Seeli­li­en werden auf den ersten Blick meist falsch einge­ord­net. Es sind keine Pflan­zen, sondern die Skelet­te von Tieren. Es sind aber auch keine Koral­len­tie­re, obwohl hier durch den strah­li­gen Grund­auf­bau und die tenta­kel­be­setz­te Krone eine große Ähnlich­keit besteht. Es sind Stachel­häu­ter (Echino­der­men), also Verwand­te der Seester­ne, Schlan­gen­ster­ne, Seeigel und Seewal­zen, die in großer Arten­zahl den Meeres­bo­den besie­deln (und in den vergan­ge­nen Erdepo­chen besie­delt haben). Seeli­li­en sind die einzi­gen heute noch leben­den sessi­len (festsit­zen­den) Stachel­häu­ter. Heuti­ge Vertre­ter können an einem Körper (Kelch) (bis 2,2 cm Durch­mes­ser) bis 19 cm lange Arme tragen; der Stiel kann bis 2 m lang sein.

Sie sind seit Beginn des Erdal­ter­tums überlie­fert; heute kommen sie noch mit einer Reihe von Arten in der Tiefsee vor. In der »Schnor­chel- und Freitauch­zo­ne« der Meere werden sie von den nahe Verwand­ten Haarster­nen vertre­ten, die wenigs­tens in der Jugend­pha­se festsit­zend sind. Obwohl stellen­wei­se häufig, werden diese meist nacht­ak­ti­ven Tiere oft überse­hen. Es sind Plank­ton­fres­ser; die Schwe­be­tier­chen des Meerwas­sers bleiben an den feinen Veräs­te­lun­gen der Arme (die bis 35 cm lang sein können) hängen; sie werden zur zentra­len Mundöff­nung gespült und dort aufgenommen.

Im Erdal­ter­tum und Erdmit­tel­al­ter gab es Seeli­li­en auch in flache­ren Meeres­be­rei­chen, darun­ter wahre Riesen­ex­em­pla­re mit Stielen bis zu 18 m Länge! Die wohl schöns­te und imposan­tes­te Seeli­li­en­grup­pe kann man im Hauff-Museum in Holzma­den bewun­dern, die Grund­plat­te hat die Maße 18 m x 6 m; sie trägt einen etwa 12 m langen Baumstamm, auf dem über hundert Seeli­li­en sitzen. Eine fast ebenso mächti­ge Gruppe aus Holzma­den befin­det sich im Löwen­tor-Museum in Stutt­gart. Eine schöne Seeli­lie hängt im Treppen­haus der Dreißentalschule.

Aber auch unsere beiden Seeli­li­en­plat­ten können sich sehen lassen. Sie wurden bei Wasser­al­fin­gen gefun­den und stammen aus der Sammlung Werner (Aa.-Dewangen). Platten in dieser Größe werden bei uns nur selten gefun­den, da es keinen großflä­chi­gen Abbau des Schwarz­ju­ra­schie­fers gibt (das ist ja der Vorteil der Fundstel­len um Holzmaden/Bad Boll). Es sind jeweils Seeli­li­en­grup­pen, bei denen Stiele, Kelche mit Armen etc. sehr gut erhal­ten sind. Eine dritte Platte, die beson­ders gut den Stiel­auf­bau erken­nen läßt, können wir leider aus Platz­man­gel nicht ausstellen.

Die im Schwarz­ju­ra erhal­te­nen fossi­len Seeli­li­en-Gruppen sitzen sehr häufig auf Baumstäm­men. Daraus leitet sich die Annah­me her, daß diese Situa­ti­on der Normal­fall wäre. Diese Meinung kann ich nicht teilen. Im Schwarz­ju­ra­meer war der Meeres­bo­den in unserer Gegend absolut lebens­feind­lich; das im Wasser gelös­te Schwe­fel­was­ser­stoff­gas tötete die Lebewe­sen ab. Hier konnten die Seeli­li­en nicht groß gewor­den sein! Ihr Vorkom­men muß wo anders, in größe­rer Entfer­nung gewesen sein. In unsere Gegend konnten sie aber nur mit einem »Vehikel« gekom­men sein. Seeli­li­en, die sich auf Treib­holz angesie­delt hatten, konnten damit große Entfer­nun­gen zurück­le­gen, bis sich das Holz so mit Wasser vollge­saugt hatte bzw. soweit zersetzt war, daß es zu Boden sank. Damit kamen die Seeli­li­en in die lebens­feind­li­che Zone und starben schnell ab. Diesem Umstand verdan­ken wir die gute Erhal­tung der Fossilien.

Also: Die Fehlbe­sie­de­lung von Treib­holz führte dazu, daß Seeli­li­en überhaupt in unser Gebiet gelan­gen konnten; die beson­de­ren Bedin­gun­gen in den boden­na­hen Schich­ten ermög­lich­ten die gute Konser­vie­rung der Fossilien.

Stengel­glie­der von Seeli­li­en sind manch­mal in großer Zahl zusam­men­ge­schwemmt worden. Phanta­sie­vol­le Petre­fak­ten­samm­ler haben sie als »Mühlstei­ne« Trochi­ten, bezeich­net; sie haben einen Durch­mes­ser von 0,5 — 2 cm; im Volks­mund werden sie auch »Sonnen­stei­ne« oder »Bonifa­ti­us­pfen­nig«- genannt. Im Muschel­kalk, einer Erdepo­che vor ca. 230 Mill. J., sind so regel­rech­te »Trochi­ten­bän­ke« entstan­den, die fast ausschließ­lich aus Seeli­li­en-Stengel­glie­dern bestehen. Man findet sie z.B. im Hohen­lo­hi­schen dort, wo Kocher und Jagst ihre Täler bis in den Muschel­kalk einge­tieft haben.

Horst Riegel

Oberkochen

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