Soweit in geraff­ter Form die wichtigs­ten Punkte des Proto­kolls. Leider vermit­telt es kaum Hinwei­se auf persön­li­che Verhält­nis­se einzel­ner Oberko­che­ner. Zwar tauchen vor allem bei Grund­stücks­an­ge­le­gen­hei­ten Namen auf, wie z.B. der des »ellwan­gi­schen Unter­ta­nen Thomas Grupp«, dessen Anspruch auf einen Ellwan­ger Zehnten abgelehnt, ihm aber zum Trost aus Königs­bron­ner Gütern entspre­chen­des gewährt wird. Oder sind als »Inhaber des sog. Schöne­ber­ger Mähders Konrad Brodwohl, Georg Eißelen und Georg Hitzler« genannt, die über verschie­de­ne Jahre keinen Zins bezahlt haben, was nun ab »anno 1731 mit jährlich 5 Kreuzern und zwei Hellern« nachzu­ho­len ist. Dagegen solle »Miche­al Bezler für das Fisch­was­ser beim Kieß« nicht weiter als bisher zu bezah­len haben, und Heinrich Setzer wird nicht erlaubt, »das Gäßlein bei seinem Haus zu verbau­en oder den Durch­gang der Fronleich­nams­pro­zes­si­on zu behindern«.

Oberkochen

Ein kleines Licht auf die Gemein­de­struk­tur wirft auch der Hinweis auf »Laboran­ten in den Schmi­den und Schmelz­wer­ken«, der zeigt, dass neben dem erst später zu voller Blüte kommen­den Töpfer­hand­werk, Oberko­chen zuvor schon ein Stand­ort für Eisen­ver­ar­bei­tung war. Obgleich der Hochofen am Kocher­ur­sprung 1644 dem Krieg zum Opfer gefal­len war, blieb die Schla­cken­wä­sche erhal­ten (und lebt in der Oberko­che­ner Narren­zunft weiter).

Zahlrei­che Oberko­che­ner arbei­te­ten im Wasser­al­fin­ger Bergwerk, wohin sie jeden Tag zu Fuß und nach mühse­li­ger Arbeit wieder nach Hause mussten. Kein Wunder, dass der evange­li­sche Pfarrer Hermann Josef Eiden­benz klagt, »einige seiner Schäf­lein, gehen Sommers wie Winters ihrem Geschäft in der Erzgru­be nach und finden deshalb keine Zeit, die Erbau­ungs­stun­den zu besuchen«.

Wenden wir uns nun noch dem Schluss­teil des Proto­kolls zu, der auf Seite 102 mit einem fast als Stoßseuf­zer zu werten­den *ENDLICHEN* beginnt und feststellt, dass »sich auch noch beider­seits gnädigst abgeord­ne­te und bevoll­mäch­tig­te Räte mitein­an­der dahin verab­re­det haben, nach Zurück­kunft an ihre Hof die gnädigs­ten Final Erklä­run­gen und Geneh­mi­gun­gen voran­ge­setz­ter auf gnädigs­te Anwei­sung abgeschlos­se­ner Artikel und Punkte bei ihren höchs­ten Prinzi­pal­schaf­ten und Auftrag­ge­ber so weit als möglich binnen vier bis sechs Wochen a dato der Unter­zeich­nung des gegen­wär­ti­gen Vertrags bewir­ken zu wollen«. Herzog Carl von Württem­berg zeich­net am 21. Dezem­ber 1749 das Dokument gegen und verspricht »dass wir und unsere fürst­li­chen Erben und Nachkom­men dem, was also vergli­chen und abgehan­delt worden, bestän­dig und getreu­lich leben, darwi­der keines­wegs handeln wollen«.

Damit war ein Werk geschaf­fen, dessen Bestim­mun­gen das Leben in Oberko­chen nachhal­tig prägten, das aber auch als Dokument den Geist absolu­tis­ti­schen Herrschafts­den­kens ausstrahlt, in dem sich jedoch dann und wann auch mensch­li­che Züge wider­spie­geln. Wichtigs­te Aussa­ge ist die am Anfang des ersten Abschnitts genann­te Verein­ba­rung über die Glaubens­frei­heit, nach der

  1. »die in beider Herrschaf­ten Terri­to­ri­en zu Oberko­chen derzeit und künftig sich aufhal­ten­den, der Katho­li­schen und Evange­li­schen Religi­on Augsbur­ger Konfes­si­on zugeta­ne Unter­ta­nen, Besit­zer, Hausge­nos­sen, Dienst­bo­ten und Laboran­ten bei den Schmie­den und Schmelz­wer­ken vermö­ge des Westfä­li­schen Friedens­in­stru­ments Artikel 5 nicht allein mit freiem Gewis­sen in ihren Häusern außer aller Inqui­si­ti­on ihrer Andacht nachge­hen, sondern auch entwe­der im Ort Oberko­chen oder in der Nachbar­schaft sooft und welchen Ortes ihnen beliebt, den Religi­ons­übun­gen beiwoh­nen, auch Predig­ten, Messen, Beich­ten, Absolu­tio­nen und das heili­ge Nacht­mahl frei gebrau­chen mögen.
  2. Ferner wird beider­lei Religi­ons­ver­wand­ten die weite­re Freiheit gelas­sen, ihre Kinder ungehin­dert zu einer ihrere Religi­on zugeta­nen Kirche und Schule zu schicken, auch in die Kinder- und Catechis­mus­leh­re wo es ihnen beliebt«.

Somit dürfte wohl deutlich gewor­den sein, das Aalener Proto­koll ist mehr als ein zeitlich begrenz­tes Dokument, das Leben und Mitein­an­der im staat­lich und konfes­sio­nell gespal­te­nen Ort Oberko­chen regeln sollte, sondern es stellt — um einen derzeit belieb­ten Begriff zu verwen­den — so etwas wie eine »Agenda ad ultimo« dar, ein Auftrag, konfes­sio­nel­les und bürger­li­ches Mitein­an­der bis ans Ende der Zeit zu praktizieren.

Volkmar Schrenk

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