Ein Beitrag von Werner Riedel, 34 Jahre lang Bezirks­meis­ter der UJAG in Oberkochen.

Der Heimat­ver­ein Oberko­chen hat mit der Überschrift Geschich­te — Landschaft — Alltag, der Bericht­erstat­tung einen beson­de­ren Stempel aufge­druckt. So möchte auch ich meinen Bericht mit einem Teil II — Landschaft — fortsetzen.

Die Strom­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men haben sich zum Ziel gesetzt, unser Bewußt­sein für das Machba­re zu schär­fen. Strom­erzeu­gung und Strom­ver­tei­lung, d.h., der Leitungs­bau wird unserer Natur, unserer Landschaft, unserer Umgebung angepaßt. Lassen Sie mich ein paar Beispie­le dafür aufzei­gen. Die an anderer Stelle genann­te Gitter­mast­lei­tung verlief am Hang des Tierstein­ge­bie­tes, ursprüng­lich Wiesen und Acker­land. Der Abbau hat zu dem wunder­bar entstan­de­nen Park in der Guten­bach-Aue geführt. Der noch bestehen­de Rest dieser Leitung wird in Richtung Königs­bronn derzeit mit Vogel­schutz­ein­rich­tun­gen nachge­rüs­tet. Damit werden gesetz­li­che Aufla­gen erfüllt. Beim Umspann­werk in der »Schwörz« wurden gewal­ti­ge Gewäs­ser­schutz-Vorsor­ge­maß­nah­men getrof­fen. Aber auch sämtli­che Umspan­ner im Versor­gungs­be­reich wurden auf PCB-Gehalt überprüft, und sind gegebe­nen­falls ausge­wech­selt worden. Die Trassen für die Strom­zu­füh­run­gen zum Stadt­teil »Heide«, aber auch zum Volkmars­berg, sind mit den Natur­schutz­in­ter­es­sen abgestimmt worden. Kabel­ver­tei­ler­schrän­ke an Straßen und Wegen sind farblich der unmit­tel­ba­ren Umgebung angepaßt worden. Auch neue Techni­ken in Umspann­stel­len und Vertei­ler haben zu deren Verklei­ne­rung geführt. Die Stand­ort­aus­wahl die Bepflan­zung, versucht man so umgebungs­freund­lich wie nur möglich zu gestal­ten. Schon in der Planungs­pha­se versucht man diese Krite­ri­en zu berück­sich­ti­gen. Selbst die Straßen­be­leuch­tungs­an­la­gen werden unter dem Aspekt der guten Licht­aus­nut­zung in Liebe zum Detail und des Umfel­des geplant und ausge­führt. Nehmen wir die negati­ven Begleit­erschei­nun­gen in Kauf! Strom, die leben­di­ge Energie, schafft Leben, bringt uns Licht, Kraft und Wärme. Energie verwen­den, niemals verschwen­den, ist mehr als nur ein Slogan.

Strom­erzeu­gung, Strom­ver­tei­lung heißt: Wir Menschen sind wie niemals zuvor mitein­an­der verbun­den, ja wir sind im wahrs­ten Sinne mit Kabel und Draht von Haus zu Haus verknüpft, auch über Stadt‑, Kreis- und Länder­gren­zen hinweg. Unsere gute alte Schee­rer-Mühle, seit 1973 Strom­lie­fe­rant ins Netz. erzeugt uns beispiels­wei­se so viel Strom, wie die Weihnachts­be­leuch­tung in der Heiden­hei­mer- und Aalener Straße benötigt. Ein leuch­ten­des Beispiel: Wir stehen mit der Natur auf Du und Du.

Den Teil III: Alltag möchte ich mit der Bericht­erstat­tung: — Berufs­le­ben auf der Bezirks­stel­le — fortsetzen.

Gestat­ten Sie mir dazu ein Vorwort. Die Überland­werk Jagst­kreis Aktien­ge­sell­schaft mit ihren Sitz in Ellwan­gen, ist ein öffent­lich-recht­li­ches Strom­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men — eine Behör­de und Kontroll­organ, ausstaf­fiert mit einem Monopol? Diese Ausdrucks­wei­se paßt nicht mehr in unsere heuti­ge Denkwei­se. Wir sind ein moder­nes und leistungs­star­kes Dienst­leis­tungs­un­ter­neh­men, zwar dazu verpflich­tet, Geset­zes­auf­la­gen zu erfül­len, aber anderer­seits unter­lie­gen wir neuer­dings dem europäi­schen Wettbe­werb, welcher den gesam­ten Energie­markt in Bewegung gebracht hat.

