Am 1. Januar 1850 hatte die in Oberko­chen verbrei­te­te Aalener Lokal­zei­tung Namen und Kopf geändert: Aus dem »Boten von Aalen« war der »Verkün­di­ger« gewor­den und den Zeitungs­kopf zierte nun statt des gemüt­lich in Beglei­tung seines Hündchens daher traben­den »Boten« (siehe Bericht Nr. 6) nun ein Reiter hoch zu Ross, gestie­felt und gespornt, eben der »Verkün­di­ger« (siehe Abbildung).

Oberkochen

Geschwo­re­nen­lis­te
Erstmals im Jahr 1849 waren in Württem­berg als Folge revolu­tio­nä­ren Umbruchs sog. »Geschwo­re­nen­ge­rich­te« instal­liert worden, die neben Berufs­rich­tern auch mit Laien­rich­tern, den sog. »Geschwo­re­nen« besetzt waren und aktiv werden mussten bei »politi­schen Verbre­chen, Presse­ver­ge­hen und 33 Arten gemei­ner Verbre­chen«. Inter­es­sant ist nun das Verfah­ren zur Auswahl der Laien­rich­ter. Zunächst wurden alle ordent­li­chen Steuer­zah­ler und damit zum Richter­amt Befähig­ten sozusa­gen in einen Topf gewor­fen. Aus diesem wählte die Amtsver­samm­lung des Oberamts alle Kandi­da­ten heraus, die neben »finan­zi­el­ler Unabhän­gig­keit auch geisti­ge Fähig­kei­ten und Ehren­haf­tig­keit« ihr eigen nannten, an der Zahl so viele, dass auf 400 Einwoh­ner des Oberamts ein mögli­cher Geschwo­re­ner kam. Dann rüttel­te das obers­te Kreis­ge­richt nochmals am Auswahl­sieb und sonder­te dabei ein Fünftel der Kandi­da­ten aus. Wer zum Schluss noch übrig blieb, wurde in der durch die Zeitung veröf­fent­lich­ten »Geschwo­re­nen­lis­te des Schwur­be­zirks Aalen« als Geschwo­re­ner genannt. Für Oberko­chen war lange Zeit Hirsch­wirt Fuchs Geschwo­re­ner, der z. B. im Dezem­ber 1850 in der für »die Jahres­pe­ri­ode 1851« gülti­gen Liste verzeich­net ist.

Oberko­che­ner Geschwo­re­ne
Dass man in alter Zeit nicht nachtra­gend war, zeigt die Person von Hirsch­wirt Fuchs, dem ja als Geschwo­re­nem 1850 »Untade­lig­keit und Ehrbar­keit« beschei­nigt worden war, der aber z. B. 1844 mit den stren­gen Regeln der Sonntags­hei­li­gung in Konflikt gekom­men »um 1 Gulden 30 Kreuzer und wegen Unbot­mä­ßig­keit« nochmals um densel­ben Betrag gestraft worden war. Dabei befand sich der Hirsch­wirt in Gesell­schaft von Ochsen­wirt Braun. Sie hatten sonntags »sogar während des Nachmit­tags­got­tes­diens­tes auf dem Feld gearbei­tet und abends Früch­te und Öhmd heimge­führt, obwohl dassel­be ihnen auf ihre Anfra­ge um Erlaub­nis ausdrück­lich unter­sagt worden war«. Vor den Kirchen­con­vent »vorge­for­dert« halfen ihnen weder Ausre­den noch der Verweis auf schlech­tes Wetter. Als »Wieder­ho­lungs­tä­ter« wurden sie zur vorge­nann­ten Strafe verur­teilt und bezahl­ten diese sofort an Ort und Stelle. In der Folge­zeit hatte sich der Hirsch­wirt wohl untade­lig verhal­ten, so dass er 1850 als Geschwo­re­ner nominiert und auch gewählt wurde.

Ochsen­wirt Braun ist ja bekannt durch das Bild vom Gasthaus »Ochsen«, das der evange­li­sche Pfarrer Dürr ihm bzw. seiner Tochter zu deren Hochzeit malte. Auch Ochsen­wirt Braun wurde Oberko­che­ner Geschwo­re­ner und ist in der »Liste der Geschwo­re­nen für die Jahres­pe­ri­ode 1852« genannt.

