Auf unseren letzten Bericht zur Schreib­wei­se von »Rodstein« (Nr. 383, BuG v. 5. 1. 2001) gab es zahlrei­che Rückkop­pe­lun­gen. Sie bestä­tig­ten allesamt die Schreib­wei­se Rodstein mit »d«. Hinwei­sen von zwei Oberko­che­nern bin ich im Beson­de­ren nachge­gan­gen. Ihnen zufol­ge stamme der Name »Rodstein« von einem einst in Oberko­chen ansäs­sig gewese­nen Adels­ge­schlecht namens »von Roden«.

Tatsa­che ist, wie im Verlauf dieses Berichts belegt wird, dass ein Geschlecht dieses Namens in Oberko­chen nie ansäs­sig war, und dass es nie einen Oberko­che­ner »Ortsadel« dieses Namens gegeben hat. Aus diesem Grund schien mir ein Zusam­men­hang zum Namen Rodstein zunächst nicht unbedingt gegeben.
Tatsa­che ist aber auch, dass ein Adels­ge­schlecht mit Namen »von Roden« in einem Artikel von Dr. Christ­hard Schrenk auf Seite 11 in unserem Heimat­buch im Zusam­men­hang mit Güter­ver­käu­fen am 10. Novem­ber 1341, also kurz nach der ersten urkund­li­chen Erwäh­nung Oberko­chens, genannt ist.

Dort heißt es:
»Nach 1337 wird über Oberko­chen häufi­ger in den schrift­li­chen Quellen berich­tet. Am 10. Novem­ber 1341 vermel­det eine Urkun­de, dass Ulrich »von Reden« (erst später nannte sich das Geschlecht »von Roden«) an Abt Marquard und den Konvent des Zister­zi­en­ser­klos­ters Königs­bronn Güter in Oberko­chen verkauft hat«.

Um bezüg­lich derer »von Roden« aber ganz klar zu sehen, wandte ich mich an den Verfas­ser des genann­ten Artikels im Heimat­buch von 1986, Dr. Christ­hard Schrenk, der mittler­wei­le Direk­tor des Stadt­ar­chivs in Heilbronn ist, mit der Bitte, mir, falls möglich, mitzu­tei­len, wo die »von Roden« ansäs­sig waren. Dr. Schrenk bezieht sich in seiner ausführ­li­chen Antwort, der er fünf entspre­chen­de Belege beifüg­te, auf:

1)
Auszü­ge aus der Beschrei­bung des Oberamts Aalen von 1854, in welcher auf den Seiten 156, 157 und 158 eine länge­re Abhand­lung über die Herren »von Roden« abgedruckt ist.

Aus dieser Abhand­lung geht hervor, dass die Herren »von Roden« zwischen 1283 und 1536 mehrfach als Grund­be­sit­zer oder auch in anderem Zusam­men­hang genannt werden. Und zwar werden sie als Grund­be­sit­zer im weiten Umkreis von Oberko­chen, aber auch als Grund­be­sit­zer in Oberko­chen selbst genannt. Einer von ihnen wird 1515 sogar als Schult­heiß von Aalen genannt.

Als Sitz derer »von Roden« werden tatsäch­lich »Hohen­ro­den« (bei Essin­gen), aber auch andere Orte genannt. »Verbür­gert« sei das Geschlecht wohl in Aalen ansäs­sig gewesen. Es gibt keinen einzi­gen Hinweis, nach welchem die »von Roden« in Oberko­chen ansäs­sig waren.

Für Oberko­chen erscheint mir jedoch in diesem Zusam­men­hang von beson­de­rem Inter­es­se zu sein, dass das Geschlecht derer »von Roden« früher »Schneg­gen­ro­den« hieß. Diese Tatsa­che brach­te mich auf eine bislang völlig unberück­sich­tig­te Querver­bin­dung nach Essin­gen: Inter­es­sant im Hinblick auf das Essin­ger Adels­ge­schlecht derer »von Schneg­gen­ro­den« (später Hohen­ro­den) ist nämlich, dass es auf Oberko­che­ner Gemar­kung oberhalb des Bilzhau­ses eine Anhöhe gibt, die »Schne­cken­bur­ren« (Burren = Anhöhe) heißt, was der Geschich­te des uralten Siedlungs­ge­biets in der Bilz mögli­cher­wei­se eine inter­es­san­te neue Schat­tie­rung geben könnte, da dieses Gebiet ja unmit­tel­bar an die Essin­ger Gemar­kung angrenzt.

Im Schwä­bi­schen ist es bekannt­lich von »gg« nach »ck«, oder umgekehrt, nicht weit. In der Bilz gibt es auch einen »Schne­cken­bur­ren­weg«. Der »Schne­cken­bur­ren­weg« führt direkt zwischen dem Bilzhaus und der Bilzhül­be hindurch hinauf auf den »Schne­cken­bur­ren«. Oben angekom­men biegt man rechts ab und kommt dann zur Bilzhüt­te. (Bitte »Bilzhaus« und »Bilzhüt­te« nicht verwech­seln!) Mit der gutge­mein­ten, aber auf die falsche Fährte führen­den »entschwä­bi­sie­ren­den Eindeut­schung« der »Schneg­gen« in »Schne­cken« mag dersel­be logische »Un-Sinn« passiert sein wie mit der »Eindeut­schung« von »Rod« nach »Rot«. »Schne­cken« auf einem »Burren« machen heute natür­lich wenig Sinn für eine Namens­ge­bung.
Dagegen wäre ein Adels­ge­schlecht namens »Schneg­gen­ro­den« auf einem »Burren« zweifel­los ein träch­ti­ger Namensgeber.

2)
Einen Auszug aus dem 2. Band des umfang­rei­chen Werks »Württem­ber­gi­sches Adels- und Wappen­buch«, das 1899, im Auftrag des Württem­ber­gi­schen Alter­tums­ver­eins von Otto von Alberi begon­nen und anderen Forschern 1916 vollendet wurde. (siehe Abbildung).

Oberkochen

In diesem Werk taucht der Name derer »von Roden« (Hohen­ro­den bei Essin­gen) auf Seite 646 ebenfalls als »Schneg­gen­ro­den« auf, zusam­men mit ihrem Wappen und zahllo­sen Querver­wei­sen zu allen »von Roden« im Oberamts­be­reich Aalen. Den Bericht über die »von Roden« in der Oberamts­be­schrei­bung von 1854 werden wir demnächst in BuG abdrucken.

3)
Wissen­schaft­li­che Abhand­lung von Dr. Christ­hard Schrenk mit dem Titel »Oberko­chen im Spannungs­feld zwischen Ellwan­gen und Königs­bronn« für das Ellwan­ger Jahrbuch 1985/86. Auch dort sind die »von Roden« genannt. Dieser 11-seiti­ge Artikel ist mit ausführ­li­chen Quellen­an­ga­ben versehen.

4)
Artikel­se­rie zum Thema »Flurna­men auf Oberko­che­ner Gemar­kung im Amtsblatt »Bürger und Gemein­de« im August 1985 von Dr. Christ­hard Schrenk.

In Bezug auf den »Rodstein« bezog sich Dr. Schrenk auf die Oberleh­rer Mager und Braun, die wie bereits berich­tet, die Schrei­bung mit »t« und den Bezug auf »rot« als falsch verwar­fen. Aller­dings wird dort ein Bezug auf die »von Roden« nicht ausge­schlos­sen; dagegen wird ohne Angabe von Gründen merkwür­di­ger­wei­se ausge­schlos­sen, dass die Bezeich­nung von »roden« im Sinne von »urbar machen« kommt. Die letzte­re Feststel­lung möchte ich lieber offen lassen, denn um sie als »nicht in Frage kommend« glaub­haft zu machen, müsste zunächst bewie­sen und nicht nur behaup­tet werden, dass der Beina­me des adeli­gen Geschlechts »von Roden« zu dieser Zeit nicht mit »roden« zusam­men­hängt, und, woher der Name dann kommt. Um die Herkunft des Namens derer »von Roden« zu klären, bedarf es wesent­lich einge­hen­de­rer Nachforschung.

5)
Heimat­buch Oberko­chen, 1986. Artikel von OFD. Karl Schurr zu den Flurna­men.
Wie bereits im Artikel vom 5. 1. 2001 vermerkt, verweist auch Dr. Schrenk ohne Wertung auf den Beitrag von OFD. Karl Schurr im Heimat­buch (S. 245), wo dieser die Herkunft des Namens von »reuten« = »roden«, im Sinne von »urbar machen« als am wahrschein­lichs­ten nennt.

Abschlie­ßend darf ich einige Überle­gun­gen von Dr. Schrenk in den Bericht aufnehmen.

