Nachdem Württem­berg König­reich gewor­den war und sich z. B. die Fürst­props­tei Ellwan­gen und die Reichs­stadt Aalen als »neuwürt­tem­ber­gi­sche Länder« einver­leibt hatte, wurde das Land in vier »Kreise« eingeteilt:

I. »Neckar-Kreis« um Stutt­gart mit dem »Unter­land«,
II. »Schwarz­wald­kreis« von Reutlin­gen bis Freuden­stadt und Tuttlin­gen reichend
III. »Jaxt-Kreis« mit Zentral­ort Ellwan­gen, von Mergen­theim bis Heiden­heim und von Hall bis Neres­heim sich erstre­ckend (und »Jagst« schrieb man damals tatsäch­lich mit »x«),
IV. »Donau-Kreis« mit Ulm als Haupt­ort, von Göppin­gen bis ins »Oberland« reichend.

Diese Kreise waren wesent­lich größer als die heuti­gen Landkrei­se und umfass­ten bis zu 16 »Oberäm­ter«, von denen Aalen auch eines war.

Zunächst entstan­den Zeitun­gen als so genann­te »Intel­li­genz-Blätter« für die einzel­nen Kreise. So erschien im Januar 1827 erstmals in Ellwan­gen das »Allge­mei­ne Intel­li­genz-Blatt für den Jaxt-Kreis« im Umfang von maximal 6 Seiten zweimal wöchent­lich. Die einzel­nen Ausga­ben waren im Inhalt hierar­chisch geglie­dert. Zunächst kam das so genann­te »Intel­li­genz­we­sen« zu Wort, also Amtli­ches geglie­dert nach
a) Kundma­chun­gen aus der Kreis­stadt Ellwan­gen,
b) Angele­gen­hei­ten der »äußeren Kreis­be­zir­ke«, wozu auch Oberko­chen zählte,
c) Privat-Bekannt­ma­chun­gen und Übersich­ten zu Frucht­prei­sen und Brotprei­sen bei einzel­nen Bäckern.

Als Zugeständ­nis­se an Herz und Gemüt der Leser­schaft erschie­nen je nach vorhan­de­nem Platz Gedich­te, Rätsel und »Vermisch­te Aufsät­ze« über Themen aus aller Welt. So finden sich Reise­be­rich­te wie »Vier Wochen Konstan­ti­no­pel im Jahr 1824« oder eine ausführ­li­che Schil­de­rung eines Ameri­ka-Auswan­de­rers, Angaben zur Bevöl­ke­rung Europas und Nennung der 17 größten Städte begin­nend mit London (1,3 Millio­nen »Seelen«) und Berlin (220.000 Seelen) im Mittelfeld.

Aktuel­les aus Oberkochen

Schaf­wei­de
Erstmals taucht Oberko­chen im Ellwan­ger »Intel­li­genz-Blatt« am 18. Mai 1828 auf. Schult­heiß Schee­rer, der bis zur Zusam­men­füh­rung der beiden Oberko­che­ner Teile schon evange­lisch-württem­ber­gi­scher Schult­heiß gewesen war, schreibt die Neuver­pach­tung der Oberko­che­ner Sommer-Schaf­wei­de aus. Sie soll »von Georgi 1829 (23. April) auf drei Jahre für 500 bis 600 Stück alter und junger Schafe verlie­hen« werden. Aller­dings kann nicht jeder­mann kommen und bieten, »Pacht­lieb­ha­ber müssen Vermö­gens­zeug­nis­se vorle­gen oder einen im Oberamt Aalen behei­ma­te­ten tüchti­gen Bürgen stellen«.

Erbsa­che
Am 8. April 1829 war die Witwe eines Oberko­che­ner Krämers gestor­ben. Obwohl sie ihr Haus bestellt und ein Testa­ment hinter­las­sen hatte, hielt das Kgl. Amtsge­richt für möglich, dass weite­re im Testa­ment unberück­sich­tigt geblie­be­ne Erben existie­ren könnten. Deshalb erging die amtli­che Auffor­de­rung an solche »Intes­tat-Erben«, ihre Ansprü­che unter Vorla­ge entspre­chen­der Dokumen­te binnen 45 Tagen anzumel­den, »widri­gen­falls das vorlie­gen­de Testa­ment Rechts­kraft erhält«.

Verkauf des »Ochsen«
Im Juni 1830 hatte sich — aus welchen Gründen auch immer — »Ochsen­wirt Johann Pfisterer entschlos­sen, seine in Oberko­chen an der Landstra­ße gelege­ne Schild-Wirtschaft »Zum Ochsen«*) samt Grund und Boden zu verkau­fen«. Inter­es­sant ist nun, was der Ochsen­wirt alles in der Zeitung auszu­bie­ten hatte.
*) Siehe auch BuG Bericht 146, Jahrgang 1991, Seite 822

Da sind zunächst »einmäh­di­ge (7 Tagewerk*) und zweimäh­di­ge Wiesen (4 Tagewerk), Äcker mit 50 Jauchert*), ein Kraut­gar­ten in zwei Teilen und »eine beson­ders stehen­de große Scheu­er mit Stallun­gen« nebst Haus, auf dem »Dreivier­tel einer Gemein­de­ge­rech­tig­keit« ruhen.
*) 1 Tagewerk umfass­te 47,3 Quadrat­me­ter, 1 Jauchert der Herrschaft Heiden­heim 56 Ar

Dann waren da noch drei Pferde, ein sechs­jäh­ri­ger brauner Wallach, eine fünfjäh­ri­ge schwar­ze Stute und ein junges Hengst­foh­len, ferner sechs Stück Rindvieh und an landwirt­schaft­li­chen Geräten ein Pflug, ein Paar Eggen und ein Leiterwagen.

Zu den Preisen bzw. zum Erlös, den der Ochsen­wirt erwar­te­te, wird in der Verkaufs­an­kün­di­gung nichts gesagt. Während aber Tiere und Inven­tar gegen Barzah­lung an den Meist­bie­ten­den abgege­ben wurden, hatte sich Wirt Pfisterer für Bezah­lung von Gebäu­den und Immobi­li­en ein beson­de­res Verfah­ren ausge­dacht, das wohl finanz­schwä­che­ren Inter­es­sen­ten entge­gen­kom­men sollte. Demnach war ein Drittel des Kaufprei­ses auf Marti­ni 1830 (11. Novem­ber) zu entrich­ten, ein weite­res Drittel verzins­lich auf Marti­ni 1831 zu bezah­len, das letzte Drittel konnte dann »in 9 verzins­li­chen Jahres­zie­len bis Marti­ni 1840« abgestot­tert werden.
Über den Verlauf des Verkaufs ist aus der Zeitung nichts zu erfah­ren. Wir wissen aber, dass im Urkatas­ter von 1830 Matthä­us Schmid als Ochsen­wirt benannt ist.

Schuld­ur­kun­de verlo­ren
Am 10. Januar 1829 hatte Bauer Joachim Beiswen­ger dem Oberko­che­ner Schus­ter Johann Schäfer 350 Gulden gelie­hen und dies in einer Pfand- und Schuld­ur­kun­de dokumen­tiert. Nun war 1831 diese Urkun­de nicht mehr auffind­bar. Deshalb forder­te das Kgl. Amtsge­richt, der Besit­zer der Urkun­de müsse sich binnen 90 Tagen melden und die Urkun­de im Origi­nal vorle­gen. Falls dies nicht gesche­he, werde sie nach Ablauf der Frist für kraft­los erklärt.

Gauner am Werk
Wie zu allen Zeiten gab es damals nicht nur ehren­wer­te Leute, sondern auch Einbre­cher, Betrü­ger, Langfin­ger. Ein solcher schlich in der Nacht vom 20. auf 21. Juli 1830 durch Oberko­chens Flur. Da sah er auf Jeremi­as Honolds abgeern­te­tem Feld einen Pflug stehen. Rasch montier­te er ab, was nicht niet- und nagel­fest war. Aber auch Micha­el Bolle*) hatte den Pflug draußen gelas­sen. Von ihm entwen­de­te der Dieb »1 Pflug­ei­sen, 1 Säge, 1 Stange und Stoß«, wie die Polizei nachher angab, alles in allem in jener Nacht eine Beute im Wert von 12 Gulden.
*) in der Zeitung steht »Bolle«, obwohl »Balle« wahrschein­li­cher ist

Exqui­si­te­re Beute machte ein anderer Dieb, der in der Nacht vom 27. auf 28. Septem­ber 1831 durch die Oberko­che­ner Gärten streif­te. Plötz­lich sah er im Nacht­wind sich etwas bewegen. Es war keine Wäsche, sondern eine »mit Asche bestreu­te zum Trock­nen aufge­häng­te Tierhaut«. Gesehen, geklaut, — so schnell ging dies. Erst nachträg­lich bemerk­te der Dieb, dass seine Beute nicht von einer Kuh stamm­te, sondern die Haut eines Hirschs war, den »der Jäger mit einer in den Bug geschos­se­nen Kugel« zuvor in den Wäldern Oberko­chens erlegt hatte.

