Im Raum 2 unseres Heimat­mu­se­ums befin­det sich in der Vitri­ne »Vor und Frühge­schich­te« ein Exponat, das vorder­grün­dig nichts mit Oberko­chen zu tun hat. Es handelt sich um die Replik des berühm­ten Homini­den Kiefers, der nun schon vor über 10 Jahren, genau am 29. 7. 1991 am Malavi­see in Afrika gefun­den wurde.

Was aber umso mehr mit Oberko­chen zu tun hat: Leiter der Forschungs­grup­pe waren der Oberko­che­ner Friede­mann Schrenk und sein ameri­ka­ni­scher Freund Timothy G. Bromage. Fast so sensa­tio­nell wie der Fund selbst war, dass 1992 in einer weite­ren Such- und Grabungs-Kampa­gne das fehlen­de winzi­ge Stück eines für die Forschung von unbeschreib­li­cher Wichtig­keit gewese­nen Zahnes gefun­den wurde. Das Auffin­den des Zahnsplit­ters glich dem sprich­wört­li­chen Fund der Nadel im Heuhau­fen. Die Funde belegen, dass die ersten mit Menschen­genen ausge­stat­te­ten Wesen bereits vor 3 Millio­nen Jahren in Afrika gelebt haben.
Diese und weite­re Funde sind Grund dafür, dass die Geschich­te der Mensch­wer­dung umgeschrie­ben werden muss.

Von Prof. Dr. Friede­mann Schrenk und seinem Freund Bromage erschien soeben unter dem Titel »Adams Eltern« ein neues Buch im Verlag C. H. Beck, München (ISBN 3406486150) mit 130 Abbil­dun­gen, 95 davon in Farbe, das die bishe­ri­gen Ergeb­nis­se der Prima­ten und Homini­den­for­schung von Bromage und Schrenk (letzte­rer ist in den letzten Jahren durch viele Fernseh­sen­dun­gen und Veröf­fent­li­chun­gen in Fachzeit­schrif­ten bekannt gewor­den) zusammenfasst.

Das Buch ist trotz des anspruchs­vol­len Inhalts auch für Laien so spannend und verständ­lich geschrie­ben, dass es Lust und Freude macht, sich gründ­lich mit ihm zu befassen.

Friede­mann Schrenks Forschungs­kon­zep­ti­on beruht auf der Erkennt­nis, dass Forschung nicht mit angeleg­ten diszi­pli­nä­ren Scheu­klap­pen und Geheim­nis­krä­me­rei, sondern gerade auf dem Gebiet der Prima­ten­for­schung nur durch weltweit inter­dis­zi­pli­nä­re wissen­schaft­li­che Zusam­men­ar­beit sinnvoll und erfolg­reich sein kann. Außer­dem zeigt sich in dem Buch, wie wichtig es ist, sich in die Menta­li­tät der betrof­fe­nen Afrika­ner hinein­zu­den­ken und sie dadurch zu faszi­nie­ren­dem fast familiä­rem Engage­ment zu bewegen, das letzt­lich darin gipfelt, dass für das Jahr 2002 die Eröff­nung eines Museums der Mensch­heits­ge­schich­te in einem der afrika­ni­schen Urgebie­te der Mensch­wer­dung erfol­gen kann.

Inter­dis­zi­pli­när ist auch die Buchkon­zep­ti­on Schrenks: Das Buch zeigt, wie wichtig für eine erfolg­rei­che wissen­schaft­li­che Arbeit auch auf den ersten Blick völlig unwis­sen­schaft­lich erschei­nen­de »inter­dis­zi­pli­nä­re« Beobach­tun­gen und Ereig­nis­se wichtig werden, wenn sie die afrika­ni­sche Lebens­art und Menta­li­tät beleuch­ten Gastfreund­schaft, Hilfs­be­reit­schaft, aber auch Diebstahl, Skorpio­ne, Schlan­gen, Medizin­män­ner und Malaria, oder die Erkennt­nis, dass Einge­bo­re­ne überfor­dert sind, wenn man davon ausgeht, dass sie wissen, was ein »Museum« ist.