Belebung des Pfingst­markts
Im frühen 17. Jahrhun­dert gab es in Oberko­chen zwei Vieh- und Krämer­märk­te pro Jahr, einer am »Tag der Katha­ri­na« (25. Novem­ber), der andere am Pfingst­mon­tag. Doch der Katha­ri­nen­markt konnte sich nicht halten, auch der Pfingst­markt siech­te dahin. Da unter­nahm im Jahr 1840 Schult­heiß Jonathan Maier den Versuch, die Oberko­che­ner Markt­sze­ne zu beleben, indem er »Prämi­en für den höchs­ten Erlös beim Verkauf von Ochsen und Kühen« auslob­te. Doch während der Revolu­ti­ons­zeit ging diese Übung verlo­ren und im Jahr 1851 starte­te Schult­heiß Micha­el Wingert einen neuen Versuch zur Belebung des Pfingst­markts. Jedoch sollten nicht Höchs­terlö­se belohnt werden, sondern »Geldprä­mi­en aus der dasigen Gemein­de­kas­se gab es für die beiden ersten Verkäu­fer von je »einem Paar Ochsen (5 Gulden 24 kr.), einem Paar Stiere (4 Gulden), einer Kuh (2 Gulden 42 kr), und einer Kalbel (2 Gulden)«. Bemer­kens­wert bei diesem Versuch, das Markt­ge­schäft anzukur­beln, ist die Tatsa­che, dass nicht etwa der Käufer, der oft den Kaufpreis mühsam zusam­men­ge­kratzt hatte, belohnt wurde, sondern der Verkäu­fer oder der Händler, der für ein Stück Vieh zwischen 80 und 120 Gulden einnahm. Offen­sicht­lich hatte dieser Belebungs­ver­such Erfolg, denn der Pfingst­markt erfreut sich bis heute guten Zuspruchs, aller­dings nicht mehr als Viehmarkt, sondern als Krämer­markt, der mit aller­lei Volks­be­lus­ti­gun­gen verbun­den ist.

Oberkochen

Aukti­on
Am 20. August 1851 schrieb der Oberko­che­ner Büchsen­ma­cher Mayer Möbel und Waffen zum Verkauf durch eine Aukti­on aus. Das Möbel­an­ge­bot umfass­te ein Doppel­bett aus Eichen­holz, eine Kommo­de und einen runden Tisch aus Nussbaum­holz samt einem »Spiel­tisch« und einem Kasten mit 12 Schub­la­den. An Sitzmö­beln wurden angebo­ten zwei Sessel und »ein Sopha mit Überzug«. Dann gab es noch zwei beson­ders wertvol­le Objek­te: »Eine vorzüg­li­che silber­ne Cylin­der­uhr mit Sekun­den und Datum, beson­ders geeig­net für einen Arzt« und »zwei große Kaffee- und Gewürz­müh­len, sich für Kaufleu­te eignend«.
Dazu kam ein ansehn­li­ches Waffen­ar­se­nal bestehend aus 10 neuen Doppel­flin­ten, Schrot­flin­ten und Freihand­büch­sen, sowie doppel­te und einfa­che Pisto­len, Hirsch­fän­ger, Gewehr­tei­le wie Läufe und Schlös­ser. Schließ­lich bot Büchsen­ma­cher Mayer noch schmie­de­ei­ser­ne Bohrer, Gesen­ke zum Schmie­den von Schrau­ben. Schraub­stö­cke und Hämmer an, nebst »alten und neuen engli­schen Pulverhörnern«.

Warum der Büchsen­ma­cher, der ja offen­sicht­lich nicht zu den »Ortsar­men« zu zählen war, sich von seinem Eigen­tum trennen wollte, geht aus der Verkaufs­an­kün­di­gung nicht hervor. Ob er auswan­dern wollte, ist auch nicht klar. Indiz dafür wäre allen­falls die Auffor­de­rung, bei der Aukti­on bar zu bezahlen.

Ende der Revolu­ti­on?
Die Aalener Zeitung berich­tet aus Stutt­gart mit Datum vom 19. Febru­ar 1851: »Siche­rem Verneh­men nach hört mit dem heuti­gen Tage das Tragen der schwarz-rot-golde­nen Kokar­de an den Kopfbe­de­ckun­gen auf, und werden die an den Fahnen angebrach­ten Schlei­fen dieser drei Farben beim K. Militär abgenom­men«. Diese Farben, durch das sog. »Hamba­cher Fest« 1832 ins Bewusst­sein der Deutschen gekom­men, jedoch dann als Symbol freiheit­li­cher Gesin­nung verbo­ten, waren im Jahr 1898 Marken­zei­chen der Revolu­ti­on gewor­den. Ihre aberma­li­ge Abschaf­fung war untrüg­li­ches Zeichen dafür, dass die zwar in Oberko­chen keine allzu großen Wellen schla­gen­de Revolu­ti­ons­be­we­gung nun am Ende war. Und was war das Ergeb­nis dieser mit großem Enthu­si­as­mus, viel Kampfes­wil­len und Opfern an Leib und Leben einher­ge­hen­den Reform- und Erneue­rungs­be­we­gung? Der Oberko­che­ner Pfarrer Carl Wilhelm Desal­ler, der ja politisch als Vorsit­zen­der des Aalener Bezirks­volks­ver­eins und als Abgeord­ne­ter für Neres­heim sich stark engagiert hatte, gibt in seinem Pfarr­be­richt die lapida­re Antwort: »Verspre­chun­gen wurden nicht einge­hal­ten«. Über Konse­quen­zen, die Pfarrer Desal­ler daraus zog, berich­tet die Fortsetzung.

Volkmar Schrenk

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