Zitat:
»Ulrich von Roden«, bzw. das Geschlecht derer »von Roden« war also sicher nicht als Ortsadel in Oberko­chen ansäs­sig. Aber das Geschlecht war in Oberko­chen fast zwei Jahrhun­der­te lang begütert.
Die entschei­den­de Frage lautet für mich nun »Seit wann heißt der Rodstein Rodstein?«
Ließe sich über Güterverzeichnisse/Urbare o. ä. nachwei­sen, dass der Rodstein seinen Namen im 14./15. oder frühen 16. Jahrhun­dert bekom­men hat, dann wäre eine Benen­nung nach der Familie »von Roden« wohl sehr wahrschein­lich. Wenn der Rodstein seinen Namen bereits getra­gen hat, bevor die Herren »von Roden« in Oberko­chen begütert waren, dann ist diese Ablei­tung auszu­schlie­ßen. Bei einem erstma­li­gen Auftau­chen des Namens Rodstein ab dem 16. Jahrhun­dert wird es schwie­rig — dann müsste man recher­chie­ren, ob es am Rodstein­hang (größe­re) Rodun­gen gegeben hat«.

Um die Frage “Rodstein mit »t« oder mit »d« geht es nicht mehr.
Rodstein muss heute, so oder so, mit »d« geschrie­ben werden.

Es geht nun vielmehr darum, ob der Name sich auf das Geschlecht derer »von Roden« bezieht, oder auf den Begriff des »Rodens« im Sinne von »reuten« = roden, und vor allem, seit wann der Rodstein Rodstein heißt.

Übrigens hat Schil­ler vor demnächst 200 Jahren (1804) in seinem »Tell« bei der Beschrei­bung des »Rütlis« bewusst die alte Schreib­wei­se von »roden«, nämlich »reuten« verwen­det, um auf die weit zurück­lie­gen­de Zeit hinzu­wei­sen, die den Stoff für den »Tell« liefert. Der sogenann­te »Rütli­schwur« fand — das Datum ist histo­risch nicht einwand­frei gesichert — im Jahr 1291 statt. In diesem Jahr fand der Überlie­fe­rung nach die Gründung der Schwei­zer Eidge­nos­sen­schaft statt. (Diese Zeit ist übrigens die der »Ritter von Kochen« und gleich­zei­tig die Zeit, in der der Name derer »von Roden« zum ersten mal belegt ist.)

Im »Tell« heißt es:
»Links am See, wenn man nach Brunnen fährt, dem Mythen­stein grad’ über, liegt eine Matte heimlich im Gehölz, das »Rütli« heißt sie bei dem Volk der Hirten, weil dort die Waldung »ausge­reu­tet« ward…«

Heraus­zu­fin­den, ob der Name derer »von Roden« (Hohen­ro­den) sich von »roden« (reuten) im Sinne von »urbar machen« ablei­tet oder nicht, wird nicht einfach sein. Die Tatsa­che, dass das Geschlecht derer »von Roden« sich vormals »von Reden« nannte, ist in diesen Nachfor­schun­gen ebenfalls zu berücksichtigen.

Für den Heimat­ver­ein ergibt sich also im Zusam­men­hang mit der Anregung des Aalener Stadt­ar­chi­vars Dr. Schurig, unter seiner Anlei­tung den Grund­be­sitz­ver­hält­nis­sen zwischen den heuti­gen Orten Unter- und Oberko­chen in der Zeit, da sie noch »Kochen« hießen (1136 — 1337), nachzu­ge­hen, eine zusätz­li­che inter­es­san­te Neben­auf­ga­be: Nämlich heraus­zu­fin­den, seit wann und warum der Rodstein Rodstein heißt. Die Frage, ob die »Rodhal­de« je beackert wurde, ist unbeant­wor­tet. Unbeant­wor­tet ist auch die Frage, ob die Rodhal­de Namens­ge­ber für den Rodstein war oder dieser der Rodhal­de den Namen gab. Sollte die Rodhal­de Namens­ge­ber sein und sollte der Name Rodhal­de mit »roden« zusam­men­hän­gen, muss unter­sucht werden: Gab es einen Grund, und welchen, diesen sicher nicht beson­ders ertrag­rei­chen Nordhang urbar zu machen, zu »roden«? Und wenn ja, wann? Oder hat tatsäch­lich das Geschlecht derer »von Roden« namens­ge­bend gewirkt? Wenn ja, wann? Und hängt der Name derer »von Roden« mit »roden = urbar machen zusam­men oder nicht? Fragen über Fragen.

Die Vorar­beit von Dr. Christ­hard Schrenk wird hierbei wertvol­le Hilfe leisten.

Dietrich Bantel

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