Darum möchte ich auch die Abwick­lung des kaufmän­ni­schen Berei­ches, heute Energie­ab­rech­nung genannt, etwas näher betrach­ten. Da gab es, und es gibt sie auch heute noch teilwei­se, die Grund­prei­se mit den dazuge­hö­ri­gen Bedarfs­ar­ten, neuer­dings Bereit­stel­lungs­preis genannt. Diese Erhebun­gen werden vom Bezirks­stel­len­per­so­nal vorge­nom­men. Aus Art und Umfang der elekri­schen Anlagen wurde der Verrech­nungs­preis gebil­det. Von dieser Vorge­hens­wei­se waren die Strom­ab­neh­mer nicht begeis­tert, mußte doch der Kontrol­leur sämtli­che Räume in Augen­schein nehmen, Anzahl der Lampen­aus­läs­se festhal­ten, beim Gewer­be die Quadrat­me­ter der Raumflä­che ermit­teln, die Steck­do­sen zählen, und was auch ganz wichtig war, die Leistun­gen der Motoren und Geräte erfas­sen. Diese Tätig­keit erfor­der­te ein großes Vertrau­en an den »Auf- bzw. Abneh­me­be­am­ten« Dieser war kein Beamter, aber so war eben die Charak­ter­be­zeich­nung seiner­zeit. Irgend­wo war doch bei dieser Tätig­keit die Intim­sphä­re jedes Abneh­mers berührt. Das sogenann­te Abneh­men betraf den elektri­schen Teil der Anlagen. Geprüft wurde, ob die Regeln der Elektro­tech­nik einge­hal­ten wurden, ob die Ausfüh­rung nach VDE erfolg­te, und ob die Anlage auch von einem zugelas­se­nen Instal­la­teur ausge­führt wurde. Die Konzes­si­on für Elektro­in­stal­la­teu­re vergibt auch heute noch das Stromversorgungsunternehmen.

Geändert haben sich viele gesetz­li­che Aufla­gen. So sind heute die Strom­kun­den, also die Betrei­ber der elektri­schen Anlagen selbst verant­wort­lich für den guten Zustand dieser Anlagen. Der Elektro-Instal­la­teur stellt auf Verlan­gen ein Prüfzer­ti­fi­kat aus, und bekun­det damit den ordnungs­ge­mä­ßen Zustand der Installationen.

Unseren frühe­ren Strom­geld­ein­zie­he­rin­nen mochte ich auch ein kleines Kapitel widmen. Sind sie doch auch heute noch ein Ansprech­part­ner zwischen Kunde und Liefe­rant, wenngleich auch hier viel Umwäl­zen­des dazwi­schen liegt. Aus Strom­geld­ein­zie­her wurden Strom­ab­le­ser, heute sind es Ortsbe­auf­trag­te in Agenturform.

Erinnern möchte ich an die monat­li­che Ablesung und an das monat­li­che Kassie­ren der Strom­rech­nun­gen. Das heißt: Zweimal im Monat ist diese Person ins Haus gekom­men. Auch das Auffin­den des Hausschüs­sels war kein Problem, auch in Abwesen­heit wurde die Ablesung durch­ge­führt, — welch ein Vertrau­ens­be­weis — man kannte sich ja. Die nächs­te Stufe, es war schon eine gewis­se Ratio­na­li­sie­rung in Gang gekom­men, war die Ablesung in Zweimo­nats­zy­klen. Das Abbuchungs­ver­fah­ren über die Banken nahm seinen Lauf. Über die Holle­rith­ma­schi­nen wurden die Strom­rech­nun­gen ausge­druckt, die Laufge­schwin­dig­keit dieses Rechen­zen­trums war eine Sensa­ti­on. Im Zeital­ter der EDV wird jährlich nur noch einmal abgele­sen, zweimo­nat­li­che Teilbe­trä­ge werden vom Kunden­in­for­ma­ti­ons­sys­tem dem Verbrauch entspre­chend ermit­telt, und bei der jewei­li­gen Bank belas­tet. 96 % der Kunden haben sich diesem System angeschlos­sen, die Abrech­nung erfolgt nur noch jährlich. Sämtli­che dazu erfor­der­li­chen Daten unter­lie­gen dem Daten­schutz, die Einhal­tung wird ständig kontrol­liert. Ursprüng­lich gab es in Oberko­chen zwei Ablese­be­zir­ke, heute sind es fünf dieser Art.

