Lehrer an der Evange­li­schen Schule Oberko­chen 1911 — 1934
(5. und letzte Folge)

Ehe auf das überra­schen­de Ende von Karl Alfred Günter einge­gan­gen wird, soll noch sein Engage­ment für Oberko­che­ner Verei­ne betrach­tet werden.

Vereins­tä­tig­kei­ten
Günter war nicht nur musika­lisch engagiert, auch der Sport inter­es­sier­te ihn. Als er nach Oberko­chen kam, war dort gerade die Diskus­si­on um den Bau einer Turnhal­le in vollem Gange. Im Mai 1912 wurde der Beschluß zum Bau einer Turnhal­le am Katzen­bach gefaßt und die Halle unter starker Eigen­be­tei­li­gung der Turner gebaut. Ob Günter selbst mit Hand angelegt hat, ist nicht berich­tet. Doch stell­te er sich für die Vereins­ar­beit zur Verfü­gung und leitet während des Ersten Weltkriegs den Verein kommissarisch.

Nach dem Krieg faßte der TVO rasch wieder Tritt und bewarb sich um die Durch­füh­rung des Gauturn­fes­tes 1919. Der Verein durfte dieses Fest tatsäch­lich ausrich­ten. Karl Alfred Günter war bei den Festvor­be­rei­tun­gen aktiv betei­ligt, und so konnte das Fest am 13. Juli 1919 zusam­men mit der Weihe einer neuen Vereins­fah­ne stattfinden.

Morgens um 6 Uhr weckten Böller­schüs­se die Gemein­de, die Musik blies zur Tagwa­che. Um diese Zeit began­nen die Aktivi­tä­ten mit Einzel­wett­kämp­fen, deren Durch­füh­rung aber immer wieder von einset­zen­dem Regen beein­träch­tigt wurde. »Glück­li­cher­wei­se zeigte der Himmel während des Festzu­ges, der sich um 2 Uhr durch den festlich geschmück­ten Ort beweg­te, ein freund­li­che­res Gesicht. Allsei­ti­gen Beifall entlock­te die klare und marki­ge Festre­de von Herrn Haupt­leh­rer Günter zur Fahnen­wei­he … « (Bericht der Aalener »Kocher Zeitung«, und wenn auch die Rede nicht wörtlich erhal­ten ist, so gibt doch die Aufnah­me von Fotograf Vogel­sang mit den Ehren­jung­frau­en, mit Karl Alfred Günter als Festred­ner vor einer in reich­hal­ti­ger Form »behüte­ten« Menge ein treff­li­ches Bild von diesem Fest).

Oberkochen

Im Jahr 1932 trat der bishe­ri­ge TVO-Vorstand alters­hal­ber zurück. »Sein Amt übernahm der stets hilfs­be­rei­te Haupt­leh­rer Günter.…, der sich beson­ders auszeich­ne­te, indem er kompro­miß­los eiser­ne Diszi­plin verlang­te und auch durch­setz­te« (Festschrift »75 Jahre TVO«). Auch im Albver­ein war Günter begeis­ter­tes Mitglied, ohne aller­dings eine Vereins­funk­ti­on zu beklei­den. Jedoch setzte er sich entschie­den für die Einrich­tung von sog. »Bannge­bie­ten« ein und war Mitglied einer von der Gemein­de berufe­nen »Natur­schutz­kom­mis­si­on«.

23 Jahre hatte Karl Alfred Günter als Lehrer der evange­li­schen Oberko­che­ner Einklas­sen­schu­le gewirkt und in Kirche und Verein mitge­ar­bei­tet. Er war guten Glaubens PG gewor­den (wie manch anderer aufrech­ter Christ). Dennoch opponier­te er gegen Partei­di­rek­ti­ven, behielt sein Organis­ten­amt bei und übernahm sogar die Leitung des neuen Kirchen­chors. Nun aber wollte er sich beruf­lich nochmals verän­dern an eine geglie­der­te Schule in einem größe­ren Ort.

Abschied
»Am 26. Januar 1934 hat sich der Evange­li­sche Kirchen­chor und ein großer Teil der gesam­ten Gemein­de im Hirsch­saal einge­fun­den, da es doch galt unserem lieben Dirigen­ten Haupt­leh­rer Karl Günter den Abschied zu geben …«,

so schreibt Albert Kopp im Proto­koll­buch des Kirchen­chors. Pfarrer Huber hatte zu diesem Abschieds­abend einge­la­den, bei dem »in Reden und Gedich­ten Vereh­rung und Wertschät­zung für den Schei­den­den zum Ausdruck kamen«. Turner des TVO ließen einige Turner­lie­der erschal­len, als frühe­rer Schüler steuer­te Richard Kopp ein Gedicht über lusti­ge Begeben­hei­ten aus der Schul­zeit bei. Auch der katho­li­sche Kolle­ge Klotz­bü­cher hatte wie er oft sagte — seinen Pegasus gesat­telt und ergänz­te die Abschieds­wor­te von Oberleh­rer Mager von der katho­li­schen Schule durch geschwun­ge­ne Reime.

Lesen wir weiter im Kirchen­chor Proto­koll: »Freud und Leid hat er als Dirigent unseres Männer- und Kirchen­chors mit uns geteilt. Er war stets ein eifri­ger, reeller und streb­sa­mer Lehrer und Beamter. Er war stets beliebt und geach­tet von Jung und Alt … Pfarrer Huber dankte ihm für den langjäh­ri­gen Organis­ten­dienst, Bürger­meis­ter Heiden­reich überreich­te von der politi­schen Gemein­de eine recht schöne Stehuhr. Unser Kirchen­chor übergab Herrn Günter ebenfalls ein nettes Geschenk, der sich nicht nehmen ließ, die Abschieds­lie­der, die wir ihm und seiner Familie sangen, selbst zu dirigie­ren. Wir alle wünschen dem Schei­den­den mit seiner lieben Frau und deren Sohn alles Gute und Wohlerge­hen auf seiner neuen Stelle in Waiblin­gen im schönen Remstal«.

Überra­schen­des Ende
Am Heili­gen Abend des Abschieds­jah­res 1934 ging’s wie ein Feuer durch Oberko­chen: »Lehrer Günter ist in Waiblin­gen plötz­lich gestor­ben!« Was war gesche­hen? Lesen wir einige Passa­gen aus der Leichen­pre­digt des Waiblin­ger Dekans Buck:

»Karl Alfred Günter hatte sich beim Besuch des Nürnber­ger Partei­tags eine Erkäl­tung zugezo­gen, die zu einer schwe­ren Rippfell­ent­zün­dung führte und von der er sich nur langsam erhol­te. Schon hofften wir, er könne im neuen Jahr seinen Dienst wieder aufneh­men, als erneut eine Gehirn­haut­ent­zün­dung ihn wieder ins Kranken­haus brach­te. Ihr gegen­über war alle Kunst der Ärzte vergeb­lich. Nach hartem Todes­kampf entfloh am Sonntag, abends um fünf Uhr, das teure Leben … «, so der Waiblin­ger Dekan Buck in seiner Leichen­pre­digt, in der er weiter ausführ­te: »Wir sind tief erschüt­tert über das Geschick des Verstor­be­nen, der erst 47-jährig seiner Familie und seinem Beruf entris­sen wurde. Wir trauern mit der Gattin, die sich ihrem Mann treu verbun­den wußte, mit dem Sohn, der die freund­li­che Beratung des sorgen­den Vaters oft schmerz­lich vermis­sen wird … «

Eine große Abord­nung Oberko­che­ner Freun­de und Wegge­fähr­ten gaben dem so plötz­lich Verstor­be­nen das letzte Geleit: Bürger­meis­ter Heiden­reich, »der dem Schmerz der ganzen Gemein­de lebhaf­ten Ausdruck gab«, Haupt­leh­rer Braun, Nachfol­ger Günters in Schule und Kirchen­mu­sik, »der Beileid und Dank der Schul­ge­mein­de und der Schüler übermit­tel­te«, Anton Fischer vom TVO, »der den Entschla­fe­nen als großen Turn und Sports­freund würdig­te« und Alfred Kopp, der »für den Kirchen­chor und den ehema­li­gen Männer­chor »Frohsinn« Dank und Anerken­nung aussprach« (Zitate aus einem Zeitungsbericht).

Die nun so früh Witwe gewor­de­ne Mathil­de Günter blieb noch einige Jahre in Waiblin­gen wohnen, zog aber später in ihre Heimat Friolz­heim, wo sie am 27. Juli 1955 starb.

Damit beenden wir die Erinne­run­gen an einen Oberko­che­ner Lehrer, dessen Wirken auch heute noch manchem Leser dieser Zeilen leben­dig vor Augen stehen wird.

Volkmar Schrenk

Weitere Berichte aus dieser Kategorie

Weitere Berichte