Immer noch war für das Oberamt Aalen und damit auch für Oberkochen das »Allgemeine Intelligenz Blatt für den Jaxtkreis« zuständig. Es erschien in dessen Hauptort Ellwangen und der »Jaxtkreis« war eine der vier Verwaltungseinheiten des Königreichs Württemberg, die »neuwürttembergische Länder« umfasste, wie z. B. die ehemalige Fürstpropstei Ellwangen und Reichsstädte wie Aalen und Bopfingen, und sich von Mergentheim bis Heidenheim und von Hall bis Neresheim erstreckte.
1832, das Jahr in welchem Goethe starb.
Halten wir in dieser Zeitung Ausschau nach Nachrichten aus Oberkochen, drängt sich der Eindruck auf, 1832 sei für Oberkochen ein recht ruhiges Jahr gewesen, nachdem sich die Aufregung um den Rücktritt des württembergischen Schultheißen Scheerer wegen »Differenzen mit dem württembergischen Bürokratismus« gelegt und der Chirurg Sigmund Jonathan Maier das Schultheißenamt übernommen hatte. Denn in der Presse wird von keinen Ereignissen in Oberkochen berichtet. Dass aber dennoch in Oberkochen gehandelt, sogar mitunter über die Verhältnisse gelebt wurde, lässt sich indirekt einer Verlautbarung von Schultheiß Maier vom 14. März 1833 entnehmen:
WARNUNG VOR BORGEN!
Zwei Bürgersöhne, einer ein Metzger, der andere Glaser, »führten einen so verschwenderischen Lebenswandel, dass man sich veranlasst findet, jedermann zu warnen, denselben etwas zu Borgen, weil keine Rückzahlung zu erwarten ist«.
DER »BOTE VON AALEN« ERSCHEINT
Erst als am 29. Januar 1837 »mit Königlicher allergnädigster Genehmigung« der »Bote von Aalen« als »Oberamts- und Intelligenzblatt für Stadt und Bezirk Aalen« erschienen war, wird auch der Informationsfluss aus Oberkochen kräftiger.
Zunächst verdient eine Bekanntmachung des Königlichen Oberamtsgerichts Aalen vom 1. März 1837 unsere Aufmerksamkeit. Dort heißt es: »Der vormalige Schullehrer Jakob Heinreich Biz in Oberkochen starb mit Hinterlassung eines geringen Vermögens«, weshalb sich Erben oder Gläubiger des Verstorbenen beim Waisengericht in Oberkochen melden sollten. Diese Aufforderung gibt Gelegenheit, kurz auf diesen Oberkochener evangelischen Schulmeister einzugehen.
SCHULLEHRER BIZ UND FRAU
Jakob Heinrich Biz hatte 1817 die Nachfolge des »nach Goldburghausen beförderten« Lehrers Jakob Nagel angetreten. Obwohl er neben seiner Schularbeit auch für die bürgerliche Gemeinde das Verzeichnis zur Pockenschutzimpfung zu führen hatte, wofür er 12 Gulden erhielt, machten er und seine Frau keine gute Figur. Sie gaben mit ihrem Lebenswandel »in der Öffentlichkeit ein böses Beispiel« und zu allem hin hörte und sah Biz schlecht, so dass man sich vorstellen kann, dass dabei »die Schule in Erkenntnis und Wachstum mehr ab- als zunahm«.
Deshalb wurde 1823 Provisor Adam als Hilfslehrer eingestellt, was aber bedeutete, dass dessen Besoldung zu Lasten von Biz ging. Deshalb war wohl auch Frau Biz nicht gut auf Adam zu sprechen. Sie ließ ihren Unmut an den Schulkindern aus und brüllte sie an: »Wenn nur der Teufel einmal euren Provisor holte und euch mit ihm!«, was eine Vorladung beim Schulvorstand, dem evangelischen Pfarrer Johann Christoph Stettner, nach sich zog. Jedoch, wer nicht erschien, war Frau Biz. Erst als sie der dritten Vorladung nicht gefolgt war, wurde sie vor den Kirchenkonvent zitiert. Da bequemte sie sich zu erscheinen und entschuldigte sich, beim ersten Mal Zahnweh gehabt und bei den beiden anderen Malen (wie man heute sagen würde) keinen Bock gehabt zu haben. Doch damit kam sie beim Kirchenkonvent schlecht an, denn er machte kurzen Prozess, verurteilte sie zu »zwei Stunden Arrest im Turm, wohin sie sogleich abgeführt wurde« (was aber nicht in der Zeitung stand, sondern dem Kirchenkonvents-Protokoll entnommen ist).
1824 erfolgte die Entlassung von Schulmeister Biz aus dem aktiven Dienst. Dabei sollte von den 190 Gulden, die einschließlich der Naturalentlohnung die Lehrerbesoldung ausmachten, 12 Gulden an den Provisor gehen und 70 Gulden an Biz als Ruhegehalt. Doch der Kirchenkonvent beschloss, Biz nur 59 Gulden zuzugestehen, »weil er anderwärts etwas verdienen und damit wohl auch leben könne«, was er dann auch durch Graben nach Wurzeln und Sammeln von Kräutern tat.
FORSTWIRTSCHAFT UND SCHAFWEIDE
Wenn »Oberkochen« 1838/39 in Anzeigen des »Boten von Aalen« auftaucht, dann vornehmlich im Zusammenhang mit Holzverkauf, Schafweide und »Schuldenliquidation«. Ausnahme macht der »beabsichtigte Verkauf einer Säg‑, Oel- und Gypsmühle allhier in der Nähe des Kocherursprungs (am sogenannten Oelweiher)«. Besitzer war Michael Kieninger, der seinen Besitz »wegen kränklicher Umstände an den Meistbietenden aus freier Hand« verkaufen wollte und dies durch Schultheiß Maier ausschreiben ließ.
Doch nun zurück zu den anderen Stichworten:
Holzverkauf:
Das »königliche Forstamt Heidenheim, Revier Oberkochen« schreibt am 19. Mai 1838 zum Verkauf als Brennholz aus: 7050 Stück aufgebundene buchene Wellen, 800 Stück aufgebundene birkene Wellen, 8350 Stück aufgebundene hartgemischte Wellen, 9700 Stück unaufgebundene buchene Wellen, ferner Abfallholz: 1 Klafter und 675 Stück Wellen«, wobei 1 Klafter Holz knapp 4 Kubikmeter fasste.
Dies war eine gewaltige Menge, die im »öffentlichen Aufstreich verkauft« (d. h. versteigert) wurde, wobei ein Zehntel des Verkaufspreises sofort als »Aufgeld« zu entrichten war. Des gleichen wurden schon am 7. Mai 1838 aus dem »der hiesigen katholischen Stift zugehörigen Heiligenwald 130 Klafter Holz verkauft, wobei für den Klafter sofort 1 Gulden 36 Kreuzer zu bezahlen waren, während der Rest auf Martini fällig wurde.
Schafweide:
»Die Weide, welche mit 800 Stück Schafen befahren werden kann und vorzüglich ist«, wurde im Juli 1838 für drei weitere Jahre vergeben.
Schuldenliquidation:
Im August 1838 ließ der Gemeinderat »aus der Gantmasse des Ulrich H.« öffentlich versteigern: Ein halbes Wohnhaus, ein halbes Gemeindrecht, einen Garten, 2 Jauchert Äcker (1 Jauchert ca. 47 ar).
Im November wurden »sämtliche Gläubiger und sonderungsberechtigte zur Schuldenliquidation in Gantsache gegen den weil. Joachim R., gewesenen Bergmann von Oberkochen« zusammengerufen. Die Betroffenen konnten selbst kommen oder sich durch »gehörig Bevollmächtigte« vertreten lassen, wobei angenommen wurde, »dass die nicht erscheinenden Gläubiger hinsichtlich eines Vergleichs oder Verkaufs der Entscheidung der Mehrheit zustimmen.
Beschließen wir den Presse Rückblick auf die Jahre vor 1840 mit einer Offerte der Katholischen Stiftungspflege, die im Dezember 1839 400 Gulden gegen zweifache Sicherheit und viereinhalb Prozent Verzinsung zum Ausleihen bereit hält«. (Fortsetzung folgt)
Volkmar Schrenk