Das Alt-Landwirt-Ehepaar Engel­bert und Rita Grupp (Goldab­au­er) war so freund­lich, dem Heimat­mu­se­um zu Demons­tra­ti­ons­zwe­cken die hierzu­lan­de sieben gängigs­ten Getrei­de­sor­ten zu beschaf­fen. Diese sind im Treppen­haus in einer von der Firma Wannen­wetsch freund­li­cher­wei­se zur Verfü­gung gestell­ten kleinen Vitri­ne ausgestellt.

Vor allem die jünge­ren Museums­be­su­cher sind immer wieder überrascht über die Unter­schie­de der einzel­nen Getrei­de­ar­ten — die meisten kennen sie überhaupt nicht mehr. Aber auch »die Alten« geraten bei der Bestim­mung in Schwie­rig­kei­ten, die aber durch eine klare Beschrif­tung in der Vitri­ne minimiert sind.
Hier sollen nach den Beschrei­bun­gen im großen Duden und Ergän­zun­gen von StD i.R. Horst Riegel die wichtigs­ten Merkma­le der ausge­stell­ten Getrei­de­sor­ten aufge­führt werden.

Zunächst scheint es wichtig, drei Begrif­fe, die in den Beschrei­bun­gen immer wieder auftau­chen, zu definieren.

Granne = steife Borste auf dem Rücken oder an der Spitze von Deckspel­zen bei Gräsern, zum Teil auch Bezeich­nung für ähnli­che Bildun­gen anderer Pflan­zen, z. B. an den Früch­ten des Storchschnabels.

Spelzen = trocken­häu­ti­ge zweitei­lig angeord­ne­te Hochblät­ter der Ährchen und Blüten der meisten Gräser — Getreide.

Spreu = der beim Dreschen von Getrei­de und Hülsen­früch­ten entstan­de­ne Abfall — Samen­scha­len, Spelzen, Grannen, Stängel­teil­chen — dient meist als Futter­mit­tel. Vor der Weiter­ver­ar­bei­tung des Weizens muss dieser von der unerwünsch­ten Spreu getrennt werden. »Die Spreu vom Weizen trennen« bedeu­te­te noch heute im übertra­ge­nen Sinn »Das Gute vom Schlech­ten trennen«.

Im Museum ist eine sogenann­te Putzmüh­le zu sehen, die diese Trennung vermit­telst eines von Hand betrie­be­nen Windra­des vornimmt.

Oberkochen

Roggen (Vitri­ne: 1. v. links)
Süßgras­art. Wichtigs­te Getrei­de­pflan­ze Nordeu­ro­pas bis Sibiri­en und allge­mein im Gebir­ge, im Gefol­ge des Emmers als Unkraut aus Vorder­asi­en einge­schleppt. Wider­stand Klima­ver­schlech­te­rung besser als andere Getrei­de­ar­ten und trat allmäh­lich an deren Stelle. Seit der Hallstatt­zeit (ca. 800 — 500 v. Chr.) in Norddeutsch­land nachweis­bar. Der 65 cm bis 2 m lange vierkan­ti­ge Halm trägt eine 5 — 20 cm lange Ähre aus einzel­nen zweiblü­ti­gen Ährchen mit langbe­grann­ter, auf dem Rücken kammför­mig bewim­per­ter Deckspel­ze. Zahlrei­che Zucht­sor­ten. Frucht 5 — 9 mm lang. Brot, Viehfut­ter, Düngung, Kornbrannt­wein, Matten, Papier, Zellstoff.

Früher wurde das lange Roggen-Stroh vorzugs­wei­se zur Dachde­ckung verwen­det. Lange Halme sind heute nicht mehr gefragt. Der Anbau von Roggen ist zuguns­ten von ertrags­rei­che­ren Weizen­sor­ten stark zurück­ge­gan­gen. Außer­dem kommt er als billi­ges Futter­ge­trei­de z. B. von Frankreich.

Gerste (Vitri­ne: 2. v. links)
Gattung der Süßgrä­ser mit rund 25 Arten. Ähre an jedem Knoten drei einblü­ti­ge, lang begrann­te Ähren neben­ein­an­der tragend. Als Getrei­de angebaut. 2‑zeilige, 4‑zeilige und 6‑zeilige Körner­rei­hen. In zahlrei­chen Sorten als Sommer- oder Winter­frucht angebaut. Im Gebir­ge (Alpen) bis 2000 m hoch. In Europa seit der Jungstein­zeit (ca. 5000 v. Chr.) angebaut. Brot, Grütze, Graupen, Malzkaf­fee, Bier- und Essig­be­rei­tung, Viehfutter.

