Am Stadt­fest-Sonntag-Nachmit­tag, 30. Juni 2002, verlor die Deutsche Natio­nal­elf das Weltmeis­ter­schafts­fi­na­le, das an zahlrei­chen öffent­li­chen Plätzen übertra­gen wurde. Wir vom Heimat­ver­ein hatten nicht damit gerech­net, dass sich zu der von uns langfris­tig auf diesen Termin festge­setz­ten Eröff­nung unserer 7. Sonder­aus­stel­lung, die im Rahmen des Stadt­fests quasi in Konkur­renz zum WM Finale lief zum Titel

Altes Alumi­ni­um Geschirr
150 Expona­te aus 25 Oberko­che­ner Häusern

im Heimatmuseum/Schillerhaus jemand einfin­den würde. Dennoch konnten wir 14 inter­es­sier­te Gäste und sogar den Bericht­erstat­ter der »Schwä­bi­schen Post« begrüßen.

Unser Ausschuss­mit­glied, StD i. R. Horst Riegel, hielt einen inter­es­san­ten Einfüh­rungs­vor­trag zum Thema »Alumi­ni­um«. Nun hat Herr Riegel in dankens­wer­ter Weise einen schrift­li­chen Beitrag für unsere heimat­kund­li­che Serie »Oberko­chen Geschich­te, Landschaft, Alltag« verfasst, den wir heute als Bericht 430 veröffentlichen.

Wir verwei­sen darauf, dass Museum und Sonder­aus­stel­lung, die bereits überört­li­ches Inter­es­se gefun­den hat, am nächs­ten Sonntag, 3. Novem­ber von 10.00 bis 12.00 Uhr geöff­net sind.

Dietrich Bantel

Alumi­ni­um
In unserer Sonder­aus­stel­lung mit Haushalts­ge­rä­ten aus Alumi­ni­um findet man viele alte Bekann­te, die aber heute kaum noch benutzt werden. Mir wurde durch diese Ausstel­lung bewusst, dass ich Aufstieg und Fall des Alumi­ni­ums im Haushalt miter­lebt habe. Wie kam es dazu?

Was ist Alumi­ni­um?
Alumi­ni­um macht ca. 7,3 % unserer Erdkrus­te aus. Es ist das dritt­häu­figs­te Element, das häufigs­te Metall. Deshalb wird die obers­te Schicht der Erdkrus­te auch als Sial bezeich­net (Silizi­um + Alumi­ni­um). Alumi­ni­um ist ein sehr unedles Metall und kommt deshalb auch nicht gedie­gen (= elemen­tar) vor, sondern nur in Verbin­dun­gen. Es ist z. B. Bestand­teil der Ton-Minera­li­en. Fried­rich Wöhler, ein deutscher Chemi­ker, stell­te metal­li­sches Alumi­ni­um erstmals 1827 her und konnte es in seinen Eigen­schaf­ten charak­te­ri­sie­ren. Dem Dänen Hans Chris­ti­an Oersted soll das schon zwei Jahre vorher gelun­gen sein, doch werden seine Ergeb­nis­se angezwei­felt. Der Name leitet sich vom Alaun ab, einem Doppel­salz, dem Kalium-Alumi­ni­um-Sulfat. Alaun­stif­te sind allen Nassra­sie­rern als Blutstill­hil­fe ein Begriff’. Alumi­ni­um ist ein Leicht­me­tall (Dichte 2,7 g/cm3), das ist nur etwa ein Drittel des Gewichts von Eisen (Dichte 7,9 g/cm3). Es ist ein guter Leiter für elektri­schen Strom (etwa zwei Drittel so gut wie Kupfer) und Wärme.

Alumi­ni­um ist ein unedles Metall, deshalb reagiert es an der Luft sofort mit Sauer­stoff. Es bildet sich eine hauch­dün­ne Oxidschicht aus, die das darun­ter liegen­de Metall schützt. Dadurch wird Alumi­ni­um recht korro­si­ons­fest. Doch muss man in der Praxis darauf achten, dass diese Oxidhaut nicht verletzt wird. Durch Behand­lung unter elektri­schem Strom kann man die Oxidschicht verstär­ken (Eloxal-Verfah­ren).

Ähnli­ches gibt es auch beim Eisen. Hier kann man durch Beimi­schung anderer Metal­le den Korro­si­ons­schutz verbes­sern (rostfrei­er Stahl). Bei Alumi­ni­um sind leider die Legie­run­gen korro­si­ons­an­fäl­li­ger, weil durch die Fremd­ato­me die Ausbil­dung der Oxidschicht erschwert wird.

Alumi­ni­um kommt in der Natur nur in Verbin­dun­gen vor. Weil es ein sehr unedles Element ist, kann man es praktisch nicht renta­bel durch eine Reakti­on mit einem noch unedle­ren Element gewin­nen. Das erfolgt durch eine Schmelz­fluss­elek­tro­ly­se. Ausgangs­mi­ne­ral ist der Bauxit (benannt nach dem südfran­zö­si­chen Les Baux), das nach Abtren­nen und Glühen in reines Alumi­ni­um­oxid überführt wird. Dieses hat aber einen Schmelz­punkt von 2045°. Zum Glück löst es sich in Kryolith, einem Natri­um­alumi­ni­um­fluo­rid. Diese Lösung lässt sich schon bei 950° elektro­ly­sie­ren. Neuer­dings wird auch Alumi­ni­um­chlo­rid zur Elektro­ly­se verwendet.

