Im Heimat­buch kann auf den Seiten 197 — 202 über die letzten Kriegs­ta­ge in Oberko­chen nachge­le­sen werden.

In Kürze:
Am Oster­sonn­tag, dem 1. April 1945, wurde — wahrschein­lich verse­hent­lich — im Bahnhof Oberko­chen von Jabos (Jagdbom­bern) ein Häftlings­trans­port angegrif­fen. Der Angriff forder­te 8 Tote und mehre­re Verletzte.

Vom nächs­ten Sonntag, dem 8. April 1945, ist im Heimat­buch vermerkt: »Unver­gess­lich wird den damali­gen katho­li­schen Erstkom­mu­ni­kan­ten der 8. April, der Weiße Sonntag, bleiben, wo sie unter schwers­ter Luftge­fahr flüch­tend, der Kirche zueilen mussten, in der dann so auch die ganze feier­li­che Handlung unter größter Aufre­gung vor sich ging«.

Am Mittwoch, dem 11. April 1945 fand der Luftan­griff auf die Ortsmit­te statt, bei dem ebenfalls 8 Menschen ums Leben kamen und mehre­re verletzt wurden.

Am Diens­tag, dem 24. April 1945, war mit anfäng­li­chem Beschuss und dann mit dem Einmarsch der Ameri­ka­ner der Zweite Weltkrieg für Oberko­chen vorbei.

Zum Sonntag, dem 8. April 1945:
Seit dem 10. April 2001, also fast auf den Tag genau 56 Jahre danach, wissen wir, dass eines der Flugzeu­ge, das an diesem Weißen Sonntag zu der allge­mei­nen Verun­si­che­rung durch »Luftge­fahr«, wie man das damals nannte, beitrug, ein alliier­tes Luftauf­klä­rungs­flug­zeug war, und zwar ein ameri­ka­ni­sches, das die einzi­ge während des ganzen Zweiten Weltkriegs bis jetzt bekann­te Luftauf­klä­rungs­auf­nah­me von Oberko­chen machte.

Auf einem länge­ren Weg bin ich in diesem Jahr über das Landes­ver­mes­sungs­amt Baden Württem­berg beim »Kampf­mit­tel­be­sei­ti­gungs­dienst« des Regie­rungs­prä­si­di­ums in Stutt­gart gelan­det und dort »fündig« geworden.

Zunächst war über Herrn De Leo vom Landes­ver­mes­sungs­amt Baden-Württem­berg in Erfah­rung zu bringen, dass umgehend geprüft wird, ob ein Foto von Oberko­chen überhaupt vorhan­den ist. Hinzu kam die Infor­ma­ti­on, dass an eine engli­sche Luftauf­klä­rungs­auf­nah­me schwe­rer »ran« zu kommen sei, als an eine ameri­ka­ni­sche. Dann wurde aber vom »Kampf­mit­tel­be­sei­ti­gungs­dienst« überra­schend schnell mitge­teilt, dass es

  1. eine einzi­ge alliier­te 2. WK Luftauf­nah­me von Oberko­chen gibt,
  2. dass diese Aufnah­me am 8. April 1945, dem oben erwähn­ten »Weißen Sonntag«, entstan­den ist,
  3. dass es sich um eine ameri­ka­ni­sche Luftauf­klä­rungs-Aufnah­me handelt, und
  4. dass diese dem HVO auf Wunsch als Kontakt­ab­zug vom 22/23 cm großen Negativ, und auch als Vergrö­ße­rung gezogen werden könne. (Kriegs­luft­bild vom 8. 4. 1945). Ferner
  5. dass mir, zur Prüfung, ob wir das Bild wollen, unver­bind­lich und kosten­los eine Kopie zugesandt wird. (Nr. des Fotos US-Flug C — 04815/34 / vom 8. 4. 1945 — Bild Nr. 4129)
  6. dass der Preis für einen Kontakt­ab­zug DM 42,–, der für eine Vergrö­ße­rung auf 60/60 cm DM 80,– ist. (plus Porto und Verpackung)

Bereits wenige Tage später trafen die gewünsch­ten Abzüge ein. Sie übertra­fen noch bei weitem die hohen Erwar­tun­gen, die sich aus der Kopie abgelei­tet hatten. Der wohl ins Negativ, einer Kopie vom Origi­nal-Negativ­strei­fen, einbe­lich­te­te Text im Foto lautet:
»US-Flug C — 44815 / 34 — 37 31 / 8. 4. 1945 Bild-Nr. 4129 — 24° — 2000 US-Zone.«
Hinter »US Zone« befin­det sich ein Unkenntlichmachungsfleck.

