Für die Sonder­aus­stel­lung »Sauri­er­fun­de aus dem Aalener Raum« im Urwelt­mu­se­um Aalen hatte das Heimat­mu­se­um Oberko­chen seine Sauri­er­fos­si­li­en zur Verfü­gung gestellt. Nach Abschluss dieser Veran­stal­tung sind die Fossi­li­en wieder in Oberko­chen und am angestamm­ten Platz (Eckvi­tri­ne 2 im Raum 1) ausgestellt.

Oberkochen

Es handelt sich dabei durch­weg um Teile von Fisch­ech­sen aus dem Lias epsilon (Oberer Schwarz­ju­ra), die bei Wasser­al­fin­gen und Dewan­gen gefun­den wurden. Sie sind ca. 185 Mill. Jahre alt und entstam­men densel­ben Schich­ten, die die wunder­schön erhal­te­nen Holzma­de­ner Funde liefer­ten. Da diese Schich­ten in der Gegend von Holzmaden/Bad Boll großflä­chig zur Schie­fer­ge­win­nung erschlos­sen sind und abgebaut werden, sind dort ganze Exempla­re dieser Fisch­ech­sen oder Ichth­y­o­sau­ri­er erhal­ten geblie­ben. Ein Fossil der (kleinen) Fisch­ech­se Steno­ptery­gi­us aus Holzma­den hängt im Treppen­haus des Oberko­che­ner Gymna­si­ums. Die Körper­um­ris­se, die bei diesem Exemplar hervor­ge­ho­ben sind, sind hier nicht überlie­fert, sondern nach anderen Fundstü­cken, bei denen sie erhal­ten geblie­ben sind, rekonstruiert.

Fisch­ech­sen waren hochent­wi­ckel­te Repti­li­en, die ins Meer zurück­ge­kehrt waren und sich dem neuen Lebens­raum hervor­ra­gend angepasst hatten. Ihre Vorder- und Hinter­bei­ne waren zu Flossen gewor­den, eine zusätz­li­che Rücken­rin­ne diente der Stabi­li­sie­rung. Der Antrieb übernahm im wesent­li­chen der Echsen­schwanz, der zu einem wirkungs­vol­len, breiten Ruder gewor­den war. Die Tiere waren lebend­ge­bä­rend. — Die Fisch­sau­ri­er (Repti­li­en) ähnel­ten sehr den heuti­gen Klein­wa­len oder Delphi­nen (also Säuge­tie­ren). Kleine­re Arten hatten die Größe der heuti­gen Schweins­wa­le, größe­re erreich­ten die des größten heute leben­den Delphins, des Orca oder Mörder­wals. Die Ichth­y­o­sau­ri­er lebten während des Erdmit­tel­al­ters, hatten im Jura ihre Haupt­ver­brei­tung und starben bereits in der Mittel­krei­de (vor ca. 100 Mill. J.) aus, also lange vor dem großen Sauri­er­ster­ben am Ende der Kreidezeit.

Im Ostalb­kreis wird der Schwarz­ju­ra­schie­fer nicht gewerbs­mä­ßig abgebaut, deshalb werden Fossi­li­en nur in kleine­ren Platten gebor­gen. Dass auch diese wissen­schaft­lich inter­es­sant sein können, zeigte sich an unseren Beleg­stü­cken. Es sind hier mehre­re Teile eines großen Fisch­sau­ri­ers (Leptop­tery­gi­us) gefun­den worden, die aus dem Schädel, der Brust»flosse« und der Wirbel­säu­le stammen. Das Tier muss etwa 7 m lang gewesen sein!

Zwei Platten waren zur Nachprä­pa­ra­ti­on in Tübin­gen, um für die Aalener Ausstel­lung die fossi­len Knochen noch deutli­cher aus dem Gesteins­un­ter­grund hervor­tre­ten zu lassen. Dort wurden sie von Stutt­gar­ter Wissen­schaft­lern genau­er untersucht.

Dabei gab es eine kleine Überra­schung:
Wie beim Menschen wurden auch bei den Ichth­y­o­sau­ri­ern die meisten Knochen als Knorpel angelegt, der im Laufe der Entwick­lung durch Knochen ersetzt wird. Dabei kommt es häufig zu einer Verwachsung/Verschmelzung verschie­de­ner Skelettteile.

Bei unserem Exemplar sind jetzt aber zwei Knochen, die bei Ichth­y­o­sau­ri­ern norma­ler­wei­se verschmel­zen, noch durch eine Knorpel­fu­ge getrennt!

Das kann drei Ursachen haben:

  1. Bei unserem Exemplar handelt sich um ein Jungtier, bei dem die Verknö­che­rung noch nicht abgeschlos­sen ist. Das ist bei einer Körper­län­ge von ca. 7 m recht unwahrscheinlich!
  2. Es handelt sich um eine Eigen­tüm­lich­keit des Fund-Indivi­di­ums. Das ist ebenfalls unwahr­schein­lich und ließe sich durch eine Unter­su­chung anderer Exempla­re dersel­ben Form überprüfen.
  3. Leptop­tery­gi­us ist eine alter­tüm­li­che Art der Fisch­ech­sen. Diese Feststel­lung wäre aber sehr wichtig für die Aufklä­rung der verwandtschaftlich/stammesgeschichtlichen Zusam­men­hän­ge inner­halb dieser Gruppe.

Sie sehen also, auch kleine Fundstü­cke, Teile viel größe­rer Exempla­re, können für die Wissen­schaft sehr wertvoll sein.

Auf dem Tablar über den Leptop­tery­gi­us-Funden haben wir verschie­de­ne Teilfun­de ausge­stellt (rechts!), die ebenfalls von einem einzi­gen Ichth­y­o­sau­ri­er-Schädel stammen. Sie können sich hier in die Arbeit eines Paläon­to­lo­gen, eines Fossi­li­en­kund­lers, verset­zen: Er muss erst einmal heraus­fin­den, zu welcher Fossi­li­en­art die Teile gehören, dann, wo genau diese Teile im Skelett einzu­ord­nen sind, und schließ­lich, ob diese Teile bishe­ri­ge Befun­de bestä­ti­gen, ergän­zen oder unwahr­schein­lich machen.

Wir sind froh, Ihnen diese Funde aus unserer Gegend zeigen zu können!

Horst Riegel

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