Im Rahmen des sogenannten »Kocherinwertsetzungsprogramms« hielt der Vorsitzende des Heimatvereins am Freitag, 26.10. einen 2‑teiligen Vortrag zum Thema »Der Kocher und die Nutzung seiner Wasserkraft auf Oberkochener Gemarkung«.
Teil 1 handelte vom Kocher allgemein und von seinen Quellen auf unserer Gemarkung und wurde beim »Lokaltermin« am Kocherursprung gegeben.
Teil 2 handelte von der Nutzung des Kocherwassers auf unserer Gemarkung und wurde an der »Unteren Mühle« der sogenannten »Scheererrnühle« gegeben.
Diese Berichterstattung wurde für den Abdruck im Amtsblatt verändert und ohne entsprechenden Hinweis auch gekürzt, so dass dem Leser beispielsweise nicht mitgeteilt wurde, dass vor allem die Aufzählung der Quellen und Kocherzuläufe auf Oberkochener Gemarkung keineswegs vollständig erfolgte, was bei einer Reihe von Lesern zu Irritationen führte. Um entstandene Unklarheiten zu beseitigen, soll heute noch einmal zum Thema »Kocher« und die Nutzungen seiner Wässer auf Oberkochener Gemarkung berichtet werden.
Zu Teil 1 — Der Kocher und seine Zuläufe
Außer den im Bericht genannten Quellen sind weiter zu benennen:
Hubertusbrunnen im Tiefental. In seiner Nähe hat sich der Überlieferung nach das sogenannte Tiefentalhäusle befunden. In der Oberamtsbeschreibung von 1854 steht geschrieben: Im Tiefental stand bis vor nicht langen Jahren das bewohnte Tiefentalhäuschen. Das Quellwasser mündet in einen kleinen umzäunten Tümpel, dessen Abfluss das Haupttal nicht erreicht.
Eichertbrünnele im Wolfertstal. Auch das Eichertbrünnele schüttet nicht ganzjährig, sondern ist von der Menge der Niederschläge abhängig. Bei Schneeschmelze plus starken Niederschlägen beginnt der sozusagen »embryonale« Gutenbach bereits kurz nach der Gemarkungsgrenze zu Essingen, läuft parallel zum Weg den Wiesen und Feldern entlang, nimmt verschiedene Hungerbrunnen auf und bildet bei der Wegrampe zum städtischen Schuppen beim Doppelkreuz einen großen See, dessen Abfluss sich dann mit den zahlreichen Hungerbrunnenquellen des »amtlich« erst dort beginnenden Gutenbachs zu einem ziemlich großen Gewässer sammelt und sehr schnell in einem begradigten Bachbett parallel zum Vizinalweg (Wolfertstalsträßchen) Richtung Oberkochen fließt. Im Sommer beginnt der Gutenbach in der Regel erst beim Neubrunnen.
Neubrunnen. Der Neubrunnen ist eine gefasste Quelle zwischen dem ehemaligen Pferdestall von Wido Schenk und dem Aussiedlerhof Fischer (Pflugwirt), die fast ständig schüttet. Das Wasser wird in einem Rohr in den in der Regel erst dort beginnenden Gutenbach geleitet.
Brunnenquelle. Sie liegt am Fuß von Brunnenhalde und Brunnenberg. Vor zig Millionen von Jahren bildete das Wasser der Brunnenquelle die an die 100 Meter höher im Brunnenberg liegende Brunnenhöhle. Die Brunnenquelle unten an der Brunnenhalde speist ein Brünnele in der Brunnenhaldestraße.
Luggenlohbrunnen. Er ist von größter Bedeutung für Oberkochen, denn er liefert die im Bericht erwähnten 40 — 55 % des Oberkochener Wasserbedarfs. Diese stark schüttende Quelle befindet sich in einem kleinen Gebäude innerhalb eines eingezäunten Grundstücks links am Sträßle zwischen Segelfliegerhäusle und Aussiedlerhof Fischer (Pflugwirt). Aufgrund der Nutzung tritt der Luggenlohbrunnen als Wasserlieferant für den Kocher und auch als Quelle nicht in Erscheinung und wird deshalb gerne »vergessen«.
Langertquellen. Sie sind im Bericht erwähnt. Nicht erwähnt wurde dagegen, dass es sich bis in die Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts tatsächlich um mehrere Quellaustritte in einem lehmig-felsigen Steilhang handelte, die links der Zufahrt zu dem alten Steinbruch entsprangen. In diesem Steinbruch betrieb die Firma Carl Zeiss noch in den 60er-Jahren eine kleine Verbrennungsanlage (im Volksmund nannte man diese das »Zeiss-Krematorium«). Im Zuge des Baus der Heide-Erschließungsstraße wurden die Langertquellen überbaut und verlegt. Eine der Quellen steht im Zusammenhang mit der erwähnten Tretanlage, eine zweite wird unterirdisch abgeführt und mündet in einem Rohr kurz unterhalb der Mündung des kurzen Langertbachs von der Tretanlage.