Die Herren Stefa­ni vom Landes­ver­mes­sungs­amt BW, Stutt­gart und Müller vom Kampf­mit­tel­be­sei­ti­gungs­dienst vom Regie­rungs­prä­si­di­um BW teilten auf Anfra­ge mit:
Die Flughö­he ist in dieser Legen­de mit »2000 ameri­ka­ni­schen Fuß« angege­ben; das entspricht einer Flughö­he von etwas mehr als 6500 m — eine fast unglaub­li­che Höhe für ein so präzi­ses Foto. 24 bedeu­tet mögli­cher­wei­se die Brenn­wei­te in Inch. Hier wäre der HVO dankbar, wenn ein Fachmann weiter­hel­fen könnte. Ferner besteht eine Unklar­heit in der Angabe »US-Zone«. Der Wahrschein­lich­keit, dass damit ein Bezug zur Jalta-Konfe­renz vom Febru­ar 1945 herge­stellt werden kann, wo Roose­velt, Churchill und Stalin die Auftei­lung Deutsch­lands in sogenann­te »Besat­zungs­zo­nen« vorge­nom­men haben, stehen Unter­la­gen des Landes­ver­mes­sungs­amts gegen­über, denen zufol­ge die endgül­ti­ge Auftei­lung unserer Gegend erst im Sommer 1945 vorge­nom­men wurde.

Auszu­schlie­ßen ist anderer­seits nicht, dass sich hier die Jalta-Konfe­renz in dem Vermerk »US Zone« tatsäch­lich bereits vorab vor Kriegs­en­de nieder­ge­schla­gen hat.

Am 23.05.2001 erhielt der Heimat­ver­ein die Geneh­mi­gung des Landes­ver­mes­sungs­amts Baden-Württem­berg zum Abdruck dieses Fotos. Der der Veröf­fent­li­chung im Amtsblatt beizu­ge­ben­de Text lautet:

»Luftbild des Landes­ver­mes­sungs­am­tes Baden-Württem­berg mit Erlaub­nis vom 14. 5. 2001, AZ 2858,8 LB/2493«

Oberkochen

US-Luftauf­klä­rungs­fo­to vom 08.04.1945 — aufge­nom­men aus 20.000 Fuß = ca. 6.500 m Höhe. Das Foto wurde am »Weißen Sonntag«. zwischen den beiden Luftan­grif­fen vom 01.04.1945 und vom 11.04.1945 aufge­nom­men. Abdruck mit Erlaub­nis des Landes­ver­mes­sungs­amts Baden-Württem­berg AZ: 2858.8‑LB1-4286 vom 14.11.2003. Ausführ­li­cher Bericht zu dem US-Foto in BuG 394 vom 08.06.2001

Alle Oberko­che­ner, die sich an das Kriegs­en­de in Oberko­chen erinnern, können dieses Foto gründ­lich studie­ren.
Im Origi­nal­fo­to sind deutlich zu sehen:

  1. ein ohne Lokomo­ti­ve auf dem Bahnhof bis zur Kuhstei­ge stehen­der Zug (Güter)
  2. eine Flak-Stellung (Flieger­ab­wehr Kanone) oben an der Kuhstei­ge. Weitere?
  3. Der Eingang zu der gegen Kriegs­en­de noch in Bau befind­li­chen unter­ir­di­schen Ferti­gungs­an­la­ge der Firma Fritz Leitz (Flugzeug­tei­le) — HVO Beiträ­ge 339 — 342
  4. Die Rüstungs­fir­ma Fritz Leitz und das Martha-Leitz-Haus
  5. Die Gefan­ge­nen­ba­ra­cken, die in den HVO-Beiträ­gen 311 — 317 bespro­chen wurden. Sicher können auf Grund des Fotos Korrek­tu­ren an den Lageplä­nen vorge­nom­men werden.
  6. Eine Großbau­stel­le für Einfa­mi­li­en­häu­ser im Bereich der »Blumen­stra­ßen« — Rosen, Tulpen, etc… und vieles mehr.

Der HVO ist bemüht, bis zum Stadt­fest Sonntag, 24. Juni (das Heimat Museum ist von 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöff­net)
eine 60/60 cm große Vergrö­ße­rung des spekta­lu­lä­ren Fotos im Raum 8 — (Sonder­aus­stel­lun­gen) aufzu­hän­gen. Es wird auch eine Kopie des Großfo­tos bereit­ge­hal­ten, in welche Punkte aufge­nom­men werden, zu denen Besucher Anmer­kun­gen machen können.

An diesem Tag können auch Bestel­lun­gen des Fotos in der Größe 23/23 (DM 42,-) Maßstab ca. 1:10000, und in der Größe 60/60 cm (DM 80,-) Maßstab zwischen 1:2800 und 1:3700 — je nach Ausschnitt, vorge­nom­men werden.
Bezah­lung bei Bestel­lung. Den Porto­an­teil übernimmt der HVO. Die Bestel­lun­gen werden in Form einer Sammel­be­stel­lung an das Landes­ver­mes­sungs­amt weitergeleitet.

