Damit ein Lebewe­sen zu einem Fossil werden kann, das z. B. in einem Museum landet, müssen eine Reihe von Bedin­gun­gen erfüllt sein und außer­dem viele glück­li­chen Umstän­de eintreffen.

Das Lebewe­sen muss in der entspre­chen­den Gegend existiert haben.
Es muss auf irgend­ei­ne Weise (Luftab­schluss, Austrock­nung u. a. in.) verhin­dert worden sein, dass es durch die norma­len Verwe­sungs- oder Fäulnis­vor­gän­ge zerstört wurde.
Die Erdschich­ten, in die das Fossil einge­la­gert wurde, mussten erhal­ten bleiben, durften also nicht durch Erosi­on abgetra­gen werden.
Die Schicht mit dem Fossil muss wieder zugäng­lich werden, d. h. z. B. an die Oberflä­che kommen.
Das Fossil muss gefun­den (entdeckt) und als solches erkannt werden.
Will man gezielt nach Fossi­li­en aus einer bestimm­ten Erdepo­che suchen, muss man sich zunächst einmal darüber infor­mie­ren, wo die entspre­chen­den Schich­ten an der Erdober­flä­che zugäng­lich sind.

Afrika­ni­sche Vor- und Frühmen­schen wurden zunächst in Südafri­ka, dann in Ostafri­ka gefun­den. Das ostafri­ka­ni­sche Fundge­biet in Tansa­nia und Kenia wurde dann auf Äthio­pi­en ausge­wei­tet. Dazwi­schen gab es aber eine große Fundlücke.

Prof. Dr. Schrenk machte es zu seiner Aufga­be, diese Lücke zu füllen. Er fand mehre­re Stellen in Malawi, die erfolgs­ver­spre­chend schie­nen. Dort setzte er sein Grabungs­un­ter­neh­men an und wurde fündig. Es kam ein Unter­kie­fer zutage, den er Homo rudol­fen­sis zuord­nen konnte. Es fehlte einem Zahn dieses Unter­kie­fers ein Stück, das für bestimm­te Unter­su­chun­gen sehr wichtig war. Eine relativ frische Bruch­stel­le zeigte, dass dieses Stück vielleicht erst bei der Bergung des Unter­kie­fers abgebro­chen war. Eine Grabungs­ak­ti­on im nächs­ten Jahr, bei der mehre­re Tonnen Erdreich durch­ge­siebt wurden, war am Schluss von Erfolg gekrönt: Der Zahn war wieder vollstän­dig! Fossi­li­en einer späte­ren Grabung konnten Paran­thra­pus zugeord­net werden.

Welche neuen Erkennt­nis­se brach­te der Malawi-Fund?

Die Lücke zwischen den beiden großen Fundge­bie­ten in Süd- und Ostafri­ka konnte geschlos­sen werden. Prof. Dr. Schrenk nimmt an, dass zumin­dest zeitwei­se ein Korri­dor bestand, der die Wande­rung von Vor- und Frühmen­schen zwischen den beiden Haupt­sied­lungs­ge­bie­ten erlaub­te.
Damit wurde auch das Verbrei­tungs­ge­biet der Vor- und Frühmen­schen in Afrika erwei­tert. Später wurden von anderen Forschern noch Funde von Vormen­schen aus Westafri­ka (Tschad­see) gemel­det, zu denen auch 6 Mill. J. alten Schädel­res­te gehören. Das veran­lass­te »Spektrum der Wissen­schaft« zu einer Meldung, dass mit diesem Fund jetzt auch wider­legt sei, dass der Mensch in Ostafri­ka entstan­den sei. Das ist natür­lich Unsinn. Ein Fund beweist zunächst nur, dass zu einem bestimm­ten Zeitpunkt eine bestimm­te Art an dem Fundort gelebt hat, nicht dass sie sich dort entwi­ckelt hätte. Das Fehlen von Fossil­be­wei­sen besagt nicht, dass eine Art dort nicht gelebt hätte!
Der Malawi Fund wird auf 2,2 Mill. J. datiert. Er ist damit der ältes­te Beleg der Gattung Homo.

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Der Ursprung der Gattung Homo konnte so weiter zurück­ver­legt werden.
Der Schädel KNM ER 1470, der der Beschrei­bung des Homo rudol­fen­sis zugrun­de liegt, wurde von Meave Leakey aus über 150 Einzel­tei­len zusam­men­ge­setzt. Er zeich­net sich durch ein ungewöhn­lich flaches Gesicht aus. Inzwi­schen wurde ebenfalls von Meave Leakey ein älterer Vormen­schen­schä­del als Kenyan­thro­pus platyops beschrie­ben, der auch recht flach ist. Frau Leakey meint, dass er ein Vorfahr des Homo rudol­fen­sis haben gleich­zei­tig neben­ein­an­der in Ostafri­ka gelebt, daneben noch ein oder zwei Paran­thro­pus Arten.

Prof. Schrenk meint, dass man eher von einem Stamm­busch als einem Stamm­baum des Menschen sprechen sollte. Erst nach dem Ausster­ben des Neander­ta­lers existier­te nur noch eine einzi­ge Menschen­art gleich­zei­tig auf der Erde! Vor 50 Jahren sprach der damali­ge Doyen der Paläo­an­thro­po­lo­gen, Prof. Heberer, vom TMU, dem Tier Mensch Obergangs­feld, in dem in verschie­de­nen Entwick­lungs­li­ni­en typisch mensch­li­che Merkma­le in unter­schied­li­cher Häufig­keit und unter­schied­li­cher Ausprä­gung auftra­ten. Auch das war so etwas wie ein Stamm­busch. In der drauf folgen­den Zeit der »lumpers« wurde er zu einem Stamm­baum mit wenig Verzwei­gun­gen reduziert.

Prof. Dr. Schrenk fand bei seinen Forschun­gen ein großes Entge­gen­kom­men bei den Behör­den in Malawi und bei der Bevöl­ke­rung an den Grabungs­or­ten. Als Dank möchte er dort ein Museum der Vor- und Frühmen­schen­for­schung einrich­ten. Er will so ein Verständ­nis für die Vorge­schich­te des Menschen wecken und vielleicht auch ein paar Touris­ten in diese Gegend locken.
Wünschen wir ihm viel Erfolg dabei!

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