Hafer (Vitri­ne: 3. v. links)
Gattung der Gräser mit etwa 35 Arten in den gemäßig­ten Zonen. Blüten zwitt­rig zu zweit bis mehre­ren in meist locker ausge­brei­te­ten Rispen bilden­den, oft überhän­gen­den Ährchen stehend. Deckspel­zen zugespitzt, oft kurz 2‑spaltig, am Rücken abgerun­det und mit geknie­ter Granne (bei Kultur­for­men auch grannen­los). Frucht länglich, spindel­för­mig. 30 — 90 cm hoch. Eine Stamm­form des Hafers ist der Flugha­fer, der heute als höchst unerwünsch­tes Unkraut in anderen Getrei­de­sor­ten vorkommt.

Dinkel (Vitri­ne 4. v. links)
(oberdeutsch) Spelz, Spelt. Schwa­ben­korn. Weizen­art im aleman­nisch-schwä­bi­schen Raum, mit schlan­ker, locke­rer, grannen­lo­ser oder kurzbe­grann­ter Ähre und zerbrech­li­cher Spindel. Früch­te bleiben von den Spelzen umschlos­sen. Wird meist unreif geern­tet und getrock­net (Grünkern).
Der Dinkel­an­bau ist in unserer Gegend bis in die 60er-Jahre ständig zurück­ge­gan­gen. Müller­meis­ter Hans Schee­rer (Untere Mühle) ist durch die von ihm durch­ge­führ­te Renais­sance im Dinkel­an­bau im Bühl über Oberko­chen hinaus bekannt geworden.

Triti­cale (Angel­wei­zen) (Vitri­ne: 3. v. rechts)
Mit der Bezeich­nung »Triti­cale« unter der diese Einkreu­zung des Roggens in Weizen in Oberko­chen bekannt ist, wird der Bezug zu den latei­ni­schen Namen des Weizens (Triti­cum) und des Roggens (Secale) herge­stellt, ohne dass das so richtig bekannt ist. Das geht schon daraus hervor, dass nur der »Angel­wei­zen« zunächst unter der verball­horn­ten Bezeich­nung »Trigi­ta­le« vorge­stellt wurde. Die Misch­form Triti­cale kommt erst ab den siebzi­ger Jahren vor. Triti­cale ist als Futter­ge­trei­de ertrag­rei­cher und wider­stands­fä­hi­ger als Weizen.

Oberkochen

Flachs (Vitri­ne: 2. v. rechts)
Einjäh­ri­ges, 30 bis 80 cm hohes Leinge­wächs mit lanzett­för­mi­gen Blättern und himmel­blau­en oder weißen, langge­stiel­ten, endstän­di­gen Blüten in schlaf­fen Wickeln. Als Faser­pflan­ze nach etwa 100 Tagen reif. Faser gut bleich­bar, aber schwer anfärb­bar. Der Faser­lein ist eine hohe Pflan­ze mit kleinen Samen. Als Ölpflan­ze (Öllein), für Speise- und Brenn­öl und zur Farben­be­rei­tung (Leinöl). Öllein liefert auch den medizi­nisch verwen­de­ten Leinsa­men. Der Öllein ist eine niede­re Pflan­ze mit großen Samen. Verwer­tung der 25 — 30 % Öl enthal­ten­den Samen aus 10-fäche­ri­gen Kapseln. Zwei Unter­ar­ten: Dresch­lein — mit bei der Reife geschlos­sen bleiben­den Kapseln, haupt­säch­lich angebaut: Spring­lein — Kapseln sprin­gen mit schwa­chem Klang auf.

Der Flachs­an­bau spiel­te in Oberko­chen keine bemer­kens­wer­te Rolle. Im 3. Reich musste Flachs angebaut werden. Ein geson­der­ter Bericht über den Flachs­an­bau in Oberko­chen ist in Vorbereitung.

Weizen (Vitri­ne: 1. von rechts)
Gattung der Süßgrä­ser mit 18 Arten. Ährchen zweizei­lig. Zwei- bis mehrblü­tig. Als Getrei­de vorzugs­wei­se in gemäßig­ten und subtro­pi­schen Gebie­ten angebaut. Nimmt unter den Kultur­pflan­zen den größten Raum ein. Die Weizen­pflan­ze ist ein Selbst­be­stäu­ber und deshalb eine »siche­re Getrei­de­sor­te«. Aller­dings ist der Weizen anspruchs­voll an Boden und Klima. Die in jünge­rer Zeit entwi­ckel­ten Weizen­sor­ten sind anbausicherer.

Dinkel, Einkorn, Emmer, Gommer, Hartwei­zen, Rauhwei­zen, Saatwei­zen. Türki­scher Weizen = Mais. Der Buchwei­zen, ein Knöte­rich­ge­wächs, wurde früher gelegent­lich als »Notge­trei­de« angebaut. Er gedeiht vorzugs­wei­se auf sandi­gem Boden und wurde sukzes­siv durch den Kartof­fel­an­bau verdrängt.

Dietrich Bantel

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