Zum 30. Geburts­tag der »Narren­zunft Oberko­che­ner Schlag­ga­wä­scher«, der in diesen Tagen gefei­ert wir, möchte der Heimat­ver­ein einen kleinen Beitrag zur Histo­rie der »Eisen­schmie­de« am Kocher­ur­sprung bringen, zumal vor allem im Zusam­men­hang mit der bei der Eisen­ge­win­nung entste­hen­den Schla­cke immer wieder mit falschen Zahlen und Angaben operiert wird.

Bereits im Jahr 1955, also vor fast einem halben Jahrhun­dert, berich­te­te Franz Balle ausführ­lich im damals noch fast jungfräu­li­chen Oberko­che­ner Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« (Erstaus­ga­be 6. März 1953) in seiner Serie »Heimat­kund­li­che Blätter«, in der Ausga­be vom 21. Januar über die Eisen­hüt­te am Kocherursprung.

Zitat Balle:
Bis zum Jahr 1904 stand auf der Wiese beim Kocher­ur­sprung einsam ein Haus. Es hatte ein hohes Alter und den Namen »Schla­cken­wä­sche«. Unsere dörfli­chen Geschichts­ur­kun­den berich­ten, dass es sich bei diesem Hause um einen der ältes­ten Zeugen der mittel­al­ter­li­chen Eisen­hüt­ten gehan­delt habe, die schon im Jahre 1361 in unserer Gegend genannt sind. (Anmer­kun­gen DB: Wohlge­merkt: An unserer Gegend, nicht in Oberko­chen. Bei oberfläch­li­chem Lesen ist diese Feststel­lung immer wieder sehr irrefüh­rend. Zum einen wird der Begriff »Schla­cken­wä­sche« fälsch­li­cher­wei­se mit »Eisen­hüt­te« gleich­ge­setzt. Zum anderen führt auch die Feststel­lung, dass das Oberko­che­ner Gebäu­de »Schla­cken­wä­sche« einer der ältes­ten Zeugen der mittel­al­ter­li­chen Eisen­hüt­ten sei, zu verhäng­nis­vol­len Irrtü­mern, besser gesagt: Sie ist falsch: An späte­rer Stelle führt Balle nämlich selbst klar aus, dass der erste Hinweis auf eine Oberko­che­ner Eisen­schmel­ze nach seinen Feststel­lun­gen aus dem Jahr 1539 stammt und somit neuzeit­lich und nicht mittel­al­ter­lich ist. Das 1904 abgebro­che­ne Gebäu­de »Schla­cken­wä­sche« ist, wie Balle später selbst ausführt, erst 1749 errich­tet worden).

Fortset­zung Zitat Balle:
Die Mönche zu Königs­bronn waren die ersten, die solche (Eisen­hüt­ten) einge­rich­tet und betrie­ben haben. Die weltli­chen Grafen aber hatten bald Lunte gerochen, dass hier lohnen­der Erwerb um den Weg sei, und so melde­te sich bald Ulrich von Helfen­stein. Er ließ sich, wie es heißt, 1365 mit dem Eisen­werk in seiner Herrschaft Heiden­heim beleh­nen mit der Erlaub­nis, Mühlen und Hämmer an Brenz und Kocher anzule­gen, wo sie mögen sein »zu Notdurft des Eisen­wer­kes«. Das Kloster Königs­bronn brach­te zu gleicher Zeit ein ähnli­ches Privi­leg heraus.

Balle schreibt weiter:
Die Anlage am Kocher­ur­sprung erscheint urkund­lich erstmals 1539. Hierbei ist die »Schla­cken­wä­sche« schon genannt. Auch zu Unter­ko­chen stand damals eine Eisen­hüt­te, ebenso bei Essin­gen. Das Werk zu Oberko­chen wechsel­te oft seinen Besit­zer. 1541 erhielt ein Peter Velzer (Vetzer DB) von Pragen­ho­fen (Brogen­ho­fen DB) die ellwän­gi­sche Verwil­li­gung, am Ursprung des Kochers zu Oberko­chen einen Schmelz­ofen, eine Hütte und Läuter­feu­er hinzu­stel­len. Also war zu dieser Zeit die Ellwan­ger Herrschaft Grund­herr des Anwesens, denn auch sie hatte sich schon frühzei­tig in die Eisen­hüt­ten­wirt­schaft eingeschaltet.

Aus dem Jahr 1611 ist verzeich­net, daß am Kocher­ur­sprung zu Oberko­chen ein Schmelz­ofen, eine Eisen­schmie­de, eine Schla­cken­po­che (DB: könnte auf Schla­cken­wä­sche hinwei­sen) und ein Laboran­ten­haus stehe. Dies alles sei darin im 30 jähri­gen Krieg (1618 — 1648, Schlacht bei Nördlin­gen 1634 DB) einge­gan­gen. 1644 ist der Ofen abgebro­chen worden und 1745 ist dann letzt­mals noch die Rede von einer Schla­cken­wä­sche, die unter Wider­spruch der Herrschaft Königs­bronn von der Herrschaft Ellwan­gen neu erstellt worden ist.

Wir dürfen uns vorstel­len, dass diese Eisen­hüt­te zu Oberko­chen nur eine kleine Beleg­schaft von wenigen Männern hatte, so dass das Vorhan­den­sein der Hütte auf den bäuer­li­chen Charak­ter des Dorfes keiner­lei Einfluss gehabt hat. Wenn wir lesen, dass das Eisen­werk im 30 jähri­gen Krieg einge­gan­gen sei, so braucht das keine Zerstö­rung durch Solda­ten gewesen sein, denn hier wie anders­wo geschah es, dass in dieser Zeit durch viele Jahrzehn­te die Anwesen verlas­sen waren, nichts mehr an ihnen instand­ge­setzt worden ist und so dem natür­li­chen Zerfall preis­ge­ge­ben waren. Dies müssen wir auch bei der Oberko­che­ner Eisen­hüt­te anneh­men, zumal von Kampf­hand­lun­gen aus dieser Zeit auf der Markung Oberko­chen nichts bekannt ist. — Ende Zitat Balle.

Oberkochen

Auf der hier abgebil­de­ten Urkar­te von 1830 ist das Gebäu­de »Schla­cken­wä­sche« (1) einge­zeich­net, ebenso der Kanal (3), dessen Wasser das unter­schläch­ti­ge Wasser­rad zum Betrieb der Blasbäl­ge antrieb. Ferner die Insel, die kurz nach dem Kocher­ur­sprung (2) zwischen Kanal und Kocher entstand. Richtung Königs­bronn ist die Flur und Wegbe­zeich­nung »Schla­cken­weg einge­zeich­net (5). Bei dem Gebäu­de Schla­cken­wä­sche handelt es sich um das erst 1749 neu errich­te­te Gebäu­de, das 1904, weil stark herun­ter­ge­kom­men, geräumt und abgebro­chen wurde.

Zu Eisen­schmel­ze und Schla­cken­wä­sche gibt es verschie­de­ne Angaben, die zur Oberprü­fung anstehen.

Franz Balle: Ersterwäh­nung des Schmelz und Eisen­werks samt Schla­cken­wä­sche 1539. (BuG v. 21. 1. 1955)
Dr. Christ­hard Schrenk: Ersterwäh­nung des Schmelz- und Eisen­werks 1529 (Heimat­buch Seite 460)
Dr. Hans Joachim Bayer: Ersterwäh­nung des Eisen­schmelz­werks 1551 (BuG v. 17. 10. 1986)
Marika und Dr. Joachim Kämme­rer: Ersterwäh­nung des Eisen­schmelz­werks 1551. (Heimat­buch Seite 129. Die Kämmerer’sche Angabe deckt sich mit der Oberko­che­ner Schmelz­ofens in dem Haupt­werk »Die Geschich­te der Schwä­bi­schen Hütten­wer­ke« von M. Thier, 1965).

Eine Schla­cken­wä­sche kann, trifft die Jahres­zahl 1551 zu, schwer­lich vor diesem Zeitpunkt bestan­den haben.
Zwei Quellen zufol­ge ist jedoch eine Schla­cken­wä­sche erst ab dem Jahr 1649, also nach dem 30 jähri­gen Krieg und der Zerstö­rung der Eisen­schmel­ze (des »Hochofens«) im Jahr 1644 erwähnt. (H. Thier und Dr. H. J. Bayer)

Einige Angaben im Bericht von Franz Balle wären demnach wohl zu überprü­fen. Fest steht aber ohne jeden Zweifel, dass alle Angaben, die die Ersterwäh­nung einer Schla­cken­wä­sche am Kocher­ur­sprung weiter zurück als das Jahr 1529 datie­ren, mit Sicher­heit falsch sind, da die Voraus­set­zung einer Schla­cken­wä­sche das Vorhan­den­sein eines Schmelz­ofens ist.