Die Herstel­lung von metal­li­schem Alumi­ni­um ist also sehr strom­auf­wen­dig. Deshalb finden sich Alumi­ni­um­hüt­ten meist in unmit­tel­ba­rer Nähe von Kraft­wer­ken, um wenigs­tens die Trans­port­ver­lus­te beim Strom gering zu halten.

Was war vor dem Alumi­ni­um?
Alumi­ni­um ersetz­te im Haushalt Geräte, die vorher aus Holz, aus Eisen oder aus Ton herge­stellt wurden. Aus Holz waren z. B. selbst Eimer (»Zuber«), die von Küfern oder Schäff­ler herge­stellt wurden. Ich erinne­re mich noch an die Wäsche­schaf­fe, die am Wasch­tag von meiner Mutter einge­setzt wurde, und die nach Art der Fässer aus einzel­nen Brettern zusam­men­ge­setzt waren, die durch Eisen­bän­der zusam­men­ge­hal­ten wurden.

Eisen korro­diert sehr leicht und muss geschützt werden. Dazu hatte man im Wesent­li­chen zwei Metho­den: Entwe­der man überzog das Eisen mit einer Zink-Schicht (wie man es heute noch bei alten Garten-Gießkan­nen sehen kann), oder man email­lier­te es (Email ist eine Art Glas). In beiden Fällen kam es aber immer wieder zu kleinen Beschä­di­gun­gen, bei denen der »Überzug« verletzt wurde. Das ungeschütz­te Eisen konnte dann schnell korro­die­ren, es entstan­den Löcher. Das Gewer­be der »Kessel­fli­cker« lebte davon, diese Löcher wieder dicht zu machen. In meinem Heimat­dorf kam noch 1938 regel­mä­ßig ein wandern­der Kessel­fli­cker, zu dem man dann die »gelöcher­ten« Gegen­stän­de brach­te. Beim Weißblech, wie es in Konser­ven­do­sen zum Einsatz kommt, wird das Eisen durch eine Zinnschicht geschützt.

Geräte aus Ton waren meist schwer und klobig, auch nicht beson­ders stabil.

Welche Vortei­le bot jetzt Alumi­ni­um?
Alumi­ni­um ist leicht, korro­si­ons­be­stän­dig, gut verar­beit­bar. So ist auch der Einsatz als »Feldfla­sche« zu verste­hen. Der Soldat sollte ja möglichst wenig unnut­zes Gewicht mit sich herum­tra­gen. Der Filzüber­zug wurde befeuch­tet, die Verduns­tung des Wassers kühlte den Flaschen­in­halt. Alumi­ni­um konnte zu annehm­ba­ren Preisen herge­stellt werden. leider ist es relativ weich und leicht verform­bar. Deshalb waren z. B. Alumi­ni­um­milch­kan­nen bald mit Dellen und Beulen überzo­gen. Größe­re Gegen­stän­de aus Reinalu­mi­ni­um waren nicht stabil genug.

Die recht gute elektri­sche Leitfä­hig­keit führte dazu, dass man z. B. 1940 bei der Fertig­stel­lung der Häuser in der Volkmars­berg­stra­ße Alumi­ni­um (statt des kriegs­wich­ti­gen Kupfers) für die elektri­schen Leitun­gen verwen­de­te. Die Korro­si­ons­schä­den, die im Laufe der Zeit dann doch auftra­ten, erfor­der­ten dann zwanzig Jahre später eine Neuverkabelung!

Plastik statt Alumi­ni­um
Heute ist Alumi­ni­um im Haushalt weitge­hend durch Plastik ersetzt. Davon können Sie sich leicht selbst in ihrer eigenen Wohnung überzeu­gen. Die Gründe liegen auf der Hand — diesel­ben Vortei­le gegen­über Holz, Eisen und Tonwa­ren, ohne die Nachtei­le (leich­te Verform­bar­keit): Dazu kommt der billi­ge Preis. In einer Sparte hat sich Alumi­ni­um behaup­tet und sein Anwen­dungs­ge­biet sogar erwei­tert: Als Verpa­ckungs­ma­te­ri­al, als Folie. Hier hat es das Zinn (Stanni­ol, von lat. stannum = Zinn) völlig verdrängt. Auch das Lamet­ta als Christ­baum­schmuck besteht aus Aluminiumstreifen.

In der Technik hat sich Alumi­ni­um weitge­hend behaup­tet, weil hier seine Quali­tät als Leicht­me­tall, z. B. im Fahrzeug­bau gefragt ist. In diesem Bereich ist man auch bei einer Recycling­ra­te vom 80 % angelangt. Das bedeu­tet eine gewal­ti­ge Energie­er­spar­nis, denn das Umschmel­zen von Alumi­ni­um erfor­dert nur einen Bruch­teil der Energie, die bei der Alumi­ni­um­ge­win­nung aus Bauxit einge­setzt werden muss. Die Recycling­ra­te für Haushalt-Alumi­ni­um (Folien etc.) beträgt dagegen nur etwa 20 %.

Oberkochen
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Horst Riegel

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