In den letzten Tagen hat unser Mitglied Franz Holden­ried die neuen Sinnspruch­ta­feln am Findling vor dem Römer­kel­ler angebracht. Die Erstaus­füh­run­gen dieser Tafeln waren einige Zeit nach der Ausgra­bung des Römer­kel­lers im Jahr 1971 von Bürger­meis­ter Gustav Bosch an diesem Findling angebracht worden.

Jahrzehn­te später war eine der beiden seiner­zeit bei der Oberko­che­ner Firma Egerter/Aluminiumguss gefer­tig­ten Alu-Täfel­chen abgeschraubt und gestoh­len worden, an der anderen hatte der Zahn der Zeit genagt. Franz Holden­ried hat nun beide Täfel­chen liebe­voll neu gestal­tet, in Bronze gegos­sen und nach mensch­li­chem Ermes­sen »narren­si­cher« befes­tigt einge­denk der Tatsa­che, dass Kinder und Narren auf der einen Seite zwar angeb­lich die Wahrheit sprechen, anderer­seits aber nicht nur seit heute, aber heute mehr denn je, auch in der Lage sind, die schöns­ten Kleinig­kei­ten der Welt und auch Dinge von großem Wert sinnlos zu zerstören.

Der Römer­kel­ler wurde nach Angaben des Landes­denk­mal­amts Stutt­gart etwa 150 nach Chris­tus erbaut und spätes­tens 265 nach Chris­tus im Zuge der aleman­ni­schen Landnah­me überrannt und u.a. wahrschein­lich durch Feuer zerstört. Über ihn wurde im Amtsblatt mehrfach berich­tet. Auch im Heimat­buch ist über den Römer­kel­ler, Rest einer römischen »villa rusti­ca«, nachzu­le­sen. Im Gegen­satz zu Ellwan­gen, das, hätte es damals schon bestan­den, jenseits des Limes im nicht römischen »Barba­ren­land« lag, lag Oberko­chen noch inner­halb der nahege­le­ge­nen Grenze des römischen Weltreichs.

Bürger­meis­ter Bosch hatte sich damals von Gym. Prof. Albert Seckler vom Gymna­si­um Oberko­chen zwei passen­de Sinnsprü­che auswäh­len lassen, die einen hinter­grün­di­gen Stellen­wert des »Römer­kel­lers« in Oberko­chen zu dokumentieren.

Oberkochen
Oberkochen

Der Text soll daran erinnern, dass der Fahren­de durch ihn darauf hinge­wie­sen wurde, dass er sich in unmit­tel­ba­rer Nähe der Grenze des »Römischen Weltreichs« und damit der »pax romanae«, des Römischen Friedens, den dieses Weltreich zu garan­tie­ren für sich beanspruch­te, befin­det. Mit anderen Worten sugge­riert der Sinnspruch, dass die römischen Herren, wenn der Fahren­de die nahe Grenze (etwa bei Buch oder bei Dalkin­gen) überschrei­te, nicht mehr für das Wohlerge­hen und das Leben des Fahren­den gerade stehen würden.

Der Text gemahnt nicht in erster Linie an die Vergäng­lich­keit der Dinge und des Menschen, sondern er erinnert daran, dass sich alles in einem ständi­gen Fluss befin­det, dass sich alles ohne Unter­bre­chung verän­dert. Es trifft also nicht zu, dass sich die Dinge erst heute so schnell ändern die Römer stell­ten schon vor 2000 Jahren fest, dass alles, wohin auch immer man schaut, sich bald ändern wird.

Wenn man genau übersetzt, kann man einen noch tiefe­ren philo­so­phi­schen Hinter­grund aus diesem Sinnspruch heraus überset­zen. Die genaue Überset­zung, die meist überse­hen wird, lautet nämlich nicht, dass sich alles bald ändern wird, sondern dass alles bald geändert wird. Das bedeu­tet auch in Bezie­hung auf uns selbst, dass wir uns nicht in erster Linie selbst ändern, sondern dass auch wir geändert werden durch Lehre, durch Vorbild und durch Einflüs­se aller Art, heute in erster Linie durch die Medien.

Dieser passi­ve Verän­de­rungs­pro­zess läuft heute in der Regel so ab, dass Jugend­li­che, aber auch Erwach­se­ne, gar nicht mehr bemer­ken, wie sie verän­dert und manipu­liert werden. Dass auch diese tiefe Erkennt­nis schon vor 2000 Jahren bekannt war überrascht vor allem denje­ni­gen, der sich nicht viel oder gar nicht mit der Geschich­te befasst.

Dennoch hoffen wir, dass das neue Erschei­nungs­bild des Findlings vor dem Römer­kel­ler möglichst lange unver­än­dert bleibt.

Dietrich Bantel

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