Einbre­cher aktiv
Im Oktober 1831 wurde bei Bauer Joseph Grupp einge­bro­chen. Da der Geschä­dig­te offen­sicht­lich nicht ganz arm war, machten die Täter reiche Beute: Sie ließen einen Beutel mit Kronen­ta­lern im Wert von 72 Gulden mitlau­fen, ebenso ein Säckchen mit 25 Gulden in verschie­de­nen Münzen. Eine silber­ne Sackuhr mit Silber­ge­häu­se und ein mit Silber beschla­ge­ner Pfeifen­kopf zählten ebenso zum Diebes­gut wie golde­ne und silber­ne Anhän­ger und Ringe sowie ein in Silber gefass­ter Rosen­kranz. Da es die Täter vorwie­gend auf Geld- und Silber­zeug abgese­hen hatten, ließen sie Kleidungs­stü­cke und Wäsche nahezu unberührt, nur bei drei seide­nen Halstü­chern konnten sie nicht wider­ste­hen, und — vielleicht war die Oktober­nacht etwas kalt — auch »ein wolle­nes Unter­kit­te­le« nahmen sie mit.

Beim nächs­ten Einbruch am 13. Mai 1832 traf es wieder einen Bauern Grupp, diesmal Micha­el mit Vorna­men. Weil dieser nicht so viel Geld im Kasten hatte — es waren nur 9 Gulden — hielt der Dieb sich an Tuchen schad­los: 45 Ellen flach­se­nes, 9 Ellen hanfe­nes Tuch ließ er mitge­hen, dazu ein Leintuch, eine »Pfulben-Zieche«, zwei schwarz­sei­de­ne Halstü­cher und ein rot wolle­nes dazu, schließ­lich konnte der Einbre­cher einem Rosen­kranz nicht wider­ste­hen und nahm ihn mit, sicher­lich nicht um damit zu beten, sondern weil er in Silber gefasst war.

Zur Kassen­la­ge
Einmal wurde zu den drei öffent­li­chen Kassen in Oberko­chen festge­stellt: »Es gibt drei Kassen, eine katho­li­sche »Heili­ge«, eine evange­li­sche »Heili­ge« (also Kassen der Kirchen­ge­mein­den) und die Kasse der bürger­li­chen Gemein­de, jedoch haben alle drei etwas gemein­sam — sie sind meist leer«. Dass aber zeitwei­se die Kassen­la­ge günsti­ger war, zeigt das Angebot der evange­li­schen Stiftungs­pfle­ge vom 22. Juli 1831 »220 Gulden gegen fünfpro­zen­ti­ge Verzin­sung und zwei- bis vierfa­che Versi­che­rung auszuleihen«.

Warnung vor Borgen
Beschlie­ßen wir die kleine Ausle­se frühe­rer Presse­mel­dun­gen aus Oberko­chen mit der von Schult­heiß Maier*) gegebe­nen Warnung, »zwei Bürger­söh­nen, die einen verschwen­de­ri­schen Lebens­wan­del führen« nichts mehr zu borgen, da mangels Masse keine Rückzah­lung zu erwar­ten ist!
*)Der Chirurg Sigmund Jonathan Maier hatte 1830 Schult­heiß Schee­rer im Amt abgelöst

Wir sehen, Ereig­nis­se in Oberko­chen haben sich in den Anfangs­jah­ren der lokalen Presse nicht allzu­oft nieder­ge­schla­gen. Dennoch werfen sie ein Schlag­licht auf das Leben im Dorf in den ersten Jahrzehn­ten nach Aufhe­bung der Trennung des ellwan­gisch-katho­li­schen Teils vom württem­ber­gisch-evange­li­schen Bereich.

Volkmar Schrenk

Oberkochen

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte