Erfolgreicher Forellenzüchter Johannes Weber
Im Jahr 1873 hatte Schuhmachermeister Johannes Weber »in unmittelbarer Nähe des Kocherursprungs« eine Fischzuchtanlage geschaffen, und auch er betrieb das Zuchtgeschäft mit Erfolg. Am 22. März 1882 berichtet die »Kocher-Zeitung« über Johannes Weber: »In von ihm selbst erfundenen Brutkacheln liegen seit November über 10.000 Eier, aus denen bisher 3.000 junge Forellen dem freien Wasser übergeben werden konnten«. Zudem lieferte Weber durch Vermittlung der Königlichen Zentralstelle »Tausende von Forellen an verschiedene Orte in Württemberg«, so daß Oberkochener Fische nicht nur den Kocher belebten, sondern sich auch in Neckar, Rems, Nagold und anderen schwäbischen Flüssen tummelten. Die von Johannes Weber ersonnenen Brutkacheln wurden sogar von Oberkochener Hafnern gebrannt, die damit ihr zu jener Zeit immer kärglicher werdendes Einkommen etwas aufbessern konnten.
Jedoch gab es in der Idylle am Kocherursprung auch Störenfriede, einerseits »Schwarz-Angler«, die bei Nacht unbefugterweise fischten, andererseits Fischottern, »die zweitweise den Fischnachwuchs (bei nächtlichen Streifzügen vom Itzelberger See her) gänzlich wieder verzehrten«. Gegen erstere suchte Johannes Weber in der Zeitung Verbündete, die »unberechtigt Fischende gegen eine Belohnung von 5 Mark anzeigen sollten«, während gegen »den gefürchteten Feind der Fischottern der Fischzuchtverein energisch vorgehen könnte«.
Allerdings, während heute sich »im Bächlein helle«, das der Kocher glücklicherweise in Oberkochen noch ist, manche Forelle tummelt, sind die Fischottern hier ausgerottet. Im HVO-Bericht Nr. 246 erzählte Leonhard Deinhard, wie er Mitte der Fünfzigerjahre beim Kaltwalzwerk letztmals einem Fischotter begegnet ist, — Fischzucht aber wird beim Kocherursprung heute noch erfolgreich betrieben.
Volkmar Schrenk
Johannes Weber (1840 — 1930) und sein Nachfolger
Seine Nachfahren Clemens Grupp, Ida Trittler und Sepp Bauer berichten:
Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs bestand, so berichteten die Geschwister Grupp, direkt im Quellwasser des Kocherursprungs eine Forellenzucht, die von dem Oberkochener Johannes Weber betrieben wurde. Clemens Grupp (geb. 1909) und dessen Schwester Ida Trittler, (geb. 1904), entsinnen sich als Verwandte des Johannes Weber (Ida Trittler ist eine Enkelin) noch beide an die Anlage. In Wirklichkeit bestand die Forellenzucht, wie wir von Sepp Bauer erfuhren, nicht nur bis zum Beginn des 1. Weltkriegs, sondern bis 1937. Johannes Weber, der mit dem Hausnamen »Medderle« heißt, war der Urgroßvater des Sepp Bauer.
Nach der Beschreibung der Geschwister Ida Trittler und Clemens Grupp gab es am Kocherursprung eine sogenannte »Fischtreppe«, eine Art einfaches Wehr, das an der engsten Stelle nach der Quellfläche unmittelbar hinter den Quellen errichtet war, und zwar so, daß es von den beim Laichen Richtung Ursprung ziehenden Forellen überwunden werden konnte — nach dem Muster der nordischen Lachstreppen. Die Forellen konnten auf diese Weise in die durch den Stau etwas beruhigte frische Quellzone vor dem unruhigen Abfluß gelangen.
Die »erwachsenen« Forellen wurden zunächst mit einer Art Schmetterlingsnetz gefangen. Dann wurde ihnen mit der Hand der Laich abgestreift. Die Zucht nahm »Ehle« (Großvater) Weber in einem Gehege, das ebenfalls innerhalb des Quellbereichs stand, persönlich vor.
Die gezüchteten Forellen waren weiterhin begehrt und wurden sogar nach Stuttgart an den königlichen Hof geliefert, wofür Herr Weber einst eine Ehrenplakette erhielt. Sepp Bauer, der uns die Lebens- und andere Daten von Johannes Weber besorgte, erinnert sich zusätzlich, daß sein Urgroßvater anläßlich der Übergabe einer Medaille samt einer Urkunde sogar an den Königlichen Hof nach Stuttgart und zum Forellen-Diner zusammen mit dem König (Wilhelm II, der am Ende des 1. Weltkriegs abdankte) an dessen Tafel eingeladen war. Leider sind die beiden Auszeichnungen nicht mehr auffindbar.
Dennoch kann, frei nach Gruppa-Franzl, festgehalten werden:
Von Oberkochen bis nach China
entzückten Kaiser, Könige und Damen
des Johannes Webers extraprima
Forellen, die aus dem Kocherursprung kamen.
Johannes Weber, der am 11. 4. 1930 im hohen Alter von fast 90 Jahren verstarb, war verheiratet mit Viktoria, geb. Müller (1835−1897 — Heirat 1865). Auch die folgende Information stammt von Sepp Bauer: Als Johannes Weber das Forellenzüchten altershalber aufgab, führte der Großvater von Sepp Bauer, Schuhmacher Josef Trittler, die Forellenzucht im Kocherursprung bis zu seinem Tod im Jahr 1937 weiter. Er lieferte seine Forellen nach Schwäbisch Gmünd, Aalen, Königsbronn (»Rössle«) und andere Orte in der näheren Umgebung.

Unser Foto, das uns freundlicherweise ein Aalener Sammler zur Verfügung gestellt hat, zeigt den Kocher gleich nach der Quelle. Das mit einer Hecke umgebene Gärtle mit dem kleinen Gartenhaus (Bericht 250 v. 15.9. 96) nannte man das »Kirschgärtle«. Hinter dem Busch links im Bild erkennt man des weiteren eine ziemlich hohe Bretterwand. In wieweit diese mit dem kurz nach der Jahrhundertwende abgebrochenen Gebäude »Schlackenwäsche« zu tun hat, ist uns nicht bekannt.
Trotz aller Bemühungen ist es uns auch nach 10 Jahren immer noch nicht gelungen, ein Foto vom Gebäude »Schlackenwäsche« (abgebrochen 1904) aufzutreiben. Sollte jemand in der Lage sein, zu dem Foto nähere Angaben zu machen, so bitten wir herzlich darum. (Tel. 7377).
Uns ist bekannt, daß in Oberkochen noch weitere Nachfahren des Johannes Weber leben. Deshalb auch hier die Bitte um weitere Informationen. Interessiert sind wir auch an Fotos zu Johannes Weber. Originalfotos werden von uns über ein Fachgeschäft abfotografiert und umgehend zurückgegeben.
Dietrich Bantel