Unsere erste Abbildung zeigt die »hochromantische« Mündung des Katzenbachs in den Kocher. Diese »Bachmündung« ist von der Kocherkanalbrücke neben dem Gebäude der Kreissparkasse in der Bahnhofstraße kocherabwärts in der linken, Betonwand des Kanalufers zu bewundern. Herr Mercaldi hat die Situation vor drei Tagen für den Heimatverein fotografiert, weil wir selbst mit den trüben Lichtverhältnissen an diesem Tag nicht zurecht kamen.
Zum allgemeinen Teil 1 gehörte auch noch der Hinweis auf die Wertschätzung des Gebiets oberhalb des Kocherursprungs bis zur Wasserscheide vor 150 Jahren, wie sie in der Oberamtsbeschreibung von 1854 geschrieben steht:
Zitat:
»Zu den weltbekannten Merkwürdigkeiten der Thalbildung gehört zwischen Oberkochen und Königsbronn der völlige Durchbruch des Alpplateaus, eines der weniger Quertäler im Bereich unserer Alp, so dass Kocher und Brenzthal ungeschieden und nahezu ganz eben ineinander übergehen … «
Und an anderer Stelle:
»Jene Wasserscheide im Thal, zwischen Kocher und Brenz, ist einzig in ihrer Art … «
Außerdem wurde in Teil 1 des Berichts in Beantwortung einer Frage aus dem Teilnehmerkreis auf die 4 bekannten Farb-Attribute der Kocherzuflüsse eingegangen.
Einer schriftlich bislang nicht bestätigten Überlieferung zufolge soll der »Schwarze Kocher« ursprünglich »Roter Kocher« geheißen haben. Dies aufgrund des durch die eisenhaltige Schlacke, die im Ursprungsbereich abgelagert wurde, rostigrot gefärbten Wassers. (Hochofen von 1551 — 1634. Dem widerspricht, dass in der Ducatus-Karte von 1595 der Kocherursprung eindeutig als »Schwarzer Kocher« bezeichnet ist.
Der »Rote Kocher« soll in alten Zeiten »Schwarzer Kocher« geheißen haben. Dies angeblich aufgrund des ölverschmutzten Wassers der Öl- und sonstigen Mühlen beim Ölweiher. Auch hierfür gibt es keinen Beleg. Wann die Umbenennung stattgefunden haben soll, ist noch viel weniger bekannt…
Der »Weiße Kocher« (Unterkochen) erhielt seinen Namen aufgrund der weißen Schaumkronen, die im starken Bachgefälle entstehen.
Die Ducatus-Karte von 1595 verzeichnet anstelle des »Weißen Kochers« noch die Bezeichnung »Blaukochen fl«. (fl. = fluvius = Fluss/Bach). Ein Grund dafür, weshalb der »Weiße Kocher« vor 400 Jahren »Blauer Kocher« hieß, ist uns nicht bekannt.
Zu Teil 2
In Teil 2 wurden, da er enger mit der eigentlichen Aufgabenstellung des Vortrags, der Nutzung der Wasserkraft des Kochers, verbunden war, das Wesentliche gesagt.
Ergänzt werden muss, dass die erste Werkstatt der späteren Firma Leitz sich zwar, wie ausgeführt, in der alten Kirchgasse (Aalener Straße) befand. Das Gebäude zählt aber heute, im Gegensatz zu damals, nicht mehr zur Aalener Straße, sondern zur Mühlstraße (Nr. 32). Aus dieser Tatsache ergaben sich Rückfragen.
Ferner erhielten wir einen Telefon-Anruf von »BuG«-Leserin Hilde Büttner (Jg. 1919) aus Berlin. Frau Büttner bezog sich auf den Kocher Bericht vom 2.11.2001. Sie ist eine Enkelin der in Teil 2 des Berichts erwähnten Johannes Elmer, der unterhalb der Kreuzmühle anfänglich mit Wasserkraft eine Kettenschmiede betrieb. Später erzeugte und verkaufte er Strom und ging als erster Stromlieferant für Oberkochen in die Geschichte des damaligen Dorfs ein. Johannes Elmer war ein so vielseitiger Mann, dass wir ihm irgendwann einen Extra-Bericht widmen werden. Frau Büttner vermisste in der Beschreibung der vielerlei gewerblichen Betätigungen ihres Großvaters den Hinweis, dass er dort unten bei der heutigen Wäscherei Lebzelter auch Papier hergestellt habe. Diese Aussage konnte bislang von keiner anderen Seite bestätigt werden. Wir bitten Alt-Oberkochener, die sich an eine Elmer’sche »Papierherstellung« erinnern können, sich mit uns in Verbindung zu setzen. In unserem Archiv befindet sich ein Foto, das Hilde Büttner — Cousine von Emil Elmer/Zweirad-Zentrum — dem Heimatverein schon vor vielen Jahren übereignet hat: Es zeigt sie im Jahre 1924 mit einem von ihrem genialen Großvater Johannes Elmer gebauten Fahrrad. Wie Frau Büttner berichtete, hat ihr Großvater nicht nur dieses, sondern mehrere Fahrräder gebaut, die er in Oberkochen, vor allem aber in Ulm verkaufte. Das heutige »Zweirad Zentrum« Elmer ist also absolut kein Zufall…
Dietrich Bantel
