Mit Datum vom 9. 2. 2001 erhiel­ten wir über Herrn Hersa­cher vom Staat­li­chen Vermes­sungs­amt Aalen ein Schrei­ben vom Landes­ver­mes­sungs­amt Baden-Württem­berg, Abtei­lung Geodä­sie, Referat 33 in Karls­ru­he mit einem Gutach­ten von Herrn Dr. Arno Ruoff betr. Schreib­wei­se »Rodstein« zugesandt, das folgen­den Wortlaut hat:

»Rod-Namen, die sich auf Rodung bezie­hen, finden sich tatsäch­lich (Fränkisch beein­flusst) auch im heuti­gen schwä­bi­schen Sprach­ge­biet. Dem trägt die Neube­ar­bei­tung des Flurna­men­buchs, S. 119, Rechnung. Dort findet sich aller­dings auch der Hinweis, dass eine Unter­schei­dung zwischen rod- und rot- durch die örtli­che Ausspra­che möglich sei. Die aus Oberko­chen mitge­teil­te Ausspra­che der dorti­gen rot-Namen mit ‑oa- weist eindeu­tig auf die Herkunft von rot. (Altes langes o wie in rot wird dort zu oa; altes kurzes o wie in roden wird gedehnt, aber nicht zum Zwielaut.)

Auch sachlich scheint die Hangro­dung sehr zweifel­haft, während »rot« für den Stein wie für das Land darun­ter sehr plausi­bel ist: Die Benen­nung »rot« gilt in den selte­ne­ren Fällen der Gelän­de­far­be, viel häufi­ger erscheint »rot« als Bezeich­nung des Unheim­li­chen, so ganz spezi­ell bei römischen Resten (Flurna­men­buch, S. 120). Das liegt gerade in Oberko­chen sehr nahe: Rot neben röm. Keller, Rotstein als Fels darüber in schwer zugäng­li­chem Gelän­de. Dementspre­chend ist die Schrei­bung der Oberko­che­ner Namen Rot, Rothal­de, Rotstein zu belas­sen«.
gez.: Dr. Ruoff

Das heißt: Es soll durch Entschei­dung von Herrn Dr. Arno Ruoff bei der Schrei­bung »Rotstein« (mit »t«) bleiben.

Nun kam ausge­rech­net in einem entschei­den­den Punkt, wie nämlich das »o« in »Rod«, »Rodhal­de« und »Rodstein« in Oberko­chen ausge­spro­chen wird, die Aussa­ge eines durch­aus zustän­di­gen Alt-Oberko­che­ners zum Tragen, der mir am Telefon erklärt hatte, dass man das »Rod« »Road« ausspricht. Mit durch diese Infor­ma­ti­on bedingt legte sich Dr. Ruoff laut seinem obigen Schrei­ben auf die Schreib­wei­se mit »t«, also »Rot«, »Rothal­de«, »Rotstein« fest.

Inzwi­schen steht fest, dass die Infor­ma­ti­on wohl durch ein Missver­ständ­nis falsch war, und, dass eben dieses »rod« hinter Peters­hans und Betzler nicht »Road«, sondern »Rod« (mit geläng­tem »o«) ausge­spro­chen wird.

Die Ausspra­che »Rod« (mit geläng­tem »o«) galt es nun stich­hal­tig zu belegen.
Nach dem Erschei­nen unseres Artikels »Rodstein 2« in BuG vom 19. 1. 2001, wurde ich dann wieder­holt auch von anderer Seite darauf­hin angespro­chen, dass das »o« in »Rod«, »Rodhal­de« und »Rodstein« ausdrück­lich nicht als »oa« ausge­spro­chen werde. Im Laufe der Zeit beleg­ten nun weite­re acht von mir befrag­ten Alt-Oberko­che­ner auf Anfra­ge Landwir­te und Leute vom Forst überein­stim­mend, dass sowohl die Flur »Rod« (hinter Peters­hans und Betzler, sowie »Rodhal­de« als auch »Rodstein« ohne jeden Zweifel schon immer als »Rod« (mit geläng­tem »o«) ausge­spro­chen wurden und werden. Die Infor­ma­ti­on einer Ausspra­che »Road« sei eindeu­tig falsch. Ein verhäng­nis­vol­ler Irrtum, denn auf Grund dieses Irrtums trifft die Argumen­ta­ti­on von Dr. Ruoff nun ins Leere, und unsere Aktien für das »d« in »Rodstein« steigen wieder enorm. Durch Fehler lässt sich dazulernen.

Zur weite­ren Kräfti­gung unserer Initia­ti­ve für die Schrei­be­wei­se Rodstein mit »d« fanden wir zusätz­lich heraus, dass seit ca. 150 Jahren die Flur »Rothhal­de« in den Karten gerade nicht im Steil­be­reich des Hangs einge­tra­gen ist, sondern oben auf der härts­feld­sei­ti­gen Hochflä­che, wo die »Halde« fast eben ist. (Beleg­bar durch Karten von 1862, 1899, 1900, 1908, 1914, 1921 und 1933. Das passt in die Überlie­fe­rung, dass oben hinter dem Rodstein, so wie auf der Heide belegt, früher tatsäch­lich auch gerodet gewesen sei.

Wir veröf­fent­li­chen als Beleg einen Ausschnitt aus einer unserer ältes­ten Karten (ca. 1862), die dem Heimat­ver­ein von Josef Frech übereig­net wurde.

Diese Karte wies uns auf eine andere inter­es­san­te Frage im Zusam­men­hang mit »Rod/Roth/Rot« auf Oberko­che­ner Gemar­kung hin.

Die befrag­ten Alt-Oberko­che­ner brach­ten nämlich eine weite­re Tatsa­che ans Tages­licht, die durch das Studi­um alter Karten bis zurück in die Mitte des vorletz­ten Jahrhun­derts (1862) belegt werden konnte:

Es gab in Oberko­chen zwei »Rothhal­den«
Die heute sogenann­te »Orthal­de« im Wolfert­s­tal auf der, talauf­wärts gesehen, linken Talhang­sei­te zwischen Vizinal­weg in der Talaue und dem Waldrand vom Aussied­ler­hof Fischer hieß früher fast bis hinaus zu den Hunger­brun­nen beim Doppel­kreuz, (haupt­säch­lich jedoch oberhalb vom »Roina«) in den Karten nicht »Orthal­de«, sondern ebenfalls »Rothhal­de« (in allen Karten mit »th«. Die Alten nennen sie noch heute so. Und eben diese hängi­ge Flur im Wolfert­s­tal wird, im Gegen­satz zu der »Rodhal­de« beim »Rodstein«, das mit gelän­ge­tem »o« ausge­spro­chen wird, mit »oa«, also »Roadhalde, ausge­spro­chen.

Der Name »Rothhal­de« (o = »oa«) anstel­le von »Orthal­de« ist durch mehre­re Karten bis in die Mitte des 20. Jahrhun­derts beleg­bar. (In einer Karte von 1908 — topogra­phi­scher Atlas von Württem­berg — steht sogar »Brothal­de« — mit großer Sicher­heit aller­dings ein Irrtum).

Der Name »Orthal­de« an Stelle von »Rothhal­de« über dem Wolfert­s­tal taucht, wie bis jetzt bekannt, erst um die Mitte des letzten, also des 20. Jahrhun­derts auf. Zuvor bezog sich der Name »Orthal­de« ledig­lich auf die bewal­de­ten Hänge zwischen dem Waldrand über dem Tal zum Volkmars­berg, wo es auch einen Orthal­den­weg gibt. Das Staat­li­che Vermes­sungs­amt geht davon aus, dass die Hinzu­fü­gung dieser unbewal­de­ten »Rothhal­de« zum bewal­de­ten Teil der bestehen­den »Orthal­de« vorge­nom­men wurde, weil ein- und dersel­be Name auf ein- und dersel­ben Gemar­kung nicht zwei mal vorkom­men darf. Seit ungefähr 1950 taucht die dorti­ge »Rothhal­de« zu Gunsten der Bezeich­nung »Orthal­de« in den Karten nicht mehr auf.

Die verschie­de­nen Ausspra­chen der beiden »Rothhal­den« können geschicht­li­chen Hinter­grund haben und zusätz­lich aber auch zur Unter­schei­dung der beiden »Rothhal­den« gedient haben.
Wir stellen mit Genug­tu­ung fest, dass unsere Veröf­fent­li­chun­gen im Amtsblatt durch­aus kritisch gelesen und kommen­tiert werden, bedan­ken uns bei allen Infor­man­ten und freuen uns über weite­re Hinweise.

In getrenn­ten Berich­ten unter­su­chen wir den Namen »Wolfert­s­tal« und die Situa­ti­on »Bahn/Bahnhof/Station« in der obigen Abbil­dung. Auch die Bezeich­nung »Römere­gert« (Egert = ein Garten außer­halb Etters) unter­halb dem »Burghau«, in dem Karten­aus­schnitt links oben, wäre eine Unter­su­chung wert, sowie die Bezeich­nung »Kohlen­bühl« (statt heute »Kahlen­bühl« rechts außen in der Mitte der unteren Kartenhälfte.

Dietrich Bantel

Oberkochen

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