In BuG vom 17. 8. d. J. vermerk­ten wir, dass das Doppel­kreuz im Wolfert­s­tal nach einjäh­ri­ger Abwesen­heit am Montag, dem 13. August in neuer Ausfüh­rung wieder aufge­rich­tet wurde und wiesen darauf hin, dass wir in abseh­ba­rer Zeit über neue Erkennt­nis­se zu der ausge­fal­le­nen Form des Kreuzes berich­ten werden.

Wir bezie­hen uns auf voraus­ge­hen­de Berich­te zu diesem Kreuz in BuG. Pfarrer Anton Hug vermerkt dort in einer Aufzäh­lung der Oberko­che­ner Wegkreu­ze zum Doppel­kreuz am 14. 9. 73: Wetter­kreuz in der Orthal­de — nach dem Krieg erneuert.

In unseren Berich­ten in BuG vom 18. 3. 1988 und vom 17. 11. 2000 infor­mier­ten wir ausführ­lich über das Doppelkreuz.

Das jetzt errich­te­te Kreuz, das erstma­lig während des 1. Weltkriegs von franzö­si­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen im Zusam­men­hang mit Zwangs­ar­beit beim Bau des Oster­buch­stol­lens für die Landes­was­ser­ver­sor­gung aufge­rich­tet wurde, ist die nunmehr 3. Ausfüh­rung dieses Kreuzes, das sich von jeher in der Obhut der Stadt befindet.

Aufgrund seiner Geschich­te wird diese Kreuz­form auch »Lothrin­ger Kreuz« genannt

Das neue Doppel­kreuz wurde am 13. 8. 2001 von Horst Eichen­topf, der es bei der Firma Brunn­hu­ber im Auftrag der Stadt zusam­men mit Tisch­ler Horst Köhler aus verleim­ten Eichen­holz­die­len fertig­te, Franz Brunn­hu­ber sen., Berthold Hug und Micha­el Janoc­zek am alten Stand­ort unweit des Hunger­brun­nens des Guten­bachs aufgerichtet.

Die Abmes­sun­gen des Kreuzes betra­gen wie vor dem:
Höhe: 4 Meter
Unterer Querbal­ken: 1.50 Meter in 2.74 Meter Höhe
Oberer Querbal­ken: 0.82 Meter in 3.67 Meter Höhe
Stärke: ll cm, Breite: 16 cm

Übrigens fertig­te Horst Eichen­topf in den letzten 20 Jahren außer dem Doppel­kreuz im Wolfert­s­tal vier weite­re auf unserer Gemar­kung stehen­den Kreuze:
Das Kreuz auf dem Rodstein, das Kreuz beim Römer­kel­ler, das Kreuz bei der Realhüt­te auf der Brunnen­ebe­ne (neue Leitzhüt­te), und das Kreuz bei der Linde beim Katho­li­schen Friedhof.

Bei der Neuan­fer­ti­gung wurde disku­tiert, ob das ursprüng­lich auf die Vorgän­ger-Holzkreu­ze zusätz­lich aufge­brach­te Kreuz aus Metall­bän­dern, das als »Verstei­fung und Stabi­li­sier­ele­ment« angese­hen wurde, überhaupt wieder montiert werden solle. Nach den Ergeb­nis­sen unserer Nachfor­schung zur Geschich­te und zur Bedeu­tung des Kreuzes war jedoch klar, dass das Metall­kreuz keines­wegs nur »Stabi­li­sie­rungs­funk­ti­on«, sondern ein geschicht­li­ches und inhalt­li­ches Vorbild hat: Wie wir in Bericht 380 vom 17. 11. 2000 nachwie­sen, befin­det sich in dem Doppel­kreuz der Abtei Scheyern an dieser Stelle eine zweite wesent­lich kleine­re Kreuz­form, die angeb­lich vom Kreuz Chris­ti stammt. Das große Kreuz bildet mehr oder weniger nur die Fassung dieser Reliquie.

Dieser Konzep­ti­on folgend wurde das Metall­kreuz selbst­ver­ständ­lich auch wieder in die Neuan­fer­ti­gung unseres Doppel­kreu­zes aufge­nom­men, wie unsere Abbil­dung 1 vom 16. August 2001 zeigt.

Oberkochen

Abbil­dung 2 zeigt das Scheyre­ner Kreuz mit dem Kreuz im Kreuz.

Oberkochen

Im Unter­schied zu »unserem« Doppel­kreuz vom Wolfert­s­tal, das die schlich­te­re Form des Jerusa­le­mer Patri­ar­chen-Kreuz aufweist, ist das Scheyre­ner Kreuz in der aufwän­di­ge­ren Form des sogenann­ten »Carava­ca-Kreuzes« gearbeitet.

Was versteht man unter »Patri­ar­chen-Kreuz«, was unter »Carava­ca-Kreuz«? Um einem weitver­brei­te­ten Irrtum in Bezug auf die Bezeich­nung der Kreuz­for­men zu begege­nen, veröf­fent­li­chen wir ein Schrei­ben, das wir auf Anfra­ge vom Kloster Scheyern von Pater Anselm Reich­hold erhielten:

Der Pater zitiert aus dem Lexikon für katho­li­sche Theolo­gie:
»Carava­ca-Kreuz, auch Spani­en-Kreuz genannt, ist ein Kreuz mit 2 Querbal­ken, nach der Stadt Carava­ca (Carava­ca de Santa Cruz) in Spani­en benannt, wohin es nach der Legen­de 1232 von Engeln, zur Messe des Pries­ters Cinesi­us gebracht wurde, bei der ein mauri­scher Emir zum Chris­ten­tum übertrat. Im 16. Jahrhun­dert wurde es verehrt als Wetter­kreuz und Amulett.

Charak­te­ris­tisch für dieses »Spani­sche Kreuz« ist der Doppel­bal­ken und glocken­för­mi­ge Enden.…«

Pater Anselm Reich­hold
Kloster Scheyern

Damit ist klar, dass das Oberko­che­ner Kreuz im Wolfert­s­tal nicht die Form des »Carava­ca-Kreuz« hat, sondern die einfa­che­re Form des »Jerusa­le­mer Patri­ar­chen-Kreuzes« aufweist, das auch der Lothrin­ger Doppel­kreuz­form entspricht.

Abschlie­ßend zur Erinne­rung: Das Jerusa­le­mer Patri­ar­chen­kreuz, also »unsere« Doppel­kreuz­form im Wolfert­s­tal, entwi­ckel­te sich aus dem einfa­chen latei­ni­schen Kreuz (langer Haupt­bal­ken, kurzer Querbal­ken), über dessen Querbal­ken ein kleine­res Brett befes­tigt war, auf dem die Buchsta­ben I N R I (Jesus Nazare­nus Rex Judäorum = Jesus aus Nazareth, König der Juden) aufge­bracht waren. Aus diesem Textbrett hat sich nach und nach der kleine­re zweite Querbal­ken über dem Haupt­bal­ken entwickelt.

Übrigens befin­det sich auf dem Sommer­berg bei Wiesen­steig ein um die Mitte des 19. Jahrhun­derts errich­te­tes 4,50 m hohes Carava­ca-Kreuz mit glocken­för­mi­gen Enden. (Abbil­dung 3)

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