur Zeit von Lehrer Balluff zweiklas­sig. Jedoch bedeu­te­ten zwei Klassen nicht automa­tisch auch zwei volle Lehrkräf­te, sondern dem auf die Stelle berufe­nen »Haupt« Lehrer stand ein unstän­di­ger Schul­ge­hil­fe zur Seite, dessen Einkom­men wesent­lich unter dem (auch schon nicht allzu üppigen) des Stellen­in­ha­bers lag. Während dieser auch Neben­ein­nah­men hatte, musste der Lehrer­ge­hil­fe beim Chor und bei Prozes­sio­nen unent­gelt­lich mitwirken.

Im Jahr 1863 amtier­te an der katho­li­schen Schule Oberko­chens Lehrer­ge­hil­fe A. Schort, der offen­sicht­lich sehr hilfs­be­reit war, denn er pries im August 1863 im »Auftrag eine gute, fünfund­zwan­zig­sai­ti­ge Zither zum Verkauf« an. Aber er war auch ein ordnungs­be­wuss­ter Mensch und pfleg­te freie Abende in Aalen zu verbringen.

Im Juni 1863 kehrte er wieder einmal im Aalener »Dreikö­nig« ein. Da es anfing zu regnen, ließ er sich vorn Wirt einen Schirm geben und stell­te ihn an der Garde­ro­be ab. Jedoch als er aufbre­chen wollte, war der Schirm verschwun­den und er musste wohl oder übel ohne Regen­schutz heim wandern. Nun hätte ihn der Verbleib des Schirms nicht weiter beschäf­ti­gen müssen, da der Wirt sein Abhan­den­kom­men auch regis­triert hatte. Als ordent­li­cher Mensch jedoch inserier­te er in der Aalener Zeitung »Am Sonntag Abend muss ein Herr im »Dreikö­nig« meinen Schirm mit weißen Knopf mitge­nom­men haben. Da ich densel­ben dort entlehn­te, wird der gegen­wär­ti­ge Besit­zer ersucht, den Schirm im Gasthof abzugeben«.

Zimmer­de­ko­ra­ti­on
Der Oberko­che­ner Pfarrer Carl Wilhelm Desal­ler hatte sich bekannt­lich in den Jahren nach 1848 politisch engagiert. Als Vorsit­zen­der des Bezirks­volks­ver­eins Aalen saß er mehrmals als Abgeord­ne­ter für den Bezirk Neres­heim in der Stutt­gar­ter verfas­sungs­ge­ben­den Landes­ver­samm­lung. Ab 1852 zog er sich aus der Politik zurück, war jedoch z. B. noch als Bezirks­agent des Tierschutz­ver­eins tätig. Am 23. Juni 1863 gab er in der Zeitung bekannt, er habe vom Vorstand des Vereins »eine sehr schöne Litho­gra­phie »Das schwar­ze Roß« nebst dazuge­hö­ri­gem beein­dru­cken­dem Gedicht, zur Weiter­ver­brei­tung erhal­ten. Da das Bild »vorzüg­lich als Zimmer­de­ko­ra­ti­on für öffent­li­che Lokale geeig­net ist« fordert der Pfarrer zur Abgabe von Bestel­lun­gen auf.

Oberkochen

Maikä­fer­pla­ge
Ob 1863 auch auf der Ostalb ein Maikä­fer­jahr war, ist nicht berich­tet. Jedoch las man in Oberko­chen mit etwas schau­dern­dem Gefühl die Nachricht in der Zeitung über eine »Maikä­fer­samm­lung im Oberamt Besig­heim: Gesam­melt wurden mit einem Kosten­auf­wand von 3464 Gulden 9680 Simri Maikä­fer mit einer Gesamt­zahl von 24200000 Stück«. Die Gesamt­zahl von über 24 Millio­nen Käfer spricht für sich; 3464 Golden wurden bei der Währungs- und Maßum­stel­lung 1870 zu knapp 6000 Mark umgerech­net und da das alte Getrei­de­maß »Simri« etwas mehr als 20 Liter umfass­te, waren knapp 200000 Liter Maikä­fer gefan­gen worden.

Vor 50 Jahren: Völker­schlacht bei Leipzig
»Auch von Oberko­chen hörten wir, dass von den dorti­gen Patrio­ten auf dem Volkmars­berg, dem höchs­ten Punkt des Aalbuchs, ein Freuden­feu­er angezün­det worden ist«. Diese Meldung findet sich am Ende eines Berichts über die Feiern zum Geden­ken an die Leipzi­ger Völker­schlacht 50 Jahre zuvor vom 16. bis 18. Oktober 1813. Damals hatten verei­nig­te preußi­sche, öster­rei­chi­sche und russi­sche Truppen dem ohnedies vom verlust­rei­chen Rückzug aus Russland geschwäch­ten Heer Napole­ons die entschei­den­de Nieder­la­ge beigebracht und der Herrschaft Napole­ons den letzten entschei­den­den Stoß versetzt, der schließ­lich zu seiner Abdan­kung am 6. April 1814 und Verban­nung auf die Insel Elba geführt hatte.

Taufe einer Jüdin
Zwar waren auch in Oberko­chen jüdische Viehhänd­ler keine Selten­heit, bekannt ist ja die Geschich­te auf Seite 448 in unserem Heimat­buch, die schil­dert, wie der Waldteil »Juden­angst« im Zusam­men­hang mit einem Viehhänd­ler zu seinem Namen kam, aber Einwoh­ner jüdischen Glaubens waren in Oberko­chen nicht anzutref­fen. Doch erscheint im Aalener »Amts- und Intel­li­genz Blatt« mit Datum vom 29. Juni 1863 als »Tages Begeben­heit« folgen­de Notiz: »Heute ist eine junge vermö­gen­de Israe­li­tin, welche im Begriff steht, einen jungen armen Menschen von hier zu heira­ten, vom katho­li­schen Pfarrer getauft und damit in die christ­li­che Gemein­de aufge­nom­men worden«.

Wie der »arme« Oberko­che­ner an die Frau jüdischen Glaubens geraten ist, darüber kann nur gerät­selt werden. Vielleicht ist die Anwesen­heit der Getauf­ten in Oberko­chen im Zusam­men­hang mit dem begin­nen­den Bau der Eisen­bahn Aalen — Heiden­heim zu sehen.

Ein solcher Zusam­men­hang drängt sich auf beim Lesen des katho­li­schen Pfarr­be­richts, wo Pfarrer Desal­ler ebenfalls über die Taufe berich­tet und unmit­tel­bar davor, sozusa­gen im selben Atemzug auch auf die Eisen­bahn zu sprechen kommt und erwähnt, dass wegen des Eisen­bahn­baus (auf den wir in der nächs­ten Folge einge­hen werden) viele Fremde im Ort seien.

Zum Status der Juden sei vorgrei­fend mitge­teilt, dass am 2. Dezem­ber 1863 im Stutt­gar­ter Landtag ein Gesetz einge­bracht wurde, nach dem »im König­reich Württem­berg einhei­mi­sche Israe­li­ten densel­ben Geset­zen wie alle anderen Staats­an­ge­hö­ri­gen unter­wor­fen sind, also die gleichen Rechte und Pflich­ten wie diese haben sollen«.

Verkauf einer Oel und Gypsmüh­le
In der Sonntags­aus­ga­be des Aalener »Amts und Intel­li­genz Blatts« vom 22. Febru­ar 1863 wird die »in der Nähe des hiesi­gen Orts gelege­ne, vor wenigen Jahren neu erbau­te, in bestem Gang befind­li­che Oel und Gypsmüh­le nebst dazu gehöri­gen ca. 2 1/2 Morgen Wiesen, Obst und Gemüse­gar­ten im Wege des Aufstreichs verkauft«. Nun gab es in Oberko­chen zwei derar­ti­ge Mühlen, eine beim Ölwei­her und die andere dort, wo heute die Kreuz­müh­le ist, und wegen der zum Anwesen gehören­den Wiesen und Gärten kann sich das Verkaufs­an­ge­bot nur auf das im Bereich Kreuz­müh­le gelege­ne Anwesen bezie­hen. Damit ergeben sich aber im Blick auf den BuG-Bericht 14 vom 8.4.1988 einige Ungereimt­hei­ten. Dort wird als Baujahr der Kreuz­müh­le 1865 angenom­men. Ferner nennt die Oberamts­be­schrei­bung ans dem Jahr 1854 die Kreuz­müh­le als »1845 mit Oel und Gypswerk erbaut«. Noch undurch­sich­ti­ger wird die Sache durch eine Notiz von Pfarrer Desal­ler in der Pfarr­chro­nik zum Jahr 1865, die besagt: »Den 12. August, nachts, brann­te die Oelmüh­le ab«. Unter­stellt, dass das Brand­ob­jekt die »Kreuz­müh­len Oelmüh­le« war, schei­nen zwei Unkor­rekt­hei­ten vorzu­lie­gen: Die Verkäu­fer von 1863 gehen etwas zu großzü­gig mit der Angabe »vor wenigen Jahren neu erbaut« um, denn lt. Oberamts­be­schrei­bung war das Baujahr 1845 und die »neue« Kreuz­müh­le, wenn sie tatsäch­lich abgebrannt war, wurde vielleicht 1865 geplant, aber erst etwas später gebaut.

Oberkochen

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte