Abschließend noch einige Ergänzungen zu dem Bericht von Dr. Christhard Schrenk.
Aus den Unterlagen der Gebäudebrandversicherung von 1942, die 1990 noch beim Stadtbauamt Oberkochen lagen und zwischenzeitlich leider nach Aalen weggegeben werden mußten, geht hervor, daß in der Zeit von 1864 bis zum Zeitpunkt der Aufnahme der Gebäude im Jahr 1942 insgesamt 27 Bautätigkeiten zur Vervollständigung und zur Erweiterung der Bahnhofsanlagen getätigt wurden.
1864/69 2 1/2‑stöckiges Verwaltungsgebäude
1869 1‑stöckiges Abortgebäude
1969 1 1/2‑stöckiges Bahnwärterhaus (bei Posten 10)
1869/1920 1 1/2‑stöckiges Bahnwärterhaus (bei Posten 11)
1869/1920 1 1/2‑stöckiges Bahnwärterhaus (bei Posten 8)
1869/74 Osteckiger Güterschuppen
1889 Osteckige Waschküche
1899/1914 Gleiswaaghaus
1906 Schilderhaus (bei Posten 10)
1906 Schilderhaus (bei Posten 11)
1906 Schilderhaus (bei Posten 8)
1908 Vordach von Eisen
1909 Futterschuppen
1912/13 Wartesaalanbau (Nord)
1920 Wohnungsanbau (Süd)
1927 Holzschuppenanbau
1927 Streuschuppenanbau
1937 Stellwerkgebäude
1937 Dienstraumanbau
1939 Fernsprechhäuschen
1939 Signalfernsprechhäuschen
1939 Kohleschuppen
1939 Verladeraumanbau
1939 Güterschuppen
1941 Waschküche
1942 Büroanbau
Die Bahnlinie Aalen — Heidenheim ist bis auf den heutigen Tag nur eingleisig ausgebaut. Die Bahn hat den Grundbesitz bereits vor Generationen für den Bau eines 2. Geleises erworben. Im Zuge der Rationalisierungsmaßnahmen ist dieser 2. Strang, nüchtern betrachtet, Utopie. Die Strecke wird — wenn sie wird — eingleisig bleiben, d.h. der Begegnungsverkehr im Bahnhof Oberkochen — Oberkochener Bahnbenutzer kennen das — wird bestehen bleiben.
Interessant ist, das geht aus einem alten Fahrplan von 1957 hervor, daß Oberkochen eine Folge des nach dem Krieg rasant angestiegenen Berufsverkehrs, schon frühzeitig Schnellzug-Station wurde.
Aus demselben Fahrplan geht hervor, daß im Jahr 1957 aus Richtung Aalen kommend, 32 Personenzüge, davon 7 Eilzüge, in Oberkochen ankamen; aus Richtung Heidenheim waren es 29, d.h. daß Oberkochen vor 40 Jahren pro Tag von 61 Personenzügen angefahren wurde. (6 Eilzüge hielten nicht). Der Güterverkehr bleibt in dieser Aufstellung unberücksichtigt.

Als ich im Jahr 1962 nach Oberkochen kam, wälzten sich unüberschaubare Menschenmengen, vom Bahnhof kommend, durch Oberkochen zu ihren Arbeitsplätzen. Polizist Nickel stand wie eine halbautomatische riesige bewegliche Wachsäule in dem Bereich, wo die Bahnhofstraße in die Hauptstraße mündet, und die Dreißentalstraße abzweigt, und regelte, in den Massen stehend, den Verkehr, der aus ziemlich wenigen Autos und hauptsächlich aus Fußgängern bestand. »Man« fuhr damals noch mit dem »Zug«. Und die Oberkochener marschierten zu Fuß ins »Geschäft«.
Wenn man den Fahrplan 1997 flüchtig anschaut, zählt man heute ca. 27 Züge pro Richtung. Allerdings ist das Angebot bei genauer Betrachtung so differenziert, daß relativ wenige Züge übrigbleiben, die regelmäßig verkehren wie vor 40 Jahren. Auch die »Zeiten« haben sich im wahrsten Sinne des Wortes geändert: Konnte man vor 40 Jahren morgens bereits um 4.33 Uhr Richtung Heidenheim/Ulm, und um 4.34 Uhr Richtung Aalen/Stuttgart fahren, so fährt heute der 1. Zug Richtung Heidenheim/Ulm um 5.24 Uhr in Oberkochen ab, und Richtung Aalen/Stuttgart um 5.49 Uhr.
Die letzten Züge kamen 1954 wesentlich später an (23.54 Uhr und 23.55 Uhr — heute 21.20 Uhr und 22.43 Uhr — Busverkehr ist nicht berücksichtigt). Auch hier ist der Güterverkehr, der im Verhältnis spürbar nachgelassen hat, unberücksichtigt. Die Straße ist zur großen Konkurrenz der Bahn geworden. Hierzu soll sich jedermann seine eigenen Gedanken machen.
Die wohl einschneidendste Nachkriegs-Veränderung des Bahnhofs Oberkochen war seine Verkleidung mit Eternitplatten in den frühen 60er-Jahren. Ich erinnere mich noch daran, wie es mir weh getan hat, als ich zusah, wie auf das damals schon ca. 100 Jahre alte Gebäude eine Holzunterkonstruktion aufgebracht wurde, mit riesigen Schrauben in den alten Stein hineingedübelt; die ursprüngliche Fassade wurde dabei irreparabel zerstört, nur um die nichtssagenden Eternitplatten darüber befestigen zu können. Wahrscheinlich wollte man damals mit der Zeit gehen und dem alten »Bahnhöfle« weltstädtisches Gepräge verleihen.

Der Königsbronner Bahnhof dagegen ist nicht »stillos« geworden.
Über das Schicksal des 1869 errichteten »1‑stöckigen Abortgebäudes«, einen reinen Holzbau, haben wir in unserem Bericht 287 vom 7.2.97 berichtet.
Zu unserem abschließenden Bericht veröffentlichen wir die Baupläne zum Wartesaalanbau aus dem Jahr 1913 wie wir ihn, bis auf seine Eternitverkleidung, die Entfernung der Zieraufsätze auf dem nördlichen Giebel, und vor allem die der im 19. Jahrhundert unvermeidlichen antikisierenden Bußeisernen Säule mitten drin im Saal (siehe Plan) kennen, und eine Ansicht des Orts mit dem Bahnhof im Vordergrund von der Rodhalde aus gesehen, ca. 1930 aufgenommen.

Wir möchten nicht versäumen, darauf hinzuweisen, daß Herr Dr. Kurt Seidel, der württembergische Spezialist in »Bahn-Geschichte« am 20.11.1997 im Rahmen unserer heimatkundlichen Vortragsreihe im »Schillerhaus« einen Vortrag zum Thema »Wie kam die Eisenbahn nach Oberkochen« halten wird.
Dr. Christhard Schrenk