Im Rahmen des Stadt­fests 2000 wurde im Heimat­mu­se­um ein attrak­ti­ves Novum einge­weiht: Eine Relief­kar­te der Ostalb, bei der 40 markan­te Orts- und Landschafts­na­men durch Knopf­druck als rot und grün aufleuch­ten­de Punkte abgeru­fen werden können — ein wunder­schö­nes geogra­phi­sches Rate- und Lernspiel.

Schöp­fer dieser im gesam­ten Ostalb­be­reich einma­li­gen Karte ist Reiner Mailän­der — wir haben im Bericht 350 in BuG vom 17. Septem­ber 1999 ausführ­lich berich­tet. Den hervor­ra­gen­den Druck der Karte besorg­te die Firma Scheur­le-Siebdruck, Unterrom­bach, die perfek­te »Elektri­fi­zie­rung« fertig­ten Coni und Norman Weber, und den letzten Schliff am Gehäu­se gab Horst Eichen­topf (Eiche).

Bis auf den Druck der Karte und die Ferti­gung des Kastens haben alle Genann­ten ihre Arbeit für den Heimat­ver­ein Oberko­chen und damit auch für die Stadt Oberko­chen umsonst geleis­tet. Dafür sagen wir an dieser Stelle ein sehr sehr herzli­ches Dankeschön.

Unser Foto zeigt den Moment nach der Enthül­lung der Relief­kar­te durch Coni und Norman Weber (beide rechts der Karte) am Stadtfest-Sonntag.

Oberkochen

Reiner Mailän­der hat für den Heimat­ver­ein in dankens­wer­ter Weise einen Bericht verfasst, der die spannen­de geolo­gi­sche Situa­ti­on unserer gesam­ten Region und spezi­ell den Kampf um die Wasser­schei­de beleuch­tet. Kürzlich haben wir ausge­rech­net, dass der Kocher bei gleich­blei­bend schnel­ler Erosi­ons­tä­tig­keit (ca. 1 Meter in 10 Jahren) die Wasser­schei­de in ca. 20.000 Jahren erreicht hat, und es darin nicht mehr lange dauern wird, nur etwas mehr als 10.000 Jahre — da geht’s darin vollends wesent­lich schnel­ler — bis sich der Brenz­topf ins Kocher­tal ergießt und eventu­el­le Gewer­be­ge­bie­te rhein­wärts schwemmt…

Dietrich Bantel

Das Relief der Ostalb und seine Entwicklung

Die neue Karte im Heimat­mu­se­um Oberko­chen zeigt die Ostalb und ihr nördli­ches Vorland in einer dreidi­men­sio­na­len Darstel­lung. Die Ansicht entspricht einem Blick auf die Landschafts­for­men aus mehre­ren tausend Metern Höhe. Diese Formen sind das Ergeb­nis einer langen Entwick­lung in einem großräu­mi­gen Zusammenhang:

Die Gestei­ne, die das Relief aufbau­en, wurden überwie­gend in einem flachen Meeres­be­reich abgela­gert, der umgeben war von einigen größe­ren Landmas­sen und Inseln. Im Norden waren dies die Gebie­te des Rheini­schen Schie­fer­ge­bir­ges und des Thürin­ger Waldes. Nach Süden hin bestand zumeist eine Verbin­dung zum offenen Ozean (»Tethys Meer«), der sich bis zum afrika­ni­schen Konti­nent erstreck­te — die Alpen existier­ten damals noch nicht. Damals bedeu­tet hier die Zeit der Trias und des Juras, also zwischen etwa 250 und 150 Millio­nen Jahre vor heute. Während dieses ungeheu­er langen Zeitrau­mes lager­ten sich wechselnd je nach Umwelt­be­din­gun­gen Schich­ten von Sanden, Tonen und Kalken ab; die Kalke wurden teilwei­se auch als Riffe von Koral­len und Schwäm­men aufgebaut.

Landfest wurde unser Gebiet in der Kreide­zeit, in der Afrika und Europa began­nen, sich aufein­an­der zuzube­we­gen. Bei der Kolli­si­on der beiden Konti­nen­te seit der oberen Kreide­zeit, also seit etwa 100 Millio­nen Jahren, und der folgen­den Entste­hung der Alpen wurde die Erdkrus­te im süddeut­schen Raum sowohl angeho­ben als auch etwas gekippt; das so, dass die ursprüng­lich horizon­ta­len Schich­ten nun mit 1 — 2 nach Südos­ten einfal­len. Ab dem frühe­ren Terti­är (Eozän, vor etwa 50 Millio­nen Jahren, brach im Westen dieses Gebie­tes ein Graben ein, der heuti­ge Oberrheingraben.

Diese Vorgän­ge bewirk­ten zweier­lei:
Einer­seits wurden die Flüsse des neuen Festlan­des wegen der Kippung erst einmal nach Südos­ten gelenkt. Sie ström­ten noch lange Zeit in das Restmeer vor den aufstre­ben­den Alpen, das sogenann­te Molas­se­meer im Gebiet des heuti­gen Alpen­vor­lan­des. Als auch dieses Gebiet durch Sedimen­ta­ti­on und weite­re Hebung schließ­lich zu Festland wurde (Oberes Miozän, vor etwa 6 Millio­nen Jahren), bilde­te sich ein Ur-Donau­sys­tem heraus, das zunächst den größten Teil Süddeutsch­lands und der nördli­chen Alpen zum Schwar­zen Meer hin entwäs­ser­te. Der Main und der Neckar flossen einst zur Donau, ebenso der Alpen­rhein und selbst die Aare im Schwei­ze­ri­schen Mittelland.

Auf der anderen Seite, bewirk­te der tiefer werden­de Einbruch des Oberrhein­gra­bens, dass die auf ihn zuflie­ßen­den Gewäs­ser ein starkes Gefäl­le bekamen. Sie hatten damit auch starke Abtra­gungs­kraft, und so schnit­ten sich die Zuflüs­se des Grabens, das Ur-Rhein­sys­tem, schnell in das Relief ein. Sie weite­ten ihr anfangs kleines Einzugs­ge­biet fortwäh­rend auf Kosten des gefäl­le­är­me­ren Fluss­sys­tems der Donau aus. Mit zuneh­men­der Länge der Rhein­zu­flüs­se wurde ihr Gefäl­le zwar gerin­ger. Es blieb aber noch immer größer als das der Donau­tri­but­ä­re, so dass der Vorgang auch heute noch anhält. Er kommt an der Oberflä­che durch sogenann­te rückschrei­ten­de Erosi­on zum Ausdruck, indem die Quellen sich rückwärts »fressen« läuft jedoch auch unter­ir­disch ab. Dabei werden Donau­zu­flüs­se angezapft und auf den Rhein hin umgelenkt.

Zugleich findet die Erosi­on beider Fluss­sys­te­me ja in den Schich­ten statt, die während der Trias und dem Jura abgela­gert und später verkippt wurden. Sie setzen der Erosi­on je nach ihrer Zusam­men­set­zung einen unter­schied­li­chen Wider­stand entge­gen. Kalkstein und gut verkit­te­ter Sandstein sind dabei härter als Ton oder Mergel (eine Mischung aus Kalk und Ton). Die Folge davon ist, dass die wider­stän­di­ge­ren Schich­ten im Relief »heraus­prä­pa­riert« werden. Sie formen markan­te Stufen in der Landschaft, während die leich­ter abzutra­gen­den Schich­ten die flache­ren Berei­che zwischen den Stufen einneh­men. Wegen des vielfa­chen Wechsels unter­schied­lichs­ter Gestei­ne wieder­holt sich diese Abfol­ge im süddeut­schen Raum immer wieder, es bildet sich eine sogenann­te Schicht­stu­fen-Landschaft. Sie erstreckt sich von der Donau aus nach Nordwes­ten bis zum Rand des Oberrhein­gra­bens, mit Ausnah­me des Schwarz­wal­des und Teilen des Odenwal­des. Die beiden Gebie­te wurden bei der Verkip­pung der süddeut­schen Schol­le so stark angeho­ben, dass dort die Erosi­on seither alle abgela­ger­ten Schich­ten abgetra­gen und das sogenann­te kristal­li­ne Grund­ge­bir­ge entblößt hat. Es besteht aus magma­ti­schen und metar­nor­phen, also nicht geschich­te­ten Gesteinen.

Die markan­tes­te Schicht­stu­fe im süddeut­schen Raum ist der für unsere Gegend so prägen­de Nordwest-Rand der Schwä­bisch-Fränki­schen Alb, der Albtrauf. Er wird gebil­det durch die harten Kalke des Oberen (=Weißen) Juras und dem Eisen-Sandstein des Mittle­ren (=Braunen) Juras. Wegen weiche­rer Gestei­ne (Tone, Mergel) dazwi­schen tritt oft eine Verfla­chung in der Mitte des Stufen­han­ges auf, gut zu beobach­ten am Braunen­berg bei Wasser­al­fin­gen. Sie kann sich stellen­wei­se stark ausdeh­nen, so dass der Eisen-Sandstein als eigener Stufen­bild­ner hervor­tritt wie im Rehge­bir­ge südlich von Stuifen und Rechberg.

Unter dem Eisen-Sandstein folgt ein mächti­ges Paket weiche­rer Schich­ten im Mittle­ren und Unteren (=Schwar­zen) Jura. Es bildet die weitflä­chi­gen Vereb­nun­gen im Vorland der Alb bis hin zur Fricken­ho­fer Höhe und den Ellwan­ger Bergen, ehe sich die nächs­ten Stufen­bild­ner im unters­ten Schwar­zen Jura und im Keuper (Obere Traas) anschlie­ßen. Viele der Quellen am Albrand entsprin­gen an der Obergren­ze dieses Schicht­pa­kets auf dem wasser­un­durch­läs­si­gen, mächti­gen Opali­nus-Ton als sogenann­te Schicht­quel­len. Ihre Erosi­on entfernt mit dem Ton fortwäh­rend die »Unter­la­ge« des stufen­bil­den­den Sand- und Kalksteins und versteilt die Hänge am Albrand, unter­gräbt sie quasi; das solan­ge, bis der Hang insta­bil wird und die höheren Schich­ten nachbre­chen. Dabei kommt es dann zu Fels- und Bergstür­zen wie dem bei Mössin­gen im Jahr 1983. Eine Vorstu­fe dazu sind die vielen »Hängen­den Steine« am Albtrauf.

Auf diese Weise fressen sich die Rhein­zu­flüs­se des Albvor­lan­des immer weiter in die Alb hinein und verklei­nern sie bestän­dig. Sie hinter­schnei­den ganze Flächen und lösen sie so aus dem geschlos­se­nen Verband der Albta­fel heraus, wie man es gut an der Hochflä­che von Tegel­berg und Messel­stein nördlich von Geislin­gen, aber auch am Langert erken­nen kann. Bei völli­ger Abtren­nung und fortschrei­ten­der Zerschnei­dung der Flächen entste­hen sogenann­te Zeugen­ber­ge, isoliert stehen­de Einzel­ber­ge vor dem eigent­li­chen Albrand, Sie »bezeu­gen« die einst weiter nördlich reichen­de Verbrei­tung der Alb. Beispie­le dafür sind die »Kaiser­ber­ge«, Hohen­stau­fen, Rechberg und Stuifen, das Kalte Feld und der Galgen­berg bei Nennin­gen sowie der Ipf bei Bopfingen.

Die rückschrei­ten­de Erosi­on der Quellen folgt oft dem Verlauf der Täler auf der Albhoch­flä­che. Dies ist bei der Geislin­ger Steige, die in der Verlän­ge­rung des Lonetals verläuft, ebenso der Fall wie beim Kocher, der das ältere Brenz­tal nutzt. Deshalb liegen der Kocher­ur­sprung und damit Oberko­chen in einem Durch­bruchs­tal der Alb. Bei der Zurück­ver­le­gung seiner Quelle hat der Kocher nach und nach immer mehr ursprüng­li­che Brenz­zu­flüs­se an sich gezogen. Die letzten dieser Anzap­fun­gen waren das Wolfert­s­tal mit dem Guten­bach und — unter­ir­disch — auch schon das Tiefen­tal. Die Brenz hat so den größten Teil ihres Einzugs­ge­biets verlo­ren, das einst bis weit nördlich des heuti­gen Albran­des reich­te, und ist heute ein vergleichs­wei­se kümmer­li­cher Fluss in einem viel zu großen Tal.

Viele der Täler auf der Albhoch­flä­che führen kein Wasser oder tun es nur in ihrem Unter­lauf. Es sind sogenann­te Trocken­tä­ler wie das Krätzen­tal auf dem Härts­feld oder das Wental auf dem Albuch. Dies liegt an einer Eigen­heit des Kalksteins, der ja die Albhoch­flä­che bildet: Er wird von der im Regen­was­ser enthal­te­nen Kohlen­säu­re gelöst. Im Boden versi­ckern­des Wasser erwei­tert deshalb im Laufe der Zeit Gesteins­klüf­te und Schicht­fu­gen zu ganzen Höhlen­sys­te­men, die das sonst oberfläch­lich abflie­ßen­de Wasser im Unter­grund ablei­ten und die Täler trocken fallen lassen. Man spricht hier von Verkar­s­tung, die für die große Trocken­heit der Albhoch­flä­che verant­wort­lich ist. Warum existie­ren dort dann überhaupt Täler, die sich ja nur durch die Erosi­on eines Flusses bilden können? Sie dürften während der Kaltzei­ten des Quartärs (etwa den letzten 2 Millio­nen Jahren) entstan­den sein, als der tiefrei­chen­de Boden­frost die unter­ir­di­schen Hohlräu­me verstopf­te und das Schmelz­was­ser zum oberir­di­schen Abflie­ßen zwang. In ihrer Anlage können sie aber auch auf ältere Zeiten zurück­ge­hen, in denen die Verkar­s­tung noch nicht so weit fortge­schrit­ten war.

Eine Beson­der­heit in unserer Umgebung ist schließ­lich das Stein­hei­mer Becken, das genau wie das Ries auf einen Meteo­ri­ten­ein­schlag im Terti­är vor etwa 15 Millio­nen Jahren (Miozän) zurück­geht. In dem Krater bilde­te sich ein See, der noch im späten Terti­är durch Einschwem­mun­gen vollstän­dig verlan­de­te. Erst während der Kaltzei­ten wurde der verfüll­te Krater durch das Stuben­tal angeschnit­ten und wieder ausgeräumt.

Zusam­men­fas­send lässt sich sagen: Das jetzi­ge Bild der schein­bar so unver­rück­bar daste­hen­den Landschaft ist nur eine Moment­auf­nahr­ne einer stetig fortschrei­ten­den Entwick­lung. Die Lage Oberko­chens in einem Durch­bruchs­tal der Alb hatte viele Auswir­kun­gen auf die geschicht­li­che Entwick­lung, beson­ders auf die Besie­de­lung und den Verkehr. Dies ist an den durch das Kocher-Brenz-Tal verlau­fen­den Trassen von Eisen­bahn und Bundes­stra­ße bis in die moder­ne Zeit hinein erkennbar.

Reiner A. Mailän­der
Litera­tur:
Geyer, O. & Gwinner, M.: Geolo­gie von Baden Württem­berg,
Schweizerbart’sche Verlags­buch­hand­lung, 4. Aufla­ge Stutt­gart 1991.

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