Am Samstag, 18. Oktober 1997, fand in Güglingen/Kreis Heilbronn die 17. Tagung der ehrenamtlichen Beauftragten für archäologische Denkmalpflege im Regierungsbezirk Stuttgart statt.
Dr. I. Stork, Dr. J. Biel, Dr. H. Schäfer sprachen zur aktuellen Situation des Landesdenkmalamtes.
Mein herzlicher Dank gilt Herrn Dr. Ingo Stork, der diesen Bericht auf sachliche Richtigkeit durchgesehen, und, wo notwendig, abgeändert und ergänzt hat.
Auf dem Tagungsprogramm standen eine Reihe von praktischen Themen. Kernthema aber war die brisant gewordene finanzielle Situation des Landesdenkmalamtes, das sich sowohl im sächlichen Etat als auch in der personellen Besetzung 1997 weiter extrem einschränken mußte, was auf vielen Gebieten, vor allem auch dem der Grabungen, vielerorts zur Nullaktivität zwang. An einigen Stellen mußten bereits laufende Grabungen abgebrochen werden, weil die Mittel zu ihrer Fortführung fehlten.
Weitere Überlegungen der Landesregierung betreffen das 1971 beschlossene Denkmalschutzgesetz. Handelten die unteren Denkmalschutzbehörden (Kommunen/Landratsämter) bisher »im Einvernehmen« mit dem Landesdenkmalamt und gelangten Streitfälle, in denen kein Einvernehmen zustande kam, zur Entscheidung an die höhere Denkmalschutzbehörde (Regierungspräsidium), so wird dieses »Dissens-Verfahren« nun gestrichen, obwohl es pro Jahr landesweit nur 0,76 % Dissense, hauptsächlich im Bereich der Bau- und Kunstdenkmalpflege, gab.
Nunmehr soll die untere Denkmalschutzbehörde nach Anhörung des Landesdenkmalamts entscheiden.
Im Klartext: Es wird intensiv auf die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen gesetzt, d. h., es wird vorausgesetzt, daß die Kommunen mehr als dies bislang der Fall war, erkennen, daß der Denkmalschutz im ureigenen Interesse der Städte und Gemeinden liegt, und diese auch die Prophylaxe zur Schadensverhinderung betreiben müssen. Dies gilt nicht nur für sichtbare Kulturdenkmale (Baudenkmale) — in Oberkochen sind dies lt. Vorschlagsliste des LDA v. 12.4.1979 und Gemeinderatsbeschluß vom 28.5.1979 10 Objekte, darunter die kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul, das kath. Schwesternhaus (!), die alte ev. Kirche, die Ottilienkapelle, die Maria-Schutz-Kapelle, die Scheerermühle mit Einrichtung und Scheuer (!), wo notwendig vom LDA unterstützt, — sondern auch für die nichtsichtbaren Kulturdenkmale der archäologischen Denkmalpflege, deren Auflistung der Stadt Oberkochen vom LDA am 19.7.89 zuging. In dieser 8 Fundstellen umfassenden Liste sind jungsteinzeitliche, bronzezeitliche, keltische, römische und merowingische Fundstellen aufgeführt. Besonders bekannt sind in Oberkochen der Römerkeller und der Alamannenfriedhof aus der Merowingerzeit. Mit größter Vorsicht zu behandeln ist auch der ganze Bereich der alten Ortsmitte, sowie der Bereich der Aalener Straße um die kath. Kirche St. Peter und Paul — ein 2700 Jahre alter, erst im Frühsommer dieses Jahres getätigter Streufund bestätigt dies — da die zum Alamannenfriedhof gehörende Siedlung und mögliche frühere Siedlungsplätze bislang noch nicht nachgewiesen werden konnten. Hier gibt es noch unüberbauten und nichtunterkellerten Grund.
Zu den letztgenannten Bodendenkmalen liegen der Stadt außerdem exakte Pläne vor (z. B. Flurkarte NO 2768, 1:2500), in die die zu schützenden Fundstellen eingezeichnet sind. Zur Verdeutlichung veröffentlichen wir einen Ausschnitt aus dieser Flurkarte, die das geschützte Gebiet »Alamannenfriedhof« als Objekte 7 und 8 zeigt (Schrägschraffur) siehe Abb. links unten.