Oberkochen

In dem bedeu­ten­den Karten­werk »Choro­gra­phia Ducatus Wirtem­ber­gi­ci (Gadner Atlas) von 1595« in welchem das Herzog­tum Württem­berg in 28 Blättern darge­stellt ist, zeigt das Blatt »Hayden­hai­mer Vorst« die »Eisen­schmidt« am »Kocher­uhr­sprung« bei Oberko­chen. Von einer Schla­cken­wä­sche ist nicht die Rede. Da in späte­rer Zeit der Name »Eisen­schmie­de«, das auch für »Eisen­schmel­ze« steht, aus der Mode gekom­men ist und das der moder­nen Funkti­on entspre­chend aktuel­le Wort »Hochofen« benützt wurde, ist vielen Oberko­che­nern heute die Verbin­dung zwischen dem Namen einer Felsgrup­pe (mit Höhle) namens »Schmie­de­stein« hoch über dem Kocher­ur­sprung und der Eisen­schmie­de zu seinen Füßen verlo­ren gegan­gen. Der Schmie­de­stein ist der Fels über der Eisenschmiede.

Unter dem Begriff »Schla­cken­wä­sche« versteht man folgen­den Vorgang. Die Schmelz­tem­pe­ra­tu­ren der damali­gen Zeit waren, trotz Geblä­se, noch so niedrig, dass in der Schla­cke Restei­sen enthal­ten war. Um dieses zu gewin­nen, wurde die Schla­cke meist von den Ärmsten der Armen zerschla­gen, zertrüm­mert, zermalmt und die so pulve­ri­sier­te Masse in geeig­ne­ten Vorrich­tun­gen im fließen­den Wasser gewaschen, d. h., das zertrüm­mer­te Gestein wurde in mühevol­len Arbeits­gän­gen wegge­spült und das Restei­sen gesam­melt und verkauft.

Wer sich die Mühe macht, unseren kleinen Karten­aus­schnitt aus der Karte »Hayden­hai­mer Vorst« etwas zu studie­ren, wird inter­es­san­te Entde­ckun­gen machen: Zum Beispiel ist der Grenz­ver­lauf zwischen dem Ellwan­ger und dem Königs­bron­ner Oberko­chen samt beiden Kirchen deutlich erkenn­bar. Die katho­li­sche Kirche scheint als Turm damals nur den niedri­gen romani­schen Sockel gehabt zu haben, die evange­li­sche Kirche, die ja nur 15 Jahre vor dem Karten­druck errich­tet wurde, weist bereits das bekann­te kleine Dachrei­ter­türm­chen auf. Die Oberko­che­ner »Eisen­schmidt« gehört bereits zu Königs­bronn und nicht mehr zu Ellwangen.

Erlaubt sei am Rande auch ein Hinweis auf unseren Bericht 391 vom 27. 4. 2001, in dem wir ablei­te­ten, dass die Silbe »ert« in Lang-ert, Wolf-ert, Eich-ert in verstüm­mel­ter Weise auf das alte schwä­bi­sche Wort »Hardt« = Wald zurück­geht. Wir finden das große Waldge­biet zwischen Unter- und Oberko­chen als »Langen­hart« bezeich­net, was so viel bedeu­tet wie langer Wald. Aus diesem Wort leitet sich das Wort »Langert« ab.

Der »schwarz Kochen-fl. (fl. kurz für »flumen / »fluvi­us« = Fluß) entspringt auf dieser Karte bei Unter­ko­chen, wo heute der weiße Kocher entspringt. Es gibt noch die Kocher­burg, bei Unter­ko­chen und dicht bei Unter­ko­chen eine »Eysen­schmidt« und eine »Glaßhüdt«. Ebnat heißt noch »Ebnet«, was darauf hinweist, dass der Ortsna­me sich von der »Ebene« ablei­tet, auf der der Ort liegt. Zwischen Oberko­chen und Königs­bronn gibt es noch den »Eegert­hof« und den »Eegert­see« woraus sich später der seelo­se Seegar­ten entwi­ckelt hat. »Aala« befin­det sich noch dicht am alten römischen Namen »ala secun­da flavia«. Inter­es­sant wird auch, was Karl Burr in seinem Buch »Königs­bronn — Gesicht und Geschich­te einer Gemein­de« zu dem alten Namen von Königs­bronn, nämlich »Sprin­gen« schreibt. Burr: »Sprin­gen« leitet sich von »entsprin­gen« in Bezug auf die Brenz ab. 1302 ist »Sprin­gen« erstmals erwähnt. Der Name hielt sich bis 1818. Dann nahm auch der außer­halb des Klosters liegen­de Ort den Kloster­na­men »Königs­bronn« an. Soweit Karl Burr. »Sprin­gen« ist zumin­dest auf dieser Karte von 1596 nicht erwähnt, dagegen aber das Kloster »Königs­brunn«.

Wer sich inter­es­siert: Die Gadner Karte (Dukatus) von 1596 kann als Nachdruck histo­ri­scher Karten über das Landes­ver­mes­sungs­amt Baden Württem­berg bezogen werden.

Dietrich Bantel

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