Oberkochen

Das Buch gipfelt in der Feststel­lung und in der Beweis­füh­rung, dass Entwick­lun­gen auf unserer Erde schon immer in unmit­tel­ba­rem Zusam­men­hang mit den Vorgän­gen im Weltall zusam­men­hän­gen. Mit dieser Erkennt­nis beschäf­ti­gen sich die beiden Wissen­schaft­ler aktuell.

Friede­mann Schrenks Werdegang

  • 1956 in Stutt­gart geboren ist Friede­mann Schrenk in Welzheim und ab 1959 mit 4 Geschwis­tern zusam­men in Oberko­chen aufge­wach­sen. Nach dem Abitur am Gymna­si­um Oberko­chen absol­vier­te er den Wehrdienst bei der Luftwaf­fe, zuletzt im Radar­mel­de­dienst auf der Wasserkuppe.
  • Danach Studi­um der Geolo­gie in Darmstadt und Johan­nes­burg (Südafri­ka). Nach Abschluss des Studi­ums als Diplom­geo­lo­ge Assis­tent am Anato­mi­schen Insti­tut der Univer­si­tät Frank­furt, eine Stellung, die ihm ermög­lich­te, über Paläo­bio­lo­gie sein eigent­li­ches Forschungs­ge­biet, die Paläon­to­lo­gie zu errei­chen. In dieser Zeit Forschungs­auf­ent­hal­te in Ost- und Südafrika.
  • Seine 1984 entstan­de­ne Diplom­ar­beit beinhal­te­te einer­seits eine geolo­gi­sche Kartie­rung in Nordspa­ni­en, anderer­seits befass­te sie sich mit den Forschun­gen in den berühm­ten Höhlen von Makapans­gat in Südafri­ka, wobei schon früh der weit gespann­te Bogen seiner wissen­schaft­li­chen Inter­es­sen deutlich wurde, aber auch der Drang, enge heimat­li­che Gefil­de zu Gunsten weltwei­ter Perspek­ti­ven hinter sich zu lassen.
  • Einen weite­ren Aspekt seines Arbei­tens verdeut­li­chen seine Disser­ta­ti­ons­schrift (1987) und seine Habili­ta­ti­ons­ar­beit (1989) durch bis ins kleins­te Detail gehen­de Forschung, die große Zusam­men­hän­ge aufzei­gen­de Ergeb­nis­se zeigte.
  • Nach Abschluss des Studi­ums als Diplom­geo­lo­ge Assis­tent am Anato­mi­schen Insti­tut der Univer­si­tät Frank­furt, eine Stellung, die ihm ermög­lich­te, über Paläo­bio­lo­gie sein eigent­li­ches Forschungs­ge­biet, die Paläon­to­lo­gie zu erreichen.
  • 1990 am Hessi­schen Landes­mu­se­um Darmstadt Leiter der geolo­gisch paläon­to­lo­gi­schen und minera­lo­gi­schen Abtei­lung und zugleich stell­ver­tre­ten­der Direk­tor des Museums.
  • Seit 2001 Profes­sor an der Univer­si­tät Frank­furt und gleich­zei­tig am Forschungs­in­sti­tut und Natur­mu­se­um Sencken­berg Leiter der Abtei­lung Palme­an­thro­po­lo­gie und zustän­dig für eine Forschungs­au­ßen­stel­le in Weimar.
  • Auf dem afrika­ni­schen Konti­nent widmet er sich der Spuren­su­che nach dem Ursprung der Mensch­heit vor allem im ostafri­ka­ni­schen Malawi, wobei er und sein Forscher­team rund 600 Fundstü­cke sicher­stel­len konnten, darun­ter als ältes­ten Fund einen ca. 2,5 Millio­nen Jahre alten mensch­li­chen Unterkiefer.
  • Eng mit einhei­mi­schen Wissen­schaft­lern und Helfern zusam­men arbei­tend ist er gegen­wär­tig dabei, für die Dokumen­ta­ti­on der Funde und zur Bewah­rung einzig­ar­ti­ger Mosaik­stü­cke der Mensch­heits­ge­schich­te ein Museum des Staates Malawi zu planen und zu bauen.

Dietrich Bantel

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