»Schatz, so hat’s der Has gebracht«
Um den Kindern des städti­schen Bürger­tums die Herkunft von Oster­ei­ern zu erklä­ren und mit einem Geheim­nis zu umgeben, wurden im 17. und 18. Jahrhun­dert verschie­de­ne Eierbrin­ger bemüht. Beliebt waren Storch, Hase, Fuchs, Hahn und Henne, aber auch die aus Rom zurück­keh­ren­den Glocken.

Bis ins 17. Jahrhun­dert war die Henne der Oster­ei­er­lie­fe­rant Nummer 1, was ja aus bekann­ten Gründen naheliegt. Wie konnte ihr also der Hase diesen Rang strei­tig machen? Daß ein Oster­ei etwas Beson­de­res ist, liegt auf der Hand. Deswe­gen konnte man sich mit den natür­li­chen Gegeben­hei­ten auch nicht so einfach abfin­den. Eduard Mörike faßte 1847 dieses Problem auf einem Oster­ei zusammen:

»Die Sophis­ten und die Pfaffen
strit­ten sich mit viel Geschrei:
Was hat Gott zuerst geschaf­fen,
wohl die Henne, wohl das Ei?
Wäre das so schwer zu lösen?
Erstlich war das Ei erdacht,
doch weil noch kein Huhn gewesen,
Schatz, so hat’s der Has gebracht!«

Oberkochen

Wahrschein­lich hängt diese Tatsa­che auch davon ab, daß der Hase als Frucht­bar­keits­sym­bol gilt und zudem im Frühjahr in Scharen unter­wegs ist.

Wie nun weiß der Hase aber, wo er die Eier abzulie­fern hat? Oft wird ihm ein Oster­gärt­lein mit Weiden­ru­ten einge­zäunt, das mit Kresse, weichem Gras und Moos gepols­tert ist. Versteckt der Hase die Eier aber an den verschie­dens­ten Stellen, muß gesucht werden. Ist das erste Ei, das man findet, rot, bedeu­tet das Glück. Ein blaues Ei dagegen bringt Pech. Für Kinder ist es das Wichtigs­te, ob der Eidot­ter dunkel oder hell ist. Je nachdem hat man ein Teufe­le oder ein Engele erwischt.

In unserer Gegend ist das Einfär­ben der Eier mit Zwiebel­scha­len am gebräuch­lichs­ten. Werden vor dem Einfär­ben Blätter und Blüten auf dem Ei befes­tigt, kann man sehr reizvol­le Muster erzie­len. Die Goldtö­nung imitier­te auch die vergol­de­ten Eier des Adels, denn dort konnte das verschenk­te Ei natür­lich nicht nur einfach mit Natur­far­ben einge­färbt sein. Auch von einem gewöhn­li­chen Huhn sollte das Ei nicht kommen: Liese­lot­te von der Pfalz schenk­te der Prinzes­sin von Wales einmal verzier­te Schildkröteneier.

Eierver­zier­lust
In vielen Famili­en ist es üblich, die Eier am Karsams­tag zu färben. Für die Verzie­rung der Oster­ei­er nahm man sich Zeit, denn beim einfa­chen Einfär­ben blieb es dabei nicht. Im Jahr 1617 berich­tet der flämi­sche Gelehr­te Eryci­us Putean­us über das Eierfär­ben folgen­des: »Das Ei ist weiß und doch läßt es jede Farbe zu; man kann es beschrei­ben, bemalen, färben; heimat­li­cher Brauch macht es bald gelb, bald rot, bald blau.« Der Verzie­rung von Eiern ist letzt­lich keine Grenze gesetzt.

Beson­ders die slawi­schen Völker haben es zu einer großen Fertig­keit auf diesem Gebiet gebracht. Bei den Sorben wurde das Oster­ei zum typischen Reise­an­denken. Die Eier werden in Wachs­re­ser­ve­tech­nik herge­stellt. Sie erhal­ten einen Wachs­auf­trag und werden dann in ein Farbbad gelegt. Die Stellen mit dem Wachs­auf­trag bleiben dabei hell. Das Wachs wird wieder wegge­schmol­zen und der Vorgang so lange mit verschie­de­nen Farbbä­dern wieder­holt, bis das erwünsch­te Muster erreicht ist. Beson­ders mühevoll gestal­te­te Eier nennt man gequäl­te Eier.

Gebräuch­lich ist auch die Kratz­tech­nik. Die Eier werden gefärbt, wobei mehre­re Farbschich­ten überein­an­der möglich sind. Das Muster wird dann ausge­kratzt oder mit Sauer­kraut­saft, Salz‑, Ameisen- oder Zitro­nen­säu­re wegge­ätzt. Je nach Tiefe der Kratz­spu­ren oder Ätzun­gen erschei­nen unter­schied­li­che Farbschattierungen.

Natür­lich werden auch Appli­ka­tio­nen aus Stoff, Papier, Wolle, Perlen, Metall o. ä. gemacht. Eine Beson­der­heit sind hierbei zweifel­los die beschla­ge­nen Eier der Schmie­de. Sie haben ihren Ursprung darin, daß die Schmie­de­ge­sel­len den Mädchen bewei­sen wollten, daß sie nicht nur für grobe Arbeit geschaf­fen sind, sondern auch mit Zerbrech­li­chem geschickt umgehen können.

Sehr selten sind Durch­bruchs­ar­bei­ten. Da die Eierscha­le ja sehr brüchig ist, bedarf es hierbei schon sehr großer Geschick­lich­keit. Auch der Erhalt dieser Meister­wer­ke ist nur von wenigen Stücken bekannt.

Heidrun Heckmann

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