Dietrich Bantel

Berich­ti­gun­gen und Ergän­zun­gen
zum Luftbild vom 8. April 1945

(Bericht 394, BuG 08.06.2001)

Das in der letzten Ausga­be von BuG veröf­fent­lich­te Luftbild löste zahlrei­che Rückkop­pe­lun­gen aus.
Vorab die Bemer­kung, dass wir sämtli­che Infor­ma­tio­nen zu den techni­schen Daten des Luftbilds von zwei offizi­el­len Stellen bekom­men und — einige davon mit Vorbe­halt — weiter­ge­ge­ben haben.

1) Zu Recht wurde bemerkt, dass ein Wider­spruch zwischen »Origi­nal Negativ­strei­fen« einer­seits und der »deutschen Inschrift« anderer­seits bestehe. Die Angabe geht auf eine missver­ständ­li­che schrift­li­che Infor­ma­ti­on des Kriegs­mit­tel­be­sei­ti­gungs­diens­tes zurück.

2) Die Origi­nal­ne­ga­tiv-Inschrift des US-Flugs, die von der Drucke­rei trotz unseres ausdrück­li­chen Wunsches, sie nicht abzuschnei­den, abgeschnit­ten wurde, lautet richtig: 4129 V V S 34/3731 8 APR 45 24°, 20000 SW W E CENT US-ZONE
(siehe Abbil­dung)

Oberkochen

3) Die Flughö­he ist, laut Kriegs­mit­tel­be­sei­ti­gungs­dienst, im Negativ mit 20000 (ameri­ka­ni­sche Fuß) angege­ben. Die Drucke­rei hat die Zahl 20000, die im Manuskript nachweis­lich zwei Mal richtig stand, beide Male unver­ständ­li­cher- und fälsch­li­cher­wei­se in 2000 verdruckt…
Über die Unmög­lich­keit, dass 2000 Fuß 6500 Metern entspre­chen sollen, stolper­ten eine Reihe von Exper­ten der Firma Carl Zeiss und andere Leser, die den Bericht gründ­lich gelesen haben.

4) Die Flughö­he von 6500 Metern ergibt sich, wie festge­stellt, aus der im Negativ angege­be­nen Flughö­he von 20000 Fuß.

5) Die Höhen­an­ga­ben bei Flugbil­dern erfolgt nicht in NN sondern in Fuß bzw. Meter »über Grund«.

6) Bei der Höhen­an­ga­be spalten sich die Leser-Geister. Die einen sagen, dass eine Höhe von 6500 Meter für diese Zeit nicht vorstell­bar ist. Andere, die es auch wissen müssen, sagen, dass diese Höhe für Aufklä­rungs­flü­ge durch­aus normal ist. Dritte stellen fest, dass eine Höhe von 2000 Fuß, also die verdruck­te Zahl, zu einer Zeit, als die deutsche Luftab­wehr praktisch ausge­schal­tet war, durch­aus vorstell­bar wäre. Das heißt, die Höhe müsste im Origi­nal­ne­ga­tiv-Strei­fen falsch einge­blen­det sein. Das jedoch ist absolut unvor­stell­bar.
Wir gehen also vorbe­halt­los davon aus, dass die offizi­el­le Höhen-Angabe von 20000 Fuß = 6500 Meter zutrifft.

7) Die Angabe »24°« bedeu­tet nicht Brenn­wei­te in »inch«, wie vom KMBD unter Vorbe­halt mitge­teilt wurde, sondern »Bildwin­kel in Grad«.

8) Zu den Angaben, die mit Sicher­heit Himmels­rich­tun­gen in Bezug auf die Aufnah­me während des Flugs bedeu­ten, benöti­gen wir noch fachkun­di­ge Erläuterungen.

9) Wir bedau­ern, dass das Foto im Amtsblatt nur so klein abgedruckt werden konnte, und freuen uns umsomehr auf Ihren Besuch im Heimat­mu­se­um, wo Sie ab Stadt­fest-Sonntag, 24. Juni, 14.00 — 17.00 Uhr eine gesto­chen schar­fe faszi­nie­ren­de Vergrö­ße­rung (60 cm / 60 cm) des histo­ri­schen Fotos studie­ren können. Neben dem Foto ist eine Kopie aufge­hängt, zu welcher durch­num­me­riert Bemer­kun­gen und Beobach­tun­gen der Besucher aufge­nom­men werden.

Der HVO plant einen Sonder­druck des Fotos samt ergänz­tem Bericht.

Dietrich Bantel

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