Oberkochen

Zum Wesen einer Bezirks­stel­le zurück­kom­mend, muß gesagt werden: Es sind fest abgegrenz­te Versor­gungs­ge­bie­te eines »EVU« (Energie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men) mit ganz unter­schied­li­chen Struk­tu­ren und Größen dieses Berei­ches. Der Bezirks­meis­ter mit seinen Bezirks­mon­teu­ren verkör­pern diese Außen­stel­len. In Oberko­chen sind es insge­samt 4 Perso­nen. Einst­mals war der Sitz in Königs­bronn, 1952 kam die Verle­gung nach Oberko­chen. Bis 1967 war Königs­bronn noch eine Außen­stel­le von Oberko­chen, auch Betriebs­stel­le genannt, besetzt mit einem Monteur. Die Mobili­tät war beschei­den, ein einzi­ger Monta­ge­bus stand zur Verfü­gung. Das Fahrrad und das Motor­rad waren die haupt­säch­li­chen Fortbe­we­gungs­mit­tel, egal bei welcher Witte­rung. Rucksack und Werkzeug­ta­sche gehör­ten zum Erschei­nungs­bild. Ab 1972 wurde nach und nach der Fuhrpark erwei­tert, sämtli­che Fahrzeu­ge mit Sprech­funk ausge­rüs­tet und einge­bun­den in das EVU-Kommu­ni­ka­ti­ons­sys­tem, welches ohne Hinzu­zie­hung der Telekom arbei­tet. Für Oberko­chen wurde, wegen seiner topogra­phi­schen Lage, ein Füllsen­der einge­rich­tet. All diese Einrich­tun­gen dienten der raschen Verfüg­bar­keit im Störungs­fal­le. Der rund um die Uhr organi­sier­te Bereit­schafts­dienst gehört zum Berufs­bild des Monteurpersonals.

Die Bezirks­stel­le ist der Verknüp­fungs­punkt zwischen Bau und Betrieb. Unter Bau versteht man alle Zusam­men­hän­ge, die der Netzer­wei­te­rung und Verstär­kung dienen, zum Beispiel Erstel­len der Hausan­schlüs­se, Schal­tungs­vor­be­rei­tun­gen bei sämtli­chen Arbei­ten im gesam­ten Versor­gungs­netz, Notstrom-Aggre­gatein­sät­ze, Koordi­na­ti­on und Abwick­lung der verschie­de­nen Arbeits­ab­läu­fe bei Fremd­ver­ga­ben. Aber auch die Planvor­ga­ben an die im Hause befind­li­che Bauab­tei­lung nehmen breiten Raum ein. Ein weite­res Arbeits­feld ist der Betrieb, also die Instand­hal­tung. Darun­ter ist das Kontrol­lie­ren der Leitun­gen samt Maste, die Reini­gung der Umspann­stel­len, aber auch die Unter­hal­tung der Umspann­wer­ke zu verste­hen. An anderer Stelle wurde bereits von den Anlage­er­fas­sun­gen berich­tet, hinzu gehören natür­lich die Zähler­mon­ta­gen in Abspra­che mit den Instal­la­teu­ren, die Überwa­chung des Melde­we­sens ist obliga­to­risch. Fragen der Energie­an­wen­dung in kleinem Umfang müssen hierzu hinzu gezählt werden. Auch der Betrieb der gemein­de­ei­ge­nen Straßen­be­leuch­tung unter­liegt einer gewis­sen Beratungs­pflicht. Zum Zähler­we­sen gehört natür­lich auch deren Ablesung.

Bei den Großkun­den, aber auch Sonder­kun­den genannt, erfolgt die Verbrauchs­er­fas­sung über Meßfeld­ein­rich­tun­gen. Im Zeital­ter der Elektro­nik lesen sich neuer­dings ganz spezi­el­le Zähler selbst ab. An jedem Monats­en­de wird über das vorhan­de­ne Netz ein Signal gesen­det, damit gibt der Zähler seinen eigenen Wert in einen Monat­spei­cher. Nur noch einmal im Jahr werden mit einem mobilen Handcom­pu­ter diese Werte heraus­ge­le­sen und über die Daten­au­to­bahn nach Ellwan­gen in das Rechen­zen­trum übertra­gen. Dieser Vorgang verdeut­licht, welche Entwick­lun­gen auch in der Energie­ver­sor­gung vonstat­ten gehen.

Mit meinem Bericht habe ich versucht, den Alltag auf einer Bezirks­stel­le darzu­stel­len. Sicher­lich gibt es noch viele Tätig­kei­ten, welche hier einzu­ord­nen wären, aber der grund­sätz­li­che Überblick beim Lesen sollte nicht zu sehr verwischt werden.

Fest steht: Das Arbei­ten auf einer Bezirks­stel­le ist eine hochin­ter­es­san­te Tätig­keit. Gefragt sind Flexi­bi­li­tät, Vertrau­en beim Kunden, aber auch ständi­ge Weiter­bil­dung, um dem techni­schen Fortschritt stand­hal­ten zu können. Die Anwen­der von neuen Techni­ken und Materia­li­en sind Laboran­ten für die eigene Zukunft.

Werner Riedel

Oberkochen

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