Wie sehen die neuen gesetzlichen Regelungen nun in der Praxis aus?
In größeren Städten und Kommunen kann davon ausgegangen werden, daß sich beim Bauamt Leute finden, die das Fachwissen haben, um die entsprechenden Interessen des Denkmalschutzes mit angemessener Qualifikation wahrnehmen zu können.
Schwierigkeiten, so lautete der Tenor der Tagung, wird es in kleineren Kommunen geben, wo irgendjemand vom Bauamt den »Job des Denkmalpflegers« so mehr oder weniger nebenher macht, häufig ohne Engagement und großes Interesse und vor allem ohne Sachkenntnis. Einig war man sich auch darin, daß in diesem Zusammenhang die Funktion der ehrenamtlichen LDA-Mitarbeiter gewichtiger wird; leider fehlt es auch hier am Nachwuchs.
Probleme können auch bei Bauvorhaben innerhalb qualifizierter Bebauungspläne durch die bereits gültige »Baufreistellungsverordnung« entstehen. Bauherr und vor allem Architekt sind verpflichtet, sich über rechtliche Bestimmungen zu informieren und sich nach diesen zu richten.
Das Baugesuch muß danach binnen 4 Wochen nach Prüfung der allgemein-baurechtlichen Maßgaben von der Baubehörde genehmigt werden. Eine Prüfung in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht findet dabei in der Regel nicht statt. Die Verantwortung, dies geprüft zu haben, liegt beim Architekten.
Daß hier der Manipulation gegen die Interessen des Denkmalschutzes, vor allem bei Desinteresse der Kommune, Tür und Tor geöffnet sind, braucht an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt zu werden; beim Architekten gilt im allgemeinen logischerweise: Der Kunde ist König: Das Baugesuch, das demnächst, wenn es nicht gegen die Festsetzungen des Bebauungsplanes verstößt, keine Ausschüsse mehr passieren muß, sondern nur »anzeigepflichtig« ist, muß ja meist möglichst schon vorgestern realisiert werden. Es soll Architekten geben, die nicht einmal im Besitz der Landesbauordnung sind.
Bei Verstoß gegen die neuen Bestimmungen wird, so war auf der Tagung zu erfahren, ein Bußgeld in Höhe von DM 5.000,- fällig, das ein gewitzter Architekt von vorneherein mit einrechnet und dann, im Ernstfall locker hinlegt. Ein Verstoßbußgeld, sollte deshalb — wie bei unerlaubter Grabung in Zusammenhang mit Sonderbenützung — in guter 5‑stelliger Höhe liegen, da die möglichen Schäden, durchaus vergleichbar sind. Das LDA setzt aber eher auf Einsicht und Vernunft als auf Abschreckung.
Allerdings wird die Aussage des LDA, daß Grabungen zunehmend nur noch mit der finanziellen Unterstützung der Kommunen und auch der Bauherren durchgeführt werden können, keine große Begeisterung bei den Betroffenen auslösen. Auch hier gilt es, an das Eigeninteresse vor allem der Kommunen, aber auch an das der Bauherren zu appellieren: Das Interesse an der Erforschung der Gemarkungs‑, Orts- und Stadtgeschichte ist in der Tat eine öffentliche lokale Angelegenheit. Das LDA wird auch weiterhin die wissenschaftliche Federführung übernehmen.
Seit der Ausgrabung des »Römerkellers« vor nunmehr 26 Jahren und seit der Gründung des Heimatvereins hat sich in Oberkochen ein so erfreuliches lokales Geschichtsbewußtsein entwickelt, daß wir in der Regel davon ausgehen dürfen, daß die Oberkochener und nicht zuletzt Gemeinderat und Stadtverwaltung an der Aufdeckung der Geschichte Oberkochens durchaus selbst interessiert sind. Bestes Beispiel ist die hervorragende Zusammenarbeit zwischen LDA, Stadtverwaltung und Bauherr bei der Notgrabung in der Frühlingstraße (Stelzenmüller) im Jahr 1980 — »Alamannenfriedhof«.
Dietrich Bantel